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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 03.12.2008
Aktenzeichen: 21 ZB 06.944
Rechtsgebiete: VwGO, KO, InsO


Vorschriften:

VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 5
VwGO § 124 a Abs. 4 Satz 4
KO § 1
InsO § 35
InsO § 80
InsO § 166
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

21 ZB 06.944

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Notarversorgung;

hier: Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 6. März 2006,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 21. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Polloczek, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Abel, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Heinl

ohne mündliche Verhandlung am 3. Dezember 2008

folgenden Beschluss:

Tenor:

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Antragsverfahrens.

III. Der Streitwert wird auf 50.000,-- Euro festgesetzt.

Gründe:

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

Der von der Klägerin unter mehreren Gesichtspunkten geltend gemachte Verfahrensmangel der Verletzung des rechtlichen Gehörs (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) wurde nicht im Sinne von § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO hinreichend dargelegt bzw. liegt nicht vor. Nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO ist die Berufung nur zuzulassen, wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Der Grundsatz der Gewährung des rechtlichen Gehörs verschafft den Verfahrensbeteiligten das Recht, sich zu allen entscheidungserheblichen Tatsachen, zum Vortrag der übrigen Beteiligten sowie zu den wesentlichen, entscheidungserheblichen Rechtsfragen sachgemäß, zweckentsprechend und erschöpfend zu erklären sowie Anträge zu stellen (Art. 103 Abs. 1 GG, § 86 Abs. 2 und 3, § 108 Abs. 2 VwGO; BVerfGE 53, 109; Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl. 2007, RdNr. 19 c zu § 108 m.w.N.), und verpflichtet das Gericht darüber hinaus, das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in seine Erwägungen einzubeziehen (BVerfGE 60, 1; 86, 133; 107, 395), soweit es nach den Prozessvorschriften nicht ausnahmsweise unberücksichtigt bleiben kann oder muss. Damit stellt das rechtliche Gehör ein prozessuales Grundrecht und ein rechtsstaatlich konstitutives Verfassungsprinzip dar, das mit der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG in funktionalem Zusammenhang steht. Im Regelfall ist davon auszugehen, dass die Gerichte das Parteivorbringen zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen haben. Deshalb müssen im Einzelfall besondere Umstände deutlich machen, dass tatsächliches Vorbringen entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder aber bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist (BVerwG vom 16.7.1997 NVwZ 1998 Beilage Nr. 1 S. 2).

Die Klägerin stützt die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs u.a. darauf, dass die angegriffene Entscheidung "unter klar ersichtlicher Verwendung des Schreibens des Insolvenzverwalters vom 6. März 2006" ergangen sei. Dieses Schreiben habe sich am Tage der mündlichen Verhandlung, dem 6. März 2006, nicht bei den Gerichtsakten befunden und sei erst durch gerichtliche Zuleitung vom 27. März 2006 ihrem Empfangsbevollmächtigten am 29. März 2006 zugestellt worden.

Nach dem Verlauf des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens hatte das Gericht eine Stellungnahme des Insolvenzverwalters zur Frage eingeholt, ob die Klägerin zur Prozessführung ermächtigt war bzw. ob die Prozessführung genehmigt wurde. Dabei wies das Gericht in den Ausführungen an den Insolvenzverwalter u.a. darauf hin, die Klägerin begehre die Feststellung, dass der pfändbare Teil des Ruhegehaltanspruchs ihres Mannes nicht zur Insolvenzmasse gehöre und ihr zustehe; ferner wende sie sich gegen die festgesetzte Höhe des Ruhegehalts. Damit ging es dem Gericht ersichtlich um Klärung der Frage, ob der Klägerin die für die Klage erforderliche Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO für die Anfechtungs- und Verpflichtungsklage) sowie die aktive Prozessführungsbefugnis zusteht, d.h., ob die Klägerin prozessrechtlich zur Geltendmachung eines eigenen Rechts oder zur sonstigen Initiierung und Führung des gerichtlichen Verfahrens befugt war.

Für die Feststellung der Prozessvoraussetzungen und der Prozesshandlungsvoraussetzungen gelten, soweit durch das Gesetz nichts anderes vorgeschrieben ist, die allgemeinen Grundsätze über die Ermittlungspflicht des Gerichts und die Beweiswürdigung bzw. die materielle Beweislast (vgl. Kopp/Schenke, a.a.O., Vorbemerkung 16 zu § 40 ). Das Gericht hat den Sachverhalt sonach von Amts wegen zu erforschen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen (§ 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO; BVerwG vom 7.11.1986 Az. 5 B 58/86 u.a. <juris>). Die Verfahrenbeteiligten haben allgemein nach Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO Anspruch darauf, sich zu allen wesentlichen Fragen zu äußern; mittelbar ergibt sich aus § 86 Abs. 3, § 104 Abs. 1, § 173 VwGO i.V.m. § 278 Abs. 2 ZPO das Verbot, eine Entscheidung auf Gründe zu stützen, die weder im Verwaltungsverfahren noch im Prozess erörtert wurden und mit deren Erheblichkeit für die Entscheidung nach dem bisherigen Prozessverlauf auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nicht rechnen musste (Verbot von Überraschungsentscheidungen; vgl. Kopp/Schenke a.a.O., RdNr. 22 zu § 86). § 108 Abs. 2 VwGO begründet jedoch im Besonderen kein Recht auf Gehör zu allen Fragen, die ein Beteiligter für entscheidungserheblich hält, verbietet jedoch die Verwertung von Tatsachen und Beweisergebnissen im Urteil, die nicht Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren. Das rechtliche Gehör wird daher verletzt, wenn das Gericht eigene (in anderen Verfahren) erworbene Tatsachenkenntnisse oder Gutachten, die den Beteiligten nicht bekannt sind, verwendet, ohne die Beteiligten von seiner entsprechenden Absicht und vom Inhalt seiner Erkenntnisquellen zu informieren und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben (vgl. Kopp/Schenke, a.a.O., RdNrn. 20, 21 zu § 108).

Im Antragsverfahren kann nicht nachträglich geklärt werden, ob die Stellungnahme des Bevollmächtigten des Insolvenzverwalters vom 6. März 2006 bei Eröffnung der mündlichen Verhandlung bereits dem Verwaltungsgericht vorgelegen hat oder aus welchen Gründen sie den Richtern bis zum Ende der mündlichen Verhandlung am selben Tag nicht zugänglich gemacht wurde bzw. bekannt geworden ist. Aus der Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 6. März 2006 geht lediglich hervor, dass der Bevollmächtigte der Klägerin einen bereits vorab per Telefax übermittelten Schriftsatz vom 3. März 2006 im Original überreichte, wovon zwei Ausfertigungen an den Beklagtenvertreter übergeben wurden. Anhaltspunkte dafür, dass noch andere Schreiben in das Verfahren eingeführt wurden, ergeben sich aus der Niederschrift nicht. In der Gerichtsakte befindet sich nur eine Ablichtung des Schreibens des Insolvenzverwalters vom 6. März 2006 ohne Eingangsstempel oder Übertragungsvermerk für eine Fax- oder E-Mail-Zuleitung; auf der Rückseite des Schriftstücks sind die handschriftliche Verfügung der Zustellung an die Bevollmächtigten beider Beteiligten, datiert am 6. März 2006, und der Erledigungsvermerk vom 27. März 2006 angebracht. Das alles lässt darauf schließen, dass der Inhalt der Stellungnahme des Insolvenzverwalters vom 6. März 2006 nicht in der mündlichen Verhandlung erörtert wurde.

Der Senat lässt hier offen, ob die Klägerin das Rügerecht bezüglich des geltend gemachten Verfahrensverstoßes gemäß § 173 VwGO i.V.m. §§ 295, 512 ZPO verloren hat und sich daher nicht mehr auf diesen Verfahrensmangel berufen kann (vgl. Kopp/Schenke, a.a.O., RdNr. 13 zu § 124 a, RdNr. 24 zu § 132 m.w.N.). Denn sie hat nach Zuleitung des Schreibens vom 6. März 2006 mit Schriftsatz vom 30. März 2006 dem Gericht mitgeteilt, der Inhalt (des Schreibens vom 6.3.2006) sei nicht entscheidungserheblich. Nach der Umwandlung der Sicherungsabtretung in eine Vollrechtsabtretung im Jahre 1999 sei sie Inhaberin der ihr zustehenden Versorgungsbezüge geworden und es komme nicht darauf an, ob der Insolvenzverwalter sie zur Prozessführung ermächtigt oder die Prozessführung genehmigt habe. Selbst dann aber, wenn der der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegende Verfahrensmangel noch gerügt werden könnte, würde die angegriffene Entscheidung nicht hierauf beruhen (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO - am Ende -).

Ausweislich der Entscheidungsgründe hat das Verwaltungsgericht das Fehlen der Prozessführungsbefugnis der Klägerin verneint, weil die geltend gemachten Ruhegehaltsansprüche, auch sofern sie wirksam an die Klägerin abgetreten wurden, zur Insolvenzmasse gehören und von der Beschlagnahmewirkung erfasst werden (§ 80 Abs. 1 InsO). Diese Auffassung begründet das Verwaltungsgericht mit dem Hinweis auf die rechtliche Beurteilung in einem früheren Verfahren mit dem Az. M 3 K 02.3999, bestätigt durch den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 25. Oktober 2005 (Az. 9 ZB 04.371). Dass es sich hierbei aus der Sicht des Verwaltungsgerichts um einen die Entscheidung bereits tragenden, zentralen Aspekt handelt, wird indiziell an Hand des Inhalts des Schreibens der Klägerin vom 18. März 2006 an das Verwaltungsgericht erkennbar. Dort führt sie aus, das Verwaltungsgericht habe in der Verhandlung der Auffassung zugeneigt, dass hinsichtlich der Prozessführungsbefugnis bereits im Verfahren M 3 K 02.3999 entschieden worden sei; dieses Urteil sei vom VGH bestätigt worden. Das Vorbringen der Klägerin deutet darauf hin, dass das Gericht ihr im Rahmen der Gewährung des rechtlichen Gehörs in der mündlichen Verhandlung durchaus Gelegenheit gegeben hat, sich zur Frage der Prozessführungsbefugnis grundlegend zu äußern.

In den Entscheidungsgründen hat das Verwaltungsgericht sodann den Vortrag der Klägerin rechtlich gewürdigt, wonach ihr Ehemann den pfändbaren Teil seiner künftigen Ruhegehaltsansprüche mit Abtretungsvertrag vom 28. November 1994 zur Sicherung künftiger Unterhaltsansprüche an sie abgetreten habe; diese Abtretung sei mit Abtretungserklärung vom 20. August 1998 unter notarieller Beglaubigung der Unterschrift des Ehemanns bestätigt und wiederholt worden. Das Verwaltungsgericht ist zur Feststellung gelangt, dass die Frage der Wirksamkeit und einer etwaigen insolvenzrechtlichen Anfechtbarkeit dieser Abtretung im Verfahren offen bleiben könne. Auch im Falle der Unterstellung der rechtlichen Wirksamkeit und der insolvenzrechtlichen Unanfechtbarkeit dieser Abtretung fielen die abgetretenen Ruhegehaltsansprüche in die Insolvenzmasse. Das habe nach Auffassung des Verwaltungsgerichts zur Folge, dass ausschließlich der Insolvenzverwalter gemäß § 166 Abs. 2 Satz 1 InsO zu deren Einziehung ermächtigt sei. Ein Vollrechtserwerb an den künftigen Ruhegehaltsansprüchen durch die Klägerin sei weder schlüssig dargelegt noch glaubwürdig. Die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, dass die Abtretungen zur Sicherung künftiger Unterhaltsansprüche erfolgt seien, werde vom Oberlandesgericht München (Beschluss vom 27.7.2005 Az. VA - Not. 2/02) geteilt. Aufgrund dieser Erwägungen verneinte das Verwaltungsgericht gleichermaßen die Prozessführungsbefugnis der Klägerin. Auch diese Ausführungen lassen nicht erkennen, dass der Verfahrensmangel des Gehörverstoßes vorliegt. Maßgebend ist der rechtliche Standpunkt, den das Verwaltungsgericht bei Beurteilung des Vorliegens der Sachurteilsvoraussetzungen - hier Klagebefugnis und Prozessführungsbefugnis - von Amts wegen einnimmt. Der Abtretungsvertrag vom 28. November 1994 und die Abtretungserklärung vom 20. August 1998 fallen in einen Zeitraum unter Geltung von § 1 KO (in der Fassung vom 1.1.1964 bzw. vom 17.12.1997). Danach umfasst das Konkursverfahren das gesamte, einer Zwangsvollstreckung unterliegende Vermögen des Gemeinschuldners, welches ihm zur Zeit der Eröffnung des Konkursverfahrens gehört (Konkursmasse). Trat ein Versorgungsfall erst nach Konkurseröffnung ein, so gehörte ein (betriebliches) Ruhegeld bei Konkurs des Berechtigten grundsätzlich nicht zur Konkursmasse (vgl. zum konkursfreien Neuerwerb bei Ruhegeldansprüchen z.B. BGH vom 24.11.1988 NJW-RR 1989, 286). Der Zweck der Regelung in § 1 KO ging dahin, dem Gemeinschuldner nach Konkurseröffnung einen konkursfreien Neuerwerb zu ermöglichen. Eine bei Konkurseröffnung lediglich bestehende Ruhegeldanwartschaft führte dazu, dass die sich daraus nach dem späteren Eintritt des Versorgungsfalls ergebenden Ruhegeldansprüche insgesamt als konkursfreier Neuerwerb anzusehen waren (BGH a.a.O.). Demgegenüber erfasst das Insolvenzverfahren nach § 35 InsO (hier in der ab 1.1.1999 geltenden und späteren Fassung) das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt (Insolvenzmasse). Nach § 80 Abs. 1 InsO verliert der Schuldner mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens automatisch die Befugnis, sein zur Insolvenzmasse gehörendes Vermögen zu verwalten und über dasselbe zu verfügen. Gleichzeitig geht das Verwaltungs- und Verfügungsrecht auf den Insolvenzverwalter über. Mit dem Verwaltungs- und Verfügungsrecht erhält der Insolvenzverwalter die Befugnis, die Insolvenzmasse betreffende Prozesse zu führen. Im Prozess hat der Insolvenzverwalter Kraft gesetzlicher Prozessstandschaft die uneingeschränkte Prozessführungsbefugnis unter Ausschluss des Schuldners, der nicht (mehr) prozessführungsbefugt ist (vgl. z.B. BFH vom 26.7.2004 Az. X R30/04 <juris> m.w.N.). Nachdem die Klägerin keinen Nachweis über eine ihr zustehende, vom Insolvenzverwalter abgeleitete Prozessführungsbefugnis erbracht hatte, diente die entsprechende Anfrage des Gerichts der Aufklärung, ob die Prozessvoraussetzungen - sämtlich -, d.h. auch hinsichtlich der Prozessführungsbefugnis und der Klagebefugnis, erfüllt sind. Auch einen gerichtlich überprüfbaren Nachweis, dass sie durch Abtretung Inhaberin des Vollrechts in Form des pfändbaren Teils des Ruhegeldanspruchs geworden ist, hat die Klägerin weder im verwaltungsgerichtlichen Verfahren noch hier im Antragsverfahren vorgelegt. Die vom Verwaltungsgericht in Bezug genommene Entscheidung des Oberlandesgerichts München vom 27. Juli 2005 wurde zwischenzeitlich vom Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 24. Juli 2006 (FamRZ 2006, 1439) bestätigt. Der Bundesgerichtshof führt darin aus, dass der Senat sich aufgrund eigener Würdigung der vorgelegten Urkunden und des Vorbringens des Antragstellers nicht davon habe überzeugen können, dass der Antragsteller (gemeint ist hier der Ehemann der Klägerin, Dr. R.R.) seinen Anspruch auf den Unterhaltsbeitrag uneingeschränkt auf die Antragstellerin (hier die Klägerin) übertragen hat; vielmehr sei von einer bloßen Sicherungsabtretung auszugehen. Nur am Rande sei erwähnt, dass das Oberlandesgericht München in einem anderen Verfahren im Urteil vom 23. April 2008 (Az. 15 U 2983/07 <juris>) sogar zur Auffassung gelangt ist, aus den Umständen der Übertragungen lasse sich zu Recht auf Kenntnis der Ehefrau im Sinne von § 133 Abs. 1 InsO schließen. Auch juristischen Laien sei bekannt, dass die Übertragung des Vermögens auf die Ehefrau eines der klassischen Mittel darstelle, um es dem Zugriff seiner Gläubiger zu entziehen. Die Ausführungen des Verwaltungsgerichts in der angegriffenen Entscheidung bezüglich des Vollrechtserwerbs durch die Klägerin an den künftigen Ruhegeldansprüchen begegnen insgesamt keinen Bedenken, denn die Klägerin kann schon mangels Mitgliedschaft in der Notarkasse unmittelbar keine Ansprüche auf Ruhegehalt oder anteiliges Ruhegehalt aus eigenem Recht gegenüber der Beklagten geltend machen, sondern allenfalls Ansprüche aus abgeleitendem Recht, soweit diese nicht ohnehin schon zur Insolvenzmasse gehören.

In den Entscheidungsgründen (UA S. 11) führt das Verwaltungsgericht sodann aus, der Insolvenzverwalter habe im Schreiben vom 6. März 2006 "noch einmal" die Angaben aus dem Schreiben seines Kollegen vom 2. März 2006 "bestätigt", dass er die Klägerin weder zur Prozessführung ermächtigt noch die Prozessführung genehmigt habe. Das Schreiben vom 2. März 2006 ist von Rechtsanwalt R. als Bevollmächtigter des Insolvenzverwalters unterzeichnet und ging per Faxübermittlung am selben Tag beim Verwaltungsgericht ein; entsprechend der Verfügung des Berichterstatters wurde es noch am Nachmittag desselben Tages an die Faxadressen der bevollmächtigten Rechtsanwälte der Klägerin und der Beklagten übermittelt. In diesem Schreiben teilte Rechtsanwalt R. mit, Herr Dr. B. habe als Insolvenzverwalter über das Vermögen des Herrn Dr. R.R. (Ehemann der Klägerin) die Klägerin weder zur Prozessführung ermächtigt noch deren Prozessführung genehmigt. Selbstverständlich seien die streitgegenständlichen Ruhegehaltsansprüche nicht aus der Insolvenzmasse freigegeben worden. Dass die Klägerin vom Inhalt dieses Schreibens keine Kenntnis nehmen konnte, macht sie selbst nicht geltend. Im Hinblick auf den Zugang des Schreibens des Bevollmächtigten des Insolvenzverwalters vom 2. März 2006 bestand für die Klägerin bzw. ihren Bevollmächtigten zwar nur wenig, aber doch ausreichende Zeit, um sich für eine Stellungnahme oder Äußerung zur Bedeutung des Insolvenzverfahrens für die Klage- und Prozessführungsbefugnis vorzubereiten und sich hierzu in der mündlichen Verhandlung am 6. März 2006 zu äußern. Die Wortwahl - der Insolvenzverwalter habe die Angaben seines Kollegens "bestätigt" - legt nahe, dass das Verwaltungsgericht dem Inhalt des Schreibens des Insolvenzverwalters vom 6. März 2006 keine eigenständige, entscheidungserhebliche Bedeutung und damit auch keinen besonderen Erkenntniswert beigemessen hat. Das rechtfertigt die Annahme, dass die der Klägerin nicht in der mündlichen Verhandlung eröffnete Möglichkeit, zum Schreiben vom 6. März 2003 Stellung zu nehmen, zu keinem Verfahrensmangel geführt hat bzw. das Urteil nicht auf einem etwaigen Verfahrensfehler beruht.

Die Klägerin rügt ferner die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, weil ihr Vortrag und die Beweisanträge vom 30. März 2006 nicht berücksichtigt worden seien. Das Gericht habe beschlossen, die Urteilsverkündung durch Zustellung gemäß § 116 Abs. 2 VwGO zu ersetzen, so dass es sich ab dem 6. März 2006 um ein nunmehr schriftlich geführtes Verfahren gehandelt habe. In schriftlichen Verfahren sei das Vorbringen der Beteiligten bis zur Hinausgabe der Entscheidung durch die Geschäftsstelle zu berücksichtigen. Das am 31. März 2006 ausgefertigte Urteil gelte daher erst mit der Zustellung an einen der Hauptbeteiligten am 3. April 2006 als erlassen; folglich hätten Vortrag und Beweisantrag der Klägerin (im Schreiben vom 30.3.2006) unschwer berücksichtigt werden können.

Mit diesem Vorbringen wird ein Verfahrensfehler nicht aufgezeigt. Auch wenn das Gericht aufgrund mündlicher Verhandlung (§ 101 Abs. 1 VwGO) entscheidet, kann es nach seinem Ermessen das Urteil statt durch Verkündung durch Zustellung erlassen (§ 116 Abs. 2 VwGO). Wird eine Entscheidung nach § 116 Abs. 2 VwGO zugestellt, so ist auch für diesen Fall § 117 Abs. 4 Satz 2 VwGO entsprechend anwendbar mit der Folge, dass die Bindungswirkung des Urteils die Übergabe einer von allen an der Beschlussfassung mitwirkenden Richtern unterzeichneten Entscheidungsformel an die Geschäftsstelle voraussetzt (vgl. z.B. BVerwGE 38, 220). Die Verpflichtung des Gerichts, ein aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergehendes Urteil innerhalb von zwei Wochen nach dieser zu fällen, soll gerade den notwendigen und engen Zusammenhang zwischen der mündlichen Verhandlung und dem Urteil sicherstellen (vgl. BVerwGE 106, 366 f). Das ergibt sich unmittelbar aus § 101 Abs. 1 VwGO, wonach im Verfahren mit mündlicher Verhandlung das Gericht "aufgrund mündlicher Verhandlung" entscheidet. Mit der Frist des § 116 Abs. 2 VwGO ist gewährleistet, dass das Urteil tatsächlich aufgrund des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung ergeht und der Entscheidung diejenige Überzeugung zu Grunde liegt, die sich die Richter gerade aufgrund der mündlichen Verhandlung als eines besonders gewichtigen Teils des Gesamtergebnisses des Verfahrens (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) gebildet haben (vgl. BVerwGE 106, 366; BVerwG vom 7.7.1998 Az. 9 B 931/97 <juris>). Der Beschluss des Gerichts, die Entscheidung anstatt der Verkündung bei der Geschäftstelle niederzulegen, bedeutet jedoch nicht zugleich den Übergang in das schriftliche Verfahren. Ein Fall des § 101 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 116 Abs. 3 VwGO - d.h. Entscheidung des Gerichts ohne mündliche Verhandlung mit ausdrücklichem Einverständnis der Beteiligten - liegt hier gerade nicht vor; entgegen der Auffassung der Klägerin bedeutet die einseitig vom Gericht getroffene Ermessensentscheidung nach § 116 Abs. 2 VwGO nicht, dass nachgereichtes schriftliches Vorbringen zu berücksichtigen ist. Insoweit ermangelt es bereits des notwendigen Einverständnisses der übrigen Verfahrensbeteiligten zum Übergang in das schriftliche Verfahren. Im Hinblick auf nachgereichte Schriftsätze kommt allenfalls eine im Ermessen des Gerichts stehende Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung in Betracht. Hierzu hat das Verwaltungsgericht in der angegriffenen Entscheidung ausgeführt, eine in seinem Ermessen stehende Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung sei nicht geboten gewesen, weil weder Umstände vorgetragen worden seien, aus denen sich ergebe, dass das Gericht entscheidungserhebliches Vorbringen bei seiner Entscheidung übergangen habe noch die Beweisanträge entscheidungsserheblich gewesen seien. Nur ein in der mündlichen Verhandlung unbedingt, also nicht nur "hilfsweise" oder "vorsorglich" gestellter Beweisantrag löst im Übrigen die Pflicht zur Bescheidung durch einen zu begründenden Gerichtsbeschluss nach § 86 Abs. 2 VwGO aus. Auf die im Schreiben vom 18. März 2008 nur "hilfsweise" gestellten Beweisanträge kam es letztlich auch deshalb nicht an, weil, wie das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat, die Klage wegen des Fehlens der aktiven Prozessführungsbefugnis der Klägerin als unzulässig abgewiesen wurde und eine sachliche Prüfung der von der Klägerin ins Feld geführten Umstände daher schon nicht mehr geboten war. Damit hätten, wie das Verwaltungsgericht gleichfalls angenommen hat, die Beweisanträge in zulässiger Weise auch wegen fehlender Entscheidungserheblichkeit abgelehnt werden können. Sie stellen damit keinen Grund für die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung dar. Der im Schreiben vom 30. März 2008 - gleichfalls nach Beendigung der mündlichen Verhandlung - gestellte Beweisantrag den Ehemann der Klägerin zu vernehmen, betrifft allein die dem Gericht vorbehaltene rechtliche Würdigung der Wirkung der Abtretung pfändbarer Ruhegehaltansprüche vor oder nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens. In Bezug auf Rechtsfragen bedurfte es daher keiner Anhörung des Ehemanns der Klägerin als Zeuge.

Die Klägerin trägt nicht zuletzt vor, die Annahme, es liege nur eine Sicherungsabtretung vor, beruhe auf einer unzulässigen und nicht nachvollziehbaren Beweiswürdigung und unterlassener Sachaufklärung des Gerichts. Die mit dem Zulassungsantrag geltend gemachten Verstöße gegen die Pflicht des Verwaltungsgerichts zur Sachaufklärung (§ 86 Abs. 1 VwGO) liegen nicht vor. Der Anspruch auf rechtliches Gehör bezieht sich nur auf entscheidungserhebliches Vorbringen; er verpflichtet das Gericht nicht, Beweisanträgen nachzugehen, auf die es unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ankommt. Maßgeblich für die Beurteilung der Entscheidungserheblichkeit ist dabei allein die sachlich-rechtliche Auffassung des Verwaltungsgerichts. Der Vorwurf eines fehlerhaften Verfahrens ist nur gerechtfertigt, wenn das Gericht nicht so verfahren ist, wie es bei Zugrundelegung seiner eigenen sachlich-rechtlichen Auffassung geboten war (vgl. insoweit BVerwG Beschluss vom 18.6.1996 Buchholz 310 § 130 a VwGO Nr. 16, st.Rspr.). Das Verwaltungsgericht hat die Auffassung vertreten, dass pfändbare Ruhegehaltsansprüche zur Insolvenzmasse gehören und der Verfügungsbefugnis des Schuldners grundsätzlich entzogen sind. Das Verwaltungsgericht hat sodann erörtert, dass auch zur Sicherheit abgetretene Forderungen zur Insolvenzmasse gehören (§ 166 Abs. 2 Satz 1 InsO), und ist auf den Abtretungsvertrag vom 28. November 1994 und die Abtretungserklärung vom 20. August 1998 eingegangen. Aus dem Gesamtzusammenhang der Ausführungen ergibt sich unzweifelhaft, das selbst bei unterstellter "insolvenzrechtlicher Unanfechtbarkeit der Abtretung" die abgetretenen Ruhegehaltsansprüche zur Insolvenzmasse gehören, und die Ausführungen des Bevollmächtigten der Klägerin nicht erkennen lassen, weshalb das Gericht zu einer anderen rechtlichen Beurteilung zur Frage der Ruhegehaltsansprüche während der Insolvenz und deren Zugehörigkeit zur Insolvenzmasse kommen sollte. Von einem Vollrechtserwerb an den künftigen Ruhegehaltsansprüchen durch die Klägerin könne mangels schlüssiger Darlegung nicht ausgegangen werden. Darlegungen die geeignet sein könnten, diese Annahme zu erschüttern, enthält der Zulassungsantrag nicht. Nur am Rande sei, wie bereits ausgeführt, erwähnt, dass auch das Oberlandesgericht München in seiner Entscheidung vom 27. Juli 2005 (a.a.O.) zur Überzeugung gelangt ist, es liege lediglich eine Sicherungsabtretung vor.

Andere Zulassungsgründe sind weder dargelegt noch an Hand des Vorbringens der Klägerin erkennbar geworden.

Nach alledem war der Antrag auf Zulassung der Berufung abzulehnen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Entscheidung über den Streitwert folgt aus § 72 GKG n.F., § 13 Abs. 1 Satz 1, § 14, § 17 Abs. 3 GKG.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124 Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Ende der Entscheidung

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