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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 27.10.2004
Aktenzeichen: 16a D 03.2067
Rechtsgebiete: BayDO


Vorschriften:

BayDO Art. 12
BayDO Art. 18
BayDO Art. 50
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes

16a D 03.2067

Verkündet am 27. Oktober 2004

In dem Disziplinarverfahren des Lehrers ***** ******

wegen Dienstvergehens;

hier: Berufung des Beamten gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 30. Juni 2003,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 16a. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Thomas, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Roßkopf, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Weber, den ehrenamtlichen Richter Dressel, den ehrenamtlichen Richter Lang,

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 27. Oktober 2004 folgendes

Urteil:

Tenor:

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.

II. Der Beamte hat die Kosten des Berufungsverfahrens und die ihm darin erwachsenen notwendigen Aufwendungen zu tragen.

Tatbestand:

I.

Der am *** **** **** geborene Beamte legte im Jahre 1965 die Reifeprüfung an der damaligen Oberrealschule S********* ab. Von Oktober 1965 bis März 1967 leistete er seinen Grundwehrdienst ab. 1970 legte er an der Pädagogischen Hochschule M***** -***** die Erste Prüfung für das Lehramt an Volksschulen mit der Gesamtnote "befriedigend bestanden" (2,52) ab.

Die Regierung von *********** ernannte ihn am 19. November 1970 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf zum Lehramtsanwärter für den Volksschuldienst. Mit Wirkung vom 1. August 1971 wurde er auf eigenen Antrag in den Regierungsbezirk *********** überwiesen. 1973 bestand der Beamte die Zweite Prüfung für das Lehramt an Volksschulen mit der Gesamtnote "befriedigend" (2,91).

Die Regierung von *********** ernannte ihn mit Wirkung vom 10. Dezember 1973 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Lehrer und wies ihn zur Dienstleistung der Volksschule T**** (GS + THS I), Außenstelle H******, zu. Sie versetzte den Beamten mit Wirkung vom 1. August 1975 auf eigenen Antrag an die Volksschule S********* (HS) und berief ihn mit Wirkung vom 10. Juni 1976 in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit.

Mit Wirkung vom 1. August 1980 wurde er auf eigenen Antrag und im Einvernehmen mit der Regierung von ****** an die Volksschule H******** **** ***** (GS + HS) und mit Wirkung vom 1. August 1982 an die Volksschule A***** (HS) versetzt. Mit Ausnahme des Schuljahres 1990/91, in dem er als mobile Reserve zeitweise auch an anderen Schulen eingesetzt war, unterrichtete der Beamte dort.

In den dienstlichen Beurteilungen der Jahre 1974, 1978, 1983, 1987 und 1991 erzielte der Beamte jeweils das Gesamturteil "übertrifft die Anforderungen".

Der Beamte ist unverheiratet und kinderlos; er hat eine Schwester. Er erhält derzeit um 50 % gekürzte Dienstbezüge aus A 12, was 1.381,81 € entspricht. Ferner hat er monatliche Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von 447,38 € und Einkünfte aus Kapital in Höhe von 170,58 €. Einer Nebentätigkeit geht der Beamte nicht nach.

Die wiederkehrenden monatlichen Belastungen betragen: Fixkosten für das Auto 335,-- €, Krankenversicherung 220,-- €, Hausrat- und Haftpflichtversicherung 9,30 € zuzüglich der Kosten für Kleidung und Kost.

II.

Mit Urteil des Jugendschöffengerichts beim Amtsgericht A***** vom 2. März 1998, (Az.: 401 Js 129969/97) wurde der Beamte wegen versuchten sexuellen Missbrauchs von Kindern in sechs Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 9 Monaten zur Bewährung verurteilt. Wegen eines weiteren Versuchs des sexuellen Missbrauchs wurde er freigesprochen. Soweit dem Beamten eine Urkundenunterdrückung zur Last gelegt wurde, hat das Jugendschöffengericht beim Amtsgericht A***** das Verfahren gemäß § 154 Abs. 2 StPO durch Beschluss vorläufig eingestellt, da die zu erwartende Strafe neben der übrigen Strafe nicht wesentlich ins Gewicht falle. Auf die als Revision weitergeführte Berufung des Beamten hob das Bayerische Oberste Landesgericht mit Beschluss vom 20. Oktober 1998 das Urteil des Jugendschöffengerichts beim Amtsgericht A***** vom 2. März 1998 mit den zugrunde liegenden Feststellungen auf, soweit der Beamte verurteilt wurde, da das Urteil mit den Gründen nicht innerhalb von fünf Wochen nach der Verkündung zu den Akten gebracht worden war. Die Sache wurde zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an ein anderes Jugendschöffengericht beim Amtsgericht A***** verwiesen.

Mit Urteil vom 31. Mai 1999, am selben Tage rechtskräftig wegen Rechtsmittelverzichts, verurteilte das Jugendschöffengericht beim Amtsgericht A***** den Beamten wegen versuchten sexuellen Missbrauchs von Kindern in sechs Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 200 Tagessätzen zu je 100,-- DM; im Übrigen wurde der Beamte freigesprochen.

Dem Urteil liegen folgende tatsächliche Feststellungen zu Grunde:

"Der Angeklagte war bis zu seiner seit der Verurteilung vom 2. März 1998 erfolgten vorläufigen Enthebung von Unterricht Lehrer an der Hauptschule in A*****. Er erhält seitdem nur 65 % seiner früheren Dienstbezüge in einer Höhe von jetzt rund 3.000,-- DM monatlich. Er hat keine Unterhaltsverpflichtungen oder sonstige Schulden, ist aber Eigentümer eines Hauses in A*****. Er ist nicht vorbestraft.

Der Angeklagte unterrichtete im Schuljahr 1996/1997 als Klassenlehrer der 6. Klasse der Hauptschule in A***** das Mädchen Danijela M., geb. 30. Juni 1984. Das Kind war im Jahre 1994 zusammen mit den Eltern als Kriegsflüchtling aus Jugoslawien gekommen. Bei Beginn des Schuljahres teilte der Angeklagte Schülerinnen zu verschiedenen Aufgaben innerhalb der Klasse ein, darunter die Schülerin Danijela M. und deren Freundin Pauline Mo. zu Aufräumarbeiten im Klassenzimmer nach Unterrichtsschluss. Bei dieser Gelegenheit kam es seitens des Angeklagten zu sexualbezogenen körperlichen Berührungen des Mädchens Danijela:

In drei Fällen an nicht mehr im Einzelnen genau feststellbaren Tagen ab Oktober 1996 bis Mitte Mai 1997 versuchte der Angeklagte die damals 12-jährige Schülerin Danijela M. mit der Hand über der Kleidung von der Hüfte aufwärts nach oben bis zu den Brüsten zu streicheln. Danijela gelang es aber jeweils, die Hand des Angeklagten abwehrend wegzudrücken, so dass es zu keiner intimen Berührung der Brust kam.

In zwei Fällen an nicht mehr im Einzelnen feststellbaren Tagen in der gleichen Zeit berührte der Angeklagte mit der Hand die Schülerin Danijela M. unter dem T-Shirt an Bauch oder Hüfte und in Richtung der Brüste, ohne diese jedoch selbst zu erreichen, weil Danijela seine Hand wegdrückte.

Ein weiterer derartiger ihm vorgeworfener dritter Fall ließ sich nicht verifizieren.

Ab Anfang Mai 1997 erbot sich der Angeklagte, der Schülerin Danijela M. kostenlos Nachhilfeunterricht bei ihr zu Hause zu erteilen. Anlässlich der zweiten oder dritten Nachhilfestunde am 16. Mai oder 21. Mai 1997 klopfte der Angeklagte zum Ende des Nachhilfeunterrichts Danijela auf den linken Oberschenkel und fuhr anschließend mit der Hand am nackten Oberschenkel des Mädchens entlang bis unter den von ihr getragenen kurzen Hosenrock oder kurze Hose in Richtung Geschlechtsteil. Danijela drückte jedoch seine Hand weg, so dass es zu keiner weiteren Berührung im Geschlechtsbereich kam. Unmittelbar darauf betrat auch die Mutter von Danijela, Bosa M., das Zimmer, um dem Angeklagten Essen zu bringen.

Nach diesem Vorfall lehnte Danijela weitere Nachhilfestunden durch den Angeklagten ab und vertraute sich am 2. Juni 1997 der Ärztin Dr. M. an, bei der ihre Mutter Putzarbeiten verrichtete. Dr. M. bestellte den Angeklagten zu einem Gespräch ein, hielt ihm das von Danijela ihr gegenüber geschilderte Verhalten vor und riet ihm, sich von Danijela in Zukunft fernzuhalten. Der Angeklagte meinte dazu "sein pädagogischer Eros sei wohl nicht angekommen oder missverstanden worden" und ließ Danijela anschließend in Ruhe. Zum Ende des Schuljahres ließ er ihr aber noch ein fotografisches Portrait mit Rahmen und einem Blumenstrauß durch eine A*****er Blumenhandlung als Geschenk zukommen.

Als im August 1997 mehrere pornografische Schreiben Danijela erreichten, zuletzt das Schreibwerk Blatt 12/13 d.A., erstattete Danijela M. bei der Polizei Anzeige und erwähnte dabei den Angeklagten als möglichen Urheber, was sich aber nicht bestätigte."

Der Beamte nahm das Urteil an und verzichtete auf Rechtsmittel.

Mit Beschluss vom 16. August 1999 verwarf die Jugendkammer des Landgerichts A***** die Berufung des Beamten gegen das Urteil des Jugendschöffengerichts beim Amtsgericht A***** vom 31. Mai 1999 als unzulässig. Durchgreifende Ansatzpunkte für eine etwaige Unwirksamkeit der Verzichtserklärung des anwaltschaftlich beratenen und akademisch ausgebildeten Beamten seien nicht vorhanden. Mit Beschluss vom 3. November 1999 verwarf das Oberlandesgericht M****** die sofortige Beschwerde des Beamten gegen den Beschluss der Jugendkammer des Landgerichts A***** vom 16. August 1999 als unbegründet.

Mit Beschluss vom 27. März 2001 verwarf das Amtsgericht N****** **** ***** den Antrag des Beamten auf Wiederaufnahme des durch Urteil des Amtsgerichts A***** - Jugendschöffengericht - vom 31. Mai 1999 rechtskräftig abgeschlossenen Strafverfahrens als unzulässig (Az.: 2 Ls 21 Js 11008/00).

Die sofortige Beschwerde des Beamten gegen den Beschluss des Amtsgerichts N****** **** ***** verwarf die Jugendkammer beim Landgericht I****** mit Beschluss vom 1. Oktober 2001 als unbegründet.

III.

Nach Durchführung von Vorermittlungen, die während des Strafverfahrens ausgesetzt waren, leitete die Einleitungsbehörde mit Verfügung vom 2. Juni 1998 das förmliche Disziplinarverfahren ein und sprach eine vorläufige Dienstenthebung aus. Die auf Antrag des Beamten beteiligte Personalvertretung stimmte der Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens mit Schreiben vom 13. Mai 1998 zu.

Mit Schreiben vom 3. Dezember 1999 wurde der Beamte zur Fortführung des förmlichen Disziplinarverfahrens, zur beabsichtigten Beschränkung des Disziplinarverfahrens auf den strafgerichtlich abgeurteilten Sachverhalt sowie zum Verzicht auf eine Untersuchung gehört.

Mit Verfügung vom 25. Februar 2000 führte die Einleitungsbehörde das ausgesetzte Disziplinarverfahren fort und ordnete - nach entsprechender Anhörung - die Einbehaltung von 50 % der Dienstbezüge an.

Mit Verfügung vom 15. Juni 2000, zugestellt am 21. Juni 2000, wurde ein Untersuchungsführer bestellt und der dem Beamten zur Last gelegte Sachverhalt um einen Anschuldigungspunkt (III Nr. 13) erweitert.

Der Untersuchungsführer hörte im Rahmen der Untersuchung den Beamten und vernahm folgende Zeugen uneidlich:

die Schülerinnen Danijela M.,

Pauline Mo., Natalie Sch.,

den Schüler Eduard So.,

die Mutter einer Zeugin Bosa M.,

die Lehrerin Gabriele S.,

die Ärztin Dr. Renate M., den Rektor Walter D.,

die Schulpsychologin Brigitte O.-A.

Am 21. Oktober 2002 erstattete der Untersuchungsführer seinen Bericht.

IV.

In der am 13. Februar 2003 beim Bayerischen Verwaltungsgericht München eingereichten Anschuldigungsschrift legte die Regierung von ****** dem Beamten (unter Ziffer III) folgendes zur Last:

"...

III.

1. Der Beamte versuchte in drei Fällen an nicht mehr im Einzelnen genau feststellbaren Tagen ab Oktober 1996 bis Mitte Mai 1997, Danijela M. nach dem Unterricht im Klassenzimmer der 6 c mit der Hand über der Kleidung von der Hüfte aufwärts nach oben bis zu den Brüsten zu streicheln. Der Schülerin gelang es aber jeweils, seine Hand abwehrend wegzudrücken, so dass es zu keiner intimen Berührung der Brust kam.

2. In zwei Fällen an nicht mehr im Einzelnen feststellbaren Tagen in der gleichen Zeit ebenfalls im Klassenzimmer nach dem Unterricht berührte der Beamte Danijela M. mit der Hand unter dem T-Shirt an Bauch oder Hüfte und in Richtung der Brüste, ohne diese jedoch selbst zu erreichen, weil die Schülerin seine Hand wegdrückte.

3. Der Beamte bot Anfang Mai 1997 an, Danijela M. kostenlos Nachhilfeunterricht bei ihr zu Hause zu erteilen. Anlässlich der zweiten oder dritten Nachhilfestunde am 16. Mai oder 21. Mai 1997 klopfte er zum Ende des Nachhilfeunterrichts der Schülerin auf den linken Oberschenkel und fuhr anschließend mit der Hand am nackten Oberschenkel des Mädchens entlang bis unter den von ihr getragenen kurzen Hosenrock oder kurze Hose in Richtung Geschlechtsteil. Die Schülerin drückte jedoch seine Hand weg, so dass es zu keiner weiteren Berührung im Geschlechtsbereich kam. Unmittelbar darauf betrat die Mutter von Danijela M. das Zimmer, um ihm Essen zu bringen.

4. Der Beamte gab Danijela M. an einem nicht mehr näher feststellbaren Tag eine bereits geschriebene Arbeit im Fach "Mathematik" nach Hause mit und ermöglichte ihr so, die Arbeit zu verbessern. Er bewertete die Arbeit mit der Note 4.

5. Der Beamte küsste Danijela M. nach Unterrichtsende im Klassenzimmer der 6 c gegen deren Willen auf die Wange.

6. Der Beamte streichelte Danijela M. nach Unterrichtsende im Klassenzimmer mehrfach über der Kleidung am Arm und nahm die Schülerin in den Arm.

7. Der Beamte sagte zu Danijela M:

7.1 "Du hast den schönsten Körper (die beste Figur) der ganzen Schule".

7.2 "Ich finde dich so schön".

7.3 "Ich kann nicht mehr so weitermachen, es kommt schon wieder vor".

Die in den Nrn. 7.1 und 7.2 genannten Bemerkungen fielen jeweils nach Unterrichtsende. Die Aussage in Nr. 7.3 traf der Beamte während einer Unterrichtsstunde im Fach "Kunsterziehung".

8. Der Beamte nötigte Danijela M., Tampons für die Klasse zu kaufen. Andernfalls würde er eine bereits korrigierte Probearbeit schlechter bewerten.

9. Der Beamte umarmte Pauline Mo. mehrmals nach dem Unterricht im Klassenzimmer und fasste sie an der Hüfte an. Letztere Berührung war mit der Aufforderung verbunden, sich woanders hinzubewegen.

10. Der Beamte sagte einmal nach Unterrichtsende zu Pauline Mo.: "Du hast richtige Schmuselippen (die schönsten Lippen zum Küssen)".

11. Der Beamte machte nach dem Unterricht in den Räumen der Volksschule A***** (HS) eine ganze Reihe Fotos von Danijela M. und Pauline Mo. (allein oder gemeinsam). Darunter sind einige mit Selbstauslöser entstandene Bilder, auf denen er seine Arme um die Schultern der Mädchen gelegt oder die Schülerinnen umfasst hat.

12. Der Beamte händigte Danijela M. am letzten Schultag zunächst ein unrichtiges Jahreszeugnis aus, das in vier Fächern die Note 5 enthielt. Erst nachdem die Schülerin dagegen protestiert hatte, zerriss er das Zeugnis und übergab ihr das korrekte Zeugnis.

13. Der Beamte fragte Danijela M. an einem nicht mehr feststellbaren Tag im zweiten Schulhalbjahr 1996/97, ob sie einen BH trage. Diese erwiderte, sie trage ein Top.

Mit am 28. April 2003 eingegangenem Schriftsatz hat der Verteidiger des Beamten sich zur Anschuldigungsschrift geäußert. Er beantragte, die Lösung von den tatsächlichen Feststellungen des Urteils des Jugendschöffengerichts beim Amtsgericht A***** vom 31. Mai 1999 zu beschließen, sowie Herrn Rektor Walter D. und Herrn Schulrat Hermann K. als Zeugen einzuvernehmen. Im Übrigen machte er geltend, sein dienstliches Verhalten sei über einen Zeitraum von 26 Jahren hinweg bis zu den angeschuldigten Handlungen untadelig gewesen, was sich auch aus seinen Beurteilungen ergebe.

Das Verwaltungsgericht lehnte in der mündlichen Verhandlung vom 30. Juni 2003 durch Beschluss den Antrag ab, sich von den tatsächlichen Feststellungen des rechtskräftigen Urteils des Jugendschöffengerichts beim Amtsgericht A***** vom 31. Mai 1999 zu lösen und den Schulrats Hermann K. als Zeugen zu vernehmen.

Mit Einverständnis der Einleitungsbehörde wurde das Verfahren dahingehend beschränkt, dass der Vorwurf III Nr. 7.3 nicht mehr Gegenstand der Anschuldigung gewesen ist.

VI.

Mit Urteil vom 30. Juni 2003 hat das Verwaltungsgericht gegen den Beamten wegen eines Dienstvergehens auf die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Dienst erkannt. Dem Beamten wurde ein Unterhaltsbeitrag in Höhe von 60 % des erdienten Ruhegehalts auf die Dauer von sechs Monaten gewährt.

Von den Äußerungen, die dem Beamten in der Anschuldigungsschrift unter III 7.1 und 7.2 zur Last gelegt wurden, wurde der Beamte freigestellt, weil der Nachweis, dass die dort genannten lockeren Äußerungen wörtlich, so wie angeschuldigt, gefallen sind, sich mangels entsprechender Zeugenaussagen nicht führen lasse.

VI.

Der Beamte hat gegen das ihm am 16. Juli 2003 zugestellte Urteil rechtzeitig (am 7. August 2003) Berufung eingelegt mit dem Antrag, es aufzuheben und ihn freizusprechen. Innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist trägt der Verteidiger des Beamten vor (Schriftsatz vom 7.10.2003):

Das Verwaltungsgericht hätte sich von den strafrechtlichen Feststellungen lösen müssen. Das Urteil des Jugendschöffengerichts beim AG A***** vom 31.05.1999 leide unter Verfahrensfehlern. Die getroffene Absprache bzw. das "Geständnis" seien fehlerhaft gewesen. Das Geständnis, mit dem der Sachverhalt pauschal eingeräumt worden sei, sei - entgegen Vorgaben des BGHSt 43, 195/ 204 - nicht in der Hauptverhandlung vom 31. Mai 1999 und nicht unter Anwesenheit sämtlicher Verfahrensbeteiligter erfolgt. Der wesentliche Inhalt der Vorgespräche sei in der Hauptverhandlung nicht offen gelegt worden. Die Hauptbelastungszeugin D.M. sei in der Hauptverhandlung nicht erschienen. Das Gericht habe in der Urteilsbegründung zu erkennen gegeben, dass es nicht von einer Entfernung aus dem Schuldienst ausgehe. Das Gericht und der damalige Verteidiger hätten offensichtlich keine Erfahrung in Disziplinarsachen gehabt, weil die Entfernung aus dem Dienst im Falle einer strafrechtlichen Verurteilung wegen versuchten sexuellen Missbrauchs von Kindern in sechs Fällen die regelmäßig auszusprechende Disziplinarmaßnahme darstelle. Das Geständnis sei erkauft worden durch vermeintliche Vorteile, die das Gericht dem Beamten in Aussicht gestellt habe.

Der Verzicht auf Rechtsmittel gegen das Urteil vom 31.05.1999 sei unwirksam, weil ihn der Beamte nicht selbst erklärt habe. Dies stelle zwar nach Ansicht der Strafgerichte keinen Grund zur Wiederaufnahme des Verfahrens dar. Die Verfahrensmängel der Strafgerichte könnten deshalb nur im Disziplinarverfahren korrigiert werden.

Die vom Verwaltungsgericht verlesenen protokollierten Aussagen von Zeugen im Strafverfahren (D.M., Bl.119 Strafakt, P.M. Bl.123) sowie des Beamten (Bl. 115) seien nicht verwertbar, weil es sich um keine Wortprotokolle handle. Er verweise auf seinen Schriftsatz vom 14.07.2000 im Untersuchungsverfahren.

Das Verwaltungsgericht habe eine Wahrunterstellung zum Beweisantrag, "die Mutter der Zeugin D.M. habe in der Hauptverhandlung vor dem JSchöffenG leuchtende Augen bekommen, als der Vorsitzende die (Entschädigungs-)Summe von 20.000 DM genannt habe", nicht eingehalten. Für die Glaubwürdigkeit der Zeugin D.M. wäre dieser Umstand von Bedeutung gewesen.

Dem Beamten sei auch entgegen den Vorschriften der StPO kein Pflichtverteidiger bestellt worden.

Die Aussagen der Pauline M. seien zweifelhaft. Neuere Fotos von ihr in der Zeitung zeigten eine Tendenz nach Aufmerksamkeit und Öffentlichkeit. Damit sei ihr damaliger Belastungseifer zu erklären.

Ferner wird bemängelt, dass in Disziplinarverfahren die Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme nicht vorgeschrieben sei. Auch im vorliegenden Fall habe sich lediglich der Untersuchungsführer ein Bild von den Zeuginnen und Zeugen bilden können. Der Verfassungsgerichtshof Wien habe in einer Erkenntnis vom 08.06.1999 (Bl 122 d.A. des BayVGH) darin eine Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren gesehen, wenn in der mündlichen Verhandlung eines Disziplinarverfahren gegen einen Rechtsanwalt Zeugenaussagen nur verlesen werden.

Der gewährte Unterhaltsbeitrag sei angesichts des Alters des Beamten in der Laufzeit zu kurz. Der Beamte sei in einer reinen Bubenklasse noch verwendbar.

Die Einleitungsbehörde beantragt

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Frage der Bindungswirkung der tatsächlichen Feststellungen verweist sie auf ihre Ausführungen in der Anschuldigungsschrift sowie ihre Stellungnahme gegenüber dem Verwaltungsgericht und die Ausführungen des Untersuchungsführers im zusammenfassenden Bericht vom 21.10.2002. Der Beamte habe im Übrigen erfolglos Beschwerde gegen das strafrechtliche Urteil eingelegt.

VII.

Dem Gericht haben neben den Gerichtsakten beider Instanzen vorgelegen:

- Vorermittlungsakte der Regierung von ****** (Bände 1 bis 4)

- Teilvorgang "auszugsweise Ablichtung der Strafakte"

- Umschlag mit Fotoaufnahmen

- Personalakte des Beamten mit zwei Teilakten

- Akte des Untersuchungsführers, Az.: M - DU - 24/00

- Strafakte der Staatsanwaltschaft beim Landgericht A***** Az. 401 Js 129969/97

- Strafakte der Staatsanwaltschaft I******, Az.: 21 Js 11 008/00

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Beamten ist zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt und begründet worden.

Die nicht auf die Disziplinarmaßnahme beschränkte Berufung, mit der er unter Aufhebung des angefochtenen Urteils Freispruch begehrt, hat keinen Erfolg.

I.

Das Disziplinarverfahren weist in formeller Hinsicht - wie das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat - keine Mängel auf. Die Vorermittlungen wurden unter Beachtung des Art. 27 BayDO durchgeführt; sie waren während des Strafverfahrens ausgesetzt. Die dem Beamten von der zuständigen Einleitungsbehörde am 4. Juni 1998 zugestellte Einleitungsverfügung vom 2. Juni 1998 sowie die Verfügung vom 15. Juni 2000, mit der die Einleitung erweitert wurde, bezeichneten den Sachverhalt, in dem das Dienstvergehen gesehen wurde, mit ausreichender Genauigkeit. Auf Antrag des Beamten wurde die Personalvertretung beteiligt, die der Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens mit Schreiben vom 13. Mai 1998 zustimmte. Die Untersuchung wurde ordnungsgemäß durchgeführt und dem Beamten Gelegenheit gegeben, sich abschließend zu äußern. Die den Anforderungen des Art. 60 BayDO genügende Anschuldigungsschrift wurde dem Beamten unter Fristsetzung zur Äußerung und unter Hinweis auf seine Rechte zugestellt.

Eine übermäßig lange Dauer des Disziplinarverfahrens liegt nicht vor. Das förmliche Disziplinarverfahren wurde im Juni 1998 eingeleitet und im Hinblick auf das Strafverfahren ausgesetzt. Die Dauer des Verfahrens von 1998 bis zur Einreichung der Anschuldigungsschrift im Jahre 2003 ist auf die vom Beamten im Strafverfahren eingelegten Rechtsmittel, sowie das von ihm angestrengte Wiederaufnahmeverfahren zurückzuführen.

Der von der Verteidigung bemängelte Umstand, dass im disziplinargerichtlichen Verfahren die Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme nach der geltenden Bayerischen Disziplinarordnung nicht zwingend vorgeschrieben ist, stellt keine Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren dar. Denn im Untersuchungsverfahren hat sich der Untersuchungsführer ein Bild von den Zeuginnen und Zeugen bilden können. Der Untersuchungsführer ist nach Art. 50 Abs. 3 Satz 1 BayDO unabhängig und an Weisungen nicht gebunden; er hat somit vergleichbare Funktionen wie ein Richter. Der Schwerpunkt der Sachverhaltsermittlungen liegt nach der gegebenen Struktur des förmlichen Disziplinarverfahrens im Stadium des Untersuchungsverfahrens. Beweiserhebungen im nachfolgenden disziplinargerichtlichen Verfahren sind nur noch in eingeschränktem Umfang angezeigt (vgl. Art. 62, 68 Abs. 1 Satz 3, 77 Abs. 2 BayDO). Zu Unrecht beruft sich der Beamte auf eine von ihm vorgelegte Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs Wien vom 08.06.1999 (Bl 122 d.A. des BayVGH), der darin - gemessen an Art. 6 EMRK - eine Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren gesehen hat, dass in der mündlichen Verhandlung eines Disziplinarverfahren gegen einen Rechtsanwalt Zeugenaussagen nur verlesen wurden. Denn der Sachverhalt ist mit dem vorliegenden schon deshalb nicht vergleichbar, weil vorliegend ein rechtsstaatlichen Grundsätzen genügendes Untersuchungsverfahren durchgeführt wurde und Art. 6 EMRK in Disziplinarverfahren gegen Beamte nicht anwendbar ist (BVerwG v. 19.9.1989, DÖD 1990, 268).

II.

Das unbeschränkt eingelegte Rechtsmittel richtet sich nicht nur gegen die Disziplinarmaßnahme, sondern auch gegen die erstinstanzlichen Tat- und Schuldfeststellungen sowie deren rechtliche Wertung. Der Senat hat deshalb den Sachverhalt selbst zu ermitteln und rechtlich zu würdigen.

Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung das Verfahren gemäß Art. 77, 61 b Abs. 1 BayDO - mit konkludent erklärtem Einverständnis der Einleitungsbehörde - beschränkt auf die in der Anschuldigungsschrift unter III 1 bis 3 genannten Feststellungen, die identisch sind mit dem im rechtskräftigen Strafurteil des Jugendschöffengerichts beim Amtsgericht A***** vom 31. Mai 1999 abgeurteilten Sachverhalt.

Danach versuchte der Beamte in drei Fällen an nicht mehr im Einzelnen genau feststellbaren Tagen ab Oktober 1996 bis Mitte Mai 1997, Danijela M. nach dem Unterricht im Klassenzimmer der 6 c mit der Hand über der Kleidung von der Hüfte aufwärts nach oben bis zu den Brüsten zu streicheln. Der Schülerin gelang es aber jeweils, seine Hand abwehrend wegzudrücken, so dass es zu keiner intimen Berührung der Brust kam.

In zwei Fällen an nicht mehr im Einzelnen feststellbaren Tagen in der gleichen Zeit ebenfalls im Klassenzimmer nach dem Unterricht berührte der Beamte Danijela M. mit der Hand unter dem T-Shirt an Bauch oder Hüfte und in Richtung der Brüste, ohne diese jedoch selbst zu erreichen, weil die Schülerin seine Hand wegdrückte.

Der Beamte bot Anfang Mai 1997 an, Danijela M. kostenlos Nachhilfeunterricht bei ihr zu Hause zu erteilen. Anlässlich der zweiten oder dritten Nachhilfestunde am 16. Mai oder 21. Mai 1997 klopfte er zum Ende des Nachhilfeunterrichts der Schülerin auf den linken Oberschenkel und fuhr anschließend mit der Hand am nackten Oberschenkel des Mädchens entlang bis unter den von ihr getragenen kurzen Hosenrock oder kurze Hose in Richtung Geschlechtsteil. Die Schülerin drückte jedoch seine Hand weg, so dass es zu keiner weiteren Berührung im Geschlechtsbereich kam. Unmittelbar darauf betrat die Mutter von Danijela M. das Zimmer, um ihm Essen zu bringen.

Die tatsächlichen Feststellungen des rechtskräftigen Strafurteils des Jugendschöffengerichts beim Amtsgericht A***** stehen in diesen insgesamt sechs Fällen des versuchten sexuellen Missbrauch von Kindern im Disziplinarverfahren nach Art. 18 Abs. 1 Satz 1 BayDO grundsätzlich auch für die Disziplinargerichte bindend fest. Diese können zwar die nochmalige Prüfung solcher Feststellungen beschließen, deren Richtigkeit seine Mitglieder mit Stimmenmehrheit bezweifeln (Art. 18 Abs. 1 Satz 2 BayDO). Ebenso wie das Verwaltungsgericht ist aber auch der erkennende Senat der Auffassung, dass bei der vorliegenden Fallgestaltung keine Veranlassung besteht, die Richtigkeit der Feststellungen des Strafgerichts in Zweifel zu ziehen und in eine nochmalige Prüfung einzutreten. Insoweit hat auch der Senat den Antrag, einen Lösungsbeschluss gemäß Art. 18 Abs. 1 Satz 2 BayDO zu erlassen, abgelehnt. Denn der Senat hat nicht nur wegen der überzeugenden tatsächlichen Feststellungen im gesamten strafgerichtlichen Verfahren, sondern vor allem wegen des Ergebnisses der im förmlichen Disziplinarverfahren durchgeführten Untersuchung nach Art. 50 BayDO keine ernstlichen Zweifel, dass die in beiden Verfahren getroffenen Feststellungen, die im wesentlichen übereinstimmen, richtig sind.

Es kann insbesondere dahinstehen, ob die vom Verteidiger des Beamten in seinem umfangreichen Vorbringen in den Vordergrund gerückten, von ihm geltend gemachten Verfahrensfehler des Strafgerichts, insbesondere eine Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren vorlagen und derart gravierend bzw. offenkundig sind, dass eine Lösung der Disziplinargerichte deswegen grundsätzlich in Frage kommen könnte (vgl. BVerwG vom 29.11.2000 BVerwGE 112, 243). Denn die Disziplinargerichte sind nach übereinstimmender Rechtsprechung keine Überprüfungsinstanzen für Strafurteile (vgl. BVerwG vom 7.10.1986 BVerwGE 83, 228). Vorliegend ist der Beamte mit seinem darauf bezogenen Vorbringen im Rechtsmittel- und Wiederaufnahmeverfahren gescheitert. Da diese strafgerichtlichen Entscheidungen jedenfalls vertretbar erscheinen, muss es damit auch im Disziplinarverfahren sein Bewenden haben. Zudem darf vom Grundsatz der Bindung an tatsächlichen Feststellungen nur in Ausnahmefällen abgegangen werden. Ein solcher liegt hier aus mehrfachen Gründen nicht vor. Die Disziplinarkammer des Verwaltungsgerichts vertritt mit guten Gründen die Auffassung, dass das Jugendschöffengericht beim Amtsgericht A***** seinen Feststellungen im Urteil vom 31. Mai 1999 das Geständnis des Beamten zugrunde gelegt hat und somit weder über entscheidungserhebliche Tatsachen, die der Beamte nicht glaubhaft eingestanden hat, Beweis erheben noch die erhobenen Beweise würdigen musste. Denn eine Verständigung im Strafverfahren, die ein Geständnis des Angeklagten und die zu verhängende Strafe zum Gegenstand hat, ist auch nach der Rechtsprechung der Strafgerichte nicht generell unzulässig (vgl. BGH vom 28.8.1997 BGHSt. 43, 195). Der nunmehrige Vortrag des Beamten, sein Geständnis habe im Hinblick auf die fehlende Beratung durch das Gericht keine Gültigkeit mehr, stellt sich evident vorliegend nicht nur als ein venire contra factum proprium sondern auch in der Sache als unbeachtlich dar. Es kann jedenfalls dann nicht angehen, sich im Strafverfahren mit Hilfe eines Geständnisses erheblich mildernde Umstände zubilligen zu lassen, aber im Disziplinarverfahren angesichts der hier bestehenden Bindungswirkung dieses Geständnis nicht mehr gelten lassen zu wollen, wenn - wie hier - alle sonstigen, im Wege der gebotenen mittelbaren Beweiserhebung gewinnbaren Erkenntnisse die Überzeugung begründen, die Vorgänge haben sich so, wie vom Beamten zugestanden, tatsächlich ereignet.

Wie der vom Beamten im Strafverfahren erklärte Rechtsmittelverzicht rechtlich zu bewerten ist, kann der Disziplinarsenat dahinstehen lassen. Denn das Landgericht A***** hat die Berufung gegen das rechtskräftige Urteil mit der Begründung verworfen, dass durchgreifende Ansatzpunkte für eine etwaige Unwirksamkeit der Verzichtserklärung des anwaltschaftlich beratenen und akademisch ausgebildeten Beamten nicht vorhanden sind. Dass der Beamte sich der Konsequenzen im dienstrechtliche Bereich nicht bewusst gewesen sei, sei schon deshalb nicht nachvollziehbar, weil diese Frage ausweislich des Sitzungsprotokolls erörtert worden ist. Danach hat der Beamte auf Frage des Vorsitzenden erklärt, dass er seit März 1998 vorläufig des Dienstes enthoben war und das Strafurteil für den Ausgang des Disziplinarverfahrens abgewartet werden müsse. Die Frage, ob es zulässig ist, im Rahmen einer Urteilsabsprache zu vereinbaren, dass auf ein Rechtsmittel verzichtet wird, ist im übrigen Gegenstand eines Vorlagebeschlusses des 3. Strafsenats vom 15.6.2004 (abgedruckt in NJW 2004, 2536). Schon angesichts der dort dargestellten zum Teil gegensätzlichen Rechtsprechung verschiedener Strafsenate zu dieser Frage besteht kein Anlass für die Disziplinargerichte, dem Ergebnis des Vorlageverfahrens vorzugreifen und die Zulässigkeit des Rechtsmittelverzichts im Sinne eines Lösungsbeschlusses zu bezweifeln. Zudem könnte eine offenkundige Verletzung zentraler Verfahrensvorschriften, auf dem ein Strafurteil beruht, eine Lösung des Disziplinargerichts von den Feststellungen des Strafgerichts nur dann rechtfertigen, wenn diese gerade in einem ausschlaggebenden Punkt unter offenkundiger Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften zustande gekommen sind und die Richtigkeit der Feststellungen zumindest auf erhebliche Zweifel stößt (s. BVerwG vom 29.11.2000 a.a.O.). Jedenfalls die zuletzt genannte Voraussetzung ist nicht gegeben. Der Beamte hat die Richtigkeit der im Wege mittelbarer Beweisaufnahme widerspruchs- und zweifelsfrei gewinnbaren Erkenntnisse, wie sie auch dem Strafurteil zugrunde liegen, in der Sache nicht erschüttert.

Der Senat kann auch offen lassen, ob für die Aussagen der Zeuginnen im ersten Strafverfahren ein strafrechtliches Verwertungsverbot nach der Zurückverweisung wegen nicht fristgerechter Urteilsabfassung besteht, ob es auf die wörtliche Protokollierung ankommt und ob eine mögliche Fehlerhaftigkeit des Protokolls nicht zum Gegenstand eines Protokollberichtigungsantrags zu machen gewesen wäre. Die Aussagen sind jedenfalls in einem rechtsstaatlichen Verfahren protokolliert. Sie wurden in diesem Stadium des Verfahrens verfahrensfehlerfrei gewonnen. Sie können nicht dadurch unrichtig geworden oder für das Disziplinarverfahren nicht mehr verwertbar sein, dass das Urteil des Strafgerichts später wegen nicht fristgerechter Absetzung aufzuheben war.

Zudem kommt im vorliegenden Fall - für sich allein tragend - hinzu, dass - in Hinblick darauf, dass in der Verhandlung zum Urteil des Amtsgerichts A***** vom 31.05.1999 die Zeugen nicht erneut vernommen worden waren und die Verteidigung nicht von vorne herein zurückzuweisende Einwände gegen die Glaubwürdigkeit der Hauptbelastungszeuginnen und deren Sachverhaltsdarstellungen geltend machte - mit Zustimmung des Beamten und der Einleitungsbehörde rein vorsorglich noch ein förmliches Untersuchungsverfahren mit entsprechender Beweisaufnahme durchgeführt wurde.

Diese Untersuchung hat im Wesentlichen auf Grund der Einlassungen des Beamten, soweit ihnen gefolgt werden konnte, und vor allem auf Grund der glaubhaften Angaben der vom Untersuchungsführer einvernommenen Zeuginnen und Zeugen den Nachweis für die dem Beamten zur Last gelegten und hier verfahrensgegenständlichen Dienstpflichtverletzungen erbracht. Der Untersuchungsführer, der - wie erwähnt - nach Art. 50 Abs. 3 Satz 1 BayDO unabhängig und an Weisungen nicht gebunden ist, hat in seinem Bericht ausdrücklich - nachvollziehbar - festgestellt, dass die Einvernahme der beiden Zeuginnen Danijela M. und Pauline Mo. in der Untersuchung die Richtigkeit der Feststellungen des Strafgerichts bestätigte. Insbesondere die Zeugin Danijela M. habe die Annäherungsversuche des Beamten und dessen sexuell geprägte Berührungen glaubhaft geschildert. Dafür, dass hierfür andere Beweggründe maßgeblich waren oder dass die Zeugin sexuelle Fantasien entwickelt habe, seien keine Anhaltspunkte ersichtlich. Die Zeugin habe nach der Beurteilung des Untersuchungsführers in der Untersuchung einen sehr glaubwürdigen Eindruck hinterlassen. Dies hat, wie seiner Stellungnahme vom 5.04.2002 im Untersuchungsverfahren (Bl. 185 DA) entnommen werden kann, auch der Verteidiger des Beamten nicht generell in Abrede gestellt. Im Übrigen habe auch die Zeugin P. Mo. in der Untersuchung glaubhaft geschildert, dass der Beamte die Zeugin Danijela M., die körperlich schon etwas weiter entwickelt gewesen sei, mehrfach berührt habe, indem er sie wiederholt mit der Hand an der Hüfte und am Busen über der Kleidung gestreichelt habe. Dem Untersuchungsführer erschienen die gegen die Aussage der Zeuginnen vorgebrachten Einwände des Verteidigers konstruiert; sie entsprachen in keiner Weise dem sehr überzeugenden Eindruck, den die Zeuginnen bei ihm hinterlassen haben. Auch die Hausärztin Dr. Mag. und die Schulpsychologin O.-A., die in der Untersuchung als Zeuginnen vernommen wurden, hätten in detaillierten Schilderungen die Aussagen der Schülerinnen in den wesentlichen Punkten als richtig bestätigt (Bl. 167 und 266 DA). Ein besonderer Belastungseifer der Schülerinnen sei im Gegensatz zu der Meinung der Verteidigung nicht erkennbar gewesen.

Der Senat hat unter den gegebenen Umständen keine Veranlassung, die Feststellungen des Untersuchungsführers, die mit denjenigen der Strafgerichte im Wesentlichen übereinstimmen, zu bezweifeln. Die Hauptbelastungszeuginnen sind bereits bei der Kriminalpolizei im Rahmen des eingeleiteten Strafverfahrens frühzeitig vernommen worden. Auch dort ist keine Motivation erkennbar gewesen, die auf besonderen Belastungseifer hindeuten würde. Von der Schulpsychologin sind ebenfalls keine Anhaltspunkte für frühpubertäre Fantasien festgestellt worden. Die unsubstantiiert vorgetragene Einschätzung des Beamten, es handle sich um einen Racheakt wegen seiner nächtlichen Überwachungsaktionen, teilt der Senat ebenso wenig wie das Verwaltungsgericht. Dafür haben sich ebensowenig Anhaltspunkte ergeben, wie für die anderen, sich zum Teil widersprechenden Einwände gegen deren Glaubwürdigkeit.

Der Senat hat deshalb bei der disziplinären Würdigung von dem Vorliegen der in den Anschuldigungspunkten III Nrn. 1 - 3 bezeichneten Dienstpflichtverletzungen auszugehen.

II.

Das festgestellte Verhalten des Beamten stellt ein schweres innerdienstliches Dienstvergehen dar, da der Beamte schuldhaft die ihm obliegenden Pflichten verletzt hat (Art. 84 Abs. 1 Satz 1 BayBG). Ein solches ist auch insoweit zu bejahen, als ein versuchter sexueller Missbrauch von Kindern in der elterlichen Wohnung der Schülerin D. M. erfolgte. Die Unterscheidung zwischen inner- und außerdienstlichen Pflichtverletzungen ist nicht nach den engen räumlichen oder zeitlichen Beziehungen zum Dienst allein, sondern auch nach materiellen Kriterien zu treffen (vgl. BVerwG v. 21.10.1986, BVerwGE 83, 237). Der Beamte hat als Lehrer einer ihm im Klassenverbund zugewiesenen Schülerin Nachhilfestunden in einem Fach erteilt, in dem er sie auch in der Schule unterrichtete. Es besteht somit ein funktionaler und kausaler Zusammenhang zu dem vom Beamten bekleideten Amt, so dass dieses Dienstvergehen ebenso als innerdienstlich zu bewerten ist.

Der Beamte hat seinen Verpflichtungen aus Art. 64 Abs. 1 Satz 2 BayBG, wonach er sein Amt uneigennützig und nach bestem Wissen und Gewissen zu verwalten hat und aus Art. 64 Abs. 1 Satz 2 BayBG, demzufolge sein Verhalten innerhalb des Dienstes der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden muss, das sein Beruf erfordert, zuwider gehandelt. Ferner hat er gegen seine Pflicht verstoßen, die Gesetze zu beachten (Art. 62 Abs. 1 Satz 2 BayBG). Der Verstoß eines Beamten gegen strafrechtliche Normen, die den Schutz von Kindern vor sexuellem Missbrauch zum Inhalt haben, machen ihn in der Regel untragbar. Der Lehrer hat seine Kernpflicht, die ihm anvertrauten Schüler und Schülerinnen über die reine Wissensvermittlung hinaus zu sittlicher Verantwortung und Menschlichkeit zu erziehen, vollkommen außer Acht gelassen.

Das dienstliche Verhalten des Beamten hat sich an den Anforderungen zu orientieren, die an sein Amt gestellt werden. Als Lehrer in einer Hauptschule hat der Beamte ausgehend von den Vorgaben der Verfassung, wonach die Schulen einerseits Wissen und Können vermitteln, andererseits die Gesamtpersönlichkeit prägen, auf die Schüler sowohl in den zu unterrichtenden Fächern einzuwirken, als auch für die gesamte sonstige, insbesondere die charakterliche Entwicklung der Schüler Sorge zu tragen. Eine hohe Verantwortung des Lehrers besteht insbesondere, was die sittlichen Wertempfindungen angeht: Unabhängig, ob es sich um männliche oder weibliche Schüler handelt, hat ein Lehrer sich in sexueller Hinsicht absolut korrekt - in Wort wie in Tat - zu verhalten.

Diesen Verpflichtungen ist der Beamte hier nicht gerecht geworden. Durch den versuchten sexuellen Missbrauch von Kindern in sechs Fällen, der auch Gegenstand einer strafrechtlichen Verurteilung war, hat der Beamte es an der erforderlichen körperlichen Distanz, die das Verhältnis zwischen Lehrer und Schüler zu prägen hat, fehlen lassen. Die Schülerinnen waren zum Tatzeitpunkt 12 und 13 Jahre alt; die vom Beamten vorgenommenen Berührungen waren daher geeignet, in die sittliche Entwicklung der jungen Mädchen einzugreifen und die harmonische Entwicklung ihrer Gesamtpersönlichkeit sowie ihre Einordnung in die Gemeinschaft zu gefährden, da Kinder oder Jugendliche diesen Alters wegen ihrer fehlenden bzw. noch nicht hinreichenden Reife intellektuell und gefühlsmäßig das Erlebte in der Regel gar nicht oder nur schwer verarbeiten können (vgl. BVerwG v. 19.6.1996, BVerwGE 103, 349).

Darüber hinaus hat der Missbrauch von Kindern, auch wenn er im Versuchsstadium bleibt, durch einen Lehrer, dessen Auftrag es ist die Jugendlichen zu erziehen und ihre Würde als Menschen zu achten und zu schützen, aus der Sicht eines vorurteilsfreien und besonnenen Betrachters eine nachhaltige Ansehensschädigung bis hin zum völligen Ansehensverlust zur Folge. Denn dadurch wird das Vertrauen, das der Dienstherr in die Selbstbeherrschung, Zuverlässigkeit und moralische Integrität seiner Lehrer setzt, von Grund auf erschüttert. Wer als Lehrer in dieser Weise versagt, beweist erhebliche Persönlichkeitsdefizite, die ihn regelmäßig in der Schule untragbar machen.

Auf Milderungsgründe kann sich der Beamte hier nicht berufen. Sein Verhalten stellt sich nicht als einmalige persönlichkeitsfremde Gelegenheitstat dar. Die Anwendung dieses Milderungsgrundes setzt voraus, dass der Beamte einmal spontan ohne hinreichende Überlegung quasi kurzschlussartig gehandelt hat, da nur dann davon ausgegangen werden kann, dass das Vertrauensverhältnis zum Dienstherrn nicht völlig zerstört ist und wiederhergestellt werden kann (vgl. BVerwG Urt. v. 20.2.1990, DokBer B 90, 149). Hier fehlt es schon an der Einmaligkeit der Tat, da der Beamte wiederholt versucht hat, die Schülerinnen im Intimbereich zu berühren. Es kann dabei nicht davon ausgegangen werden, dass dem Beamten, wie er geltend macht, sexuelle Absichten gefehlt hätten. Dass dies nicht so war, verdeutlich sich bereits an den von ihm berührten Körperteilen der Mädchen an sich. Ohne sexuelle Absichten sind solche Handlungen in der gegebenen Situation schlichtweg nicht denkbar. Anzeichen dafür, dass die Mädchen durch entsprechendes Verhalten, aufreizende Kleidung oder aufgrund ihrer körperlichen Entwicklung den Beamten zu den geschilderten Zudringlichkeiten veranlasst hätten, bestehen nicht. Aus den bei den Akten befindlichen Fotos ergibt sich, dass sie nicht anders als die anderen Mädchen der Klasse gekleidet und körperlich entwickelt waren. Auch der Hinweis der Verteidigung auf die südländische Herkunft der Zeugin D. M. geht fehl. Zudem darf nicht außer Acht gelassen werden, dass der Beamte das genaue Alter der damals 12- und 13-jährigen Schülerinnen und ihren Entwicklungsstand kannte; dies wäre umso mehr Anlass gewesen, Abstand zu bewahren und sich jeglicher Annäherung zu enthalten. Durch die Missachtung dieser Grundsätze hat der Beamte im Kernbereich seiner Pflichten versagt.

Es ist das Interesse des Dienstherrn, sicherzustellen, dass der Unterrichtsauftrag der Schule unverkürzt und insbesondere auch in dem sehr gewichtigen, da die Entwicklung der dem Lehrer anvertrauten Kinder und Jugendlichen entscheidend prägenden sittlichen Bereich ohne Einschränkungen wahrgenommen wird. Mit in dieser Waagschale liegen auch die rechtlich geschützten Interessen der Schüler selbst sowie ihrer Erziehungsberechtigten, die es verbieten, Kinder oder Jugendliche einem Lehrer, der sich schwerwiegender sexueller Verfehlungen gegenüber 12-jährigen Mädchen, die der von ihm unterrichteten Klasse angehören bzw. angehört haben, schuldig gemacht hat, weiterhin im Schulunterricht anzuvertrauen. Das Gewicht der hier zu schützenden Rechtsgüter rechtfertigt es, die Disziplinarmaßnahme der Dienstenthebung (Art. 12 BayDO) zu verhängen. Der Pflichtenverstoß ist so gewichtig, dass er nicht durch eine - als mildere Maßnahme hier allein in Betracht kommende - Gehaltskürzung, selbst wenn sowohl Dauer als auch Höhe den höchstzulässigen Rahmen ausschöpfen würden, adäquat geahndet werden kann.

Die Schwere seiner Pflichtverletzung kann der Beamte nicht unter Hinweis darauf relativieren, dass das Strafgericht nur von einem minder schweren Fall des Versuchs der sexuellen Nötigung ausgegangen ist. Insoweit kann sich der Beamte nicht auf die Bindungswirkung des Strafurteils vom 31. Mai 1999 gemäß Art. 18 Abs. 1 Satz 1 BayDO berufen. Die Bindungswirkung betrifft nur die tatsächlichen Feststellungen des Urteils; sie umfasst dagegen nicht die strafrichterliche Wertung, ob ein minder schwerer Fall im Sinne des Strafrechts vorliegt. Denn die Voraussetzungen für die strafrechtliche Annahme eines minder schweren Falles - geringeres Unrecht oder geringere Schuld - messen sich an anderen Maßstäben als die disziplinarrechtliche Ahndung eines Verhaltens mit Blick auf dienstrechtliche Konsequenzen. So können sexuelle Handlungen eine disziplinarrechtliche Ahndung rechtfertigen, die strafrechtlich noch nicht die Erheblichkeitsgrenze des § 184 c StGB überschritten haben. Hier liegen Verfehlungen des Beamten vor, die aus disziplinarrechtlicher Sicht nicht als geringfügig anzusehen sind, sondern erhebliches Gewicht besitzen.

Schließlich führen auch die guten Beurteilungen des Beamten, die positive Einschätzung des Beamten durch den Volksschulrektor D. sowie der Umstand, dass er bisher weder strafrechtlich noch disziplinarrechtlich in Erscheinung getreten ist, zu keiner anderen Betrachtungsweise. Diese Umstände stellen das normale Verhalten zur Erfüllung der Dienstpflichten dar. Sie sind daher nicht geeignet, die Schwere des Dienstvergehens so zu relativieren, dass deshalb bei einem Beamten, der sich untragbar gemacht hat, von einer Dienstentfernung bzw. - bei einem Ruhestandsbeamten - von der Aberkennung des Ruhegehalts abgesehen werden könnte. Allerdings können die guten Beurteilungen bei der Frage Berücksichtigung finden, ob der Beamte eines Unterhaltsbeitrags würdig erscheint (Art. 71 Abs. 1 Satz 1 BayDO). Diese Frage ist mit dem Verwaltungsgericht zu bejahen. Mit Rücksicht auf die Bedürftigkeit des Beamten, der unverheiratet ist, und im Hinblick darauf, dass es für ihn nicht leicht sein wird, eine neue Erwerbsquelle zu finden, erscheint der bewilligte Betrag in Höhe von 60 % des erdienten Ruhegehaltsgehalts auf die Dauer von sechs Monaten angemessen. Der Beamte hat sich nachdrücklich um die Erzielung anderer Einkünfte zu bemühen. Weist er nach, dass er sich während des Bewilligungszeitraums intensiv, aber letztlich erfolglos um eine andere Einnahmequelle bemüht hat, so kann ihm vom Verwaltungsgericht auf seinen Antrag bei fortbestehender Bedürftigkeit ein Unterhaltsbeitrag neu bewilligt werden.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf Art. 103 Abs. 1 und Art. 104 Abs. 2 BayDO.

Das Urteil ist mit seiner Verkündung rechtskräftig geworden.



Ende der Entscheidung

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