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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 18.01.2008
Aktenzeichen: 2 B 03.705
Rechtsgebiete: BauGB, BauNVO


Vorschriften:

BauGB § 14 Abs. 1
BauGB § 14 Abs. 2
BauGB § 29 Abs. 1
BauNVO § 4a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes

2 B 03.705

Verkündet am 18. Januar 2008

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Erteilung einer Baugenehmigung;

hier: Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 23. Januar 2003,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 2. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Scheder, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Kiermeir, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Priegl

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 18. Januar 2008

am 18. Januar 2008

folgendes Urteil:

Tenor:

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beigeladene vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks Fl.Nr. **** der Gemarkung H******** (Baugrundstück), das mit einem zweigeschoßigen Verkaufsgebäude für Geschenke, Freizeitartikel und Aktionsware bebaut ist. Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des in Aufstellung befindlichen Bebauungsplans "W******** B********straße".

Der Stadtrat der Beigeladenen hat die Aufstellung dieses Bebauungsplans am 23. Februar 2005 beschlossen. Er umfasst einen Teilbereich des vom Verwaltungsgerichtshof mit rechtskräftigem Urteil vom 20. Oktober 2004 (Az. 26 N 02.1233) für unwirksam erklärten Bebauungsplans "5. Bebauungsplanänderung H********-S**/H****". Nach dem Planentwurf soll das Baugrundstück nicht mehr zum benachbarten Sondergebiet "Multimedia Center" gehören, sondern einem als Gewerbegebiet auszuweisenden Bereich zugeschlagen werden. Außerdem ist gegenüber dem für unwirksam erklärten Bebauungsplan der Ausschluss von Vergnügungsstätten, eine geringere Geschoßflächenzahl sowie eine Reduzierung auf zwei (von drei) Vollgeschoße vorgesehen.

Ebenfalls am 23. Februar 2005 hat der Stadtrat der Beigeladenen eine Veränderungssperre für das Gebiet des zur Aufstellung beschlossenen Bebauungsplans beschlossen. Den dagegen erhobenen Normenkontrollantrag u.a. der Klägerin hat der Verwaltungsgerichtshof mit Urteil vom 2. Februar 2007 (Az. 2 N 05.1695) abgelehnt; die hierzu erhobene Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision hat das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 29. März 2007 (Az. 4 BN 12.07) zurückgewiesen.

Den Normenkontrollantrag gegen die am 7. Februar 2007 als Satzung beschlossene und im Amtsblatt vom März 2007, S. 5 f. bekannt gemachte Verlängerung (um ein Jahr) der Veränderungssperre hat der Verwaltungsgerichtshof mit Urteil vom heutigen Tag abgelehnt (Az. 2 N 07.566).

Mit Bauantrag vom 15. November 2000 beantragte die Klägerin für das auf dem Baugrundstück stehende Gebäude die Baugenehmigung zur "Nutzungsänderung genehmigter Einzelhandelsflächen: hier untergeordneter Teilausbau von Filmvorführungsräumen im EG". Der Eingabeplan sieht hierzu einen Raum mit 13 Videokabinen und zwei Kleinkinos mit 11 bzw. 9 Sitzplätzen vor.

Über den Bauantrag der Klägerin vom 15. November 2000 wurde nicht entschieden. Die als Untätigkeitsklage erhobene Verpflichtungsklage wies das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 23. Januar 2003 als unbegründet ab, weil das Vorhaben wegen Nichtvereinbarkeit der Nutzung mit dem zum Entscheidungszeitpunkt geltenden Bebauungsplan (5. Bebauungsplanänderung "H********-S**/H****") bauplanungsrechtlich unzulässig sei.

Hiergegen richtet sich die vorliegende mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 12. Januar 2005 (Az. 26 ZB 03.705) zugelassene Berufung. Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des verwaltungsgerichtlichen Urteils vom 23. Januar 2003 den Beklagten zu verpflichten, ihr die beantragte Baugenehmigung zum Einbau von Videokabinen und Kleinkinos in das bestehende Gebäude auf dem Grundstück Fl.Nr. **** der Gemarkung H******** zu erteilen.

Der Beklagte und die Beigeladene beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Sache am 18. Januar 2008 mündlich verhandelt; auf die Niederschrift wird verwiesen.

Im Übrigen wird wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes auf die Gerichtsakten dieses Verfahrens sowie die Gerichtsakten bezüglich der Veränderungssperre vom 23. Februar 2005 (Az. 2 N 05.1695) und ihrer Verlängerung (Az. 2 N 07.566) und die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung bleibt ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Verpflichtungsklage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Der von der Klägerin begehrten Baugenehmigung steht zwingend die am 23. Februar 2005 von der Beigeladenen als Satzung beschlossene und in ihrem Amtsblatt Nr. 3 vom März 2005 (S. 21 f.) bekannt gemachte und mit Satzung vom 7. Februar 2007 (Amtsblatt der Beigeladenen Nr. 3 vom März 2007 S. 5 f.) um ein Jahr verlängerte Veränderungssperre für den Geltungsbereich des in Aufstellung befindlichen Bebauungsplans "W******** *********straße" entgegen.

§ 3 Abs. 1 Nr. 1 der Satzung über die Veränderungssperre bestimmt in Übereinstimmung mit § 14 Abs. 1 Nr. 1 BauGB, dass in dem von der Veränderungssperre betroffenen Gebiet Vorhaben im Sinn des § 29 Abs. 1 BauGB nicht durchgeführt werden dürfen. Bei der hier inmittenstehenden von der Klägerin beabsichtigten teilweisen Nutzungsänderung von Verkaufsflächen in einen Raum mit Videokabinen und zwei Kleinkinos handelt es sich um die Schaffung von Vergnügungsstätten im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO (vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 10. Aufl. 2002, RdNrn. 16 ff. zu § 8, 22 ff. zu § 4a). Mit dieser geänderten Zuordnung nach der Baunutzungsverordnung und der damit verbundenen Änderung der rechtlichen Qualität der bisherigen Nutzung und weiterhin wegen der mit dem Vorhaben möglicherweise verbunden verkehrlichen Implikationen liegt eine bodenrechtlich relevante Nutzungsänderung im Sinn von § 29 Abs. 1 BauGB vor (vgl. Battis/Krautzberger/Löhr BauGB, 10. Aufl. 2007, § 29 RdNr. 20).

Das Vorhaben unterliegt mithin dem Durchführungsverbot des § 3 Abs. 1 Nr. 1 der Veränderungssperre mit der Folge, dass es unzulässig und die begehrte Baugenehmigung zu versagen ist (vgl. Battis/Krautzberger/Löhr, a.a.O., § 14 RdNr. 16).

Die Frage nach der Zulassung einer Ausnahme nach § 14 Abs. 2 BauGB wurde von der Klägerin nicht aufgeworfen und stellt sich auch nicht, weil die Schaffung von Vergnügungsstätten der beabsichtigten Zielsetzung des in Aufstellung befindlichen Bebauungsplans, der eine solche für das Baugrundstück gerade ausschließen will, zuwiderlaufen würde und damit die Tatbestandsvoraussetzungen für die Zulassung einer Ausnahme fehlen (vgl. BVerwG vom 9.2.1989 ZfBR 1989, 171/172; Battis/Krautzberger/Löhr, a.a.O., § 14 RdNr. 19).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen nach § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

Beschluss:

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 30.000,- Euro festgesetzt (§ 52 Abs. 1, § 47 GKG).

Ende der Entscheidung

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