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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 21.03.2005
Aktenzeichen: 15 ZB 04.1636
Rechtsgebiete: GG, SVG, BVG, BhV


Vorschriften:

GG Art. 3 Abs. 1
SVG § 80
BVG § 10
BVG § 11
BVG § 12
BVG § 13
BVG § 18
BVG § 18c
BhV § 5 Abs. 4 Nr. 1
Es verstößt nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, dass § 5 Abs. 4 Nr. 1 BhV die (ergänzende) Beihilfe wegen Aufwendungen für Hilfsmittel ausschließt, wegen derer Anspruch auf beitragsfreie Krankenfürsorge nach Festbeträgen besteht.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

15 ZB 04.1636

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Beihilfe;

hier: Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 11. Mai 2004,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 15. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Happ, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Ganzer, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Wünschmann

ohne mündliche Verhandlung am 21. März 2005

folgenden Beschluss:

Tenor:

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 2.375 € festgesetzt.

Gründe:

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

1. Der Kläger beruft sich auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Ob solche Zweifel bestehen, ist im Wesentlichen anhand dessen zu beurteilen, was der Kläger innerhalb offener Frist zur Begründung seines Antrags auf Zulassung der Berufung hat vortragen lassen (§ 124 a Abs. 5 Satz 2 VwGO).

a) Der Kläger macht geltend, das Verwaltungsgericht habe seine Entscheidung zu Unrecht auf der Grundlage des § 5 Abs. 4 Nr. 1 BhV (in der Fassung der Bekanntmachung vom 20.8.1997 GMBl S. 429) getroffen und ihn damit auf die - sachlich unzureichende - Heil-/Krankenbehandlung nach § 10 Abs. 1 BVG verwiesen. Eine solche Interpretation des § 5 Abs. 4 Nr. 1 BhV widerspreche dem Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Denn Personen, die "nur" beihilfeberechtigt seien, hätten einen Anspruch auch auf die Erstattung der Kosten für ein Mehrkostenhörgerät. Ihnen gegenüber sei er, der Kläger, nun schlechter gestellt.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils ergeben sich daraus nicht. Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Heil-/Krankenbehandlung nach § 10 Abs. 1 BVG im Sinn des § 5 Abs. 4 Nr. 1 Satz 3 BhV eine beitragsfreie Krankenfürsorge ist (vgl. auch unter 2.). Nach § 80 Satz 1 SVG erhält ein Soldat, der eine Wehrdienstbeschädigung erlitten hat, nach Beendigung des Wehrdienstverhältnisses wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Wehrdienstbeschädigung auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes. Die Heil- und Krankenbehandlung nach den Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes umfasst die Versorgung mit Hilfsmitteln (§ 11 Abs. 1 Nr. 8, § 12 Abs. 1 Satz 1 BVG). Damit gilt wegen der gesundheitlichen Folgen der Wehrdienstbeschädigung ein anderes Regelwerk als für sonstige gesundheitliche Beeinträchtigungen. Ein bloßer Vergleich - wie im Zulassungsantrag angestellt - zwischen Soldaten, die keine Wehrdienstbeschädigung (und deshalb auch keine beschädigungsbedingten Ansprüche nach dem Bundesversorgungsgesetz) haben, also "nur" Beihilfe beanspruchen können, und dem Personenkreis, dem der Kläger angehört, der ebenfalls Beihilfe beanspruchen kann, wegen beschädigungsbedingter Aufwendungen aber auf das Bundesversorgungsgesetz verwiesen ist, geht daher am Kern der Sache vorbei. Die Frage kann nur lauten, ob Art. 3 Abs. 1 GG es gebietet, jegliche Form der finanziellen Belastung des Soldaten infolge gesundheitlicher Beeinträchtigung einheitlich zu regeln. Diese Frage ist, ohne dass es dazu eines Berufungsverfahrens bedürfte, ohne weiteres zu verneinen. Mit dem Verweis auf die Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes stellt § 80 SVG Soldaten der Bundeswehr nach Beendigung ihres Wehrdienstverhältnisses den im Bundesversorgungsgesetz geregelten Beschädigten der Weltkriege gleich und fügt sie damit in ein soziales Entschädigungsrecht ein, das - als jeweils positiv normierter Aufopferungsanspruch - in gleicher Weise u.a. auch für Zivildienstleistende (§ 47 Abs. 1 ZDG), Impfgeschädigte nach dem Infektionsschutzgesetz (§ 60 Abs. 1 Satz 1 IfSG) sowie den in § 1 HHG und § 21 StrRehaG umschriebenen Personenkreis gilt und auf den einheitlichen Rechtsgedanken der Aufopferung zurückgeht (vgl. § 5 Abs. 1 SGB I). Damit bildet das Bundesversorgungsgesetz insoweit ein Leitbild der sozialen Entschädigung. Auch der Kläger nennt keine Gründe, weshalb es sachlich nicht zu rechtfertigen sein sollte, die Soldatenversorgung wegen einer Wehrdienstbeschädigung nach diesem System zu regeln. Insbesondere zwingt auch das Alimentationsprinzip nicht dazu, Wehrdienstbeschädigungen über das Beihilferecht auszugleichen. Denn eine Verpflichtung, die Alimentation von Versorgungsempfängern bei Krankheitsfällen oder vergleichbaren Belastungen gerade in Form von Beihilfen im Sinn der Beihilfebestimmungen zu gewährleisten, ergibt sich daraus nicht (vgl. BVerfG vom 7.11.2002 BVerfGE 106, 225, 232).

Ohne Bedeutung ist in diesem Zusammenhang die Behauptung des Klägers, er erreiche mit dem durch Bescheid des Amtes für Versorgung und Familienförderung München I vom 16. November 2001 bewilligten "Festgerät" keine ausreichende Hörqualität. § 13 Abs. 2 BVG gewährleistet ein Hilfsmittel in technisch-wissenschaftlich anerkannter, dauerhafter Ausführung, angepasst an die persönlichen Bedürfnisse des Klägers und dem allgemeinen Entwicklungsstand der Technik entsprechend. Soweit das nicht der Fall sein sollte, kann der Kläger sein Recht gegenüber der Versorgungsverwaltung geltend machen (vgl. auch § 18c Abs. 4 Satz 3 BVG).

b) Der Kläger wendet ein, das Verwaltungsgericht sei, wie schon die Beklagte, zu Unrecht davon ausgegangen, er habe gegen den Beihilfebescheid vom 17. Dezember 2001 Widerspruch eingelegt und damit nicht mehr auf den Bestand dieses Bescheids vertrauen können. Die gegenteilige Auffassung des Verwaltungsgerichts ist jedoch nicht ernstlich zweifelhaft. Der schriftliche Einwand des Klägers vom 20. Dezember 2001 sollte, wie der Kläger auch im Zulassungsantrag angibt, die fehlerhafte Höhe der Beihilfe beanstanden. Der Kläger sah einen Fehler in der Sache selbst, nicht lediglich einen bloßen Rechenfehler beim Addieren, Subtrahieren, Multiplizieren oder Dividieren. Darauf, dass der Kläger, was offensichtlich ist, den Bescheid nicht vollständig aufgehoben haben wollte, kommt es nicht an, denn der Widerspruch war für die Beklagte nur der Anlass, nicht aber der Grund für den angefochtenen Bescheid.

2. Die Rechtssache weist keine besonderen rechtlichen Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) auf. Die aufgeworfene Frage der Anwendbarkeit des § 5 Abs. 4 Nr. 1 Satz 3 BhV lässt sich ohne weiteres klären (vgl. 1.).

Ebenso wenig hat die Frage grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO), ob ein Anspruch auf freie Heilbehandlung nach § 10 BVG unter die Tatbestandsvoraussetzung des § 5 Abs. 4 Nr. 1 Satz 3 BhV "Anspruch auf beitragsfreie Krankenfürsorge" zu subsumieren ist. Es entspricht dem Wortlaut und der in der Fachliteratur vertretenen Meinung, dass die Frage zu bejahen ist (vgl. Mildenberger, Beihilfevorschriften, Anm. 27 (5) zu § 5 Abs. 4 Nr. 1). Einen gleichwohl bestehenden besonderen Klärungsbedarf zeigt der Zulassungsantrag nicht auf.

3. Kosten: § 154 Abs. 2 VwGO.

Streitwert: § 13 Abs. 2 GKG in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Dezember 1975 (BGBl I S. 3047), § 72 Nr. 1 GKG in der Fassung des KostRMG vom 5. Mai 2004 (BGBl I S. 718).

Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Ende der Entscheidung

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