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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 28.10.2008
Aktenzeichen: 16b D 08.133
Rechtsgebiete: BDG, BBG


Vorschriften:

BDG § 9
BDG § 13 Abs. 1
BDG § 56
BBG § 73 Abs. 1 Satz 1
BBG § 77 Abs. 1 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes

16b D 08.133

Verkündet am 28. Oktober 2008

In der Disziplinarsache

wegen Zurückstufung;

hier: Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach (Disziplinarkammer) vom 5. November 2007,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 16b. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Läpple, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Weber, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Dr. Burger-Veigl, den ehrenamtlichen Richter Stöckl, den ehrenamtlichen Richter Gebhard

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 28. Oktober 2008

folgendes Urteil:

Tenor:

I. Unter Abänderung der Ziff. 1 des Urteils des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 5. November 2007 wird der Beklagte in das Amt eines Zollobersekretärs (Besoldungsgruppe A 7 Besoldungsgesetz) versetzt.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

II. Der Beklagte trägt die Kosten auch des Berufungsverfahrens und die ihm darin erwachsenen notwendigen Aufwendungen.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

I.

Der 1946 geborene Beklagte wurde am 1. September 1965 als Zollanwärter bei der Bundesfinanzverwaltung eingestellt. Nach erfolgreicher Beendigung des Vorbereitungsdienstes für die Laufbahn des mittleren Grenzzolldienstes wurde er mit Wirkung vom 29. August 1966 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Zollassistenten z.A. und zum 1. September 1968 zum Zollassistenten ernannt. Die Ernennung zum Zollsekretär erfolgte zum 1. Oktober 1969. Am 18. Juli 1973 wurde er in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit übernommen. Mit Wirkung vom 1. September 1976 wurde er zum Zollobersekretär und mit Wirkung vom 1. August 1995 zum Zollhauptsekretär (Bes.Gr. A 8) ernannt. Ab 1. Februar 2002 werde er am Dienstort K****** bei der Abrechnung von Sammelzollverfahren eingesetzt. Seit 1. Januar 2005 ist der Beklagte als Mitarbeiter der Service-Abrechnungsstelle des Hauptzollamts Sch. am Dienstort C***** eingesetzt. Bei der Regelbeurteilung zum Stichtag 1. September 2005 erhielt er das Gesamturteil "entspricht den Anforderungen". Diese Beurteilung wurde jedoch wegen des Verdachts eines Dienstvergehens unter Vorbehalt gefertigt.

Der Beklagte ist verheiratet und hat zwei 1986 und 1987 geborene Kinder.

Er wird nach Bes.Gr. A 8 besoldet. Er besitzt ein Haus in R**** , seine Ehefrau ein Haus in B****** (vgl. Bl. 180 der VG-Akte) und hat - wie sich aus seiner Äußerung gegenüber dem Sachverständigen Dr. ******* (Bl. 185 der VG-Akte) ergibt - keine finanziellen Probleme.

II.

Strafrechtlich ist der Beklagte nicht in Erscheinung getreten. Er ist jedoch disziplinarrechtlich vorbelastet. Mit Verfügung vom 17. März 2003 wurde wegen ungenehmigten Fernbleibens vom Dienst eine Kürzung der Dienstbezüge um ein Zwanzigstel auf die Dauer von 36 Monaten verhängt. Diese Verfügung ist rechtskräftig geworden (vgl. Urteil des VG Ansbach vom 10.1.2005, Az. AN 6 a D 04.2050; Beschluss d. Senats vom 26.9.2005, Az. 16 b DZ 05.864).

III.

Der Vorsteher des Hauptzollamts Sch. ordnete mit Verfügung vom 13. April 2005 Ermittlungen an und leitete nach § 17 Abs. 1 BDG ein Disziplinarverfahren wegen des Verdachts unerlaubten Fernbleibens für den Zeitraum vom 23. März 2005 bis 30. März 2005 ein. Mit Verfügung vom 28. Juli 2005 wurde das Verfahren gemäß § 19 Abs. 1 BDG ausgedehnt auf den Vorwurf unentschuldigten Fernbleibens in der Zeit vom 14. März bis 23. März 2005 sowie ferner auf ständige Kernzeitverletzungen (die sich aus den Ausdrucken zur Zeiterfassung ergaben) sowie außerdem auf den Vorwurf, am 18. April 2005 ungenehmigt dem Dienst ferngeblieben zu sein, da ein bei der Dienststelle am 18. April 2005 eingereichter Urlaubsantrag erst am 20. April 2005 zur Gewährung habe vorgelegt werden können.

Im behördlichen Disziplinarverfahren wurde ein amtsärztliches Gutachten zu der Frage eingeholt, ob bei dem Beklagten im Jahr 2004 Gesundheitsstörungen vorlagen und diese aus medizinischer Sicht Krankheitswert besaßen, der Beklagte das ganze Jahr 2004 dienstfähig war und er für die im Jahr 2004 begangenen Kernzeitverletzungen voll verantwortlich und schuldfähig war. Unter Einbeziehung eines von ihm eingeholten fachpsychiatrischen Gutachtens von Dr. ******* gelangte der Amtsarzt Dr. ***** in seiner Beurteilung vom 16. Februar 2006 zu dem Ergebnis, dass 2004 bei dem Beklagten eine chronische, körperliche Gesundheitsstörung von Krankheitswert bestanden habe, die besondere Voraussetzungen an den Innendienst-Arbeitsplatz wünschenswert erschienen ließ. Mit den "bekannten Einschränkungen" sei der Beklagte das ganze Jahr 2004 dienstfähig gewesen. Für die Kernzeitverletzungen des Jahres 2004 sei er voll verantwortlich und schuldfähig. Es hätten bei ihm keine so schwerwiegenden seelischen Störungen bestanden, dass seine Steuerungsfähigkeit, die Entscheidungsfreiheit bezüglich der Arbeitsaufnahme oder die Einsicht in das Schuldhafte eines Fernbleibens vom Arbeitsplatz bzw. der Kernzeitverletzungen eingeschränkt oder aufgehoben gewesen wären.

Der Beklagte machte im behördlichen Verfahren im Wesentlichen unter Bezugnahme auf Atteste seiner behandelnden Ärzte hinsichtlich der Kernzeitverletzungen geltend, dass er an der Scheuermannschen Erkrankung - einhergehend mit Adipositas - sowie nicht unerheblichen psychosomatischen Störungen leide. Folge der Scheuermannschen Erkrankung seien Wirbelsäulenbeschwerden, die durch die sitzende Tätigkeit noch verstärkt würden. Im März 2005 sei er, was durch privatärztliche Atteste belegt sei, dienstunfähig krank gewesen. Den Urlaubstag habe er telefonisch beantragt und er sei telefonisch von einem Vorgesetzten genehmigt worden, was auch üblicher Handhabung entspreche.

Mit Bescheid vom 29. März 2006 wurde die Feststellung des Verlustes der Dienstbezüge für die (hier streitbefangenen) Zeiten ungenehmigten Fernbleibens (insgesamt 114 Stunden und 10 Minuten) verfügt. Die Entscheidung über den hiergegen erhobenen Widerspruch wurde bis zum rechtskräftigen Abschluss des anhängigen Disziplinarverfahrens zurückgestellt.

IV.

Mit ihrer am 19. Oktober 2006 zum Verwaltungsgericht Ansbach erhobenen Disziplinarklage legt die Klägerin dem Beklagten zur Last, rechtswidrig und schuldhaft seine innerdienstlichen Pflichten verletzt und damit ein schwerwiegendes Dienstvergehen i.S.d. § 77 Abs. 1 BBG begangen zu haben, indem er

1. in den Monaten Februar bis Dezember 2004 an insgesamt 173 Tagen den Dienst bei seiner Dienststelle in K****** trotz bestehender Gleitzeitregelung mit Verspätungen bis zu 45 Minuten angetreten habe,

2. im Zeitraum vom 14. bis 30. März 2005 an insgesamt elf Tagen seinem Dienst ungenehmigt ferngeblieben sei sowie

3. am 18. April 2005 einen Urlaubstag ohne vorherige Genehmigung in Anspruch genommen habe.

In der mündlichen Verhandlung wurde der Amtsarzt Dr. ***** als Sachverständiger vernommen. Er erläuterte, dass der Beklagte im gesamten maßgeblichen Zeitraum zweifellos Beschwerden gehabt habe, diese jedoch nicht so gravierend gewesen seien, dass er längere Zeit dem Dienst habe fernbleiben dürfen. Die Beschwerden hätten auch die Kernzeitverletzung nicht gerechtfertigt. Die Behörde habe mit Arbeitserleichterungen richtig und genügend reagiert.

Ferner wurde der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. ******* als Sachverständiger vernommen, der sein Gutachten vom 6. Februar 2006 erläuterte. Danach liegt bei dem Beklagten eine paranoid-querulatorische Persönlichkeitsstörung auf dem Boden zwanghafter Grundstrukturen vor. Die Verantwortlichkeit bzw. Schuldfähigkeit für die 2004 begangenen Kernzeitverletzungen sei jedoch dadurch nicht eingeschränkt oder aufgehoben gewesen. Bei dem Beklagten liege eine Störung im Sinne des ICD-Katalogs, jedoch keine Krankheit vor. Die vom Beklagten eingenommenen Schmerzmittel seien psychisch nicht relevant beeinflussend gewesen.

V.

Mit Urteil vom 5. November 2007 hat das Verwaltungsgericht (wie auch von der Klägerin beantragt) auf die Disziplinarmaßnahme der Zurückstufung in das Amt eines Zollsekretärs (Besoldungsgruppe A 6) erkannt. Die Kernzeitverletzungen im Umfang von insgesamt 23 Stunden und 10 Minuten seien durch die in den Akten befindlichen Aufzeichnungen belegt, ebenso wie das Fernbleiben vom Dienst an elf Tagen im Zeitraum vom 14. bis 30. März 2005. Bewiesen sei auch der Vorwurf bezüglich des Urlaubstags am 18. April 2005, wobei dem Beklagten hier lediglich zur Last gelegt werde, dass er sich den Urlaub nicht vor Antritt habe genehmigen lassen. Unter Zugrundelegung der amtsärztlichen Gutachten einschließlich des vom Amtsarzt beigezogenen Facharztgutachtens von Dr. ******* und der mündlichen Erläuterungen der beiden Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung habe der Beklagte zwar in den relevanten Zeiträumen Beschwerden gehabt, die jedoch nicht so gravierend gewesen seien, dass der Beklagte längere Zeit dem Dienst habe fernbleiben dürfen. Auch seien durch diese Beschwerden die Kernzeitverletzungen nicht gerechtfertigt. Der Beklagte sei voll schuldfähig gewesen, auch aufgrund der Einnahme von Medikamenten habe sich eine relevante Schuldminderung nicht ergeben. Der Beklagte habe hinsichtlich aller drei Komplexe tatbestandsmäßig, rechtswidrig und schuldhaft gehandelt. Er habe seine Grundpflicht zur Dienstleistung, zu der auch die Einhaltung von Dienstzeiten gehöre, verletzt. Der Komplex des unerlaubten Fernbleibens und der Komplex der Kernzeitverletzung wögen per se schwer. Der Beklagte sei trotz Vorbelastung uneinsichtig. Milderungsgründe lägen nicht vor.

VI.

Mit seiner - fristgerecht eingelegten und begründeten - Berufung beantragt der Beklagte,

das Urteil vom 5. November 2007 aufzuheben und die Disziplinarklage abzuweisen.

Die drei Richter der ersten Instanz seien befangen gewesen. Der Sachverhalt sei nicht ordnungsgemäß aufgeklärt worden. Der den Vorgang der Urlaubsgenehmigung am 18. April 2005 betreffende Beweisantrag (Beweisantrag Ziff. 1 in der mündlichen Verhandlung vom 5.11.2007) sei zu Unrecht abgelehnt worden.

Nicht nachvollziehbar sei auch die Ablehnung der Beweisanträge zu 2 und 3 als unbehelflich.

Mit dem Beweisantrag zu 2 sei zum Beweis der Tatsache, dass der Beklagte aufgrund einer besonders schmerzhaften Phase der Scheuermannschen Erkrankung vom 14. bis 30. März 2005 seinen Dienst nicht habe verrichten können, die Einvernahme der behandelnden Ärzte Dr. ********** und Dr. ******** beantragt worden.

Mit dem Beweisantrag zu 3 sei zu dem Beweis der Tatsache, dass die Fahrtüchtigkeit des Beklagten aufgrund von Schmerzmitteln und Blutdruck senkenden Mitteln in der Zeit von Februar bis Dezember 2004 morgens eingeschränkt gewesen sei, so dass ein Erreichen der Arbeitsstelle bis zum Kernzeitbeginn um 8.30 Uhr nicht möglich gewesen sei, ebenfalls die Einvernahme von Dr. ********** und Dr. ******** beantragt worden.

Hinsichtlich der Kernzeitverletzung liege keine Pflichtverletzung vor, da der Beklagte dem Dienst nicht ohne Genehmigung ferngeblieben sei. Gesundheitsbedingte Kernzeitverletzungen seien dem Beklagten mit Schreiben vom 14. Januar 2002 zugebilligt worden. Der Beklagte habe außerdem an jedem einzelnen Tag die Verspätung wieder hereingearbeitet. Die Vorgehensweise sei von seinen Dienstvorgesetzten nie beanstandet worden. Das Verwaltungsgericht habe sich nicht mit dem Einwand auseinandergesetzt, dass der Beklagte noch Stunden nach der Einnahme von Medikamenten (Voltaren, Dolviran) nicht in der Lage gewesen sei, Auto zu fahren.

Das Fernbleiben vom Dienst an elf Tagen im März 2005 stelle ebenfalls keine Pflichtverletzung dar. Fest stehe lediglich, dass der Beklagte am 22. März und am 31. März 2005 beim Gesundheitsamt amtsärztlich untersucht worden, für dienstfähig befunden und aufgefordert worden sei, den Dienst am nächsten Arbeitstag wieder aufzunehmen. Es obliege der Klägerin, für die Dienstfähigkeit des Beklagten den vollen Beweis zu erbringen. Vom 14. bis 30. März 2005 habe der Beamte an einem besonders schmerzhaften Schub der Scheuermannschen Erkrankung gelitten, so dass er zur Dienstverrichtung nicht in der Lage gewesen sei. Er habe an jedem einzelnen Arbeitstag dieses Zeitraums seinen Arzt Dr. ********** aufgesucht, der den Beklagten also täglich und nicht wie der Amtsarzt nur punktuell gesehen habe. Zum Aufsuchen des Amtsarztes sei der Beklagte überhaupt nur aufgrund der Einnahme starker Schmerzmittel in der Lage gewesen. Da er in diesem Zustand eine Gefahr für den Straßenverkehr gewesen sei, habe er sich von seiner Schwester zu den Terminen fahren lassen.

Dass der Amtsarzt nicht unvoreingenommen gewesen sei, belege seine Äußerung, dass er den Beklagten bereits am 14. bzw. 16. März 2005 für dienstfähig erachtet hätte, wenn dieser denn zu den Untersuchungsterminen erschienen wäre.

Die amtsärztliche Untersuchung habe dann am 22. März 2005 stattgefunden; bis dahin habe der Beklagte aufgrund der privatärztlichen Krankschreibungen davon ausgehen dürfen, dass keine Pflicht zum Dienstantritt bestanden habe.

Auch am 18. April 2005 sei der Beklagte dem Dienst nicht ungenehmigt ferngeblieben. Die Urlaubsgenehmigung sei telefonisch über einen Kollegen eingeholt und die Genehmigung dem Beklagten wiederum telefonisch über den Kollegen mitgeteilt worden. Dieses Verfahren habe sich für die Außenstelle C***** eingebürgert gehabt. Der Beklagte bot hierzu im Einzelnen benannte Kollegen als Zeugen an.

Bei der Feststellung der Schuldfähigkeit habe das Verwaltungsgericht nicht geprüft, inwieweit die Ungerechtigkeiten, die der Beklagte in den letzten Jahren seiner dienstlichen Tätigkeit habe erleiden müssen (Schikanen beim Dienstantritt in K******; Vorfall "Zollquittung") auf das dem Beklagten vorgeworfene Verhalten von Einfluss gewesen seien.

Mit Schriftsatz vom 13. Februar 2008 wurde nochmals vertieft, dass bei dem Beklagten von verminderter Schuldfähigkeit auszugehen sei. Die Klägerin habe die Anregungen des Amtsarztes (Gesundheitszeugnisse vom 21.12. 2001 und 19.11.2003), dass lange Sitzperioden im Innendienst zu vermeiden seien, unterlaufen. Das Gutachten des Sachverständigen [gemeint: Dr. *******] komme eindeutig zu dem Ergebnis, dass das Verhalten des Beklagten zwanghaft sei.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sowohl die Dienst- wie auch die Schuldfähigkeit seien durch die amtsärztlichen Gutachten wie die Aussagen der beiden Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung abschließend und zweifelsfrei zu beurteilen. Der Beklagte sei zur vollen und pünktlichen Dienstleistung verpflichtet gewesen. Rechtfertigungs-, Schuldminderungs- oder Schuldausschließungsgründe lägen nicht vor.

Der Beklagte gehe zu Unrecht im Hinblick auf das Schreiben des Vorstehers des Hauptzollamts Sch. vom 14. Januar 2002 davon aus, dass ihm bis zum heutigen Tag eine Genehmigung zu verspätetem Dienstantritt erteilt worden sei. Die Regelung im Schreiben vom 14. Januar 2002 sei mit Schreiben des Vorstehers des Hauptzollamts Sch. vom 11. März 2002 ausdrücklich aufgehoben worden.

Bezüglich des Urlaubsantrags am 18. April 2005 wies die Klägerin darauf hin, dass der Urlaub rechtzeitig zu beantragen sei und der Genehmigung der Behördenleitung bedürfe.

Der Vorfall "Zollquittung" liege mehr als zehn Jahre zurück und sei nicht Gegenstand dieses Verfahrens. Vorwürfe des Beklagten gegen seine damaligen Kollegen hätten sich als haltlos erwiesen. Die Mobbingvorwürfe würden bestritten. Seit der Versetzung in den Innendienst würden die vom Amtsarzt empfohlenen Arbeitserleichterungen (ergonomische Arbeitsplatzgestaltung, Unterbrechung der Schreibtischarbeit für körperliche Übungen) gewährt.

Dem Gericht hat die Personalhauptakte des Beklagten (2 Bände), 1 Beiheft "Beurteilungen" sowie 1 weitere Heftung (bzgl. des Vorwurfs des Beklagten gegenüber anderen Beamten wegen behaupteter Manipulation dienstlicher Unterlagen), 1 Ermittlungsakte (Bd. 1-300), 1 Teilakte "Disziplinarakte I") (Bl. 1-480), 1 Teilakte "Disziplinarakte II" (Bl. 1-108) sowie die Gerichtsakte der ersten Instanz vorgelegen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Beklagten hat insoweit Erfolg, als er nicht, wie vom Verwaltungsgericht ausgesprochen, um zwei Stufen, sondern lediglich um eine Stufe, nämlich in das Amt eines Zollobersekretärs (Besoldungsgruppe A 7) zurückzustufen ist. Im Übrigen ist die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung das Verfahren durch Beschluss gemäß § 56 Satz 1 BDG auf die Verstöße gegen die Kernzeitregelung in den Monaten Februar bis Dezember 2004 und auf das ungenehmigte Fernbleiben vom Dienst in der Zeit vom 14. bis 30. März 2005 beschränkt. Er ist der Auffassung, dass der Vorwurf, am 18. April 2005 einen Urlaubstag ohne vorherige Genehmigung in Anspruch genommen zu haben, hinsichtlich der Art und Höhe der sich aus den beiden anderen Komplexen ergebenden Disziplinarmaßnahme nicht ins Gewicht fällt.

Das Rechtsmittel ist nicht auf die Disziplinarmaßnahme beschränkt, sondern richtet sich auch gegen die erstinstanzlichen Tat- und Schuldfeststellungen. Der Senat hat deshalb den Sachverhalt selbst zu ermitteln und zu würdigen.

Die durch das Erstgericht erhobenen Beweise (Vernehmung des Amtsarztes Dr. ***** sowie des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. *******) kann der Senat gemäß § 65 Abs. 4 BDG seiner Entscheidung ohne erneute Beweisaufnahme zugrunde legen.

Der Senat geht hinsichtlich des ersten Komplexes (Kernzeitverletzungen im Zeitraum Februar bis Dezember 2004) davon aus, dass der Beklagte in diesem Zeitraum an insgesamt 173 Tagen den Dienst bei seiner Dienststelle in K****** - unter Verletzung der geltenden Kernzeitregelung - mit Verspätung angetreten hat. Diese Verspätungen erfolgten einerseits beim morgendlichen Dienstantritt, wo der Beklagte - trotz Beginns der Kernzeit um 8.30 Uhr - seinen Dienst erst danach begonnen hat und andererseits durch Kernzeitverletzungen bei der Mittagspause, die zwischen 11.30 Uhr und 13.30 Uhr zu nehmen war, während der Beklagte seinen Dienst erst nach Beginn der Kernzeit, also nach 13.30 Uhr, aufnahm.

Diese Kernzeitverletzungen, die sich im Einzelnen aus den Ermittlungsakten (Bl. 155 bis 175) ergeben, belaufen sich auf insgesamt 23 Stunden und 10 Minuten (Bl. 227 des Ermittlungsakts).

Der Beklagte hat über einen Zeitraum von 11 Monaten seine Dienstleistungspflicht rechtswidrig und vorsätzlich verletzt. Mit seinen Abwesenheiten während der für die Dienststelle geltenden Kernzeit ist der Beklagte unerlaubt dem Dienst ferngeblieben (§ 73 Abs. 1 Satz 1, § 77 Abs. 1 Satz 1 BBG).

Unerlaubtes Fernbleiben vom Dienst i.S.v. § 73 Abs. 1 Satz 1 BBG setzt voraus, dass der Beamte dienstfähig ist. Regelungsgegenstand des § 73 Abs. 1 Satz 1 BBG ist die formale Dienstleistungspflicht. Es handelt sich dabei um eine beamtenrechtliche Grundpflicht, die von dem Beamten vor allem fordert, sich während der vorgeschriebenen Zeit am vorgeschriebenen Ort aufzuhalten, um die ihm übertragenen dienstlichen Aufgaben zu erfüllen. So lange ein Beamter dienstunfähig ist, ist er von der Dienstleistungspflicht befreit, weil er sie nicht erfüllen kann (vgl. BVerwG vom 12.10.2006, Az. 1 D 2/05 m.w.N., zitiert nach juris).

Sinn und Zweck der Kernzeit ist, dass alle Beamten zu diesen Zeiten gleichzeitig Dienst leisten und für den Dienstherrn, ggf. auch Publikumskontakt, zur Verfügung stehen. Durch Hereinarbeiten kann - anders als bei der Gleitzeit - ein Fernbleiben während der Kernzeit nicht ausgeglichen werden.

Der Beklagte kann sich nicht darauf berufen, dass ihm durch den Vorsteher des Hauptzollamts Sch. mit Schreiben vom 14. Januar 2002 (Bl. 315 des Personalakts) "gesundheitsbedingte Kernzeitverletzungen" zugestanden worden sind (§ 7 Abs. 6 Satz 2 AZV). Denn bereits mit Schreiben vom 11. März 2002 (Bl. 316 des Personalakts) hat der Vorsteher des Hauptzollamts - nachdem er bereits am 27. Februar 2002 eine entsprechende Anweisung mündlich erteilt hatte - angeordnet, dass der Beklagte seinen Dienst spätestens mit Beginn der Kernzeit anzutreten habe und darauf hingewiesen, dass künftige Kernzeitverletzungen als nicht genehmigtes Fernbleiben vom Dienst und dementsprechend als Dienstvergehen behandelt werden würden. Darüber hinaus ist der Beklagte nochmals mit Schreiben vom 20. Oktober 2004 (Bl. 21 des Personalhauptakts) auf die Pflicht zur Einhaltung der Kernzeiten hingewiesen worden.

Der Beklagte war auch nicht aufgrund von Dienstunfähigkeit gehindert, seine Dienstpflicht zu erfüllen und spätestens mit Beginn der Kernzeit seinen Dienst anzutreten. Der Beklagte hat hierzu geltend gemacht, dass er aufgrund der Einnahme von Schmerzmitteln wegen seiner Rückenbeschwerden wie von blutdrucksenkenden Mitteln noch Stunden nach der Einnahme der Medikamente nicht in der Lage sei, Auto zu fahren und die Kernzeit einzuhalten.

Dem ist Folgendes entgegenzuhalten:

Etliche - und vor allem die zeitlich gravierenderen - Einzelverstöße gegen die Kernzeit betreffen ausweislich der Zeiterfassungslisten (Bl. 157 ff. des Ermittlungsakts) die Überschreitung der Mittagszeit, wo der Beklagte seinen Dienst nach der Mittagspause nicht bis 13.30 Uhr, sondern erst später angetreten hat (z.B. am 5.4.2004: 25 Minuten, am 13.4.2004: 45 Minuten, am 21.7.2004: 21 Minuten), so dass hier das Argument morgendlicher Fahruntüchtigkeit schon im Hinblick auf die Tageszeit nicht greift.

Die morgendlichen Kernzeitverletzungen liegen größtenteils unter 10 Minuten (die wohl längste morgendliche Kernzeitüberschreitung beträgt am 12.10.2004 15 Minuten). Selbst wenn also eine morgendliche Medikamenteneinnahme Auswirkungen auf die Fahrtüchtigkeit des Beklagten gehabt hätte, müsste sich der Beklagte hier entgegenhalten lassen, dass durch - ihm zumutbare - um den entsprechenden Zeitraum frühere Medikamenteneinnahme und früheres Abfahren von zu Hause er selbst problemlos steuern konnte, Kernzeitverletzungen zu vermeiden.

Davon abgesehen, muss sich der Beklagte jedoch vor allem - eine von ihm behauptete Fahruntüchtigkeit einmal unterstellt - auf die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel oder letztlich auch auf die Verlegung seiner Wohnung an den Dienstort oder in entsprechende Dienstortnähe verweisen lassen.

Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens ist (vgl. den Gutachtensauftrag vom 22. September 2005, Bl. 185 der Ermittlungsakten) ein amtsärztliches Gutachten zu der Frage von Gesundheitsstörungen im Jahr 2004, zur Dienstfähigkeit und zur Verantwortlichkeit und Schuldfähigkeit des Beklagten eingeholt worden. Der Amtsarzt Dr. ***** gelangte - nach Einholung eines fachpsychiatrischen Gutachtens durch Dr. ******* - (vgl. Schreiben vom 16.2.2006, Ermittlungsakt Bl. 196 f.) zu dem Ergebnis, dass der Beklagte 2004 ("mit den bekannten Einschränkungen", d.h. z.B. Möglichkeit zu stündlichen gymnastischen Übungen, Stehpult etc.) das ganze Jahr dienstfähig und für die Kernzeitverletzungen voll verantwortlich und schuldfähig war. Seine Würdigung beruhte auf dem von ihm erholten fachpsychiatrischen Gutachten (Bl. 176 ff. des VG-Akts) des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. ******* vom 6. Februar 2006, der in seinem - vom Senat für schlüssig und nachvollziehbar erachteten - Gutachten zu dem Ergebnis gelangt ist, dass die psychopathologischen Besonderheiten keine so schwerwiegenden Störungen darstellten, dass die Steuerungsfähigkeit, die Entscheidungsfreiheit oder die Einsicht in das Schuldhafte eines Fernbleibens vom Arbeitsplatz bzw. das Schuldhafte der Kernzeitverletzungen eingeschränkt oder aufgehoben gewesen wäre. Der Beklagte sei für die ihm zur Last gelegten Kernzeitverletzungen verantwortlich. Bei dieser Begutachtung wurde der Beklagte auch nach seiner regelmäßigen Medikation befragt, wobei er zu auftretenden Schmerzen erklärte, er nehme "bedarfsweise" eine Tablette Voltaren oder Dolviran. In der mündlichen Verhandlung vom 5. November 2007 (S. 4 des Protokolls) hat der Sachverständige Dr. ******* zu diesen Schmerzmedikamenten erläutert, sie seien "in ihrer Wirkung nicht so gravierend". Dr. ***** hat bei seiner Vernehmung am gleichen Tag (S. 5 des Protokolls) zum Wirkstoff Codein in Dolviran erklärt, dass dessen Wirkung vergleichbar sei mit einer Tasse Kaffee. Die vom Beklagten ihm gegenüber angegebene Medikation habe sich auf den Zeitraum März 2005 bezogen. Wie in seinen Aktenvermerken festgehalten, habe der Beklagte für das Jahr 2004 keinen Medikamenteneinfluss hier einschlägiger (also auf die Fahrtüchtigkeit einwirkende) Art bekundet.

Nur ergänzend ist anzumerken, dass sich der Beklagte hinsichtlich der - von ihm gesehenen - durch Medikamenteneinnahme bedingten morgendlichen Fahruntüchtigkeit auch nicht auf die von ihm vorgelegten Atteste der ihn behandelnden Privatärzte beziehen kann. Abgesehen davon, dass sich gleich einem roten Faden aus allen bei dem Akt befindlichen Attesten und Gutachten das Bestreben des Beklagten erkennen lässt, wieder in den Außendienst versetzt zu werden (dessen Anforderungen er sich - subjektiv - gewachsen fühlt), lässt sich weder aus den Attesten des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. ********** vom 19. November 2003 und vom 15. März 2005 noch des Facharztes für Orthopädie Dr. ******** vom 6. Juni 2005 entnehmen, dass der Beklagte Medikamente einnimmt, die sich auf seine Fahrtüchtigkeit auswirken könnten.

Außerdem ist dem Beklagten weder mit dem privatärztlichen Attest des Dr. ********** vom 15. März 2005 noch dem genannten Attest von Dr. ******** Dienstunfähigkeit bescheinigt, sondern darin lediglich ausgeführt worden, dass es im Hinblick auf die wirbelsäulenbedingten Schmerzen dem Beklagten "nur unter erheblichen Schmerzen möglich" sei, "seinen täglichen Dienstbeginn nach Vorschrift einzuhalten". Soweit Dr. ******** die Auffassung vertritt, dass Autofahrten von über 15 Minuten vermieden werden sollten, enthält auch dies keine Aussage über eine mögliche medikamentenbedingte Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit, sondern steht im Zusammenhang mit seiner Anregung, dem Beamten die Möglichkeit zu einer Tätigkeit zu geben, bei der ein Wechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen erfolgt. Darüber hinaus sind vom Beklagten keine fachärztlichen Äußerungen, die sich mit der amtsärztlichen Begutachtung fundiert auseinander setzen würden und Zweifel an ihrer Richtigkeit erwecken könnten, vorgelegt worden.

Der Beklagte war, als er die Kernzeitverletzungen vom Februar bis Dezember 2004 beging, dienstfähig. Er handelte mit Vorsatz, denn er kannte die - auch für ihn geltenden - Kernzeitregelungen und setzte sich bewusst darüber hinweg. Unter Zugrundelegung der amtsärztlichen Gutachten, insbesondere des Gutachtens von Dr. ******* vom 6. Februar 2006 geht der Senat davon aus, dass die Einsichtfähigkeit des Beklagten in das Schuldhafte seines Fernbleibens während der Kernzeiten nicht eingeschränkt war.

Hinsichtlich des zweiten Komplexes, dem unerlaubten Fernbleiben in der Zeit vom 14. bis 30. März 2005, geht der Senat von folgendem Sachverhalt aus:

Der Beklagte hatte, nachdem er eine Bescheinigung seines behandelnden Arztes Dr. ********** vom 1. Februar 2005 (Bl. 13 des Ermittlungsakts) vorgelegt hatte, mit der ihm Arbeitsunfähigkeit bis 6. März 2005 attestiert worden war, eine weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung von Dr. ********** vom 7. März 2005 (Bl. 14 des Ermittlungsakts) vorgelegt, die ihm fortdauernde Arbeitsunfähigkeit bis 3. April 2005 bestätigte.

Mit Schreiben vom 2. März 2005 hatte der Vorsteher des Hauptzollamts angeordnet, dass der Beklagte bei einer künftig ununterbrochenen Krankheitsdauer von mehr als einer Woche ein amtsärztliches Attest vorzulegen habe (Bl. 15 des Ermittlungsakts). Damit hatte der Beklagte ab 14. März 2005 seine Dienstunfähigkeit durch amtsärztliches Attest nachzuweisen. Eine für den 14. März 2005 - und dann erneut für den 16. März 2005 - angesetzte Untersuchung beim Gesundheitsamt K****** fand nicht statt, weil der Beklagte verspätet erschien. Eine amtsärztliche Untersuchung erfolgte dann erst am 22. März 2005, bei der der Amtsarzt den Beklagten für dienstfähig erachtete. Dennoch trat der Beklagte seinen Dienst auch am 23. März 2005 nicht an, sondern erst am 1. April 2005, nachdem er am 31. März 2005 nochmals amtsärztlich untersucht worden und seine Dienstfähigkeit wiederum festgestellt worden war (vgl. Schreiben des Gesundheitsamts, Dr. *****, vom 29.3.2005 und vom 5.4.2005, Bl. 21 und 23 des Ermittlungsakts; bei diesen amtsärztlichen Feststellungen wurde auch der Morbus Scheuermann des Beklagten berücksichtigt, vgl. Vermerk vom 24.5.2005, Bl. 42 des Ermittlungsakts).

Der Beklagte hat seine Dienstleistungspflicht verletzt. Er ist an 11 Arbeitstagen dem Dienst unerlaubt ferngeblieben (§ 77 Abs. 1 Satz 1, § 73 Abs. 1 Satz 1 BBG). Dabei handelte er an den ersten sieben Arbeitstagen fahrlässig und an den anschließenden vier Arbeitstagen vorsätzlich.

Im Hinblick auf den dargestellten Ablauf ist nach Auffassung des Senats zwischen dem Zeitraum von Montag, 14.3., bis Dienstag, 22.3.2005, (7 Arbeitstage) und dem Zeitraum von Mittwoch, dem 23.3., bis Montag, dem 30.3.2005, (wegen der Osterfeiertage: 4 Arbeitstage) zu differenzieren.

Dienstunfähigkeit liegt vor, wenn der Beamte aufgrund seines körperlichen oder geistigen Zustands außerstande ist, den ihm übertragenen dienstlichen Aufgaben nachzukommen. Der Nachweis der Dienstfähigkeit des abwesenden Beamten und damit der Nachweis eines Verstoßes gegen § 73 Abs. 1 Satz 1 BBG obliegt dem Dienstherrn. Legt der Beamte zum Beleg seines Unvermögens, Dienst zu tun, Dienstunfähigkeitsbescheinigungen behandelnder Privatärzte vor, so kann der Nachweis seiner Dienstfähigkeit regelmäßig nur durch die Einschaltung des Amtsarztes geführt werden. Denn es bedarf medizinischer Sachkunde, um ärztliche Befunde zu überprüfen. Weicht die medizinische Beurteilung des Amtsarztes hinsichtlich desselben Krankheitsbildes von der Beurteilung des behandelnden Privatarztes ab, so kommt der Beurteilung des Amtsarztes unter Berücksichtigung der vom Bundesverwaltungsgericht genannten Voraussetzungen (Sachkunde des Amtsarztes, nachvollziehbare Beurteilung, Auseinandersetzung mit privatärztlichen Stellungnahmen) Vorrang zu (vgl. BVerwG vom 12.10.2006, Az. 1 D 2/05, zitiert nach juris). Dieser Vorrang hat im Konfliktfall seinen Grund in der Neutralität und Unabhängigkeit des Amtsarztes. Im Gegensatz zu einem Privatarzt, der womöglich bestrebt ist, das Vertrauen des Patienten zu ihm zu erhalten, nimmt der Amtsarzt seine Beurteilung von seiner Aufgabenstellung her unbefangen und unabhängig vor. Er steht dem Dienstherrn und dem Beamten gleichermaßen fern (BVerwG vom 9.10.2002, Az. 1 D 3.02, zitiert nach juris).

Der Nachweis der Dienstfähigkeit des Beklagten ist aufgrund der amtsärztlichen Feststellungen vom 22. und 31. März 2005 erbracht. Es lagen weder seitens des behandelnden Arztes nähere Erläuterungen seines medizinischen Befundes vor, mit denen sich dann der Amtsarzt hätte auseinandersetzen müssen (vgl. BVerwG vom 12.10.2006 Az. 1 D 2/05), noch hat der Beamte im Anschluss an die amtsärztliche Begutachtung seinerseits fundierte fachärztliche Gutachten beigebracht, die geeignet gewesen wären, ernstliche Zweifel an der amtsärztlichen Begutachtung zu wecken.

Für den Zeitraum von vier Arbeitstagen ab 23.3.2004 ist dem Beklagten vorsätzliches unerlaubtes Fernbleiben anzulasten. Er wusste aufgrund der amtsärztlichen Untersuchung vom 22. März 2005, dass er - unter den im amtsärztlichen Schreiben vom 29. März 2005 erneut dargestellten Arbeitsbedingungen (stündliche Arbeitsunterbrechungen durch Gymnastik, Stehpult etc.) - dienstfähig war und blieb seinem Dienst dennoch weiterhin fern; er handelte damit wissentlich und willentlich.

Für den Zeitraum vom 14. bis 22. März 2005 ist dem Beklagten dagegen Fahrlässigkeit vorzuwerfen.

Ein dienstfähiger Beamter, der ungenehmigt keinen Dienst leistet, handelt hinsichtlich des Tatbestandsmerkmals "Dienstfähigkeit" mit bedingtem Vorsatz, wenn er es für möglich hält, dienstfähig zu sein und im Hinblick darauf billigend in Kauf nimmt, die Dienstleistungspflicht zu verletzen. Dagegen fällt ihm nur Fahrlässigkeit zur Last, wenn er die Dienstfähigkeit zwar aufgrund der tatsächlichen Gegebenheiten erkennen muss, hier aber darauf vertraut, dienstunfähig zu sein und demzufolge nicht gegen die Dienstleistungspflicht zu verstoßen (vgl. BVerwG vom 12.6.2006, Az. 1 D 2/05; BVerwG vom 9.4.2002, Az. 1 D 17.01 - Buchholz 232, § 73 BBG Nr. 25).

Zwar bestehen hier durchaus Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte billigend in Kauf nahm, während dieses Zeitraums seine Dienstleistungspflicht zu verletzen, denn er wusste aufgrund der Anordnung des Vorstehers vom 2. März 2005, dass seine Dienststelle eine Dienstunfähigkeit ab 14. März 2005 nicht mehr aufgrund privatärztlicher Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen, sondern nur noch aufgrund eines amtsärztlichen Zeugnisses anerkennen würde. Die Dienststelle war für die Feststellung der Dienstfähigkeit des Beamten auf die - dem Beamten aufgrund seines Dienst- und Treueverhältnisses obliegende - Mitwirkung angewiesen, nämlich dessen Wahrnehmung eines amtsärztlichen Untersuchungstermins. Weil der Beklagte am 14. und auch am 16. März 2005 zu den vereinbarten amtsärztlichen Untersuchungen so verspätet kam, dass eine Untersuchung nicht mehr stattfinden konnte, konnte letztlich erst am 22. März 2005 die Dienstfähigkeit des Beklagten durch den Amtsarzt festgestellt werden. Es ist jedoch nicht völlig auszuschließen, dass der Beklagte aufgrund der privatärztlichen Krankschreibung durch Dr. ********** darauf vertraute, dienstunfähig zu sein und deshalb nicht gegen seine Dienstleistungspflicht zu verstoßen. Nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" muss letztlich die dem Beamten günstigste Tatsachengestaltung zugrunde gelegt werden, die sich nicht sicher ausschließen lässt (so auch BVerwG vom 12.10.2006, a.a.O.).

Der Beklagte hat durch unerlaubtes Fernbleiben vom Dienst sowohl durch die Kernzeitverletzungen im Jahr 2004 wie durch sein Fernbleiben im März 2005 seine Dienstpflichten verletzt und ein innerdienstliches Dienstvergehen begangen (§ 73 Abs. 1, § 77 Abs. 1 Satz 1 BBG).

Das festgestellte Dienstvergehen des Beklagten wiegt schwer. Anders als das Erstgericht erachtet der Senat eine Zurückstufung um nur eine Stufe (statt zwei Stufen) jedoch noch für angemessen (§ 9 BDG).

Welche Disziplinarmaßnahme angemessen ist, richtet sich nach der Schwere des Dienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten (§ 13 Abs. 1 Satz 2 und 3 BDG). Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich nach objektiven Handlungsmerkmalen wie Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzungen, Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens, darüber hinaus nach subjektiven Handlungsmerkmalen wie Form und Gewicht des Verschuldens und Beweggründen für sein Verhalten sowie den unmittelbaren Folgen des Dienstvergehens für den dienstlichen Bereich und für Dritte.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 22.4.1991, BVerwGE 93, 78/80 ff; vom 6.5.2003 Az. 1 D 26.02) ist bei einem vorsätzlichen unerlaubtem Fernbleiben vom Dienst über einen Zeitraum von mehreren Monaten im Regelfall auf Dienstentfernung zu erkennen. Bei einem fahrlässigen unerlaubten Fernbleiben vom Dienst über einen Zeitraum von fünfeinhalb Monaten hat das BVerwG (Urteil vom 12.10.2006, Az. 1 D 2/05, zitiert nach juris) auf eine Zurückstufung um zwei Ämter, bei einem fahrlässigen Fernbleiben über einen Zeitraum von sieben Wochen (unter Berücksichtigung weiterer Milderungsgründe) auf eine Kürzung der Dienstbezüge unter Ausschöpfung der Höchstlaufzeit erkannt (BVerwG vom 9.4.2002, Az. 1 D 17.01, Buchholz 232 § 73 BBG Nr. 25). Das OVG NRW hat bei einem fahrlässigen ungenehmigten Fernbleiben von acht Wochen sowie an einem weiteren Tag und einem Tag vorsätzlichen unerlaubten Fernbleibens vom Dienst eine Zurückstufung für erforderlich erachtet (Urteil vom 19.1.2005, Az. 22 d A 1433/03.BDG, Zitat nach juris). Das (hier streitbefangene) vorsätzliche unerlaubte Fernbleiben des Beklagten gliedert sich in die Kernzeitverletzungen, die er innerhalb von 11 Monaten im Jahr 2004 an 173 Tagen begangen hat und die eine Gesamtdauer von ca. drei Arbeitstagen ergeben, sowie in das - ebenfalls vorsätzliche - unerlaubte Fernbleiben an vier Arbeitstagen im März 2005 sowie in ein fahrlässig begangenes unerlaubtes Fernbleiben an weiteren sieben Arbeitstagen im März 2005.

Dabei ist zu Lasten des Beklagten zu gewichten, dass er die Kernzeitverletzungen im Jahr 2004 über einen 11-monatigen Zeitraum beging sowie ferner, dass er sich auch durch das Schreiben des Vorstehers vom 20. Oktober 2004, mit dem er nochmals auf seine Dienstpflicht zur Einhaltung der Kernzeit und die Wertung ungenehmigten Fernbleibens als Dienstvergehen hingewiesen worden war, nicht davon abhalten ließ, auch danach weiter gegen die Kernzeitbestimmungen zu verstoßen. Zu Lasten des Beklagten ist in diesem Zusammenhang auch zu berücksichtigen, dass er sich eine Kürzung der Dienstbezüge um 1/20 für 36 Monate wegen häufiger und erheblicher Kernzeitverletzungen im Jahr 2002 (vgl. Urteil des VG Ansbach vom 10.1.2005, Az. AN 6a D 04.2050; Beschluss des Senats vom 20.9.2005, Az. 16b DZ 05.864) nicht zur Mahnung hat dienen lassen.

Dem gegenüber sind weder anerkannte (sog. "klassische") noch sonstige Milderungsgründe ersichtlich. Die in der mündlichen Verhandlung geäußerte Auffassung der Beklagtenseite, dass dem Dienstherrn durch das Fehlverhalten des Beklagten kein Schaden entstanden sei, weil der Beklagte ja Kernzeitversäumnisse hereingearbeitet habe, bezieht sich zum einen nur auf den ersten Komplex (also das Jahr 2004) und ist zudem nicht geeignet, als Milderungsgrund bewertet zu werden. Der Dienstherr muss sich darauf verlassen können, dass während der Kernzeit alle Beamten verfügbar sind, er muss ggf. für einen abwesenden Beamten eine Vertretung organisieren (damit wiederum den vertretenden Kollegen zusätzlich belasten) etc. In der Person des Beamten liegende Umstände - insbesondere auch im Hinblick auf sein dienstliches Verhalten - die eine mildere Betrachtungsweise veranlassen könnten, sind nicht ersichtlich.

Da gegen den Beklagten wegen unerlaubten Fernbleibens schon eine Gehaltskürzung im höchstmöglichen Umfang verhängt worden ist, ist nunmehr eine schwerer wiegende Disziplinarmaßnahme, also eine Maßnahme mit Außenwirkung erforderlich. Eine Zurückstufung ist deshalb geboten. Da - neben den beharrlichen, vorsätzlichen Kernzeitverletzungen im Jahr 2004 (mit einem rechnerischen Gesamtumfang von ca. drei Arbeitstagen) - das unerlaubte Fernbleiben im März 2005, anders als durch das Verwaltungsgericht geschehen, im Umfang von sieben Arbeitstagen als fahrlässig und im Umfang von vier Arbeitstagen als vorsätzlich zu qualifizieren ist und weil nach der Würdigung durch den Senat der 3. Komplex (Urlaubstag am 18. April 2005) hier disziplinarisch nicht in Gewicht fällt, erscheint letztlich eine Degradierung um nur eine Stufe noch als angemessen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs. 1 Satz 1 BDG.

Die Revision war nicht zuzulassen (§ 69 BDG, § 132 VwGO, § 127 BRRG).

Ende der Entscheidung

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