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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 25.03.2009
Aktenzeichen: 16a D 07.1652
Rechtsgebiete: BayBG, BayDG, BayDO, StGB


Vorschriften:

BayBG Art. 46 Satz 1 Nr. 1
BayBG Art. 62 Abs. 1 Satz 1
BayBG Art. 79
BayDG Art. 78 Abs. 5
BayDO Art. 6
BayDO Art. 12
BayDO Art. 13 Abs. 2
BayDO Art. 18 Abs. 1
BayDO Art. 84 Abs. 1 Satz 1
StGB § 352
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes

16a D 07.1652

Verkündet am 25. März 2009

In der Disziplinarsache

wegen Dienstvergehens;

hier: Berufung des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach (Disziplinarkammer) vom 21. Mai 2007,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 16a. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Läpple, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Weber, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Ertl, die ehrenamtliche Richterin Grüll-Bayer, den ehrenamtlichen Richter Meudt

aufgrund mündlicher Verhandlung am 25. März 2009

folgendes Urteil:

Tenor:

I. Die Berufung des Beamten wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der dem Beamten zuerkannte Unterhaltsbeitrag auf 75 v.H. des erdienten Ruhegehalts festzusetzen ist.

II. Der Beamte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens und die ihm darin erwachsenen notwendigen Aufwendungen.

Tatbestand:

I.

Der am 1. August 1941 geborene nunmehrige Ruhestandsbeamte (im Folgenden auch: der Beamte) war nach Abschluss der Städtischen Wirtschaftsschule in B. mit der mittleren Reife vom 2. August 1960 bis 14. März 1963 im Vorbereitungsdienst als Justizassistenzanwärter beim Amtsgericht B. tätig. Nach seiner Ernennung zum Beamten auf Probe und einer Tätigkeit an Amtsgerichten befand er sich vom 1. Dezember 1965 bis 31. Oktober 1966 - dem Tag seiner Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit - im Vorbereitungsdienst für die Gerichtsvollzieherlaufbahn. Vom 1. November 1966 bis 30. November 1969 leistete er den Vorbereitungsdienst als Regierungsinspektoranwärter bei der Justizvollzugsanstalt (JVA) E.. Nach Ernennungen zum Regierungsinspektor z. A. (Dezember 1969), zum Regierungsinspektor (1972), zum Regierungsoberinspektor (1974) und zum Regierungsamtmann (1980) erfolgte schließlich am 1. Dezember 1991 seine Beförderung zum Regierungsamtsrat (BesGr. A 12).

Er erhielt in der ersten periodischen Beurteilung 1975 das Gesamturteil "übertrifft die Anforderungen", in der folgenden vom 10. Januar 1979 "übertrifft erheblich die Anforderungen"; seit der Beurteilung vom 30. Juli 1987 wurde ihm das Gesamturteil "sehr tüchtig" zuerkannt.

Der Beamte ist bislang disziplinarrechtlich und, von der dem hiesigen Verfahren zugrunde liegenden Verurteilung abgesehen, strafrechtlich nicht vorbelastet.

Er ist verheiratet; seine Ehefrau befindet sich als ehemalige Justizhauptsekretärin ebenfalls im Ruhestand. Die Familie unterstützt den volljährigen studierenden Sohn. Der nunmehrige Ruhestandsbeamte ist zu 70 % behindert. Auf Grund seines mit Ablauf des November 2005 eingetretenen Ruhestandes beliefen sich die Ruhestandsbezüge zum Stand Mai 2006 netto auf monatlich 2.581,64 Euro.

II.

Durch rechtskräftiges Urteil des Amtsgerichts - Schöffengericht - N. vom 17. Januar 2006 wurde der Ruhestandsbeamte im Strafverfahren Az. 53 Ls 503 J5 1731/05 wegen Bestechlichkeit in 30 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 11 Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung (auf 3 Jahre) ausgesetzt wurde, wobei dem Beamten (u. a.) die Zahlung einer Geldbuße von 10.000 Euro an die Staatskasse in Monatsraten von 500 Euro als Auflage erteilt wurde. Das Strafgericht traf im Urteil folgende tatsächliche Feststellungen:

"Der Angeklagte ist Beamter im Sinne des Bayerischen Beamtengesetzes. Zuletzt war er als Leiter des Bereichs Wirtschaftsverwaltung in der JVA N., M.straße ... in ..... N. eingesetzt und hatte in dieser Funktion u. a. die Aufgabe, die Lebensmittelversorgung der JVA N. wahrzunehmen.

Die Firma Deutsche S. GmbH und Co. KG (im Folgenden kurz genannt: KG) in der B.-straße 19, H. mit Hauptsitz in B. hat einen Lebensmittelhandel, insbesondere Fischhandel zum Unternehmensgegenstand. Bis Juni 2004 befand sich in der G.-Straße in N. der Sitz der Deutschen S. GmbH. Die GmbH war im Handelsregister des Amtsgerichts N. unter HR .... eingetragen.

Im Rahmen der Beschaffung von Lebensmitteln kaufte der Angeklagte bei der KG ein. Die Mitangeklagte W. war in erster Linie zuständige Ansprechpartnerin auf Seiten der KG. In den Jahren 2002 bis 2004 erwarb der Angeklagte in folgendem Umfang Lebensmittel für die JVA bei der KG:

 JahrUmfang der Jahreseinkäufe
2002113.800,00 Euro
2003152.908,00 Euro
2004124.256,00 Euro
Summe:390.964,00 Euro.

Die JVA war der umsatz- und renditestärkste Kunde der KG und bezog die Lebensmittel bei der KG zu einem Einkaufspreis, der durchschnittlich 20 % über dem Einkaufspreis des zweitstärksten Kunden der KG lag. Auf Grund des Umfangs der Abnahmemenge der JVA N. hätte für die erworbenen Lebensmittel ein mindestens um 1,5 % bzw. 3 % niedrigerer Preis bezahlt werden können. Der Angeklagte bezahlte bis April 2004 zumeist die Einkaufspreise der teuersten Preiskategorie der KG. Da ein um 1,5 % bzw. 3 % niedrigerer Einkaufspreis möglich war, zahlte die JVA N. in den Jahren 2002 bis 2004 einen Betrag in Höhe von insgesamt ca. 10.000,00 Euro über dem erforderlichen Preis.

Als Gegenleistung dafür, dass die JVA N. bei der KG einkaufte, erhielt der Angeklagte von der Mitangeklagten W. in den Räumen der Niederlassung der KG in der G.-Strasse ... in ganz erheblichem Umfang kostenlos Lebensmittel der KG für private Zwecke ausgehändigt. Konkret bezog der Angeklagte zumindest folgende Warenmengen, ohne diese bezahlen zu müssen:

 DatumMengeWaren
22.12.2003 58 kg Rehrücken, Hasenrückenfilet, Forellen u. a.
2.4.200450 kg Räucherlachs, Forellenfilet u. a:
8.4.2004 21 kg Regenbogenforellen, Rotbarschfilet, Sprotten u. a.
30.4.2004 17 kg Scholle, Spare Ribs, Thunfisch u.a.

Darüber hinaus bezog der Angeklagte von der KG in den Zeiträumen Januar 2002 bis November 2003 und Januar bis März 2004 mindestens eine weitere Lieferung pro Monat mit mindestens jeweils 17 kg Lebensmitteln der genannten Güte. Es handelte sich in der Regel um hochwertige Fleisch- und Fischwaren mit einem Preis von mindestens 10,00 Euro je kg, so dass der Mindestwert der Zuwendungen insgesamt 5.880,00 Euro betrug.

Der Angeklagte wusste, dass er als Beamter nicht berechtigt war, kostenlose Lebensmittel seitens der KG für sich entgegenzunehmen."

III.

Durch Verfügung des Leiters der JVA N. vom 5. Juli 2005 wurde die Durchführung von Vorermittlungen angeordnet. Seine Gelegenheit zur Äußerung nach Art. 27 Abs. 4 BayDO nutzte der Beamte nicht. Nach Abschluss der Vorermittlungen gewährte auch die Einleitungsbehörde dem Beamten unter dem 5. August 2005 rechtliches Gehör; der Beamte äußerte sich wiederum nicht und begehrte auch nicht eine Beteiligung des Personalrats bzw. der Schwerbehindertenvertretung. Durch dem Beamten zugestellte Einleitungsverfügung vom 6. Oktober 2005 wurde das förmliche Disziplinarverfahren eingeleitet und gleichzeitig bis zum Schluss des anhängigen Strafverfahrens ausgesetzt; nach dessen rechtskräftigem Abschluss wurde es fortgesetzt. Im Hinblick auf die bindenden Feststellungen des Strafurteils wurde ein Untersuchungsverfahren nicht durchgeführt. Mit Schreiben der Einleitungsbehörde vom 12. April 2006 erhielt der mittlerweile in den Ruhestand getretene Beamte abschließend rechtliches Gehör.

In der am 26. Mai 2006 beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach - Kammer für Disziplinarsachen (Land) - eingegangenen Anschuldigungsschrift des Generalstaatsanwaltes in N. als Einleitungsbehörde vom 22. Mai 2006 wird der vorgenannte Ablauf wiedergegeben und der Ruhestandsbeamte beschuldigt, ein Dienstvergehen durch die im Strafurteil vom 17. Januar 2006 genannten Tatsachen begangen zu haben. Durch sein Verhalten habe der jetzige Ruhestandsbeamte während seiner aktiven Dienstzeit schuldhaft gegen seine Pflichten zur gewissenhaften und uneigennützigen Amtsführung sowie zu achtungswürdigem und vertrauenswürdigem Verhalten innerhalb des Dienstes schwer verstoßen. Das Dienstvergehen, das mit einer Verurteilung u.a. zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 11 Monaten geahndet worden sei, erscheine so schwerwiegend, dass dem Dienstherrn und der Allgemeinheit ein Verbleiben des Beamten in seinem Dienstverhältnis bzw. die Gewährung von Beamtenversorgung an den Ruhestandsbeamten nicht mehr zugemutet werden könne.

Der Ruhestandsbeamte nahm dazu - ohne Beweisanträge - dahingehend Stellung, er räume sein Fehlverhalten ein. Bereits in der Hauptverhandlung im Strafverfahren habe er zum Ausdruck gebracht, dass er sein Verhalten außerordentlich bedauere. Doch sei zu berücksichtigen, dass er sich von 1963 an im Dienst tadelfrei geführt und durchweg gute Beurteilungen erhalten habe. Zudem sei er insgesamt rund 6 1/2 Monate in Untersuchungshaft gewesen. Dies sei für ihn im Hinblick auf sein Lebensalter, seine Schwerbehinderung und wegen des Umstandes, dass er Justizwachtmeister gewesen sei, eine nachhaltig beeindruckende und schwere Zeit gewesen. Es werde daher angeregt, das Ruhegehalt gemäß Art. 13 Abs. 1 i.V.m. Art. 10 Abs. 1 BayDO zu kürzen.

IV.

Die Disziplinarkammer hat mit Urteil vom 21. Mai 2007 gegen den Ruhestandsbeamten auf die Disziplinarmaßnahme der Aberkennung des Ruhegehalts erkannt und ihm für die Dauer von 6 Monaten einen Unterhaltsbeitrag in Höhe von 50 v.H. des im Zeitpunkt der Urteilsfällung erdienten Ruhegehalts bewilligt.

Gegenstand des Gerichtsverfahrens sei nach dem Inhalt der Anschuldigungsschrift der mit dem Strafurteil deckungsgleiche Vorwurfskomplex der Bestechlichkeit (§ 332 StGB) in 30 Fällen mit einem vom Beamten illegal vereinnahmten Warenwert von knapp unter 6.000 Euro. Kein eigenständiger Gegenstand der Anschuldigung sei der Aspekt, ob der Beamte auch im Hinblick auf die JVA N. Dienstpflichten verletzt habe, insbesondere durch die Verursachung eines Schadens.

Das noch nach den Vorschriften der Bayerischen Disziplinarordnung durchzuführende Verfahren weise keine Fehler auf, die zur Einstellung führen müssten. Der Ruhestandsbeamte habe in jedem Verfahrensstadium die Möglichkeit des rechtlichen Gehörs gehabt.

Das Gericht sehe sich an die tatsächlichen Feststellungen im rechtskräftigen Strafurteil des Amtsgerichts - Schöffengericht - N. vom 17. Januar 2006 gemäß Art. 18 BayDO gebunden; zudem habe der Ruhestandsbeamte hinsichtlich der den Gegenstand des Verfahrens bildenden Tatsachen im Strafverfahren und sodann auch im Disziplinarverfahren in vollem Umfang Geständnisse abgelegt.

Der Ruhestandsbeamte habe nicht nur die in der Anschuldigungsschrift genannten Pflichten zu gewissenhafter und uneigennütziger Amtsführung sowie zu achtungswürdigem und vertrauenswürdigem Verhalten nach Art. 64 Abs. 1 Sätze 2 und 3 BayBG - auf Grund des Tatschwerpunkts innerdienstlich im Sinn des Art. 84 Abs. 1 Satz 1 BayBG - verletzt, sondern darüber hinaus auch seine Pflicht zur Beachtung der Gesetze, insbesondere auch der Strafgesetze und der Beamtengesetze, nach Art. 62 Abs. 1 Satz 2 BayBG i.V.m. § 332 StGB und Art. 79 BayBG.

Die in vollem Umfang bewiesene, einheitlich zu würdigende Tat wiege disziplinarrechtlich äußerst schwer. Der verletzte Pflichtentatbestand des Art. 79 BayBG verbiete die Annahme illegaler Vorteile durch einen Beamten; er gehe in seiner Verbotswirkung über jene des 332 StGB, dessen tatbestandsmäßigen Voraussetzungen ebenfalls erfüllt seien, sogar noch hinaus. Der zu den Tatbestandsmerkmalen der §§ 331 und 332 StGB gehörende Begriff des Vorteils entspreche den Begriffen "Geschenke und Belohnungen" in Art. 79 BayBG. Soweit der nunmehrige Ruhestandsbeamte in der mündlichen Verhandlung (im Widerspruch zu den Erkenntnissen aus dem Strafverfahren; der Beamte habe jeweils vorab telefonisch quasi Bestelllisten an die Firma durchgegeben) vorgetragen habe, ihm seien die größeren Mengen der Korruptionsware quasi aufgedrängt worden, entlaste ihn dies nicht, da die Annahme selbst durch eine verbale Zurückweisung nicht ausgeschlossen werde.

Im Fall der Bestechlichkeit nach § 332 StGB sei grundsätzlich die schwerste Disziplinarmaßnahme zu verhängen. Im vorliegenden Fall sei das Handeln des Beamten objektiv dienstpflichtwidrig gewesen, denn es habe zu seinem Aufgabenkreis als Leiter der Wirtschaftsverwaltung der JVA gehört, für diese adäquat zu verhandeln und dadurch niedrigere Ausgaben herbeizuführen. Nach der Beweislage sei sogar die Firma äußerst verwundert gewesen, dass der Beamte sich nicht adäquat um leicht erreichbare Preisreduzierungen bemüht, vielmehr bedenkenlos Preismargen akzeptiert habe, die die höchsten in ganz Bayern gewesen seien. Auch wenn der Haushaltsrahmen nicht überschritten worden sei, sei beim Dienstherrn hierdurch objektiv gesehen ein finanzieller Nachteil eingetreten, da über die Jahre hinweg (ausweislich der in den Akten befindlichen Aufstellung) gravierende Geldsummen in fünfstelliger Eurohöhe hätten eingespart werden können. Der Beamte habe für sich einen sehr hohen finanziellen Vorteil gezogen. In seiner Funktion als langjähriger Chefeinkäufer der JVA N. und dortiger Leiter der Wirtschaftsverwaltung habe er seine Machtposition missbraucht, die er zudem durch seinen auf sich selbst zugeschnittenen Führungsstil noch gestärkt habe.

Zugunsten des Beamten seien - wenn auch wegen der fortgeschrittenen Beweisführung im Strafverfahren nur in gemindertem Maße - sein Geständnis und seine Verurteilung im Strafverfahren einzustellen. Ansonsten lägen keine im Sinn der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anerkannten Milderungsfallgruppen vor. Übermäßiger Alkoholkonsum - der durch das in das Verfahren eingeführte Attest eines Hausarztes zudem nicht hinreichend aussagekräftig belegt sei; von Amts wegen bedürfe es diesbezüglich keiner ergänzenden Ermittlung des Gerichts; die Beteiligten hätten auch keine entsprechenden Beweisanträge gestellt - gehöre nicht dazu. Soweit der Verteidiger in der mündlichen Verhandlung auf einen damaligen "Zustand hoher persönlicher Schwierigkeiten" im Sinn des Milderungsgrundes einer "psychischen Ausnahmesituation" hingewiesen habe, erfülle diese Argumentation schon im Hinblick auf einen 30-fachen Tatentschluss in einem Zeitraum von nahezu drei Jahren nicht die dafür bestehenden rechtlichen Anforderungen. So lange der Beamte dienstfähig gewesen sei, wirkten sich im Hinblick auf die Verletzung beamtenrechtlicher Grundpflichten weder die früher positiven dienstlichen Beurteilungen des Beamten noch länger andauernde psychische Belastungssituationen wie Schwerbehinderung oder übermäßiger Alkoholkonsum mildernd aus.

Zusammenfassend zeige sich, dass bei einem aktiven Beamten wegen seiner Untragbarkeit die Höchstmaßnahme der Entfernung aus dem Dienst auszusprechen gewesen wäre. Im Hinblick auf den zwischenzeitlich eingetretenen Ruhestand sei nunmehr die Aberkennung des Ruhegehalts im Sinn des Art. 13 Abs. 2 Satz 1 BayDO auszusprechen.

V.

Der Ruhestandsbeamte legte gegen dieses Urteil, das ihm am 16. Juni 2007 zugestellt wurde, am 2. Juli 2007 - wie in der mündlichen Verhandlung vom 25. März 2007 ausdrücklich klargestellt, auf das Disziplinarmaß beschränkt - Berufung ein. In der Begründung rügt er, die Disziplinarkammer habe als wesentlichen Gesichtspunkt außer acht gelassen, dass er schon wegen seines Lebensalters nie wieder aktiv als Beamter werde tätig sein können. Auch seien sein über fast 40 Jahre hinweg tadelfreier Dienst sowie der durch Alkoholismus und körperliche Erkrankung bedingte Verfall der Persönlichkeit nicht hinreichend gewürdigt worden. Das Gericht habe dem Geständnis zu Unrecht eine geminderte Bedeutung beigemessen und die strafrechtliche Verurteilung und die Vollstreckung einer Untersuchungshaft von über sechs Monaten, die den Ruhestandsbeamten im Hinblick auf sein Lebensalter, seinen Gesundheitszustand und seine Eigenschaft als Justizwachtmeister überobligationsmäßig getroffen hätten, zu Unrecht nicht ausreichend zu seinen Gunsten gewürdigt.

Auch habe die Disziplinarkammer den Anspruch des Ruhestandsbeamten auf rechtliches Gehör dadurch verletzt, dass es aus den beigezogenen Strafakten eine Reihe von Feststellungen getroffen habe, die dort keinen Niederschlag gefunden hätten. Die vom Ruhestandsbeamten hierzu zitierte Passage aus dem angefochtenen Urteil betreffe im Rahmen der in diesem Urteil geübten Kritik am Strafverfahren den aus der Sicht der Disziplinarkammer auffälligen Umstand, dass das Strafgericht der sachbearbeitenden Staatsanwältin wegen einer Terminsverlegung die Möglichkeit genommen habe, an einer mündlichen Verhandlung vor der Strafkammer teilzunehmen. Diese Kritik sei aber nicht gerechtfertigt, denn die Terminverlegung sei in Absprache mit der Staatsanwältin und ihrer ausdrücklichen Zustimmung erfolgt. Es bestehe die dringende Besorgnis, dass das Verwaltungsgericht entgegen der Behauptung, seine im Rahmen der Kritik an der Strafgerichtsbarkeit angestellten Erwägungen seien "rechtsunbehelflich", diesen Sachverhalt zu Unrecht zu Lasten des Beamten gewürdigt und sich den Blick dafür verstellt habe, dass die strafrechtliche Verurteilung und der Vollzug der Untersuchungshaft deutlich zu Gunsten des Beamten zu würdigen seien.

Der Ruhestandsbeamte beantragt:

1. Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 21. Juni 2007 wird aufgehoben. Das Verfahren wird eingestellt.

2. Hilfsweise: Gegen den Beamten wird wegen eines Dienstvergehens eine Ruhegehaltskürzung nach Ermessen des Gerichts ausgesprochen.

Die Einleitungsbehörde beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Die in der Berufungsbegründung aufgeführten Argumente seien nicht geeignet, die im Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 21. Mai 2007 dargelegten zutreffenden Gründe, die im Hinblick auf die Untragbarkeit des Ruhestandsbeamten zur Aberkennung des Ruhegehalts geführt hätten, zu widerlegen.

VII.

Dem Gericht haben neben den Gerichtsakten vorgelegen:

1 Disziplinarakt;

Personalakten samt Personalbogen und Unterheften I - VI, XI, Ausbildungszeugnisse und 2 Nebenteilakten;

Strafakte 503 Js 1731/05 (2 Leitzordner);

Strafakte 503 Js 1731/05 (1 Geheft).

Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung, die gemäß Art. 78 Abs. 5 des Bayer. Disziplinargesetzes vom 24. Dezember 2005 (GVBl S. 665) nach den Vorschriften des bisherigen Rechts, d.h. der Bayer. Disziplinarordnung (BayDO) fortzuführen war, ist zulässig; sie ist insbesondere fristgerecht eingelegt und begründet worden. Die auf die Disziplinarmaßnahme beschränkte Berufung, mit der der Beamte die Abänderung des angefochtenen Urteils im Hinblick auf das Disziplinarmaß begehrt, hat in der Sache keinen Erfolg.

Das Verwaltungsgericht hat zu Recht auf die Disziplinarmaßnahme der Aberkennung des Ruhegehalts (Art. 6 Abs. 1 Satz 1 BayDO) erkannt. Denn das festgestellte Dienstvergehen wiegt so schwer, dass die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Dienst gerechtfertigt wäre, falls der Ruhestandsbeamte sich noch im Dienst befände (Art. 12, Art. 13 Abs. 2 Satz 1 BayDO).

I.

Das Disziplinarverfahren weist in formeller Hinsicht - wie das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat - keine Mängel auf. Die Vorermittlungen wurden unter Beachtung des Art. 27 BayDO durchgeführt. Die dem Beamten von der Einleitungsbehörde bekannt gegebene Einleitungsverfügung vom 6. Oktober 2005 bezeichnet den Sachverhalt, in dem das Dienstvergehen gesehen wurde, mit ausreichender Genauigkeit. Das Disziplinarverfahren war bis zur Rechtskraft des Urteils des Amtsgerichts - Schöffengericht - N. vom 17. Januar 2006 im Strafverfahren gegen den Beamten ausgesetzt. Im Hinblick auf das rechtskräftige Strafurteil und die eindeutige Beweislage konnte von der Durchführung eines Untersuchungsverfahrens abgesehen werden. Der Ruhestandsbeamte wurde auf die Möglichkeit der Beteiligung der Personalvertretung und des Vertrauensmanns der Schwerbehinderten hingewiesen; ihm wurde auch Gelegenheit gegeben, sich abschließend zu äußern. Die den Anforderungen des Art. 60 BayDO genügende Anschuldigungsschrift vom 22. Mai 2006 wurde ihm zur Äußerung und unter Hinweis auf seine Rechte zugestellt.

II.

Das Rechtsmittel ist auf das Disziplinarmaß beschränkt. Der Senat ist deshalb an die Tat- und Schuldfeststellungen des Verwaltungsgerichts sowie an dessen disziplinarrechtliche Würdigung der festgestellten Pflichtverletzungen, wonach es sich um innerdienstliche Dienstpflichtverletzungen handelt, gebunden. Er hat nur noch über die angemessene Disziplinarmaßnahme zu befinden.

Als Pflichtverletzungen zu beurteilen sind demnach die Vorhaltungen, die im Urteil des Amtsgerichts N. vom 17. Januar 2006, der Anschuldigungsschrift und im angefochtenen Urteil der Disziplinarkammer gleichermaßen benannt sind und die der Ruhestandsbeamte auch nicht bestreitet.

Dies betrifft den Vorwurf, dass der Beamte während seiner Verwendung als Leiter des Bereichs Wirtschaftsverwaltung in der JVA N. in den Jahren 2002 bis 2004 für die JVA bei der KG Lebensmittel für einen Kaufpreis von insgesamt 390.964 Euro eingekauft hat, ohne im Hinblick auf die großen Abnahmemengen um mindestens 1,5 % bzw. 3 % niedrigere Preise zu erwirken und zu bezahlen, die bei entsprechendem Verlangen ohne weiteres gewährt worden wären. Während er auf diese Weise auf Rechnung und zu Lasten seines Dienstherrn einen Betrag in Höhe von insgesamt mindestens ca. 10.000 Euro über dem erforderlichen Preis entrichtete, erhielt er von der KG als Gegenleistung dafür, dass er bei der KG einkaufte, in den Zeiträumen Januar 2002 bis 30. April 2004 kostenlos Lebensmittel der KG für private Zwecke mit einem Gesamtwert von mindestens 5.880 Euro ausgehändigt.

Mit diesem Verhalten hat der Beamte gegen seine dienstlichen Pflichten in mehrfacher Weise - im Hinblick auf die unmittelbare materielle Dienstbezogenheit innerdienstlich im Sinn des Art. 84 Abs. 1 Satz 1 BayBG - verstoßen.

Zunächst hat er seine Pflicht zur Beachtung der Gesetze nach Art. 62 Abs. 1 Satz 2 BayBG i.V.m. § 332 StGB verletzt. Seine Aufgabe als Leiter des Bereichs Wirtschaftsverwaltung war es insbesondere, bei der Beschaffung der notwendigen Lebensmittel günstige Preise zu erreichen. Er hat im Widerspruch dazu ihm bekannte Verhandlungsspielräume ungenutzt gelassen, worin eine bewusste Schädigung des Dienstherrn in Höhe der Differenz zwischen den möglichen niedrigeren und den entrichteten höheren Preisen lag. Dies war der KG als Geschäftspartnerin bekannt und wurde von ihr entsprechend honoriert. Im Urteil des Amtsgerichts vom 17. Januar 2006 wurde das hinsichtlich des Parts des Beamten als Verwirklichung eines Vergehens nach § 332 StGB ("Bestechlichkeit"), nämlich als Annahme eines Vorteils durch einen Amtsträger für sich als Gegenleistung dafür gewertet, dass er eine Dienstleistung vorgenommen hat bzw. künftig vornehme und dadurch seine Dienstpflichten verletzt hat oder verletzten würde. Zielrichtung der Strafnorm ist eine strafrechtliche Sanktion gegen pflichtwidrig handelnde Beamte oder gleichgestellte Personen; in ihr kommt die Bedeutung zum Ausdruck, die der Gesetzgeber einer nichtkäuflichen und durch die Gewährung von Vorteilen nicht beeinflussbaren Beamtenschaft für die Allgemeinheit zuweist. Gegenüber dem Straftatbestand des § 331 StGB ("Vorteilsannahme") ist jener des § 332 StGB durch das Erfordernis einer konkreten Unrechtsvereinbarung qualifiziert (vgl. dazu Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, BayBG, Erl. 3 zu Art. 79; Zängl, Disziplinarrecht in Bayern, MatR/II RdNr. 351 ff.), wie sie vorliegend jeweils auch tatsächlich getroffen worden ist.

Mit demselben Verhalten hat der Beamte aber weiterhin auch seiner Pflicht zur Beachtung der Gesetze nach Art. 62 Abs. 1 Satz 2 BayBG in Gestalt der Beamtengesetze, nämlich des Art. 79 Satz 1 BayBG, zuwidergehandelt. Danach dürfen Beamte (abgesehen von dem hier nicht vorliegenden Fall des Satzes 2 dieser Vorschrift) keine Belohnungen oder Geschenke in Bezug auf ihr Amt annehmen. Diese Norm regelt die dienstrechtliche Seite des Annahmeverbots. Sie bezweckt die Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Dienstbetriebs durch eine Beamtenschaft, die weder durch Korruption beeinflusst wird, noch in den Verdacht gerät, durch die Gewährung von Vorteilen beeinflussbar zu sein (so zutreffend Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl a.a.O.; Zängl a.a.O.). Vorausgesetzt ist, dass zwischen der Hingabe des Vorteils und dem Amt ein innerer Zusammenhang besteht; dies ist vorliegend der Fall.

Der Beamte hat somit durch seine Handlungsweise in strafrechtlicher und beamtenrechtlicher Hinsicht nachhaltig und in finanziell erheblichem Rahmen gegen diese für das Berufsbeamtentum fundamentalen Pflichten verstoßen und damit den Kernbereich seines eigenen Pflichtenkreises gravierend verletzt.

Der gleichen Wertung unterliegen die damit einhergehenden Verstöße gegen die Pflichten zu gewissenhafter und uneigennütziger Amtsführung sowie zu achtungswürdigem und vertrauenswürdigem Verhalten nach Art. 64 Abs. 1 Sätze 2 und 3 BayBG.

III.

Bei der im Rahmen der Bemessung von Art und Maß der Disziplinarmaßnahme vorzunehmenden disziplinarischen Gesamtwürdigung aller be- und entlastenden Umstände geht der Senat davon aus, dass das nach dem Grundsatz der Einheit des Dienstvergehens einer Gesamtbetrachtung zu unterziehende Fehlverhalten des Beamten sehr schwer wiegt. Er hält im Hinblick auf die Eigenart und Schwere des Dienstvergehens, seine Auswirkungen und das Maß der Schuld unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten sowie auch aus generalpräventiven Erwägungen die Aberkennung des Ruhegehalts (Art. 6 Abs. 1 Satz 1, Art. 13 Abs. 2 BayDO) für angemessen und erforderlich. Dabei lässt sich der Senat von folgenden Erwägungen leiten:

Als maßgebendes Bemessungskriterium ist die Schwere des Dienstvergehens, also dessen Eigengewicht, richtungweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Annahme, Fordern oder Versprechenlassen von Geschenken oder Belohnungen als Anerkennung für eine dienstpflichtwidrige Amtshandlung (Fall der Bestechlichkeit i.S.v. § 332 StGB) führt grundsätzlich zur Verhängung der schwersten Disziplinarmaßnahme (st. Rechtsprechung; vgl. Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, BayBG, Erl. 13 zu Art. 79. m. zahlr. Nachw.). Ein Beamter, der gegen Bezahlung oder Gewährung sonstiger Vorteile objektiv dienstpflichtwidrig Amtshandlungen vornimmt, sich also als käuflich erwiesen hat, ist grundsätzlich für den Dienstherrn untragbar. Das Vertrauen des Dienstherrn in den Beamten und das Ansehen des Beamten sind irreparabel zerstört. Diese Wertung gilt im Hinblick auf die konkreten Umstände gleichermaßen für den Aspekt der beamtenrechtlichen Pflichtenverletzung in Bezug auf Art. 79 BayBG.

Flankierend hinzu tritt das Maß der strafgerichtlichen Verurteilung, wobei hier auf die verhängte Freiheitsstrafe in Höhe von 11 Monaten - die Strafaussetzung zur Bewährung ist insofern ohne Bedeutung - abzustellen ist. Angesichts der Regelung des Art. 46 Satz 1 Nr. 1 BayBG, wonach das Beamtenverhältnis kraft Gesetzes endet, wenn ein Beamter in einem Strafverfahren wegen einer vorsätzlichen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt wird, bedeutet hier die Freiheitsstrafe von elf Monaten, dass das Gewicht der Tat nur wenig unterhalb der sich aus Art. 46 BayBG ergebenden Grenze liegt. Zwar ist die im Strafverfahren ausgesprochene Strafe häufig nicht präjudiziell für das Disziplinarmaß. Das gilt immer dann, wenn das Missverhalten eines Beamten strafrechtlich und disziplinarrechtlich unterschiedliche Bedeutung hat. Das Strafrecht ist u.a. vom Vergeltungsprinzip mit dem Ziel der individuellen Sühne durch ein Unwerturteil über ein gemeinschaftswidriges Verhalten und strafrechtliche Sanktionen geprägt. Demgegenüber ist es ausschließlicher Zweck des Disziplinarrechts, das Vertrauen in die Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit der Beamten und damit die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes zu sichern. Doch kann sich im Einzelfall der erhebliche kriminelle Gehalt der Verfehlungen eines Beamten im Blick auf § 48 Satz 1 Nr. 1 BBG auch an einer hohen Freiheitsstrafe veranschaulichen (BVerwG, Urteil vom 8.3.2005, Az. 1 D 15/04, Buchholz 232 § 77 BBG Nr 24 m.w.N. zu der insoweit dem Art. 46 Satz 1 Nr. 1 BayBG vergleichbaren Vorschrift des Bundesbeamtengesetzes). Vorliegend schlägt die strafrechtliche Beurteilung auf die disziplinare Wertung durch. Ansehensschädigung und Vertrauensbeeinträchtigung hängen nämlich von der Straftat selbst - deren Schutzzweck trotz der dargestellten Unterschiede letztlich auf die Wahrung der Integrität der Angehörigen des öffentlichen Dienstes bei der Amtsführung mit dem Mittel des Verbots der Annahme von Belohnungen und Geschenken zielt - und ihren einzelnen Umständen ab, so dass die Einstufung des Falles durch das Strafmaß auch präjudizielle Bedeutung für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme haben kann (vgl. zu der Vorschrift des § 48 BBG BVerwG, Urteil vom 17.3.1983, PersV 1983, 377; Urteil vom 24.2.1999, Az. 1 D 72/97 - Juris; so auch die ständige Rechtsprechung des Senats, s. etwa Urteil vom 19.11.2008 Az. 16a D 06.3128 - Juris).

Besondere Umstände, die trotz des Eigengewichts das Disziplinarvergehen in einem milderen Licht erscheinen und einen Rest an Vertrauen des Dienstherren in den Beamten bzw. an Ansehen des Beamten bestehen lassen könnten, sind nicht ersichtlich.

Die Lebensleistung des Beamten, der über fast 40 Jahre hinweg tadelsfrei Dienst geleistet und auch durchgängig positive dienstliche Beurteilungen erhalten hat, kann die Schwere des sich über einen längeren Zeitraum erstreckenden und von etwa 30 Teilakten mit immer neuem Tatentschluss geprägten Dienstvergehens nicht merklich mildern.

Die Vollstreckung einer Untersuchungshaft im Umfang von etwas über sechs Monaten kann jedenfalls unter den vorliegenden Umständen, in denen eine reinigende und nicht nur eine erzieherische Maßnahme indiziert ist, keine günstige Wirkung entfalten, denn das Disziplinarrecht zielt nicht auf eine Ahndung begangener rechtswidriger Taten ab.

Dem Geständnis - abgelegt bei einer durchaus bereits sehr zu Ungunsten des Beamten stehenden Beweislage - kann ebenfalls keine maßnahmemildernde Wirkung beigemessen werden.

Die körperlichen Beeinträchtigungen des Beamten - namentlich infolge des im Jahr 2002 erlittenen Unfalls - können zu dem pflichtwidrigen Verhalten weder in einen ursächlichen Zusammenhang gebracht werden noch es sonst als weniger schwerwiegend erscheinen lassen. Unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit des Disziplinarmaßes verbietet sich eine Berücksichtigung zugunsten des Ruhestandsbeamten, sofern es nicht um die Wirkung einer (nur) erzieherischen Maßnahme geht; dies ist vorliegend nicht der Fall.

Der vorgebrachte Alkoholabusus kann selbst für den - vom Ruhestandsbeamten nicht ausdrücklich geltend gemachten - Fall einer gewissen Minderung der Schuldfähigkeit keine Auswirkung auf die Frage der Untragbarkeit haben, denn der Beamte hat gegen eine für jedermann ohne Weiteres einsehbare Kernpflicht seines dienstlichen Amtes verstoßen.

Der Ruhestandsbeamte weist - im Tatsächlichen zutreffend - darauf hin, dass es im Hinblick auf sein Lebensalter ausgeschlossen sei, dass er wieder in den aktiven Dienst zurückkehren könnte. Dieses Argument zielt auf den Aspekt ab, der Ruhestandsbeamte habe künftig keine Gelegenheit mehr, in ähnlicher Weise wie in der Vergangenheit zu fehlen. Auch dieser Gesichtspunkt kann aber der Berufung nicht zum Erfolg verhelfen. Hat ein Ruhestandsbeamter im aktiven Dienst ein schweres Dienstvergehen begangen, das die Entfernung aus dem Dienst nach sich gezogen hätte, so ist ihm das Ruhegehalt abzuerkennen. Durch diese Maßnahme wird das Ruhestandsbeamtenverhältnis beendet. Ihr liegen zum einen generalpräventive Erwägungen zugrunde: Es wären Rückwirkungen auf das Vertrauen in die Integrität des Berufsbeamtentums zu erwarten, wenn ein Ruhestandsbeamter, der wegen eines schweren Dienstvergehens als aktiver Beamter nicht mehr tragbar wäre, weiterhin sein Ruhegehalt beziehen könnte und berechtigt bliebe, die Amtsbezeichnung und die im Zusammenhang mit dem früheren Amt verliehenen Titel zu führen. Zum anderen gebietet der Grundsatz der Gleichbehandlung gemäß Art. 3 Abs. 1 GG, dass ein Beamter, der nach Begehung eines zur Auflösung des Beamtenverhältnisses führenden Dienstvergehens in den Ruhestand tritt, nicht besser gestellt wird als ein Beamter, der bis zum Abschluss des Disziplinarverfahrens im aktiven Dienst verbleibt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 22.11.2001, Az. 2 BvR 2138/00, NVwZ 2002, 467; BVerwG, Urteil vom 26.1.1999, Az. 1 D 34.97 - juris; nunmehr zu § 13 Abs. 2 Satz 2 BDG, der Parallelvorschrift zu Art. 14 Abs. 2 Satz 2 BayDG, BVerwG, Beschluss vom 13.10.2005, Az. 2 B 19.05, Buchholz 235.1 § 15 BDG Nr. 2; Urteil vom 23.11.2006, Az. 1 D 1.06, ZBR 2007, 94).

Der vom Beamten zuletzt geltend gemachte Gesichtspunkt, er könne bei Aberkennung des Ruhegehalts im Rahmen der Nachversicherung nicht in die gesetzliche Krankenkasse aufgenommen werden, so dass er die wegen Wegfalls des beamtenrechtlichen Beihilfeanspruchs entstehende Versicherungslücke über eine Aufstockung der Privatversicherung schließen müsse, was ihn wegen der damit verbundenen hohen Aufwendungen finanziell überfordere, kann nicht zu einem Absehen von der disziplinaren Höchstmaßnahme führen. Selbst wenn diese Rechtsfolge zuträfe, könnte sie auf eine in Anwendung des geltenden Beamten- und Disziplinarrechts gefundene Disziplinarmaßnahme als ein außerhalb dieser Gesetzesmaterie stehender Aspekt keinen Einfluss haben. Die Problematik ist anderweitig aufzulösen.

Zu einem anderen Ergebnis kann insbesondere nicht der Gesichtspunkt des Grundsatzes der Wahrung der Verhältnismäßigkeit oder der Gleichheitssatz führen. Denn es besteht kein relevanter Unterschied zu der Situation eines noch aktiven Beamten, gegen den die Maßnahme der Entfernung aus dem Dienst (Art. 6 Abs. 1 Satz 2, Art. 12 BayDO) verhängt wird. In beiden Fällen gleichermaßen kann die Folge eintreten, dass ein ehemaliger Beamter bzw. ehemaliger Ruhestandsbeamter, dessen Einkünfte zum Lebensunterhalt nicht ausreichen, auf Leistungen der Sozialverwaltung angewiesen sein wird.

IV.

Dem Beamten ist - unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts - gemäß Art. 71 Abs. 1 Satz 1 BayDO ein Unterhaltsbeitrag in Höhe von 75 % des erdienten Ruhegehalts, bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs, für die Dauer von sechs Monaten zu bewilligen, da dies im Hinblick auf die finanziellen Verhältnisse angemessen erscheint.

V.

Die Kostenentscheidung beruht auf Art. 103 Abs. 1 und Art. 104 Abs. 2 BayDO.

Das Urteil ist mit seiner Verkündung rechtskräftig geworden (Art. 79 BayDO).

Ende der Entscheidung

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