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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 11.12.2008
Aktenzeichen: 15 ZB 08.2124
Rechtsgebiete: GG, SG


Vorschriften:

GG Art. 33 Abs. 2
SG § 3 Abs. 1
SG § 11
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

15 ZB 08.2124

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Beförderung;

hier: Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 13. Juni 2008,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 15. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Happ, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Ebersperger, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Linder

ohne mündliche Verhandlung am 11. Dezember 2008

folgenden Beschluss:

Tenor:

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

Gründe:

I.

1. Der Kläger ist Berufssoldat im Rang eines Majors. In einem rechtsgrundsätzlichen Urteil vom 21. Juni 2005 (BVerwGE 127, 302 ff.) hat das Bundesverwaltungsgericht den Kläger u.a. wegen des Vorwurfs des Ungehorsams im Zusammenhang mit einem Befehl freigesprochen, dessen Ausführung sich auf die Kriegführung der USA gegen den Irak hätte auswirken können. Der Kläger ist derzeit auf einem nach A 13/A 14 bewerteten Dienstposten beim Sanitätsamt der Bundeswehr in München eingesetzt. Seinen Antrag, ihn zum Oberstleutnant zu befördern, lehnte die Beklagte ab. Die Beschwerde des Klägers blieb erfolglos. In dem Beschwerdebescheid des Bundesministeriums der Verteidigung vom 10. März 2006 ist u.a. ausgeführt, grundsätzliche Voraussetzung für eine Beförderung sei gemäß ZDv 20/7 Nr. 102 die persönliche Eignung zum höheren Dienstgrad. Zu dieser persönlichen Eignung eines Berufssoldaten und Stabsoffiziers gehöre auch die freiwillig übernommene Verpflichtung der jederzeitigen Versetzbarkeit aus dienstlichen Gründen. Aufgrund der bisherigen Aussagen des Klägers bestünden weiterhin begründete Zweifel an der Eignung und der Befähigung des Klägers im Hinblick darauf, die Funktionen des höheren Dienstgrads in der derzeitigen Verwendung oder in vergleichbaren Dienststellungen auf anderen Dienstposten der Stabsoffiziersebene vollwertig auszufüllen. Eine Verwendung beispielsweise im Rahmen des ISAF-Einsatzes der Bundeswehr in Afghanistan dürfte dem Kläger aus Gewissensgründen nicht möglich sein.

Auf seine Klage hin verpflichtete das Verwaltungsgericht München die Beklagte mit dem angefochtenen Urteil, das Begehren des Klägers auf Beförderung zum Oberstleutnant unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu verbescheiden. In den Entscheidungsgründen führt das Verwaltungsgericht aus, im Fall einer Bewährungsbeförderung sei hinsichtlich der Eignung auf den konkreten Dienstposten abzustellen. Nr. 102 der ZDv 20/7 sei so zu verstehen, dass bei einer Bewährungsbeförderung auf einem gebündelt bewerteten Dienstposten sich die vollwertige Ausfüllung der Funktionen des höheren Dienstgrades nicht auf das statusrechtliche Amt, sondern auf den derzeitigen Dienstposten beziehe. Daran aber bestehe kein Zweifel. Im Übrigen habe die mündliche Verhandlung ergeben, dass der derzeitige Dienstposten des Klägers keinerlei Auslandsbezug aufweise. Auch sei der Kläger, sollte sich das ändern, grundsätzlich bereit, im Zusammenhang mit Auslandseinsätzen auf Befehl hin auf diesem Dienstposten tätig zu werden, wobei er als Grenze nur seine Rechtspflicht aus § 11 Abs. 2 SG sehe und eine Gewissensentscheidung in diesem Zusammenhang für kaum vorstellbar halte. Der Kläger sei zu persönlichen Auslandseinsätzen bereit und nehme, was die dahingehende Argumentation der Beklagten entscheidend entkräfte, bei Auslandseinsätzen oder im Zusammenhang mit diesen keine anderen Verfahrensrechte für sich in Anspruch als für Inlandseinsätze.

2. Mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung macht die Beklagte geltend, es bestünden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts. Die für Beamte entwickelte Rechtsprechung zur Beförderung auf gebündelt bewerteten Dienstposten sei auf Soldaten nicht übertragbar. Davon abgesehen bestünden aufgrund der bisherigen Aussagen des Klägers auch weiterhin begründete Zweifel an seiner Eignung und Befähigung im Hinblick darauf, die Funktionen des höheren Dienstgrades in der derzeitigen Verwendung oder in vergleichbaren Dienststellungen auf anderen Dienstposten der Stabsoffiziersebene vollwertig auszufüllen (Schreiben des Klägers vom 8. Juli 2005, 23. August 2005, 4. November 2005 und 11. April 2006). Zwar habe der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht ausgeführt, dass er grundsätzlich bereit sei, an Auslandseinsätzen der Bundeswehr teilzunehmen, wobei er als Grenze nur seine Rechtspflicht aus § 11 Abs. 2 SG sehe und eine Gewissensentscheidung in diesem Zusammenhang für kaum vorstellbar halte. Damit habe er aber keinen Zweifel daran gelassen, dass im Rahmen einer Gewissensentscheidung ihm allein die Bewertung zustehe, ob ein Auslandseinsatz der Bundeswehr dem Völkerrecht, dem Grundgesetz und den sonstigen gesetzlichen Bestimmungen entspreche. Dieser mentale Vorbehalt werde vom Verwaltungsgericht nicht berücksichtigt.

Mit diesen aufgeworfenen Fragen weise der Rechtsstreit besondere rechtliche Schwierigkeiten auf. Von grundsätzlicher Bedeutung sei die Sache, weil das Verwaltungsgericht beamtenrechtliche Grundsätze direkt auf Berufssoldaten anwende.

3. Der Kläger beantragt, der Antrag auf Zulassung der Berufung abzulehnen. Er verteidigt das angefochtene Urteil.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

1. Die Beklagte beruft sich auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Ob solche Zweifel bestehen, ist im Wesentlichen anhand dessen zu beurteilen, was die Beklagte innerhalb offener Frist zur Begründung ihres Zulassungsantrags hat darlegen lassen (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).

a) Die Annahme des Verwaltungsgerichts, unter der "vorgesehenen Verwendung" im Sinn der Nr. 102 ZDv 20/7 sei bei einem gebündelt bewerteten Dienstposten (nur) dieser derzeitige Dienstposten, nicht aber das statusrechtliche Amt und damit auch andere Dienstposten der gleichen Stabsoffiziersebene zu verstehen, ist nicht ernstlich zweifelhaft. Der Begriff der "Verwendung" hat eine konkret-funktionelle Bedeutung. In dieselbe Richtung weist auch Nr. 101 ZDv 20/7. Dort ist der Begriff der Verwendung in Bezug gesetzt "auf einen im Frieden zu besetzenden Dienstposten". Auch der in der Entscheidung des Verwaltungsgerichts zitierte Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. August 1989 (DokBer B 1990, 77) gebraucht den Begriff der "Verwendung" durchweg bezogen auf einen (konkreten) Dienstposten.

b) Darauf kommt es aber nicht entscheidend an. Denn nach den gesamten Umständen ist auch die Annahme des Verwaltungsgerichts nicht ernstlich zweifelhaft, der Kläger sei auch auf anderen Dienstposten seiner angestrebten Stabsoffiziersebene zu verwenden; er sei grundsätzlich auch zu einem Auslandseinsatz bereit. Soweit der Kläger dabei Vorbehalte gemacht hat, stellen sie das nicht entscheidend in Frage. Zunächst ist es - auch unter Berufssoldaten - keineswegs ausgeschlossen oder auch nur völlig unüblich, aus persönlichen Gründen Vorbehalte gegen eine bestimmte Verwendung zu äußern. Solche Vorbehalte stellen die Verwendungsbreite auch nicht grundsätzlich in Frage. Zum andern hat der Kläger nicht mehr deutlich gemacht, als dass er gegebenenfalls von seinem Recht Gebrauch machen werde, unter den durch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. Juni 2005 (BVerwGE 127, 302 ff.) im Einzelnen beschriebenen Voraussetzungen (vgl. a.a.O. S. 310 ff.) unter Berufung auf die rechtlichen Grenzen des Gehorsams einen Befehl nicht zu befolgen. Dass er dabei leichtfertig verfahren würde, lässt sich den Darlegungen im Zulassungsantrag nicht entnehmen. Die in der genannten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts im Detail geschilderte Vorgeschichte der dort streitgegenständlichen Disziplinarmaßnahme (insoweit in BVerwGE 127, 302 ff. nicht abgedruckt) gibt ebenfalls keinen Hinweis, der Kläger werde sich sein Urteil ohne genügendes Bemühen bilden. Dass er dabei auch auf letztlich eigene Einschätzungen angewiesen sein wird, liegt in der Natur der Sache. Die rechtlichen Grenzen des Gehorsams im Einzelfall sind für die Frage der Beförderung des Klägers aber ohne Bedeutung.

2. Die Rechtssache weist keine besonderen Schwierigkeiten auf. Die dargelegten Zweifel an der Richtigkeit des Urteils lassen sich ohne weiteres ausräumen. Besondere Schwierigkeiten haben sich dabei nicht ergeben.

3. Ob die Grundsatzrüge ausreichend dargelegt ist (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO), kann dahingestellt bleiben. Auf die aufgeworfene Frage kommt es jedenfalls aus den unter 1.b) genannten Gründen nicht an.

4. Kosten: § 154 Abs. 2 VwGO

Die Festsetzung des Streitwerts für das Zulassungsverfahren bleibt einem gesonderten Beschluss vorbehalten.

Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Ende der Entscheidung

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