Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 20.08.2008
Aktenzeichen: 16a D 06.3393
Rechtsgebiete: BayBG, StGB, BayPVG, Haushaltsrichtlinie 1 zu R 102, BayDO, BayDG


Vorschriften:

BayBG Art. 62 Abs. 1 Satz 1
BayBG Art. 62 Abs. 1 Satz 2
BayBG Art. 64 Abs. 1 Satz 2
BayBG Art. 64 Abs. 1 Satz 3
StGB § 22
StGB § 23
StGB § 240
StGB § 266
BayPVG Art. 8
Haushaltsrichtlinie 1 zu R 102 "Annahme von Bargeld durch Beschäftigte der Bayer. Staatsforstverwaltung"
BayDO Art. 12
BayDO Art. 13 Abs. 2
BayDO Art. 60 b
BayDG Art. 78 Abs. 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes

16a D 06.3393

Verkündet am 20. August 2008

In dem Disziplinarverfahren

wegen Dienstvergehens;

hier: Berufung des Beamten gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München (Disziplinarkammer) vom 3. November 2006,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 16a. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Läpple, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Weber, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Boese, den ehrenamtlichen Richter Sommer, den ehrenamtlichen Richter Schmidt

aufgrund mündlicher Verhandlung am 20. August 2008

folgendes Urteil:

Tenor:

I. Die Berufung wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass gegen den Ruhestandsbeamten wegen eines Dienstvergehens auf die Disziplinarmaßnahme der Aberkennung des Ruhegehalts erkannt und ein Unterhaltsbeitrag in Höhe von 75 v. H. des erdienten Ruhegehalts für die Dauer von sechs Monaten gewährt wird.

II. Der Ruhestandsbeamte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens und die ihm darin erwachsenen notwendigen Aufwendungen.

Tatbestand:

I.

Der am 3. Juni 1951 geborene jetzige Ruhestandsbeamte (künftig: Beamte) schloss 1968 die Realschule mit der Mittleren Reife ab. Am 1. Oktober 1968 trat er in den Dienst des Freistaats Bayern.

Nach der Ernennung zum Revierförsteranwärter unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf zum 28. Dezember 1971, der Ernennung zum Forstinspektor zur Anstellung unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum 22. März 1976, der Ernennung zum Forstinspektor und einer Verlängerung der Probezeit wurde der Beamte zum 26. September 1978 in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit berufen und schließlich zum 1. April 1994 zum Forstamtmann ernannt. Mit Wirkung vom 1. September 2007 wurde er gemäß Art. 57 BayBG in den Ruhestand versetzt.

Die 1972 geschlossene Ehe des Beamten wurde 1981 geschieden. Der Beamte ist Vater einer 1973 geborenen Tochter; er ist Schwerbehinderter mit einem Grad der Behinderung von 60 (Bescheid vom 15.3.2006). Seine monatlichen Einkünfte aus BesGr. A 11 betrugen 2.364,68 Euro netto; sie sind seit 1. August 2004 um 15 % monatlich gekürzt. Die monatlichen Verbindlichkeiten betragen nach seinen Angaben etwa 2.075 Euro. Er ist Eigentümer eines 900 m2 großen Grundstücks in Rö. in Österreich.

II.

Mit Urteil des Amtsgerichts Miesbach vom 23. Oktober 2003 (Az. : 2 CS 36 Js 2796/03), rechtskräftig seit 7. Mai 2004, wurde der Beamte wegen sechs sachlich zusammentreffender Vergehen der Untreue in Tatmehrheit mit einem Vergehen der versuchten Nötigung zu einer Gesamtstrafe von 90 Tagessätzen zu je 40,-- Euro verurteilt. Dem Urteil liegen folgende tatsächliche Feststellungen zu Grunde:

"In der Funktion als Revierleiter der Forstdienststelle Ot. war der Angeklagte im Rahmen der Kleinselbstwerbung verpflichtet, das Bargeld, welches er von Privatleuten für selbstgefälltes, aufgearbeitetes und abgefahrenes Holz erhielt, über einen Quittungsblock und eine dazugehörige Anschreibeliste mit dem Forstamt Sa. abzurechnen.

In sechs Fällen im Jahre 2002 nahm der Angeklagte Bargeld von Selbstwerbern entgegen, ohne dies in den Quittungsblöcken Nr. 6856 (Zeitraum 22.3.2001 bis 5.12.2002) und Nr. 6867 (Zeitraum 5.12.2002 bis 17.12.2002) aufzuführen und mit dem Forstamt Sa. abzurechnen. Hierdurch entstand dem Forstamt Sa. ein Schaden im Gesamtwert von 755,00 Euro.

Im Einzelnen handelt es sich um folgende Fälle:

a) Frühjahr 2002, Selbstwerber: G. Pf., 60 Ster, 300,00 Euro,

b) Frühjahr 2002, Selbstwerber: J. Ba., 7 Ster, 15,00 Euro

c) im Jahre 2002, Selbstwerber: G. Kö., 8 Ster, 10,00 Euro,

d) im Jahre 2002, Selbstwerber: R. Ma., 38 Ster, 300,00 Euro,

e) im Jahre 2002, Selbstwerber: J. Lö., 45 Ster, 80,00 Euro,

f) Frühjahr 2002, Selbstwerber: J. Eb., 20 Ster, 50,00 Euro.

Die Staatsanwaltschaft hält wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten.

Am 24. April 2002 suchte der Angeklagte seinen Mitarbeiter, den Forstwirt Georg Be., in seinem Schutzwagen im Forstgebiet Ot. auf. Am darauf folgenden Tag, am 25. April 2002 sollte eine außerordentliche Personalratssitzung im Forstamt Sa. stattfinden, in welcher sein Verhalten gegenüber dem Forstwirt Hei. behandelt werden sollte. Die Forstwirte Be. und Wi. waren zu dieser Sitzung ebenfalls geladen. Um zu verhindern, dass die Mitarbeiter Be. und Wi. im Rahmen der Personalratssitzung gegen den Angeklagten aussagen, wies der Angeklagte G. Be. an, sich aus der Sache herauszuhalten. Er sagte zu ihm: "Wenn Sie sich einmischen, sehe ich auch nicht ein, dass ich Ihnen weiterhin den Vorarbeiterzuschlag bezahle." Durch diese Ankündigung wollte der Angeklagte erreichen, dass G. Be. nicht zur Personalratssitzung am Folgetag erscheint und auf seinen Kollegen M. Wi. einwirkt, dass dieser ebenfalls nicht an der Sitzung teilnimmt.

Trotz dieser Ankündigung fand die Personalratssitzung in Anwesenheit von G. Be. und M. Wi. statt."

III.

Dem Beamten wird als Dienstvergehen zur Last gelegt:

1. Er rechnete 2002 in sechs Fällen Bargeld, das er von Selbstwerbern annahm, nicht ab und führte das vereinnahmte Bargeld nicht ab.

2. Er verkaufte in den Jahren 1992 und 1995 bis 2002 jährlich Brennholz im Barzahlungsverfahren an R. Ma., Ot. und führte das vereinnahmte Bargeld nicht ab.

3. Er verkaufte im Zeitraum von 2000 bis 2001 einmal Brennholz im Barzahlungsverfahren an F. Ma., D., und führte das vereinnahmte Bargeld nicht ab.

4. In diesem Zusammenhang (Nr. 1 bis Nr. 3) unterließ er das Ausstellen der im Barzahlungsverfahren vorgeschriebenen Barzahlungsquittungen und das Vortragen des vereinnahmten Bargelds in den dazugehörenden Anschreibelisten.

5. Er versuchte am 24. April 2002, den Forstwirt G. Be. durch die Androhung des Entzugs des so genannten Vorarbeiterzuschlags von der Teilnahme an der außerordentlichen Personalratssitzung vom 25. April 2002 abzuhalten. Gleichzeitig sollte dieser auf dessen Arbeitskollegen Forstwirt M. Wi. mit der gleichen Intention einwirken.

6. Der Beamte nutzte ab 28. April 2003 trotz schriftlicher Untersagung der privaten Nutzung des Dienstanschlusses einen in seinen Privaträumen des Forstdienstanwesens installierten Nebenapparat für Privatgespräche.

7. Er rechnete für den 19. November 2001 und für den 27. November 2001 zwei Dienstfahrten über das Fahrtenbuch ab, für die ihm keine Reisekostenvergütung zustand.

IV.

Nach Durchführung von Vorermittlungen leitete die Forstdirektion O./S. mit einer dem Beamten zugestellten Einleitungsverfügung vom 1. Juni 2004 das förmliche Disziplinarverfahren ein und ordnete die Durchführung einer Untersuchung an. Mit Verfügung vom 29. Juni 2004 wurde der Beamte mit sofortiger Wirkung des Dienstes enthoben und ab August 2004 wurden 900,00 Euro seiner monatlichen Dienstbezüge einbehalten. Aufgrund eines Antrags des Beamten beim Verwaltungsgericht München gemäß Art. 84 Abs. 3 BayDO reduzierte die Einleitungsbehörde die Höhe des Kürzungssatzes auf 15 % der monatlichen Dienstbezüge. Im Rahmen der Untersuchung wurden der Beamte und mehrere Zeugen gehört. Der Untersuchungsführer erstattete am 24. Februar 2006 seinen Bericht.

Am 7. Juli 2006 reichte die Einleitungsbehörde beim Bayerischen Verwaltungsgericht München - Kammer für Disziplinarangelegenheiten nach Landesrecht - die Anschuldigungsschrift vom 5. Juli 2006 ein, in der dem Beamten die unter Nr. III. genannten Dienstvergehen zur Last gelegt werden. Durch die Nichtabführung der Bareinnahmen habe der Beamte gegen die Pflicht zur Beachtung der Gesetze, die Pflicht zur uneigennützigen Amtsführung und die Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten verstoßen. Die in der Rechtsprechung anerkannten Milderungsgründe lägen nicht vor. Die Sanierung der GX-Hütte sei dem Beamten ausdrücklich durch den damaligen Leiter des Forstamts Sa. untersagt gewesen. Durch die Vornahme von Sanierungsarbeiten - in welchem Umfang und mit welchen Mitteln könne letztlich dahingestellt bleiben - habe er vorsätzlich gegen diese Weisung verstoßen. Durch dieses Verhalten habe der Beamte die Gesetze missachtet und eine eigennützige Amtsführung an den Tag gelegt. Erschwerend komme hinzu, dass die im Strafverfahren geschilderten Praktiken bei der Führung der Barzahlungsunterlagen zeigten, dass der Beamte nicht bemüht gewesen sei, geltende Vorschriften korrekt zu vollziehen und damit seine Zahlungsunterlagen/Kassenführung für den Dienstherrn transparent und kontrollierbar zu machen. In all diesen Fällen habe der Beamte es unterlassen, die Zahlfälle in der Anschreibeliste vorzutragen sowie die Barzahlungsquittungen auszustellen und die verkauften Holzmengen mittels seines mobilen Datenerfassungsgeräts an das Forstamt zu überspielen. Die Zusammenfassung von Zahlfällen sowie das Vortragen in der Barzahlungsquittung bzw. Anschreibeliste von Bareinzahlungen unter fremdem oder eigenem Namen machten es unmöglich, die vom Beamten zu führenden Haushaltsunterlagen auf Vollständigkeit und Richtigkeit zu prüfen. Der Beamte habe durch dieses Verhalten gegen die ihm obliegende Gehorsamspflicht verstoßen. Durch die versuchte Nötigung als Vorgesetzter der Forstwirte M. Wi. und G. Be. habe der Beamte die Pflicht zur Beachtung der Gesetze und zur gerechten Amtsausübung verstoßen. Nach der Abordnung an das Forstamt Fü. habe der Beamte die dienstliche Weisung, keine Privatgespräche vom Dienstapparat zu führen, unterlaufen und auch damit gegen die Gehorsamspflicht verstoßen. Die für den 19. November 2001 und 27. November 2001 abgerechneten Dienstfahrten über das von dem Beamten dienstlich zu führende Fahrtenbuch verstießen gegen die Pflicht zur Befolgung der allgemeinen Richtlinien und die Pflicht zur uneigennützigen Amtsführung. Dem Beamten seien die entsprechenden Auslagen nicht entstanden.

Dem Beamten wurde die Anschuldigungsschrift unter Hinweis auf seine Rechte zur Stellungnahme am 14. Juli 2006 zugestellt.

Der Beamte trug vor, was die Anschuldigungspunkte 1) und 5) betreffe, wirkten die rechtskräftigen Feststellungen des strafgerichtlichen Urteils. Die Taten seien in einem engen zeitlichen Zusammenhang erfolgt; er sei bisher strafrechtlich und disziplinarrechtlich nicht in Erscheinung getreten und die Schadensbeträge hätten im unteren bzw. untersten Bereich gelegen. Auch habe der Beamte einen Betrag in Höhe von 300,00 Euro zurückerstattet; der angerichtete Schaden könne somit allenfalls noch 455,00 Euro betragen. Auch habe der Beamte die vereinnahmten und nicht abgeführten Beträge nicht eigennützig, sondern für die Renovierung/Instandsetzung der GX-Hütte verwendet, über deren Zustand der Vorgesetzte des Beamten informiert gewesen sei. Es werde eingeräumt, dass der Beamte gegen die Richtlinie "Annahme von Bargeld durch Beschäftigte der Bayerischen Staatsforstverwaltung" verstoßen habe. Ziffern 6 und 7 der Anschuldigungsschrift träfen nicht zu.

V.

Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 3. November 2006 gegen den Beamten wegen eines Dienstvergehens auf die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Dienst erkannt und dem Beamten einen Unterhaltsbeitrag in Höhe von 60 % des erdienten Ruhegehaltes auf die Dauer von sechs Monaten gewährt.

Das Verfahren weise keine Fehler auf, die zur Einstellung führen müssten (Art. 70 Abs. 3 i.V.m. Art. 58 Abs. 1 BayDO). Der Beamte habe in jedem Verfahrensstadium die Möglichkeit des rechtlichen Gehörs gehabt. Nach entsprechendem Hinweis auf die Mitwirkungsmöglichkeit der Personalvertretung und auf entsprechenden Antrag des Beamten sei mit Schreiben vom 18. März 2004 die zuständige Personalvertretung, nämlich der Bezirkspersonalrat, beteiligt worden. Dem Erfordernis des Art. 76 Abs. 1 Nr. 3 BayPVG sei damit genügt worden.

Der dem Beamten zur Last gelegte Sachverhalt stehe zur Überzeugung des Gerichts fest.

Der Nachweis für das dem Beamten in den Anschuldigungspunkten 1) und 5) zur Last gelegte Verhalten ergebe sich aufgrund der gemäß Art. 18 Abs. 1 Satz 1 BayDO bestehenden Bindungswirkung an die tatsächlichen Feststellungen des Urteils des Amtsgerichts Miesbach vom 23.10.2003 (Az.: 36 Js 2796/03). Das Gericht sei an die tatsächlichen Feststellungen nicht nur hinsichtlich des objektiven Tatbestands sondern auch insoweit gebunden, als die Verantwortlichkeit des Beamten für seine Tat bejaht worden sei. Es bestehe keine Veranlassung, die Richtigkeit der Feststellungen des Strafgerichts in Zweifel zu ziehen und in eine nochmalige Prüfung der dort getroffenen Feststellungen einzutreten. Das Gericht sehe es ferner als erwiesen an, dass der Beamte in den Jahren 1992, 1995, 1996, 1997, 1998, 1999, 2000 und 2001 an Herrn R. M. und einmal an Herrn F. M. (Anschuldigungspunkte 2 und 3) Brennholz im Barzahlungsverfahren verkauft habe, ohne das vereinnahmte Bargeld abzuführen, die vorgeschriebene Barzahlungsquittung auszustellen und das vereinnahmte Bargeld in den dazugehörenden Anschreibelisten vorzutragen. Das Fehlverhalten sei durch die Aussagen der Zeugen R. Ma. und F. Ma. in der Untersuchung belegt. Auch habe der Beamte eingeräumt, dass er das ihm insoweit angelastete Verhalten nicht ausschließe.

Das Gericht sehe auch die dem Beamten ab 28. April 2003 zur Last gelegte private Nutzung des Dienstanschlusses der Forstdienststelle Ot. sowie die rechtswidrige Abrechnung zweier Dienstfahrten, für die dem Beamten Reisekostenvergütung nicht zugestanden habe, als nachgewiesen an.

Das Verhalten des Beamten sei nach dem Grundsatz der Einheit des Dienstvergehens als ein äußerst schweres innerdienstliches Dienstvergehen zu würdigen. Der Beamte habe in den angeschuldigten Fällen das beim Verkauf von Brennholz eingenommene Bargeld für sich verbraucht und so die Befugnis, Bargeld für seinen Dienstherrn entsprechend der Haushaltsrichtlinie 1/R 102 entgegenzunehmen und entsprechend zu verbuchen, missbraucht. Damit habe er sich rechtswidrig und schuldhaft wegen Untreue, § 266 StGB, strafbar gemacht. Er habe im Kernbereich seiner Dienstpflichten gefehlt und insoweit ein sehr gravierendes innerdienstliches Dienstvergehen im Sinne des Art. 84 Abs. 1 Satz 1 BayBG begangen. Der Beamte habe ferner versucht, gem. §§ 240, 22, 23 StGB einen seiner Mitarbeiter zu nötigen. Dabei sei erschwerend zu berücksichtigen, dass der Beamte bei diesem Fehlverhalten zusätzlich zur Gesetzesverletzung seiner Vorgesetzteneigenschaft nicht gerecht geworden sei. Schließlich habe der Beamte durch die vielfache Benutzung des Diensttelefons ab 28. April 2003 und die zweimalige unzulässige Geltendmachung von Wegstreckenentschädigung einen Betrug zu Lasten seines Dienstherrn begangen.

Der Beamte könne auf Milderungsgründe nicht verweisen. Auch die behauptete - zutreffendenfalls dann weisungswidrige - Verwendung der eingenommenen Gelder für die Instandsetzung der GX-Hütte vermöge die Veruntreuung der Bareinnahmen nicht zu mildern oder rechtfertigen.

Die Schwere des vorliegenden Dienstvergehens werde in erster Linie durch die vielfachen Vergehen der Untreue bestimmt. Der Untreue komme grundsätzlich disziplinarrechtlich ein ähnliches Gewicht zu wie dem unmittelbaren Zugriff auf amtlich anvertrautes Geld und sei einer direkten Kassenverfehlung gleichzusetzen. Ein Beamter, der solche Handlungen vornehme, zerstöre regelmäßig und so auch vorliegend das Vertrauensverhältnis zu seinem Dienstherrn unwiederbringlich. Dass der verursachte Schaden, wie der Vertreter der Einleitungsbehörde in der mündlichen Verhandlung erklärt habe, maximal 2.500,00 Euro betrage, ändere an der Zerstörung der Vertrauensbasis zwischen Dienstherrn und Beamten nichts. Sein dienstliches Fehlverhalten, insgesamt betrachtet, lege vielmehr den Schluss nahe, dass er jede Möglichkeit nutzte, sich Vermögensvorteile zu Lasten des Dienstherrn zu verschaffen. Bei Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls sei das Dienstvergehen von einer derartigen Tragweite, dass der weitere Verbleib des Beamten im öffentlichen Dienst nicht in Betracht komme.

VI.

Der Beamte hat gegen dieses Urteil, das ihm am 16. November 2006 zugestellt wurde, am 15. Dezember 2006 Berufung eingelegt. Sie richte sich gegen Ziffer I des Urteilstenors insoweit, als auf eine höhere Disziplinarmaßnahme als eine Zurückstufung erkannt worden sei. Gegen Tat- und Schuldfeststellungen richte sie sich insoweit, als dem Beamten gemäß Ziffer III. 6 des Tatbestands vorgeworfen werde, ab 28. April 2003 von seinem Telefon aus trotz schriftlicher Untersagung Privatgespräche geführt zu haben, ferner gegen Schuldfeststellungen insofern, als dem Beamten gemäß Ziffer III. 7 des Tatbestands vorgeworfen werde, ohne Rechtsgrundlage für den 19. und 27. November 2001 Wegstreckenentschädigungen geltend gemacht zu haben.

Zur Begründung trägt der Beamte im Wesentlichen vor, nach seiner damaligen wie auch jetzigen Ansicht nach seien die Telefongespräche teilweise als Dienstgespräche einzustufen, in Abwicklung früherer dienstlicher Angelegenheiten bzw. wegen Nichtigkeit der Abordnung. Die Dienstfahrten habe der Beamte unter Inanspruchnahme des Zeugen - so auch dessen Zeugenaussage - unternommen. Es sei weder ausschließbar noch - aus heutiger Sicht nach nunmehr mehr als fünfeinhalb Jahren - aufklärbar, dass die Aufzeichnungen entweder des Beamten oder andererseits der Zeugen Wi. und He., nach denen diese den Beamten während der fraglichen Zeiten in deren Pkws mitgenommen hätten, unpräzise gewesen sein, als die Uhrzeiten unzutreffend angegeben worden seien. Auch der Zeuge Ka. habe im Sinne des Beamten ausgesagt.

Bei der Gesamtwürdigung sei ferner zu berücksichtigen, dass der Beamte - nunmehr mit einem GdB von 60% - schwerbehindert sei und dass diese Schwerbehinderung zu einem ganz wesentlichen Teil auf den Auswirkungen des von ihm geleisteten Dienstes und der von ihm erlittenen Dienstunfälle beruhe. Eine Berücksichtigung dieses sozialen Aspekts sei aus dem angefochtenen Urteil nicht ersichtlich.

Mit Schriftsatz vom 31. August 2007 teilte die Einleitungsbehörde mit, der Beamte sei gemäß Art. 57 BayBG in den Ruhestand versetzt worden. Der Ruhestand beginne am 1. September 2007.

Der Senat hat am 20. August 2008 eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Darin hat er gemäß Art. 61 b BayDO mit Zustimmung der Einleitungsbehörde den Gegenstand des Disziplinarverfahrens auf die im Tatbestand unter Ziff. III.1 bis 5 angeführten Disziplinarverfehlungen beschränkt.

Der Ruhestandsbeamte hat zuletzt beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts München dahingehend abzuändern, als auf eine Disziplinarmaßnahme zu erkennen ist, die unterhalb der Aberkennung des Ruhegehalts liegt. Die Höhe einer eventuellen Kürzung des Ruhegehalts wird in das Ermessen des Gerichts gestellt.

Hinsichtlich der Kosten beantragt er bezüglich der Punkte III.6 und III.7 des Urteils des Verwaltungsgerichts München (S. 5), die insoweit aussonderbaren Kosten der Staatskasse aufzuerlegen, und stellt im Übrigen die Kostenentscheidung in das Ermessen des Gerichts.

Die Einleitungsbehörde beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie macht insbesondere zum Berufungsvorbringen - unberechtigt geführte dienstliche Telefonate und Dienstfahrtenabrechnungen - noch Ausführungen.

Weil der Beamte durch sein gesamtes pflichtwidriges Verhalten das Vertrauensverhältnis endgültig zerstört habe, könne ihn seine Schwerbehinderung nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht vor der Höchstmaßnahme der Entfernung aus dem Dienst bewahren. Dies gelte auch, wenn die Schwerbehinderung zum Teil auf die Dienstausübung zurückzuführen sei, denn die Einsicht- und Steuerungsfähigkeit des Beamten sei dadurch nicht eingeschränkt worden. Außerdem sei die erstmalige Anerkennung als Schwerbehinderter mit Bescheid vom 28. Juli 2004 erfolgt, während sämtliche Dienstpflichtverletzungen bereits früher erfolgt seien.

Der Beamte wendet sich gegen diese Sichtweise. Die Schwerbehinderung sei insofern zu berücksichtigen, als die bisher im Raum stehende Rechtsfolge der Entfernung aus dem Dienst den Beamten aufgrund seiner Schwerbehinderung in höherem Maß belasten würde als eine vergleichbare, aber gesunde Person.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung, die gemäß Art. 78 Abs. 5 des Bayer. Disziplinargesetzes vom 24. Dezember 2005 (GVBl S. 665) nach den Vorschriften des bisherigen Rechts, d.h. der Bayer. Disziplinarordnung (BayDO) fortzuführen war, ist zulässig; sie ist insbesondere fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie hat aber in der Sache keinen Erfolg.

Im Hinblick auf die Beschränkung des Disziplinarverfahrens gemäß Art. 61 b BayDO durch in der mündlichen Verhandlung vom 20. August 2008 mit Zustimmung der Einleitungsbehörde ergangenen Beschluss des Senats sind Gegenstand des Verfahrens nur noch die im Tatbestand unter Gld.Nrn. III. 1 bis 5 angeführten Disziplinarverfehlungen. Das Rechtsmittel ist insofern auf das Disziplinarmaß beschränkt. Der Senat ist deshalb an die Tat- und Schuldfeststellungen des Verwaltungsgerichts sowie an dessen disziplinarrechtliche Würdigung der festgestellten Pflichtverletzung als innerdienstliches Dienstvergehen gebunden. Er hat nur noch über die angemessene Disziplinarmaßnahme zu befinden.

Das Verwaltungsgericht hat - während der aktiven Dienstzeit des jetzigen Ruhestandsbeamten - zu Recht auf die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Dienst erkannt. Denn das festgestellte Dienstvergehen wiegt sehr schwer und erfordert die Verhängung der Höchstmaßnahme, die nunmehr gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 1, Art. 12, Art. 14 Abs. 2 BayDO auf die Aberkennung des Ruhegehalts lauten muss.

I.

Das Disziplinarverfahren weist in formeller Hinsicht - wie das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat - keine Mängel auf. Die Vorermittlungen wurden unter Beachtung des Art. 27 BayDO durchgeführt. Die dem Beamten von der Einleitungsbehörde bekannt gegebene Einleitungsverfügung vom 1. Juni 2004 bezeichnet den Sachverhalt, in dem das Dienstvergehen gesehen wurde, mit ausreichender Genauigkeit. Die Untersuchung wurde ordnungsgemäß durchgeführt und dem Beamten Gelegenheit gegeben, sich abschließend zu äußern. Die den Anforderungen des Art. 60 BayDO genügende Anschuldigungsschrift vom 5. Juli 2006 wurde ihm zur Äußerung und unter Hinweis auf seine Rechte zugestellt.

II.

Der Beamte hat ein innerdienstliches Dienstsvergehen im Sinn des Art. 84 Abs. 1 Satz 1 BayBG begangen, da er schuldhaft die ihm obliegenden Pflichten in vielfacher Weise und über einen erheblichen Zeitraum verletzt hat.

1. Der Schwerpunkt der dem Beamten vorzuwerfenden Verfehlungen liegt in dem in den Anschuldigungspunkten 1 bis 4 geschilderten Verhalten. Es wurde hinsichtlich des Sachverhalts, der dem Anschuldigungspunkt 1 zugrunde liegt, bereits im vorgängigen strafrechtlichen Verfahren mit rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts Miesbach vom 23. Oktober 2003, an dessen tatsächliche Feststellungen sich das Verwaltungsgericht zu Recht gemäß Art. 18 Abs. 1 Satz 1 BayDO gebunden gesehen hat, als sechs sachlich zusammentreffende Vergehen der Untreue (§ 266 StGB) gewürdigt. Die entsprechende rechtliche Beurteilung trifft auch für die Anschuldigungspunkte 2 und 3 zu.

Es handelt sich um ein gravierendes Fehlverhalten. Ein Beamter im Rang eines Forstamtmanns, der als Revierleiter einer Forstdienststelle bei der Wahrnehmung seiner Dienstaufgaben im Rahmen der Kleinwerbung von Privatleuten für selbst gefälltes, aufgearbeitetes und abgefahrenes Holz bzw. im Rahmen der Brennholzabgabe in dem dabei anzuwendenden Barzahlungsverfahren Geldbeträge vereinnahmt, sodann aber unter Ausnutzung dienstlicher Möglichkeiten das ihm solchermaßen anvertraute Geld nicht ordnungsgemäß abführt, sondern veruntreut und seinem eigenen Privatvermögen zuführt, verstößt gegen seine Pflichten zur vollen Hingabe an den Beruf (Art. 62 Abs. 1 Satz 1 BayBG), zur Beachtung der Gesetze (Art. 62 Abs. 1 Satz 2 BayBG), zur uneigennützigen Amtsführung (Art. 64 Abs. 1 Satz 2 BayBG) und zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (Art. 64 Abs. 1 Satz 3 BayBG).

Abgesehen von diesem in den Anschuldigungspunkten 1 bis 3 erfassten Fehlverhalten, das sich als rechtswidrige Zueignung von dienstlich anvertrauten Vermögenswerten darstellt, führt die Art der Begehungsweise - Anschuldigungspunkt 4 - auch noch zu Verstößen gegen die Gehorsampflicht gem. Art. 64 Abs. 2 Satz 2 BayBG, nämlich die Pflicht, die Haushaltsrichtlinie 1 / R 102 "Annahme von Bargeld durch Beschäftigte der Bayer. Staatsforstverwaltung" einzuhalten. Danach hatte ein Revierleiter nach der Annahme von Bargeld eine inhaltlich im Einzelnen näher festgelegte Bargeldquittung auszustellen, das vereinnahmte Bargeld in einer amtlichen Geldkassette zu hinterlegen, die vereinnahmten Barbeträge laufend in der Anschreibeliste vorzutragen sowie die im Barverkauf abgegebenen Holzmengen über das eingesetzte mobile Datenerfassungsgerät (TimbaTec) in die Holzdatenbank des am Forstamt angesiedelten, zentralen Forstamtsrechners zu überspielen. Der Beamte unterließ es - nicht nur in den unter den Nummern 1 bis 3 angeschuldigten Fällen, sondern auch sonst immer wieder -, diese Regeln zu beachten, so etwa, wenn er Zahlungsfälle überhaupt nicht oder mit den dazugehörigen Buchungsdaten dokumentierte oder - nach seiner Einlassung - Zahlungsfälle in unterschiedlicher Weise zusammenfasste, auch mit fiktivem oder sogar seinem eigenen Namen. Auf diese Weise machte er eine Kontrolle der Haushaltsunterlagen unmöglich.

2. Zu diesen Verfehlungen tritt die in Anschuldigungspunkt 5 erfasste, die im rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts Miesbach vom 23. Oktober 2003 (a.a.O.) rechtlich als ein Vergehen der versuchten Nötigung (§ 240 StGB) gewertet worden ist. Dabei versuchte der Beamte am 24. April 2002 - wenn auch erfolglos -, einen seiner Mitarbeiter von der Teilnahme an einer für den nächsten Tag angesetzten außerordentlichen Personalversammlung abzuhalten, in der das Verhalten des Beamten gegenüber einem anderen Mitarbeiter, dem Forstwirt Hei., behandelt werden sollte. G. Be. sollte außerdem auf dessen Kollegen M. Wi. dahin einwirken, dass dieser der Personalversammlung ebenfalls fernbleibe. Als Druckmittel setzte er gegen G. Be. die Ankündigung ein, andernfalls sehe er nicht ein, dass er ihm weiterhin den Vorarbeiterzuschlag bezahle. Hiermit traf der Beamte eine rechtswidrige Anordnung. Er verstieß gegen das Behinderungs- und Benachteiligungsverbot (Art. 8 BayPVG) und erweckte zudem den Eindruck, dass die Gewährung des Vorarbeiterzuschlags als eines Lohnbestandteils seiner Willkür unterlag. Der Beamte hat mit diesem Verhalten gegen die Pflicht zur Beachtung der Gesetze und zur gerechten Amtsausübung (Art. 62 Abs. 1 Satz 2 BayBG) und der allgemeinen Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (Art. 64 Abs. 1 Satz 2 BayBG) verstoßen.

III.

Bei der im Rahmen der Bemessung von Art und Maß der Disziplinarmaßnahme vorzunehmenden disziplinarischen Gesamtwürdigung aller be- und entlastenden Umstände geht der Senat davon aus, dass das nach dem Grundsatz der Einheit des Dienstvergehens einer Gesamtbetrachtung zu unterziehende Fehlverhalten des Beamten sehr schwer wiegt, und hält im Hinblick auf die Eigenart und Schwere des Dienstvergehens, seine Auswirkungen, das Maß der Schuld und auch aus generalpräventiven Erwägungen eine Dienstentfernung des Beamten (Art. 12 BayDO) während dessen Zeit als aktiver Beamter, nunmehr nach Eintritt in den Ruhestand die Aberkennung des Ruhegehalts (Art. 13 Abs. 2 BayDO) für angemessen und erforderlich. Dabei lässt sich der Senat von folgenden Erwägungen leiten:

Die Schwere des Dienstvergehens ergibt sich vorliegend vor allem aus dem Eigengewicht der Verfehlung nach den objektiven Handlungsmerkmalen, die namentlich nach der Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzung sowie der besonderen Umstände der Tatbegehung zu beurteilen ist.

Danach sind hier hinsichtlich der Anschuldigungspunkte 1 bis 4 die Grundsätze anzuwenden, die die Rechtsprechung für die sogenannten Zugriffsdelikte entwickelt hat. Bei der Bewertung von Eigentumsverfehlungen in Ausübung des Dienstes zu Lasten des Dienstherrn als Zugriffsdelikte kommt es allerdings nicht darauf an, ob ein Beamter dienstliche Gelder oder Güter z.B. durch Betrug, Diebstahl, Untreue oder Unterschlagung erlangt hat. Vielmehr ist entscheidend, ob einem Beamten dienstliche Gelder oder dem gleichgestellte Werte dienstlich anvertraut oder dienstlich zugänglich sind. Dies ist der Fall, wenn er darauf aufgrund seiner von ihm wahrzunehmenden Aufgaben im Rahmen seiner Dienstausübung ohne weiteres tatsächlich zugreifen konnte (vgl. BVerwG, Urteil vom 8.4.2003, Az. 1 D 27/02 - Juris - m.w.N.; ferner BVerfG, Beschluss vom 19.2.2003, Az. 2 BvR 1413/01, NVwZ 2003, 1504). Das trifft vorliegend zu. Im Rahmen des dargestellten Ablaufs des Barzahlungsverfahrens hatte der Beamte den von den Käufern für das verkaufte Holz bezahlten Kaufpreis aufgrund seiner dienstlichen Funktion erhalten und für seinen Dienstherrn, für den sie bestimmt waren, in Besitz genommen. Er war gehalten, die entsprechenden Geldbeträge von seinem Privatvermögen zu sondern, in einer amtlichen Kassette zu hinterlegen und dies zeitnah und im Einzelnen nachvollziehbar in einer ihm genau vorgeschriebenen Weise zu dokumentieren. All dies hat er wissentlich unterlassen und das Geld für sich behalten. Dem gegenüber hätte er sich hier in besonders zuverlässiger Weise pflichtgemäß verhalten müssen. Der Dienstherr ist unter den beim Holzverkauf obwaltenden Umständen in erhöhtem Maß auf die Redlichkeit und das Pflichtbewusstsein seiner Beamten angewiesen. Wer eine Position einnimmt, wie sie der angeschuldigte Beamte innehatte, weiß um die vielfältigen Möglichkeiten, sich persönlich zu bereichern. Seinem Einsatz in diesem Bereich wird deshalb vom Dienstherrn ein erhöhtes Vertrauen entgegengebracht. Der Missbrauch dieser Position bedeutet einen besonderen Vertrauensbruch. Ein Beamter, der sich solches zu Schulden kommen lässt, hat im Kernbereich seiner Pflichten versagt.

Als Zugriffsdelikt im dargelegten Sinn stellt sich das Verhalten des Beamten als ein Dienstvergehen dar, das regelmäßig geeignet ist, das Vertrauensverhältnis zum Dienstherrn zu zerstören, so dass grundsätzlich die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis Ausgangspunkt der Bestimmung der angemessenen Disziplinarmaßnahme ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19.02.2003 a.a.O.; vom 20.12.2007, Az. 2 BvR 1050/07, ZBR 2008, 173). Diese von der Schwere der Verfehlung auf die Erforderlichkeit der disziplinaren Höchstmaßnahme ausgehende Indizwirkung entfällt nur dann, wenn zugunsten des Beamten gewichtige und im Einzelfall durchgreifende Entlastungsgründe festzustellen sind, die den Schluss rechtfertigen, der Beamte habe das Vertrauen noch nicht endgültig verloren. Solche Umstände lassen sich im vorliegenden Fall aber nicht feststellen.

So liegen keine der von den Disziplinarsenaten des Bundesverwaltungsgerichts zu den Zugriffsdelikten entwickelten sogenannten anerkannten Milderungsgründe vor. Die sogenannte Bagatellgrenze von etwa 50 Euro ist angesichts eines Schadens, der allein bei dem unter Nr. 1. angeschuldigten Sachverhalt nach den Feststellungen des Strafurteils bei 755 Euro lag, bei weitem überschritten. Insofern kann sich auch nicht zugunsten des Beamten auswirken, dass nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Beschluss vom 22.9.2006, Az. 2 B 52.06, DÖD 2007, 187) an Stelle einer starren Grenze von 50 Euro zusätzlich die individuellen Verhältnisse des Beamten zu berücksichtigen sind, unbeschadet dessen, dass solche Verhältnisse (etwa im familiären oder wirtschaftlichen Bereich) nicht ersichtlich sind oder nicht vorliegen (wie z.B. tadelfrei abgeleistete Dienstzeiten, die zumindest seit 1995 schon wegen der hier zu behandelnden Vorwürfe ausscheiden). Ergänzend kann hier auch auf die folgenden Erwägungen verwiesen werden. Ebenso wenig ergeben sich angesichts der vielfachen und sich insgesamt über einen die Jahre von 1995 bis 2002 umfassenden Zeitraum erstreckenden Einzelverfehlungen Anhaltspunkte für eine psychische Ausnahmesituation bzw. eine persönlichkeitsfremde Augenblickstat. Auch eine freiwillige Wiedergutmachung des Schadens oder eine Offenbarung des Fehlverhaltens vor der Tatentdeckung liegen nicht vor. Dies gilt auch für eine vom Beamten behauptete Einmalzahlung in Höhe von 300,00 Euro am 5. Februar 2003 auf den Namen des Beamten selbst, die die Höhe des Schadens bei weitem nicht ausgleichen kann, zudem im Hinblick auf den zeitlichen Abstand von nahezu einem Jahr nicht mehr einem der vorgehaltenen Verkaufsfälle aus dem Jahr 2002 (auch nicht jenen der Holzkäufer G. Pf. bzw. R. Ma., bei denen für 60 bzw. 38 Ster je 300 Euro angesetzt wurden) zugeordnet werden kann und schließlich auch nicht in dem entsprechenden Haushaltsjahr 2002 erfolgt ist. Im Hinblick darauf, dass der Beamte vielfach seinen eigenen Namen als Einzahler angab, nimmt diese Position auch nicht eine Sonderstellung in der Weise ein, dass sich das Bild einer verdeckten Wiedergutmachungszahlung ergeben könnte.

Weitere für die erhebliche Herabsetzung der Schwere des Pflichtenverstoßes geeignete Entlastungsgründe, die über den Kanon der "anerkannten" Milderungsgründe hinaus zu prüfen sind (vgl. grundlegend BVerwG vom 20.10.2005, Az. 2 C 12/04, NVwZ 2006, 469, ferner BVerwG vom 3.5.2007, Az. 2 C 9/06, NVwZ-RR 2007, 695; vom 6.6.2007, Az. 1 D 2/06 - Juris) sind nicht erkennbar.

Der Beamte macht hier geltend, er habe die veruntreuten Gelder nicht für sich behalten, sondern zur Erhaltung der im Eigentum des Dienstherrn stehenden, ursprünglich in sehr schlechtem Bauzustand befindlichen GX- Hütte verwendet. Damit kann er aber keinen Erfolg haben.

Dies folgt bereits daraus, dass die vielfach erfolgten Zueignungsdelikte jeweils mit dem Unterlassen der gebotenen haushaltsrechtlichen Behandlung und korrekten Abführung der eingenommenen Gelder an die dafür zuständige Kasse des Dienstherrn vollendet waren. Der Beamte hatte die Mittel jeweils seinem Vermögen einverleibt und damit seine den Pflichten aus dem Beamtenverhältnis zuwiderlaufende Bereicherungsabsicht uneingeschränkt verwirklicht und zwar unabhängig davon, was er sodann mit dem Erlangten zu tun gedachte. Alle Investitionen, die er - ganz gleich, ob vor den Untreuehandlungen geplant oder aufgrund danach gefasster Entschlüsse - später davon finanziert haben mag, geschahen in der Weise, dass er nach Gutdünken über sein eigenes Vermögen verfügte, auch falls er in einem gewissen Umfang eigenes Geld in die GX-Hütte investiert haben sollte. Bereits dieser Umstand verbietet es, das Verhalten in einem milderen Licht zu sehen, etwa weil der Beamte sich "eigentlich" gar nicht wirklich oder nicht auf Dauer selbst habe bereichern wollen.

Unabhängig davon verbietet sich eine Berücksichtigung der evtl. Verwendung von Geldmitteln des Beamten zu dessen Gunsten auch deshalb, weil sie dann außerhalb seiner Befugnisse und fernab aller haushaltsrechtlichen Regeln geschah. Der Beamte wusste genau, dass der Leiter des Forstamts Sa., Forstdirektor He., die Erhaltung der GX-Hütte nicht wünschte und ihm, dem Beamten gegenüber, ausdrücklich erklärt hatte, auf keinen Fall den Einsatz staatlicher Haushaltsmittel anzuordnen bzw. zu billigen. Eine möglicherweise später erfolgte Duldung bezog sich erkennbar ausschließlich auf von Forstbediensten in eigener Initiative und unter Einsatz eigener Mittel durchgeführte Maßnahmen an der GX-Hütte. Sollte der Beamte - was er im Strafverfahren noch nicht vorgebracht hat und was im Widerspruch zu seiner Einlassung in einem zivilrechtlichen Verfahren steht, in dem er mit seinem Dienstherrn um ein Nutzungsentgelt für eine von ihm vorgenommene private Nutzung der GX-Hütte gestritten hat - tatsächlich im Sinn gehabt haben, aus Holzverkäufen erwirtschaftete Mittel letzten Endes über eine Verwendung bei der Hütte doch zugunsten seines Dienstherrn einzusetzen, so offenbart dies lediglich eine Denkweise, wonach sich der Beamte anmaßen wollte, entgegen der ihm bekannten Weisungen mit Vermögen seines Dienstherrn nach eigenem Gutdünken zu verfahren. Dies richtet sich aber gegen den Beamten und spricht nicht etwa zu seinen Gunsten.

Der Beamte möchte zu seiner Entlastung ferner ins Feld führen, aufgrund der praktischen Bedingungen, unter denen die Holzverkäufe stattgefunden hätten (im Wald, oft bei schlechtem Wetter, auch mit Kunden, die für Abwicklungsformalitäten kein Verständnis aufgebracht hätten, unter Zeitdruck wegen anderer anstehender Arbeiten) hätten für ihn hinsichtlich der korrekten kassenmäßigen Abwicklung erschwerte Umstände bestanden. Dies liegt schon deshalb neben der Sache, weil er hier für alle Forstsbeamte in seiner Situation typische und keine ihn besonders treffenden Umstände schildert.

Der Beamte hat dazu ganz im Gegenteil, indem er es vielfach unterließ, bei Holzverkäufen korrekt den in der Haushaltsrichtlinie 1 / R 102 "Annahme von Bargeld durch Beschäftigte der Bayer. Staatsforstverwaltung" vorgeschriebenen Handlungsablauf einzuhalten, gegenüber den Zugriffsdelikten noch zusätzliche und eigenständig zu würdigende Dienstverfehlungen begangen. Diese Buchungsvorschriften stellen die Grundlage für eine wahrheitsgemäße, klare und nachvollziehbare Kassenführung nach Art. 70 bis Art. 73 BayHO dar. Vor dem Hintergrund der Zugriffsdelikte und bei Betrachtung des langen Zeitraums und der Vielzahl der Handlungen sind diese Verstöße als massive Erschwernisgründe zu Lasten des Beamten zu sehen. Sie bestätigen nicht nur seine Tendenz, Regelungen seines Dienstherrn als für sich selbst nicht verbindlich anzusehen. Vor allem bewirkt dieses Verhalten, dass dem Dienstherrn die Überprüfung des Zahlungsverkehrs anlässlich von bei Forstämtern häufigen Holzverkäufen, der in seiner Gesamtheit eine erhebliche Dimension erreicht, praktisch unmöglich gemacht wird. Über die dadurch erzielte Verdunkelungswirkung kann sich ein Forstamtmann, der seit dem Jahr 1971 bei seinem Dienstherrn in einem Beamtenverhältnis steht, nicht im Unklaren gewesen sein. Sie hat die Untreuehandlungen erheblich begünstigt.

Schließlich hat der Beamte in einem weiteren Gebiet des Kernbereichs seiner Dienstpflichten, nämlich bei der Erfüllung seiner Aufgaben als Vorgesetzter von Forstbediensteten, massiv versagt. Dies ist eigenständig als eine Dienstverfehlung zu gewichten, die - wäre der Beamte noch als für den Dienstherrn tragfähig anzusehen - zur Verhängung einer Disziplinarmaßnahme im oberen Bereich führen müsste. Er hat es nämlich unternommen, die ihm unterstellten Forstwirte G. Be. und M. Wi. davon abzuhalten, an der außerordentlichen Personalversammlung am 24. April 2004 teilzunehmen und dort gegen ihn auszusagen; Gegenstand der Versammlung war ein im Raum stehendes unkorrektes Verhalten des Beamten gegen einen weiteren Untergebenen, nämlich den Forstwirt Hei., und ein daraus entstandener Konflikt. Hierbei hat der Beamte nicht nur - in Verfolgung eigener Interessen - die Regelungen des Personalvertretungsrechts zu unterlaufen versucht. Er hat auch gegenüber dem Forstwirt G. Be. in einer Weise gedroht, die deutlich machte, er sehe die berechtigten finanziellen Interessen eines ihm unterstellten Mitarbeiters als in seiner eigenen Disposition stehend an. Auch hier zeigt sich die Neigung des Beamten zu einem selbstherrlichen Handeln, die in deutlichem Gegensatz zu einer korrekten und seinem Dienstherrn gegenüber loyalen Dienstauffassung steht.

Hat sich der Beamte somit wegen der dargelegten Kernpflichtverletzungen als untragbar erwiesen, so kann von der Verhängung der disziplinaren Höchstmaßnahme auch weder im Hinblick auf eine lange unbeanstandete Dienstzeit noch auf gute dienstliche Beurteilungen oder die Unbescholtenheit in strafrechtlicher und disziplinarer Hinsicht abgesehen werden.

Die Entfernung des Beamten aus dem Dienst verstößt auch nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Dabei kommt es weder auf den Geldbetrag an, den sich der Beamte pflichtwidrig zugeeignet hat, noch auf die finanziellen Auswirkungen der Disziplinarmaßnahme für ihn. In das Verhältnis zu setzen sind vielmehr die Zerstörung des Vertrauensverhältnisses zum Dienstherrn, zu der das Fehlverhalten geführt hat, und die dementsprechend verhängte Maßnahme. Hat ein Beamter - wie hier - durch ein ihm vorwerfbares Verhalten die Vertrauensgrundlage zerstört, dann ist seine Entfernung aus dem Dienst die einzige Möglichkeit, das durch den Dienstherrn sonst nicht lösbare Beamtenverhältnis einseitig zu beenden. Die darin liegende Härte für den Betroffenen - auch im Hinblick auf die Tatsache, dass der Grad seiner Behinderung 60 v.H. beträgt, dass er geltend macht, die zur Frühpensionierung führenden, krankheitsbedingten Einschränkungen seiner Dienstfähigkeit seien letztlich auf die Folgen seiner Diensttätigkeit zurückzuführen, ferner, dass er aufgrund seines Lebensalters nur schwer eine neue Erwerbstätigkeit finden dürfte - ist auch nicht unverhältnismäßig. Sie beruht vielmehr auf einem dem Beamten zurechenbaren Verhalten (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BVerwG. Urteil vom 2.4.1998, Az. 1 D 4/98 m.w.N.; Entscheidung des erkennenden Senats vom 26.7.2006, Az. 16a D 05.1055, zitiert jeweils nach Juris; im Zusammenhang mit der Frage der Gewährung eines Unterhaltsbeitrags s. auch BVerwG, Beschluss vom 16.06.2008, Az. 1 DB 2/08; Urteil vom 2.4.1998, Az. 1 D 4/98; Urteil vom 25.11.1997 Az. 1 D 77/97, jeweils Juris).

Schließlich ist die Aberkennung des Ruhegehalts, die infolge des Eintritts des Beamten in den vorzeitigen Ruhestands an die Stelle der ursprünglich verhängten, nicht rechtskräftig gewordenen Entfernung aus dem Dienst zu treten hat, nicht unverhältnismäßig (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 27.2.2002, Az. 2 WD 18/01, NVwZ 2003, 352), sondern im Bereich des zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums zählenden Disziplinarrechts unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 Abs. 1 GG geboten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 22.11.2001, Az. 2 BvR 2138/00, NVwZ 2002, 97).

IV.

Dem Ruhestandsbeamten ist - unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts - gemäß Art. 71 Abs. 1 Satz 1 BayDO ein Unterhaltsbeitrag in Höhe von 75 v. H. des erdienten Ruhegehalts für die Dauer von sechs Monaten zu bewilligen, da dies im Hinblick auf die finanziellen Verhältnisse angemessen erschient.

V.

Die Kostenentscheidung beruht auf Art. 103 Abs. 1 und Art. 104 Abs. 2 BayDO sowie 467 Abs. 4 StPO. Der Senat sieht unter den gegebenen Umständen keinen Anlass, im Hinblick auf die Beschränkung des Disziplinarverfahrens gemäß Art. 61 b BayDO dem Dienstherrn anteilig Verfahrenskosten oder dem Ruhestandsbeamten erwachsene notwendige Aufwendungen aufzuerlegen.

Das Urteil ist mit seiner Verkündung rechtskräftig geworden (Art. 79 BayDO).

Ende der Entscheidung

Zurück