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Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 25.10.2005
Aktenzeichen: 2 N 04.2476 (1)
Rechtsgebiete: VwGO, BauGB, BauNVO


Vorschriften:

VwGO § 47
BauGB § 1 Abs. 3
BauGB § 1 Abs. 7
BauNVO § 1 Abs. 5
BauNVO § 1 Abs. 9
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes

2 N 04.2476

In der Normenkontrollsache

wegen Unwirksamkeit des Bebauungsplans Nr.1.2 a-1;

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 2. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Scheder, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Kiermeir, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Priegl

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 14. Oktober 2005

am 25. Oktober 2005

folgendes Urteil:

Tenor:

I. Die Anträge werden abgelehnt.

II. Die Antragsteller haben die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 4 zu je ein Fünftel zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Antragsteller dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Antragsgegnerin und die Beigeladene zu 4 vor der Vollstreckung Sicherheit leisten.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Antragsteller wenden sich gegen den Bebauungsplan Nr. 1.2 a - 1 "U*****stück" mit integriertem Grünordnungsplan der Antragsgegnerin. Dieser Plan setzt in der Innenstadt von F*********, zwischen der L****straße im Norden, der K******straße im Westen und der S********straße im Süden eine insgesamt ca. 11.586 m² große Fläche als Kerngebiet und eine insgesamt ca. 4.724 m² große Fläche als Wohngebiet fest. Der Plan wurde am 30. März 2004 als Satzung beschlossen und am 19. August 2004 bekannt gemacht; er ersetzt in seinem Geltungsbereich den im Oktober 2001 in Kraft getretenen Bebauungsplan Nr. 1.2 a, der hier u.a. ein Sondergebiet für großflächigen Einzelhandel und eine Fläche für eine zweigeschossige Tiefgarage festsetzte.

Die Antragsteller zu 1 und 2 sind Eigentümer von südlich der L****straße (Nr. 13) und östlich der K******straße (Nr. 7) im Plangebiet gelegenen, jeweils mit Wohnhäusern bebauten Grundstücken. Die Antragsteller zu 3 bis 5 sind Eigentümer von nördlich der L****straße, außerhalb des Plangebiets gelegenen, ebenfalls jeweils mit Wohnhäusern bebauten Grundstücken.

Im Zentrum des Plangebiets liegt das im Norden an die L****straße und im Süden an die S********straße angrenzende Grundstück Fl.Nr. 124, das derzeit als Parkplatz genutzt wird und nach den Festsetzungen des Bebauungsplans als Kerngebiet nahezu vollständig dreigeschossig überbaut werden kann. Der Bebauungsplan setzt hierfür ferner eine Fläche für eine eingeschossige Tiefgarage mit 160 Stellplätzen fest, deren Ein- und Ausfahrt zur L****straße hin angelegt ist, während die im ersten Obergeschoss maximal zulässigen 200 Stellplätze über die S********straße zu erreichen sind. Ziel der Planung ist nach der Begründung des Bebauungsplans die Belebung der Innenstadt durch Ansiedlung u.a. eines großflächigen Einzelhandels und kerngebietstypischer Ergänzungsnutzungen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Planinhalt und die umfangreiche Begründung des Bebauungsplans Bezug genommen.

Die Antragsteller zu 1 und 2 leiten ihre Antragsbefugnis aus unmittelbarer Planbetroffenheit, die Antragsteller zu 3 bis 5 aus einer mit der Realisierung der Planung verbundenen Zunahme des Verkehrs und damit einhergehenden unzumutbaren Immissionsbeeinträchtigungen her. Alle Antragsteller haben im Planaufstellungsverfahren Einwendungen erhoben und bringen nunmehr gegen die Wirksamkeit des Bebauungsplans im wesentlichen folgendes vor:

Die Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung seien fehlerhaft. Die zugelassene Wohnnutzung im Kerngebiet 2 stelle die allgemeine Zweckbestimmung des Kerngebiets in Frage. Die Beschränkung der Verkaufsflächen sei unzulässig, ihre Definition fehlerhaft. Die Festsetzung des Kerngebiets 1 im Bereich des bestehenden Kaufhauses sei nicht erforderlich. Anstelle eines allgemeinen Wohngebiets hätte im Bereich der L****straße/K******straße ein reines Wohngebiet festgesetzt werden müssen.

Das für das Kerngebiet 2 zugelassene Maß der baulichen Nutzung sei viel zu hoch. Die Eigentümer der nördlich der L****straße gelegenen Grundstücke sähen sich einem Bebauungsriegel von ca. 120 m Länge, diejenigen der östlich der K******straße gelegenen Grundstücke einem Bebauungsriegel von ca. 90 m Länge gegenüber. Die erdrückende Wirkung der massiven Bebauung, die noch dazu unter Verkürzung der Abstandsflächen zugelassen werde, sei abwägungsfehlerhaft verkannt worden.

Die künftige Verkehrsentwicklung sei unzureichend ermittelt und abgewogen worden. Dementsprechend leide die Beurteilung der zu erwartenden Lärmbeeinträchtigungen an einem durchgreifenden Mangel. Die vom Betrieb der Tiefgarage ausgehenden Emissionen seien fehlerhaft begutachtet, der notwendige Emissionsschutz nicht ausreichend berücksichtigt worden. Die von der Antragsgegnerin hierzu eingeholten Gutachten seien mangelhaft.

Die Antragsgegnerin ist den Einwendungen im Einzelnen entgegen getreten. Sie weist u.a. darauf hin, dass der Planung umfangreiche vorbereitende Untersuchungen mit detaillierten Bestandsaufnahmen und Analysen vorausgegangen seien; das Aufstellungsverfahren sei unter Einholung mehrerer Sachverständigengutachten mit besonderer Sorgfalt durchgeführt worden. Während des Aufstellungsverfahrens seien Planänderungen zugunsten der Anliegerbelange vorgenommen worden. Einer Reduzierung des Bauvolumens stehe allerdings das ortsplanerische Ziel entgegen, ein attraktives Zentrum zu schaffen, das verschiedenste Nutzungen aufnehmen und zur Belebung der Innenstadt beitragen solle. Insgesamt führe die Planung wegen des Wegfalls des Parkplatzes zu einer Verbesserung der Grundstückssituation der Antragsteller. Ohnehin sei die Schutzwürdigkeit der Antragsteller hinsichtlich des Verkehrslärms, der lediglich kaum wahrnehmbar zunehmen werde, wegen des vorhandenen Parkplatzes erheblich gemindert. Was den Betrieb der Tiefgarage anlange, so habe die Antragsgegnerin weitere Maßnahmen zur Konfliktbewältigung nachfolgenden Baugenehmigungsverfahren überlassen dürfen.

Die Antragsteller beantragen,

den Bebauungsplan der Antragsgegnerin Nr. 1.2 a-1 für das Gebiet "U*****stück" für unwirksam zu erklären.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Die Beigeladene zu 4 beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Die Beigeladenen zu 1 bis 3 und der Vertreter des öffentlichen Interesses stellen keine eigenen Anträge.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift und den Akteninhalt im übrigen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Normenkontrollanträge haben keinen Erfolg.

Ob die für die Durchführung des Normenkontrollverfahrens erforderliche Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO für alle Antragsteller zweifelsfrei zu bejahen ist, kann offen bleiben. Die Antragsteller zu 1 und 2 sind zwar Eigentümer von innerhalb des Plangebiets liegenden Grundstücken; sie sind aber durch die diese Grundstücke betreffenden Festsetzungen des Bebauungsplans wohl nicht beschwert und machen dies auch nicht ausdrücklich geltend. Allerdings können sie sich auf eine mögliche Verletzung des Abwägungsgebots zu ihren Lasten bei den das sog. U*****stück betreffenden Festsetzungen berufen (vgl. BVerwG v. 22.8.2000 NVwZ 2000, 1413). Für den Antragsteller zu 4, dessen Grundstück wie das derjenigen zu 3 und 5 außerhalb des Plangebiets und auch nicht in unmittelbarer Nähe der geplanten Tiefgarage liegt, kommt wegen nur unwesentlicher Auswirkungen der durch den Bebauungsplan ermöglichten Verkehrszunahme eine Beschränkung der Antragsbefugnis in Betracht (vgl. BVerwG v. 21.10.1999 NVwZ 2000, 807). Mit Rücksicht auf die durch die übrigen Antragsteller veranlasste Prüfung in der Sache stellt der Verwaltungsgerichtshof jedoch Bedenken insoweit zurück. Den Antragstellern kann auch das Rechtsschutzinteresse für die Normenkontrollanträge nicht abgesprochen werden. Zwar sind die Festsetzungen des früheren Bebauungsplans Nr. 1.2 a, die Geltung beanspruchten, sollte sich die hier strittige Norm als unwirksam erweisen (vgl. BVerwG v. 10.8.1990 DVBl 1990, 1182), für die Wohnbauflächen weitgehend identisch und würden auf dem östlich angrenzenden sog. U*****stück Bauvorhaben ermöglichen, die keine für die Antragsteller günstigere Grundstückssituation zur Folge hätten. Dennoch wäre die hier begehrte Unwirksamerklärung des Bebauungsplans nicht ohne jeden Nutzen für die Antragsteller (vgl. BVerwG v. 25.5.1993 UPR 1993, 306; v. 8.2.1999 NVwZ 2000, 194). Nicht der für den Antragsteller nachteilige Bebauungsplan selbst, sondern erst seine im Regelfall zu erwartende Verwirklichung begründet nämlich das Rechtsschutzinteresse für die Normenkontrolle (BVerwG v. 23.4.2002 NVwZ 2002, 1126/1127). Weil das Normenkontrollgericht auch dann nicht nutzlos in Anspruch genommen wird, wenn die erstrebte Entscheidung für den Antragsteller lediglich aus tatsächlichen Gründen vorteilhaft ist, kann die unterschiedliche Realisierungsmöglichkeit der beiden Pläne von Bedeutung sein (vgl. BVerwG v. 23.4.2002 a.a.O.). In diesem Sinne ist es nicht völlig von der Hand zu weisen, dass die Antragsteller praktischen Nutzen daraus ziehen können, dass es für eine Realisierung des früheren, ein Sondergebiet festsetzenden Bebauungsplans auf absehbare Zeit an einer entsprechenden Bereitschaft von Investoren fehlt.

Die Normenkontrollanträge bleiben in der Sache allerdings erfolglos.

Zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans führende Verfahrensfehler bei der Aufstellung des Bebauungsplans sind weder geltend gemacht worden noch ersichtlich.

Der Bebauungsplan leidet auch nicht an beachtlichen materiellen Mängeln. Die Erforderlichkeit seiner Aufstellung im Sinn von § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB steht nach der seit Jahren verfolgten städtebaulichen Zielsetzung der Antragsgegnerin, die Innenbereichslage von F********* durch eine möglichst attraktive Bebauung der als Parkplatz genutzten Freifläche zu beleben und aufzuwerten, auch hinsichtlich der Einbeziehung der östlich der K******straße gelegenen Grundstücke in seinen Geltungsbereich außer Frage.

Einen erheblichen Verstoß gegen das Abwägungsgebot nach § 1 Abs. 7 BauGB kann der Verwaltungsgerichtshof nicht feststellen. Nach der seit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. Dezember 1969 (BVerwGE 34, 301/309) ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist das Gebot gerechter Abwägung dann verletzt, wenn eine sachgerechte Abwägung überhaupt nicht stattfindet, wenn in die Abwägung an Belangen nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss oder wenn die Bedeutung der betroffenen Belange verkannt, oder der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten Belange in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Das alles trifft auf die Festsetzungen des angefochtenen Bebauungsplans nicht zu.

Im Hinblick auf die durch den Akteninhalt dokumentierte detaillierte Befassung der Antragsgegnerin mit allen, u.a. von den Antragstellern im Aufstellungsverfahren vorgebrachten Einwendungen (vgl. etwa den Auszug aus der Niederschrift über die 17. Umwelt- u. Planungsausschusssitzung v. 10.3.2004) die keinen Aspekt möglicher Auswirkungen der Planung ausgelassen hat und die im wesentlichen auch Eingang in die Planbegründung gefunden haben, kann ein Abwägungsausfall oder ein Abwägungsdefizit ohne weiteres ausgeschlossen werden. Das gilt auch für die von der Antragsgegnerin ihrer Abwägung zugrunde gelegten Sachverständigengutachten zu den bei Verwirklichung der Planung zu erwartenden Immissionen; die dagegen vorgebrachten Einwendungen greifen nicht durch. Die Antragsgegnerin hat ihrer Ermittlungspflicht nach § 2 Abs. 3, § 214 Abs. 1 Nr. 1 BauGB genügt, indem sie die durch die Einwendungen im Aufstellungsverfahren beeinflussten Planvorgaben von Sachverständigen daraufhin überprüfen ließ, ob der bei Verwirklichung der Planung zu erwartende Kraftfahrzeugverkehr von den vorhandenen Straßen aufgenommen wird und welche Immissionen für die angrenzende Wohnbebauung danach zu erwarten sind. Die Antragsgegnerin hatte keinen Anlass, die nach den Einwendungen im Planaufstellungsverfahren jeweils aktualisierten Aussagen der Gutachter in Zweifel zu ziehen und durfte sie ohne Einholung weiterer Gutachten ihrer Planungsentscheidung zugrunde legen (vgl. BVerwG v. 14.6.2004 BauR 2004, 1907).

Die Grundentscheidung der Antragstellerin, die über 30 Jahre lang gewissermaßen brach liegende Fläche des sog. U*****stücks zu überbauen und kerngebietstypischen Nutzungen zu öffnen (vgl. Nr. 1 der Planbegründung), liegt in ihrem planerischen Ermessen. Der Gesetzgeber ermächtigt sie, die "Städtebaupolitik" zu betreiben, die ihren städtebaulichen Ordnungsvorstellungen entspricht (BVerwG v. 11.5.1999 NVwZ 1999, 1338). Die Antragsgegnerin hat dabei in rechtlich nicht zu beanstandender Weise das Konzept, zur Belebung und Aufwertung des Innenstadtbereichs durch Festsetzung eines Kerngebiets die Errichtung eines großflächigen Einzelhandelsbetriebs unter Einbeziehung des vorhandenen Kaufhauses zu ermöglichen, planerisch weiter entwickelt, ohne dabei die möglichen Nachbarschaftskonflikte aus dem Auge zu verlieren. Dass der mit Wohnhäusern bebaute Bereich zwischen dem sog. U*****stück und der K******straße als besonderes und allgemeines Wohngebiet und nicht als reines Wohngebiet festgesetzt wurde, rechtfertigt sich ohne weiteres aus dem Umfang der in den angrenzenden Straßen bereits vorhandenen gewerblichen Nutzungen und dem dort fließenden Verkehr ebenso, wie aus der gemäß der Plankonzeption beabsichtigten Nutzung des sog. U*****stücks (vgl. etwa BVerwG v. 20.1.1992 NVwZ 1992, 663). Es gibt keinen Anhaltspunkt für die Annahme der Antragsteller, diese Baugebiete seien in erster Linie oder gar ausschließlich festgesetzt worden, um die Schutzwürdigkeit der Nachbarn gegenüber dem geplanten Kerngebiet zu mindern. Abwägungsfehlerfrei durfte die Antragsgegnerin daher auch bei der Würdigung der vorhandenen und planbedingten künftigen Immissionsbelastung von den für die festgesetzten Wohnbaugebiete nach den eingeholten Gutachten heranzuziehenden Richtwerten (vornehmlich nach der TA-Lärm) als Orientierungshilfe ausgehen (vgl. BVerwG v. 27.8.1998 BRS 60 Nr. 83).

Die Festsetzung des MK 2 erweist sich nicht deshalb als abwägungsfehlerhaft, weil der Bebauungsplan hier die bauliche Nutzung sortimentsbezogen in der Verkaufsfläche beschränkt. Der Antragsgegnerin ist es grundsätzlich nicht verwehrt, nach § 1 Abs. 9 BauNVO einzelne Unterarten von Nutzungen mit planerischen Festsetzungen zu erfassen, wenn es sich dabei um bestimmte Anlagentypen handelt (BVerwG v. 8.11.2004 ZfBR 2005, 185). Als ein zur Konkretisierung geeignetes Mittel kommen nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts insoweit auch Sortimentsbeschränkungen in Betracht, sofern die Differenzierung marktüblichen Gepflogenheiten entspricht (BVerwG v. 4.10.2001 BRS 64 Nr. 28). Die in Nr. 2.1 der Bebauungsplanfestsetzungen vorgenommene Differenzierung des sog. Non-Food-Bereichs hält sich nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs somit im Rahmen des nach § 1 Abs. 9 BauNVO Zulässigen (vgl. auch SächsOVG v. 6.6.2001 BRS 64 Nr. 30). Die Annahme der Antragsteller, die Antragsgegnerin habe mit diesen Festsetzungen - entgegen den Anforderungen der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG v. 27.7.1998 BauR 1998, 1197) - keine abstrakte Regelung treffen, sondern konkrete Projekte ermöglichen oder ausschließen wollen, findet in den Planunterlagen keine Stütze. Die besondere städtebauliche Rechtfertigung für die Nutzungsbeschränkungen belegt hinreichend die landesplanerische Stellungnahme der Regierung von O********* vom 8. September 2003, auf die die Planbegründung ausführlich eingeht. Dass damit bereits die Wahrung der allgemeinen Zweckbestimmung des Kerngebiets, wie von § 1 Abs. 5 BauNVO und damit auch von § 1 Abs. 9 BauNVO gefordert, in Frage gestellt wäre, ist nicht zu erkennen.

Die Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung in den Kerngebieten genügen den Anforderungen des § 16 Abs. 3 BauNVO. Die Obergrenzen nach § 17 Abs. 1 BauNVO werden hier nicht überschritten. Die Absicht der Antragsgegnerin, mit einer durchgehenden Bebauung zwischen der L****straße und der S********straße sowohl den Erfordernissen des großflächigen Einzelhandels gerecht zu werden als auch die vorhandene geschlossene Bauweise aufzugreifen, hat als legitimes städtebauliches Ziel abwägungsfehlerfrei Eingang in die Baugrenzenfestsetzungen gefunden (vgl. die Planbegründung zum Maß der baulichen Nutzung). Allein die dadurch ermöglichte Länge der zwischen der L****straße und der S********straße verlaufenden westlichen Außenwand eines künftigen Gebäudekomplexes führt noch nicht zu einer die westlich gelegenen Grundstücke erdrückenden Wirkung. Dem wird durch den im Verlauf des Planaufstellungsverfahrens erzielten Verzicht auf Abstandsflächenverkürzungen sowie durch die Festsetzungen der den vorhandenen Gebäuden angeglichenen Gebäudehöhen und die geschossweise Gliederung der Wand entgegen gewirkt. Die Baulinienfestsetzungen im Bereich der L****- und S********straße ermöglichen den beabsichtigten Eindruck der mit der jeweils gegenüberliegenden Bebauung korrespondierenden Geschlossenheit. Insgesamt liegt es im Rahmen des planerischen Ermessens der Antragsgegnerin, dass sie an dem Konzept einer raumgreifenden Bebauung des sog. U*****stücks trotz der dagegen gerichteten Einwände festhielt. Dass dabei die Belange vor allem der im Westen benachbarten Grundstückseigentümer zugunsten der Interessen möglicher Investoren in erheblicher Weise zu gering veranschlagt worden wären, kann der Verwaltungsgerichtshof nicht feststellen. Die jahrzehntelange Nutzung des sog. U*****stücks als Parkplatz begründet für die Anlieger kein schutzwürdiges Vertrauen darauf, dass das Grundstück auch weiterhin von Bebauung freigehalten werden würde. Wie die Planbegründung darlegt, betreibt die Antragsgegnerin seit 1968 eine auf die Bebauung des Grundstücks gerichtete Planung, nicht zuletzt auch zur Reduzierung der auf die Parkplatznutzung zurückzuführenden Immissionen, die in erster Linie den Eigentümern der dem sog. U*****stück westlich benachbarten Grundstücke zugute kommt. Schließlich ist die Geschlossenheit der auf dem sog. U*****stück nach dem Willen der Antragsgegnerin zugelassenen Bebauung keine die Nachbarschaft erstmals berührende Festsetzung. Der Vorgängerbebauungsplan Nr. 2.1.a, der einer prinzipalen Normenkontrolle wegen Ablaufs der Zwei-Jahresfrist nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht mehr zugänglich ist, ermöglichte bereits die Errichtung eines Baukörpers, der in seinen Ausmaßen denjenigen in nichts nachsteht, die der hier strittige Bebauungsplan zulässt. Insoweit ist es rechtlich nicht zu beanstanden, wenn die Antragsgegnerin bei der vorgenommenen Abwägung davon ausging, dass die aktuellen Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung des Kerngebiets im Vergleich zu den früheren des Sondergebiets für die Nachbarschaft jedenfalls keine Verschlechterung bedeuteten.

Die Festsetzungen des Bebauungsplans genügen dem Gebot gerechter Abwägung auch im Hinblick auf die bei Realisierung des Plans zu erwartenden Immissionen. Als Entscheidungsgrundlagen standen der Antragsgegnerin hierfür zuletzt die schalltechnische Verträglichkeitsuntersuchung des Ingenieurbüros ****** vom 19. Februar 2004, die Erläuterungen und Ergänzungen zu den Verkehrsgutachten vom August 1998 und Dezember 2002 des Büros ********* v. 8. Januar 2004, sowie die Ermittlung und Beurteilung der durch anliegerbezogenen Fahrverkehr zu erwartenden Lichtimmissionen der ********** GmbH vom 12. Februar 2004 zur Verfügung. Nach letzterem Gutachten lässt die Benutzung der Kfz-Garagen - bei senkrecht zu den Erschließungsstraßen angeordneten linearen Rampen - zwar eine erhebliche Lichtbelästigung der jeweils gegenüber liegenden Grundstücksnachbarn befürchten. Diesen Befürchtungen konnte die Antragsgegnerin indessen abwägungsfehlerfrei durch die als Hinweis (Nr. 20) in den Bebauungsplan aufgenommenen Anforderungen an die Rampengestaltung begegnen. Die in der Planbegründung hierzu dargelegten Erwägungen lassen sich auf den Grundsatz der planerischen Zurückhaltung stützen (vgl. BVerwG v. 18.9.2003 ZfBR 2004, 167/168) und halten auch insoweit einer rechtlichen Überprüfung stand, als die Antragsgegnerin selbst für den Fall nicht vollkommen vermeidbarer Blendwirkungen die Stellplätze in der vorgesehenen Art und Zahl für städtebaulich erforderlich hält.

Die o.g. Gutachten zur Verkehrsentwicklung und Lärmbeeinträchtigungen boten der Antragsgegnerin einen zuverlässigen Grund für die Annahme, bei Verwirklichung des Bebauungsplans werde der Verkehr ohne erhebliche Auswirkungen auf die Sicherheit und Leichtigkeit abgewickelt werden können und es werde auch nicht zu unzumutbaren Lärmbeeinträchtigungen der Nachbarschaft kommen müssen. Dass die Prognose für die planungsbedingte Verkehrsentwicklung (2010) ungenügend sei, lässt sich schon wegen der - notwendigerweise - an die geplante Stellplatzzahl und -lage anknüpfenden Beurteilung nicht vertreten. Auch bei der Bewertung der durch ihre Planung ermöglichten, auf die Nachbarschaft einwirkenden Geräusche ist der Antragsgegnerin kein zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans führender Abwägungsfehler unterlaufen. Aufgrund der im einzelnen begründeten und nachvollziehbaren Kernaussage des Ingenieurbüros ******, die sich auch zu den im Aufstellungsverfahren vorgebrachten Einwendungen verhält, durfte die Antragsgegnerin davon ausgehen, dass die Schallschutzproblematik insgesamt und prinzipiell lösbar sein werde. Dabei ist die für die angrenzenden Straßen bei Planverwirklichung zu erwartende Zunahme der Geräuschbelastung so gering, dass sie - für sich betrachtet - als jenseits der Abwägungserheblichkeit liegend angesehen werden kann. Mit dem Ergebnis, dass hier keine zusätzlichen Schallschutzmaßnahmen notwendig seien, hat sich die Antragsgegnerin indessen auch mit diesem Aspekt hinreichend befasst. Im Hinblick auf die Nutzungskonflikte, die sich aus der Zulassung der ca. 360 Stellplätze ergeben können, bietet der Bebauungsplan schließlich hinreichend Lösungsansätze, die eine nachbarschaftsverträgliche Planverwirklichung befördern. Die Antragsgegnerin hat die in den Lärmschutzgutachten hierzu aufgezeigten Maßnahmen, soweit sie generell-normativ umsetzbar schienen, als Festsetzungen (vgl. Nr. 8 der Festsetzungen), im übrigen als Hinweise (vgl. Nr. 17 der Hinweise) in den Bebauungsplan übernommen. Aus der Planbegründung (vgl. Nr. 7.1) ergibt sich hierzu mit hinlänglicher Deutlichkeit, dass die Antragsgegnerin zum Schutz der Wohnnutzungen vor allem zur Nachtzeit nicht unerhebliche Beschränkungen der Stellplatznutzung vorgesehen und insoweit auch die für die Planverwirklichung erforderlichen Vorgaben bestimmt hat. Der Bebauungsplan bietet danach keine Handhabe zur Errichtung und Nutzung von Vorhaben, die nicht die gebotene Rücksicht auf die angrenzenden Wohnnutzungen zu nehmen hätten.

Dass der Bebauungsplan aus anderen, von den Antragstellern nicht ausdrücklich gerügten Gründen an zu seiner Unwirksamkeit führenden Mängeln leiden könnte, ist nicht zu erkennen. Die Antragsgegnerin hat keinen im Planaufstellungsverfahren vorgebrachten Einwand unberücksichtigt gelassen (vgl. die Niederschrift über die Sitzung vom 10. März 2004) und ist mit jeweils jedenfalls vertretbar erscheinender Begründung zu einer Entscheidung gelangt. Das ist angesichts der Notwendigkeit, bei einer Kollision verschiedener abwägungsrelevanter Belange den einen zu bevorzugen und damit den anderen zurückzustellen, nicht zu beanstanden (vgl. BVerwG v. 5.7.1974 BVerwGE 45, 309/315).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3, § 159 Satz 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen nach § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf insgesamt 100.000 € festgesetzt (§ 52 Abs. 1 und 7 GKG).

Ende der Entscheidung

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