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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 27.10.2008
Aktenzeichen: 21 ZB 07.247
Rechtsgebiete: VwGO, HKaG, HBKG, BGB


Vorschriften:

VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 2
HKaG Art. 4 Abs. 1
HKaG Art. 4 Abs. 3
HKaG Art. 27 bis 36
HBKG § 2 Abs. 1 Nr. 1
BGB § 117 Abs. 1
BGB § 138 Abs. 1
1. Die Anerkennung zum Führen einer Zusatzbezeichnung durch eine Landesärztekammer kann nur gegenüber Kammerangehörigen erfolgen.

2. Maßgeblich für die Kammerzugehörigkeit ist die Sachlage zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung.

3. Die Mitgliedschaft eines Arztes in einer Landesärztekammer bestimmt sich danach, in welchem Bundesland er überwiegend ärztlich tätig ist.

4. Übt der Arzt seinen Beruf nicht aus, ist für die Zugehörigkeit zu einer Landesärztekammer sein Hauptwohnsitz maßgeblich.


Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

21 ZB 07.247

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Zusatzbezeichnung "Betriebsmedizin";

hier: Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 14. November 2006,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 21. Senat, durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Polloczek, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Abel, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dachlauer ohne mündliche Verhandlung am 27. Oktober 2008 folgenden Beschluss:

Tenor:

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 10.225,84 Euro festgesetzt.

Gründe:

Der Kläger, ein praktischer Arzt, begehrt von der Beklagten die Anerkennung zum Führen der Zusatzbezeichnung "Betriebsmedizin" nach § 10 i.V.m. § 2 Abs. 2 Nr. 3 der Weiterbildungsordnung für die Ärzte Bayerns in der hier noch anwendbaren Fassung vom 1. Januar 1988.

1. Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das klageabweisende Urteil des Verwaltungsgerichts vom 14. November 2006 bleibt ohne Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe gemäß § 124 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 VwGO liegen nicht vor.

a.) Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit einer Gerichtsentscheidung sind gegeben, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (vgl. BVerfG vom 23.6.2000, DVBl 2000, 1458). Hingegen liegen keine ernstliche Zweifel an der Richtigkeit eines Urteils vor, wenn zwar einzelne Rechtssätze oder tatsächliche Feststellungen, die das Urteil tragen, zu Zweifeln Anlass geben, das Urteil sich aber im Ergebnis aus anderen Gründen als offensichtlich richtig erweist (BVerwG vom 10.3.2004, DVBl 2004, 848).

Im konkreten Fall ist das angefochtene Urteil vom 14. November 2006 jedenfalls im Ergebnis offensichtlich richtig, weil der Kläger schon wegen fehlender Zuständigkeit der Beklagten ihr gegenüber keinen Anspruch auf Anerkennung der begehrten Zusatzbezeichnung "Betriebsmedizin" hat.

Maßgeblich für die Beurteilung der Passivlegitimation der Beklagten ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats (so auch OVG Bremen vom 19.11.1991 Az. 1 BA 21/90 < juris >). Das gilt auch bei der Entscheidung über einen Zulassungsantrag nach § 124 a Abs. 5 VwGO (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 12. Auflage 2006, RdNr. 81 zu § 124 a). Da die vorliegende Verpflichtungsklage darauf abzielt, ein bestimmtes Verhalten der Beklagten gegenüber dem Kläger für die Zukunft zu erreichen, kann sie nur Erfolg haben, wenn die Verpflichtung noch besteht. Dies setzt voraus, dass die Anspruchsvoraussetzungen zum gegenwärtigen Zeitpunkt gegeben sind. Etwas anderes gilt nur, wenn das materielle Recht ausnahmsweise bestimmt, dass der Eintritt einer Rechtsfolge davon abhängen soll, dass die Voraussetzungen dafür zu einem früheren Zeitpunkt gegeben waren (st. Rspr. der Verwaltungsgerichte, vgl. u.a. BVerwG, Urt. v. 28.7.1989, BVerwGE 82, 260/261 = NJW 1989, 3233/3234 m.w.N.); eine derartige Vorschrift existiert hier aber im Hinblick auf die Passivlegitimation nicht.

Gemäß Art. 27 des bayerischen Gesetzes über die Berufsausübung, die Berufsvertretungen und die Berufsgerichtsbarkeit der Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Apotheker sowie der Psychologischen Psychotherapeuten und der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (Heilberufe-Kammergesetz - HKaG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 6. Februar 2002 können Ärzte nach Maßgabe der Art. 28 bis 36 neben ihrer Berufsbezeichnung weitere Bezeichnungen führen, die auf besondere Kenntnisse und Fähigkeiten in einem bestimmten medizinischen Gebiet (Gebietsbezeichnung) oder Teilgebiet (Teilgebietsbezeichnung) oder auf andere zusätzlich erworbene Kenntnisse und Fähigkeiten (Zusatzbezeichnung) hinweisen. Nach Art. 29 Abs. 1 HKaG darf eine Bezeichnung nach Art. 27 führen, wer eine Anerkennung erhalten hat. Die Anerkennung erhält der Arzt, der die vorgeschriebene Weiterbildung erfolgreich abgeschlossen hat. Über die Anerkennung entscheidet gemäß Art. 33 Abs. 1 HKaG die (Bayerische) Landesärztekammer.

Der Kläger gehört nicht zu dem Kreis der Personen, denen gegenüber die beklagte Bayerische Landesärztekammer berechtigt oder verpflichtet sein könnte, die begehrte Zusatzbezeichnung "Betriebsmedizin" anzuerkennen. Denn er unterfällt zum maßgeblichen gegenwärtigen Zeitpunkt nicht der Zuständigkeit der Beklagten, sondern ist Kammerangehöriger der Landesärztekammer Baden-Württemberg.

Gemäß § 2 Abs. 1 des baden-württembergischen Heilberufe-Kammergesetzes (HBKG) in der Fassung vom 16. März 1995 gehören der dortigen Landesärztekammer alle Ärzte und Ärztinnen an, die bestallt oder approbiert sind oder eine Erlaubnis zur Ausübung des ärztlichen Berufs besitzen, und im Land (Baden-Württemberg) ihren Beruf ausüben oder, falls sie ihren Beruf nicht ausüben, im Land ihren Wohnsitz haben. Eine ähnliche Regelung findet sich im bayerischen HKaG. Gemäß Art. 4 Abs. 1 HKaG sind Mitglieder der ärztlichen Kreisverbände (und damit auch Angehörige der Beklagten) alle zur Berufsausübung berechtigten Ärzte, die entweder in Bayern ärztlich tätig sind oder, ohne ärztlich tätig zu sein, in Bayern ihre Hauptwohnung im Sinn des Melderechts haben. Personen, die nur gelegentlich oder vorübergehend in Bayern ärztlich tätig sind, werden nach Art. 4 Abs. 3 Satz 2 HKaG dann Mitglieder eines bayerischen ärztlichen Kreisverbands, wenn ihre Mitgliedschaft bei einer vergleichbaren ärztlichen Berufsvertretung außerhalb Bayerns wegen dieser Tätigkeit erlischt.

Diesen gesetzlichen Bestimmungen ist übereinstimmend zu entnehmen, dass sich die Zugehörigkeit eines Arztes zu einer Landesärztekammer grundsätzlich danach richten soll, in welchem Bundesland der Arzt hauptsächlich ärztlich tätig ist. Bezogen auf den Freistaat Bayern werden Personen, die lediglich vorübergehend oder gelegentlich in Bayern ärztlich tätig sind, nur dann Mitglied eines bayerischen ärztlichen Kreisverbands, wenn ihre Mitgliedschaft in einer ärztlichen Berufsvertretung außerhalb Bayerns wegen dieser Tätigkeit erlischt. Sinn dieser Regelung ist erkennbar die Gewährleistung einer kontinuierlichen Mitgliedschaft in einer ärztlichen Berufsvertretung. Bei zur Berufsausübung berechtigten Ärzten, die nicht ärztlich tätig sind, ergibt sich die Zugehörigkeit zu einer Landesärztekammer daraus, wo der Arzt seine Hauptwohnung im Sinn des Melderechte (HKaG Bayern) bzw. seinen Wohnsitz (HBKG Baden-Württemberg) hat.

Unter Heranziehung dieser Grundsätze gehört der Kläger derzeit der Landesärztekammer Baden-Württemberg an, weil er seinen Wohnsitz in der Stadt Friedrichshafen hat und gegenwärtig den Arztberuf nicht ausübt (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 HBKG).

Der Kläger hat seine frühere ärztliche Tätigkeit in München nach eigenen Angaben am 1. Januar 2007 beendet und seinen Hauptwohnsitz in die *********-Straße ** nach *************** verlegt. Entsprechende Angaben finden sich in seinem Schreiben an den Ärztlichen Kreis- und Bezirksverband München vom 10. April 2007 (Bl. 172 der Akte des Verwaltungsgerichtshofs). Mit Schreiben vom 5. März 2007 (Bl. 174 der Akte des Verwaltungsgerichtshofs) hatte der Kläger bereits der Bezirksärztekammer Südwürttemberg mitgeteilt, dass er seit 1. Januar 2007 eine Arztpraxis in *************** und seit 1. Februar 2007 eine Praxis als praktischer Arzt mit betriebsärztlicher Tätigkeit in Baden-Württemberg und Vorarlberg betreibe. Dementsprechend bat die Bezirksärztekammer Südwürttemberg auch mit Schreiben vom 21. März 2007 (Bl. 173 der Akte des Verwaltungsgerichtshofs) den früher zuständigen Ärztlichen Kreis- und Bezirksverband München um Übersendung der Meldeakte des Klägers. Seitdem wird der Kläger bei der Bezirksärztekammer Südwürttemberg und damit auch bei der Landesärztekammer Baden-Württemberg als Kammermitglied geführt, wie sich aus den Schreiben der Bezirksärztekammer Südwürttemberg vom 18. Juni 2008 und 24. Juli 2008 an den Ärztlichen Kreis- und Bezirksverband München (Bl. 190 und 283 der Akte des Verwaltungsgerichtshofs) ergibt. Da sich die Kammerzugehörigkeit nach den gesetzlichen Vorgaben des jeweiligen Heilberufe-Kammergesetzes richtet, sind bloße Abmeldungen oder Kündigungen von Mitgliedern ohne Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse entgegen der Meinung der Klägerseite (vgl. Schriftsatz vom 14. Juli 2008 mit Anlage) rechtlich wirkungslos.

Nach seinem Wechsel nach *************** hat der Kläger keine ärztliche Tätigkeit in Bayern aufgenommen, die eine erneute Mitgliedschaft in der beklagten Bayerischen Landesärztekammer gemäß Art. 4 Abs. 1 Nr. 1 oder Art. 4 Abs. 3 Satz 2 HKaG begründet haben könnte. Die zwischenzeitlich erfolgten An- und Abmeldungen des Klägers bei der Landesärztekammer Thüringen und der Ärztekammer Niedersachsen (Bl. 176 bis 185 der Akte des Verwaltungsgerichtshofs) spielen in diesem Zusammenhang keine Rolle, da es im vorliegenden Rechtsstreit allein auf die Passivlegitimation der Beklagten zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats ankommt.

Die hier maßgeblichen persönlichen Lebensverhältnisse des Klägers stellen sich derzeit nach Aktenlage folgendermaßen dar: Der Kläger hat seinen Hauptwohnsitz in der **********Straße ** in der Stadt ***************. Er betreibt dort nach eigenen Angaben (vgl. Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 15.9.2008) keine Arztpraxis und ist in Baden-Württemberg auch sonst nicht ärztlich tätig. Zur Sicherung seines Lebensunterhalts erhält er seit Oktober 2007 Sozialleistungen nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch (SGB II), wie sich aus dem vorgelegten Schreiben des Landratsamtes Bodenseekreis vom 8. April 2008 (Bl. 211 der Akte des Verwaltungsgerichtshofs) und dem letzten Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 15. September 2008 ergibt, in dem auf Seite 2 nach wie vor davon die Rede ist, dass der "Antragsteller" (Kläger) Sozialhilfe bezieht und vor deren Gewährung seine Wohnung in *************** überprüft und dabei keine Arztpraxis festgestellt worden sei. Für die Dauer des Bezugs des Arbeitslosengelds II erhält der Kläger auch einen Zuschuss der Bundesagentur für Arbeit in Höhe des Monatsbeitrags, den er im Rahmen der Berufsunfähigkeits-, Alters- und Hinterbliebenenversorgung an die Bayerische Ärzteversorgung zu leisten hat (vgl. Schreiben der Bayerischen Ärzteversorgung vom 8.7.2008, Bl. 229 der Akte des Verwaltungsgerichtshofs).

Vor diesem Hintergrund hat der Kläger mit seinem Meldebogen für eine unentgeltliche ärztliche Tätigkeit vom 3. Juni 2008 (Bl. 162 und 163 der Akte des Verwaltungsgerichtshofs) und dem zugrunde liegenden Beratervertrag vom 28. Mai 2008 mit der *** ****** ************ ******** * ***** ******* (im folgenden ***) keine ärztliche Tätigkeit angezeigt, die nach dem bayerischen HKaG und dem baden-württembergischen HBKG einen Wechsel der Mitgliedschaft von der Landesärztekammer Baden-Württemberg zu der Bayerischen Landesärztekammer hätte bewirken können. Denn der Senat beurteilt den vorgelegten "Beratervertrag" vom 28. Mai 2008 aus mehreren Gründen als nichtiges Scheingeschäft (§ 117 Abs. 1 BGB), das darüber hinaus auch gegen die guten Sitten verstößt (§ 138 Abs. 1 BGB).

Nach diesem Vertrag soll der Kläger für die ***, die ihren Sitz in ***** hat, seit 1. Juni 2008 im Rahmen einer in Bayern stattfindenden zunächst neunmonatigen klinischen Studie als ärztlicher Studienleiter tätig sein, der die Wirksamkeit eines neuen "Energy-Drinks" an männlichen und weiblichen Sportlern unter physischer Belastung untersuchen soll. Als Arbeitszeit sind zwanzig ärztliche Wochenstunden zuzüglich Vor- und Nacharbeiten vorgesehen. Die Publikation über die Untersuchung soll im Jahr 2009 erscheinen. Weiter ist bestimmt, dass sämtliche anfallenden Kosten von der *** getragen werden und Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages der Schriftform bedürfen. Eine Regelung über eine Vergütung, die der Kläger für seine Tätigkeit erhalten soll, enthält der Vertrag nicht. Nach eigenen Angaben des Klägers in dem Meldebogen vom 3. Juni 2008 soll die ärztliche Tätigkeit unentgeltlich sein.

Bei diesem Beratervertrag handelt es sich nach Überzeugung des Senats um ein nichtiges Scheingeschäft im Sinn des § 117 Abs. 1 BGB, das keine rechtliche Wirksamkeit entfaltet. So fällt schon der enge zeitliche Zusammenhang mit dem Aufklärungsschreiben des Senats vom 27. Mai 2008 auf, in dem unter Bezugnahme auf das bereits zitierte Urteil des OVG Bremen vom 19. November 1991 darauf hingewiesen wurde, dass wegen des Fehlens einer ärztlichen Tätigkeit des Klägers in Bayern die Passivlegitimation der Beklagten fraglich sein könnte. Mit ihrer Stellungnahme vom 6. Juni 2008 legte die Klägerseite den Meldebogen vom 3. Juni 2008 vor, mit dem der Kläger eine ärztliche Tätigkeit ohne Entgelt bei der Beklagten anzeigte, ohne diese allerdings näher zu beschreiben. Erst auf mehrmalige Nachfrage des Senats wurde dann der Beratervertrag vom 28. Mai 2008 in das Verfahren eingeführt, der die ärztliche Tätigkeit belegen soll. Die zeitliche Abfolge zeigt deutlich den auffälligen Zusammenhang zwischen dem gerichtlichen Hinweisschreiben vom 27. Mai 2008 und der angeblichen Aufnahme einer ärztlichen Tätigkeit in Bayern durch den Kläger. Hinzu kommen weitere Umstände, die die Annahme eines Scheinvertrages nahelegen. So ist der Kläger mit seiner Vertragspartnerin ***, die ihren Sitz in ***** hat, eng verflochten. In der im Amtsblatt EPA 6/2008 veröffentlichten Liste der beim Europäischen Patentamt zugelassenen Vertreter ist er unter ***** als zugelassener Vertreter der Firma *** aufgeführt. An dem Gebäude *********** ** in *******, wo die *** ein Büro haben und die den Gegenstand des Beratervertrages bildende klinische Studie angeblich durchgeführt werden soll, befindet sich auch weder ein Firmen- oder Klingelschild der *** noch gibt es einen sonstigen Hinweis auf die Firma , wie die von der Beklagten vorgelegten Fotos (Bl. 279 bis 282 der Akte des Verwaltungsgerichtshofs) zeigen. Der Kläger hat insoweit zwar vorgetragen, dass er für seine ärztliche Tätigkeit im Rahmen des Beratervertrages unter der angegebenen Adresse in ******* die medizinischen Geräte, Einrichtungen und das Personal der ******* GmbH heranziehe, für die er schon früher gearbeitet habe. Ein Firmen- und Klingelschild dieser GmbH sind auch tatsächlich an dem Gebäude *********** ** angebracht. Es erscheint aber höchst ungewöhnlich, dass eine GmbH ihre medizinischen Geräte, Einrichtungen und ihr Personal ohne jegliche vertragliche Regelung, insbesondere ohne Vereinbarung einer angemessenen Gegenleistung, für eine klinische Studie zur Verfügung stellt. Der Vertrag vom 28. Mai 2008 enthält dazu nichts. Dass die Geschäftsführerin der ******* GmbH, die ihren Sitz am Hauptwohnsitz des Klägers in der **********Straße ** in *************** hat, die Ehefrau ***** ****** des Klägers ist (vgl. ******************), rundet das Bild eines Scheinberatervertrages ab, mit dem eine tatsächlich nicht existierende ärztliche Tätigkeit des Klägers in Bayern nachgewiesen werden soll. Die vorgelegten Rechnungen vom 18. August 2008 und die Mahnung vom 15. Juli 2008 des Medizinischen Versorgungszentrums für Laboratoriumsmedizin und Mikrobiologie ****** ******* belegen nicht das Gegenteil. Ihnen ist nicht einmal ansatzweise zu entnehmen, welche Laborleistungen erbracht worden sind. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass der Beratervertrag vom 28. Mai 2008 auch in mehrfacher Hinsicht gegen die Berufsordnung für die Ärzte Bayerns in der Bekanntmachung vom 27. August 2007 verstoßen würde, wenn man mit der Klägerseite von einer Zuständigkeit der Beklagten ausginge. Nach § 15 Abs. 1 der Berufsordnung hätte vor der Durchführung der klinischen Studie eine Beratung durch eine Ethik-Kommission erfolgen müssen. Außerdem hätte der Kläger den Vertrag gemäß § 24 der Berufsordnung vor seinem Abschluss der Beklagten vorlegen sollen, damit geprüft hätte werden können, ob die beruflichen Belange gewahrt sind. Es ist weder vorgetragen noch aus den Akten ersichtlich, dass der Kläger diese selbst aus seiner Sicht gebotenen Pflichten und Obliegenheiten beachtet hätte. Auch diese subjektive Verletzung der beruflichen Standespflichten deutet darauf hin, dass es sich bei dem Beratervertrag vom 28. Mai 2008 nicht um einen ernsthaften Vertrag mit gegenseitigen Rechten und Pflichten handelt, sondern um einen eilig konstruierten unwirksamen Scheinvertrag, der eine nicht gegebene Zuständigkeit der Beklagten im vorliegenden Rechtsstreit begründen sollte.

Der Beratervertrag vom 28. Mai 2008 ist darüber hinaus noch aus einem anderen Grund unwirksam und nichtig. Er verstößt gegen die guten Sitten (§ 138 Abs. 1 BGB). Der Kläger ist Empfänger von Sozialleistungen und erhält für die Dauer des Bezugs von Arbeitslosengeld II auch einen Zuschuss der Bundesagentur für Arbeit in Höhe des Monatsbeitrags, den er im Rahmen der Berufsunfähigkeits-, Alters- und Hinterbliebenenversorgung an die Bayerische Ärzteversorgung zu leisten hat. Unter diesen Umständen ist es sittenwidrig, einen Beratervertrag als ärztlicher Studienleiter über die Durchführung einer klinischen Studie mit einer Arbeitszeit von zwanzig ärztlichen Wochenstunden zuzüglich Vor- und Nacharbeiten abzuschließen, ohne für diese nicht unerhebliche Tätigkeit eine angemessene Vergütung zu vereinbaren. Die Absicht, durch die Unentgeltlichkeit eine Minderung oder Streichung der Sozialleistungen zu vermeiden, liegt auf der Hand. Wegen der ungewöhnlichen Vertragsgestaltung (ärztliche Tätigkeit in nicht unerheblichem Umfang ohne Entgelt) und der bereits dargelegten engen Verflechtung des Klägers mit der *** ist auch davon auszugehen, dass in dieser Firma seine Lebensumstände bekannt waren. Der Kläger hat dazu vorgetragen, er sei deshalb unentgeltlich tätig, weil er die Ergebnisse seiner ärztlichen Untersuchungen unter seinem Namen veröffentlichen dürfe und so die ihm zur Verfügung stehende Zeit sinnvoll nutzen könne. Ein Recht zur Veröffentlichung der Ergebnisse unter eigenem Namen ergibt sich aber aus dem vorgelegten Beratervertrag nicht. Eine entsprechende Regelung hätte, um wirksam zu sein, schriftlich vereinbart werden müssen (vgl. Nr. 8 des Beratervertrages).

Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass der Kläger zum maßgeblichen gegenwärtigen Zeitpunkt Mitglied der Bezirksärztekammer Südwürttemberg und der Landesärztekammer Baden-Württemberg ist, weil er in der Stadt *************** seinen Hauptwohnsitz hat und weder in Baden-Württemberg seinen Beruf ausübt noch in Bayern glaubhaft ärztlich tätig ist (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 HBKG, Art. 4 Abs. 1 HKaG). Eine Zuständigkeit der Beklagten ist nicht gegeben. Wegen fehlender Passivlegitimation hat der Kläger demnach keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Anerkennung der begehrten Zusatzbezeichnung "Betriebsmedizin". Das Verwaltungsgericht hat die Klage somit im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen nicht (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

b.) Die Rechtssache weist auch nicht die von der Klägerseite behaupteten besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf, sodass auch insoweit keine Veranlassung besteht, die Berufung zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Der entscheidungserhebliche Sachverhalt ist aufgeklärt. Die Rechtslage ist angesichts der fehlenden Passivlegitimation der Beklagten eindeutig. Auf andere im Zulassungsverfahren vorgetragene Gesichtspunkte kommt es nicht mehr an.

2. Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 154 Abs. 2 VwGO.

3. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 72 Nr. 1, § 47 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.

4. Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

5. Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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