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Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 06.03.2009
Aktenzeichen: 22 A 07.40036
Rechtsgebiete: AEG, VwVfG, GG, BauGB, BayBO


Vorschriften:

AEG § 18
AEG § 18 b
AEG § 18 d
VwVfG § 76 Abs. 1
GG Art. 28 Abs. 2 Satz 1
BauGB § 38 Satz 1
BayBO 1994 Art. 1 Abs. 2 Nr. 1
BayBO 1994 Art. 98 Abs. 1
BayBO 1994 Art. 98 Abs. 3
1. Gemäß § 38 S. 1 BauGB können Bebauungspläne keine verbindlichen gestalterischen Vorgaben für Betriebsgebäude der öffentlichen Eisenbahn von überörtlicher Bedeutung enthalten.

2. Gemeindliche Gestaltungsvorschriften, die materiell-rechtlich auf Bauordnungsrecht beruhen, können sich seit Inkrafttreten der BayBO 1994 nicht auf Betriebsgebäude der öffentlichen Eisenbahn beziehen.

3. Zur Abwägung gestalterischer gemeindlicher Vorgaben für die Dachform bei der Plangenehmigung für Betriebsgebäude der öffentlichen Eisenbahn (hier entschieden für ein Flachdachgebäude für elektronische Stellwerke).


Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes

22 A 07.40036 In der Verwaltungsstreitsache

wegen eisenbahnrechtlicher Plangenehmigung;

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 22. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Schenk, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Hösch, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Koch

ohne mündliche Verhandlung am 6. März 2009

folgendes Urteil:

Tenor:

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Aufhebung eines eisenbahnrechtlichen Planänderungsbescheids, den das Eisenbahn-Bundesamt, Außenstelle München (ab hier: EBA), unter dem 14. Juni 2007 für die Errichtung eines Modulgebäudes für elektronische Stellwerke erlassen hat.

Das Baugrundstück für das Modulgebäude (FlNr. 2547/8 Gemarkung M*********) liegt im Geltungsbereich des am 14. Oktober 1997 beschlossenen und am 12. Dezember 1997 in Kraft getretenen Bebauungsplans "K*********" der Klägerin, der für die voneinander abgegrenzten drei Baugebiete jeweils ein eingeschränktes Gewerbegebiet mit unterschiedlichen Nutzungsmaßen festsetzt und - durch Planzeichen in den Gewerbegebieten und die textliche Festsetzung Ziff. 1.09 - Vorgaben für die Dachform (Sattel- bzw. Pultdach) enthält. Für das unmittelbar südlich der Bahnlinie gelegene Baugrundstück ist durch Planzeichen "Flächen für Bahnanlagen" festgesetzt. Für das Gemeindegebiet der Klägerin besteht eine "Satzung über besondere Anforderungen an bauliche Anlagen für Garagen und Dachgauben" vom 22. September 1994, die am 1. Oktober 1994 in Kraft getreten ist und in ihrem § 3 Abs. 2 für freistehende Garagen und Nebengebäude die Dachgestaltung regelt (Satteldach), soweit Bebauungspläne keine abweichenden Festsetzungen treffen (§ 1 der Satzung).

Der Plan für den Bau des Modulgebäudes, das im Zusammenhang mit dem viergleisigen Ausbau der Eisenbahnstrecke zwischen Augsburg und Olching und der damit verbundenen Anpassung der Leit- und Sicherungstechnik der Unterbringung der dafür notwendigen Stellwerkstechnik dienen soll, wurde vom EBA zunächst unter dem 21. Juni 2005 genehmigt. Nach dieser Plangenehmigung sollte das Gebäude sieben Module enthalten, 21 m lang und mit einem Satteldach ausgestaltet sein.

Unter dem 23. Februar 2007 beantragte die Beigeladene eine Änderung des genehmigten Plans auf ein Stellwerksgebäude mit acht Modulen, einer Länge von 24 m und einer Ausgestaltung mit Flachdach. Die Klägerin wurde vom EBA im Rahmen des Planänderungsverfahrens als Trägerin öffentlicher Belange beteiligt. Der Gemeinderat der Klägerin hat in seiner Sitzung vom 8. Mai 2007 die Zustimmung zur Planänderung hinsichtlich der Änderung der Dachform unter Hinweis auf den Widerspruch zum Bebauungsplan "K*********" und zur gemeindlichen Gestaltungssatzung verweigert und dies dem EBA mitgeteilt.

Mit Bescheid vom 14. Juni 2007 genehmigte das EBA die von der Beigeladenen beantragte Änderung und hob den Plangenehmigungsbescheid vom 21. Juni 2005 insoweit auf, als er mit dem geänderten Plan nicht übereinstimmt. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Errichtung des Betriebsgebäudes mit einem Flachdach am äußersten Rand der Ortschaft sei vertretbar, da ein direkter Bezug zur anderen Bebauung nicht gegeben sei und außerdem wirtschaftliche Gründe für diese Änderung sprächen.

Die Klägerin hat gegen den Planänderungsbescheid Klage zum Bayerischen Verwaltungsgerichtshof erhoben.

Sie beantragt,

den Planänderungsbescheid der Beklagten vom 14. Juni 2007 aufzuheben.

Zur Begründung führt sie aus, die Planänderung sei rechtswidrig, da sie gegen gemeindliche Satzungsregelungen, insbesondere gegen die textliche Festsetzung Ziff. 1.09 des Bebauungsplans "K*********" verstoße, die nur Sattel- und Pultdächer als Dachform zulasse. Der Fachplanungsvorbehalt des § 38 Satz 1 BauGB greife im Hinblick auf diese gestalterische Bebauungsplanfestsetzung nicht. Aufgrund seiner Funktion könne dieser nur soweit reichen, als tatsächlich fachplanungsspezifische Gesichtspunkte dies erforderten. Ähnlich wie bahnfremde Nutzungen planerischen Aussagen der Gemeinde zugänglich seien, gelte dies auch für gestalterische Festsetzungen eines Bebauungsplans, denen Fachplanungsbelange bei der Gebäudegestaltung gerade nicht entgegenstünden. Daneben leide die Plangenehmigung auch an einem Abwägungsfehler. Die geschützten Belange der Klägerin, die im Bebauungsplan "K*********" einerseits und in der Gestaltungssatzung andererseits zum Ausdruck gekommen seien, seien nicht mit dem ihnen zukommenden Gewicht berücksichtigt worden. In den Satzungsregelungen habe sich die gemeindliche Planungs- und Gestaltungshoheit konkret verfestigt. Die Regelungen der Gestaltungssatzung seien auf das Stellwerksgebäude anwendbar, bei dem es sich um ein Nebengebäude zu der Hauptanlage "Elektronisches Stellwerk" handele. Eine solche Verfestigung der klägerischen Belange in konkreten Satzungsregelungen hätte mit einem höheren Gewicht in die Abwägung eingestellt werden müssen als geschehen. Das Modulgebäude sei visuell nicht so abgetrennt von der übrigen Bebauung, dass es gerechtfertigt sei, allein wirtschaftlichen Gründen den Ausschlag zu geben und die städtebaulichen Interessen der Klägerin hintan zu stellen. Die Ausgestaltung des Gebäudes mit einem Flachdach sei angesichts der anderen Gebäude im Gewerbegebiet, die nur Satteldächer aufwiesen, nicht ortsbildverträglich. Das EBA habe auch den Sachverhalt falsch ermittelt, da es sich bei der Straße, der es die visuelle Abtrennung von der anderen Ortsbebauung zuschreibe, nicht um eine Bundes-, sondern eine Kreisstraße handele. In einer anderen Gemeinde sei zudem an der Bahnlinie München - Lindau ein Modulgebäude trotz noch größerer Abgelegenheit mit einem Satteldach errichtet worden.

Die Beklagte beantragt die Abweisung der Klage.

Der Planänderungsbescheid sei rechtmäßig ergangen. Er verstoße weder gegen die Festsetzungen des Bebauungsplans "K*********" noch gegen die gemeindliche Gestaltungssatzung. Wegen der Geltung des Fachplanungsvorbehalts des § 38 Satz 1 BauGB seien die gemeindlichen Regelungen nur als öffentlicher Belang in die Abwägung einzustellen gewesen, welcher überwunden habe werden können. Ein Verstoß gegen das Abwägungsgebot liege nicht vor. Weder das Ortsbild noch die konkreten Planungen der Klägerin seien nachhaltig beeinträchtigt, nachdem das Modulgebäude visuell von der übrigen Bebauung abgetrennt sei und die Prägung des Ortsbildes nicht wesentlich verändere. Im Hinblick auf das öffentliche Interesse, den finanziellen Aufwand für die Errichtung von Betriebsanlagen der Eisenbahn gering zu halten, hätten auch Kostengesichtspunkte berücksichtigt werden dürfen.

Die Beigeladene stellt keinen Antrag, regt aber im Wesentlichen aus denselben Gründen wie die Beklagte die Abweisung der Klage an.

Ergänzend führt sie aus, bei dem von der Klägerin genannten Bezugsfall habe aus Gründen der Verhinderung von Wassereinbrüchen ein Satteldach geplant und umgesetzt werden müssen. Auch habe sich die Finanzierung dieses Vorhabens nicht wie das streitgegenständliche Modulgebäude nach dem Bundesschienenwegeausbaugesetz gerichtet. Bezüglich des streitgegenständlichen Gebäudes habe sich erst im Rahmen des Projektfortgangs und der weiteren Ausführungsplanung herausgestellt, dass u.a. statt der ursprünglich vorgesehenen sieben elektronischen Stellwerke nunmehr deren acht erforderlich würden. Deshalb hätten die Planungen auf der Grundlage der zur Verfügung stehenden Bundesmittel (Steuergelder) überarbeitet werden müssen. Die Prüfung habe ergeben, dass für die Funktionalität eines elektronischen Stellwerks ein Satteldach nicht notwendig sei, wodurch insgesamt Mehrkosten in Höhe von 42.000 Euro vermieden worden seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Anfechtungsklage der Klägerin, über die mit Zustimmung der Prozessbeteiligten gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann, ist nicht begründet. Die Klägerin wird durch den Planänderungsbescheid vom 14. Juni 2007 nicht in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Eine Rechtsverletzung der Klägerin durch die von ihr ausschließlich angegriffene geänderte Dachform (Flachdach statt Satteldach) liegt nicht vor. Die Planänderung ist nicht wegen eines Verstoßes gegen die Festsetzungen des Bebauungsplans "K*********" oder die Regelungen der Gestaltungssatzung zur Dachgestaltung im Bebauungsplangebiet/Gemeindegebiet rechtswidrig; die diesbezüglichen, auf Bauordnungsrecht beruhenden Regelungen gelten für das Modulgebäude nicht (1.). Auch eine Rechtsverletzung der Klägerin im Hinblick auf die ihrem Selbstverwaltungsrecht (Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG) unterfallenden Belange der Planungshoheit und des Selbstgestaltungsrechts ist nicht gegeben; diese Belange konnten durch Abwägung überwunden werden, Abwägungsfehler sind diesbezüglich nicht ersichtlich (2.).

1. Die Planänderungsgenehmigung ist nicht wegen eines Verstoßes gegen Ziff. 1.09 der textlichen Festsetzungen des im Oktober 1997 beschlossenen und im Dezember 1997 in Kraft getretenen Bebauungsplans "K*********" oder gegen § 3 Abs. 2 der am 1. Oktober 1994 in Kraft getretenen gemeindlichen Gestaltungssatzung vom 22. September 1994 rechtswidrig. Unabhängig davon, ob diese Vorschriften, die die Errichtung von Flachdächern ausschließen, sich ihrem Wortlaut nach auf Bahnanlagen und insbesondere auf Gebäude wie das streitgegenständliche Modulgebäude beziehen könnten, können sie schon wegen des Fachplanungsvorbehalts in § 38 Satz 1 BauGB und wegen ihrer Ermächtigungsgrundlage im Bauordnungsrecht keine Geltung für das strittige Modulgebäude beanspruchen; sie sind dementsprechend dahin auszulegen, dass sie sich auf Betriebsgebäude der öffentlichen Eisenbahn nicht beziehen.

a) Im Hinblick auf die Regelung im Bebauungsplan ergibt sich die fehlende unmittelbare Geltung der Festsetzung über die Dachform gegenüber dem Modulgebäude bereits aus § 38 Satz 1 BauGB. Danach sind die §§ 29 bis 37 BauGB auf Planfeststellungsverfahren und sonstige Verfahren mit den Rechtswirkungen der Planfeststellung für Vorhaben von überörtlicher Bedeutung nicht anzuwenden, wenn die Gemeinde beteiligt wird; die städtebaulichen Belange sind nur (in der Abwägung) zu berücksichtigen.

Bei dem streitgegenständlichen Modulgebäude handelt es sich unstreitig um eine Betriebsanlage der öffentlichen Eisenbahn, deren Bau gemäß § 18, § 18 b, § 18 d AEG, § 76 Abs. 1 VwVfG der Planfeststellung bzw. Plangenehmigung unterliegt (zum Begriff der Betriebsanlage einer Eisenbahn, der dem herkömmlichen Begriff der Bahnanlage entspricht, vgl. BVerwG vom 16.12.1988 BVerwGE 81, 111; Vallendar in Hermes/Sellner, AEG, 1. Aufl. 2006, RdNrn. 41 ff. zu § 18 m.w.N.). Die Plangenehmigung hat die Rechtswirkungen der Planfeststellung (§ 18 b Nr. 3 AEG). Nachdem das Modulgebäude für die Stellwerkstechnik des viergleisigen Ausbaus der Eisenbahnstrecke zwischen Augsburg und Olching benötigt wird, ist es eingebettet in ein überregionales Planungsprojekt und damit von überörtlicher Bedeutung (vgl. BVerwG vom 7.2.2005 Az. 9 VR 15/04 m.w.N.). Nach dem Wortlaut des § 38 Satz 1 BauGB kommen die Vorschriften der § 30, § 36 BauGB damit nicht zur Anwendung, d.h. die Regelungen im Bebauungsplan besitzen keine unmittelbare Geltung gegenüber diesem Vorhaben des Fachplanungsrechts und die Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens ist nicht erforderlich, es genügt - wie hier geschehen - die bloße Beteiligung der Gemeinde.

Allerdings weist die Klägerin darauf hin, dass die Regelung des Bebauungsplans über die Gestaltung der Dachform vorliegend dem Zweck der privilegierten Fachplanung nicht zuwiderlaufe, also Fachplanungsbelangen nicht entgegenstehe, und insoweit nach Sinn und Zweck des Fachplanungsvorbehalts in § 38 Satz 1 BauGB ein Zurücktreten der gemeindlichen Planung nicht erforderlich sei. Dem ist nicht zu folgen.

In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist zwar die Rede davon, dass § 38 Satz 1 BauGB in seinem Wortlaut das Verhältnis des allgemeinen Bauplanungsrechts zu bestimmten bundesrechtlich geregelten Fachplanungen nur unvollkommen zum Ausdruck bringt. Nach ihrem Sinn und Zweck nimmt die Vorschrift von der auf das jeweilige Gemeindegebiet bezogenen umfassenden Planungshoheit der Gemeinde bestimmten Zwecken dienende Vorhaben und Anlagen aus, über die einheitlich in einer Planfeststellung allein nach den von dem jeweiligen Fachgesetz dafür aufgestellten Voraussetzungen entschieden werden soll. Dabei sind Grundflächen, die dem Bahnbetrieb dienen und daher Bahnanlagen sind, zwar nicht - nach Art eines exterritorialen Gebiets - völlig der gemeindlichen Planungshoheit entzogen. Sie sind solchen planerischen Aussagen aber nur insoweit zugänglich, als diese der besonderen Zweckbestimmung der Anlage, dem Betrieb der Bahn zu dienen, nicht widersprechen. Planerische Aussagen, die inhaltlich der bestehenden Zweckbestimmung einer Fläche als Bahnanlage nicht zuwiderlaufen, sind danach zulässig (vgl. BVerwG vom 16.12.1988 a.a.O.; vom 17.11.1989 NVwZ-RR 1990, 292; Gierke/Dürr in Brügelmann, BauGB, RdNrn. 45 f. zu § 9 und RdNr. 47 zu § 38).

Diese Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bezieht sich aber nur auf bahnfremde Nutzungen auf Bahngrundstücken; sie besagt nicht, dass auch in Bezug auf für Bahnzwecke genutzte Betriebsgebäude der Eisenbahn verbindliche gemeindliche Regelungen zulässig sein können, soweit diese - wie etwa bei Gestaltungsfragen - dem eigentlichen Zweck dieser Anlagen nicht ausdrücklich und unmittelbar entgegenstehen. Es widerspräche dem Sinn und Zweck des Fachplanungsvorbehalts in § 38 Satz 1 BauGB , dass über Betriebsgebäude der Eisenbahn einheitlich in einer Planfeststellung allein nach den in den hierfür geltenden Fachgesetzen aufgestellten Voraussetzungen entschieden werden soll (BVerwG vom 16.12.1988 a.a.O. m.w.N.), wenn bauplanerische Aussagen, die die Funktion der Anlage nicht ausdrücklich und unmittelbar beeinträchtigen, von der Planungsbehörde strikt zu beachten wären; dies würde im Ergebnis in den der Fachplanung vorbehaltenen Aufgabenbereich eingreifen und den der Planungsbehörde zur Verfügung stehenden Abwägungsspielraum zu sehr einschränken. Eine Abwägung mit möglicherweise entgegen stehenden gewichtigen Belangen könnte in diesem Fall nicht mehr stattfinden, obwohl Gestaltungsvorgaben u.U. erhebliche finanzielle Auswirkungen haben können. Dadurch können sie auf die Realisierbarkeit einer Betriebsanlage der öffentlichen Eisenbahn von Einfluss sein und so mittelbar der Zweckbestimmung einer Bahnanlage doch zuwiderlaufen (vgl. auch BVerwG vom 8.3.2006 Buchholz 316 § 76 VwVfG Nr. 14: hier wird bezogen auf die Gestaltung eines Bahnhofsgebäudes mit oder ohne Vordach bzw. eines Bahnhofsvorplatzes ausgeführt, dass eine eigene Bauleitplanung, die auf den in Rede stehenden Inhalt der Fachplanung zugeschnitten ist und durch diese funktionslos wird, einen Belang von einigem Gewicht darstellt, was voraussetzt, dass die gemeindliche Planung keine unmittelbare Geltung gegenüber dem Fachplanungsvorhaben haben kann).

b) Die Unanwendbarkeit der Regelungen über die Dachgestaltung sowohl des Bebauungsplans als auch der Gestaltungssatzung auf das Modulgebäude ergibt sich zudem aus Art. 1 Abs. 2 Nr. 1 BayBO i.d. Fassung der Bekanntmachung vom 18. April 1994 (GVBl 1994 S. 251 - BayBO 1994). Nach dieser am 1. Juni 1994 in Kraft getretenen Regelung gilt die Bayerische Bauordnung nicht für Anlagen des öffentlichen Verkehrs sowie ihre Nebenanlagen und Nebenbetriebe. Davon werden auch Gebäude wie das Modulgebäude erfasst, wogegen in der bis 31. Mai 1994 maßgeblichen Fassung Gebäude noch als bauliche Anlagen im Sinne der Bayerischen Bauordnung behandelt wurden. Seit der ab dem 1. Juni 1994 gültigen Fassung der Bayerischen Bauordnung - auch die nachfolgenden Fassungen haben für Bahnanlagen (des öffentlichen Verkehrs) keine Änderungen gebracht - ist dies nicht mehr der Fall. Seit dem 1. Juni 1994 unterfallen daher dem öffentlichen Verkehr dienende Bahnanlagen insgesamt nicht mehr dem Anwendungsbereich der Bayerischen Bauordnung, d.h. sämtliche Vorschriften dieses Gesetzes gelten nicht für Bahnanlagen des öffentlichen Verkehrs einschließlich des streitgegenständlichen Modulgebäudes. Demgemäß kann auch Art. 98 Abs. 1 BayBO 1994, der auf den Anlagenbegriff des Art. 1 BayBO 1994 Bezug nimmt, keine Rechtsgrundlage für gestalterische bauordnungsrechtliche Regelungen in Bezug auf dieses dem öffentlichen Bahnverkehr dienende Betriebsgebäude darstellen.

Sowohl die gemeindliche Gestaltungssatzung vom 22. September 1994 als auch die Festsetzung Ziff. 1.09 des am 14. Oktober 1997 beschlossenen Bebauungsplans "K*********" beruhen auf Art. 98 BayBO 1994. Dies bedarf in Bezug auf die gemeindliche Ortsgestaltungssatzung keiner weiteren Ausführungen; diese verweist als Rechtsgrundlage auf diese Bestimmung. Nichts anders gilt für die Regelung über die Dachgestaltung in Ziff. 1.09 der textlichen Festsetzungen des am 14. Oktober 1997 beschlossenen Bebauungsplans "K*********". Diese Festsetzung hat als bauordnungsrechtliche Gestaltungsregelung auf der Grundlage des § 9 Abs. 4 BauGB, Art. 98 Abs. 3 BayBO 1994 Eingang in den Bebauungsplan gefunden. Eine gestalterische Regelung, die - wie hier - besondere Anforderungen an die äußere Gestaltung baulicher Anlagen mit dem alleinigen Zweck festlegt, das Erscheinungsbild eines nur einen kleinen Teil einer Gemeinde erfassenden Bebauungsplangebiets einheitlich zu gestalten, kann nicht auf der Grundlage des § 9 Abs. 1 BauGB oder der Baunutzungsverordnung, die abschließend sind, getroffen werden. Solche Gestaltungsregelungen können nur als örtliche Bauvorschriften auf der Grundlage des Bauordnungsrechts in einen Bebauungsplan aufgenommen werden (vgl. BVerwG vom 11.5.2000 NVwZ 2000, 1169; Gierke in Brügelmann a.a.O., RdNr. 110 zu § 9; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, RdNr. 258 zu § 9). Durch die Aufnahme in den Bebauungsplan wird der landesrechtliche Charakter dieser Regelungen als Normen des Bauordnungsrechts nicht berührt. Materiellrechtliche Rechtsgrundlage für Festsetzungen nach § 9 Abs. 4 BauGB bleibt allein das Landesrecht; nur dieses bestimmt den zulässigen Inhalt solcher Festsetzungen (vgl. BVerwG vom 16.3.1995 NVwZ 1995, 899 m.w.N.; Gierke in Brügelmann a.a.O. RdNr. 593 zu § 9). Da Gestaltungsanforderungen an Bahnanlagen des öffentlichen Verkehrs einschließlich deren Betriebsgebäude auf der Grundlage der Bayerischen Bauordnung zum maßgeblichen Zeitpunkt der Beschlussfassungen über den Bebauungsplan "K*********" und über die gemeindliche Gestaltungssatzung mangels Ermächtigungsgrundlage nicht möglich waren, können deren Regelungen über die Dachform auch keine Wirkung gegenüber dem streitgegenständlichen Modulgebäude entfalten. Die gemeindlichen Regelungen sind (geltungserhaltend) so auszulegen, dass sie sich auf diese Bahnanlagen nicht beziehen (vgl. BVerwG vom 17.11.1989 a.a.O.). Ein Verstoß gegen diese Bestimmungen durch die Genehmigung eines Flachdaches in dem Planänderungsbescheid scheidet damit aus.

2. Auch aus den durch das Selbstverwaltungsrecht (Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG) gewährleisteten Belangen der Planungshoheit und des Selbstgestaltungsrechts der Klägerin ergibt sich keine Rechtsverletzung durch die Planänderung.

a) Die kommunale Planungshoheit und das gemeindliche Selbstgestaltungsrecht, auf deren Verletzung sich die Klägerin wegen der zugelassenen Dachform (Flachdach) beruft, verschaffen einer Gemeinde grundsätzlich keine Rechtsposition, die von der Fachplanung nicht im Wege der Abwägung überwunden werden kann (vgl. z.B. BVerwG vom 21.5.2003 NVwZ 2003, 1381; vom 31.10.2000 NVwZ 2001, 90). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kommen Abwehransprüche einer Gemeinde gegenüber einer Fachplanung unter Berufung auf ihre Planungshoheit grundsätzlich nur dann in Betracht, wenn der Gemeinde infolge der Fachplanung die Erfüllung ihrer eigenen Aufgaben unmöglich gemacht oder in konkreter Weise erheblich erschwert wird oder wenn das jeweilige Vorhaben hinreichend konkrete gemeindliche Planungen nachhaltig beeinträchtigt. Darüber hinaus sind die Gemeinden unabhängig von der Beeinträchtigung ihrer Planungshoheit auch gegenüber solchen Planungen und Maßnahmen überörtlicher Verwaltungsträger rechtlich geschützt, die das Gemeindegebiet oder Teile hiervon nachhaltig betreffen und die Entwicklung der Gemeinde beeinflussen (vgl. BVerwG vom 4.8.2008 NVwZ 2008, 1237 m.w.N.). Abwehransprüche aus dem Selbstgestaltungsrecht können einer Gemeinde allenfalls dann erwachsen, wenn die Gemeinde durch Maßnahmen betroffen wird, die das Ortsbild entscheidend prägen und hierdurch nachhaltig auf das Gemeindegebiet und die Entwicklung der Gemeinde einwirken (vgl. BVerwG vom 15.4.1999 NVwZ-RR 1999, 554 m.w.N.). In städtebaulicher Hinsicht kann es bezogen auf das Ortsbild nicht nur auf die nähere Umgebung des Baugrundstücks ankommen, sondern es müssen größere Teile des Gemeindegebiets betrachtet werden; darüber hinaus ist auch nicht jedes Ortsbild schützenswert, nur weil es durch eine gewisse Einheitlichkeit oder Gleichartigkeit der Bebauung oder einzelner Elemente der Bebauung geprägt ist. Ein Ortsbild muss vielmehr, um (städtebaulich) schützenswert zu sein, eine gewisse Wertigkeit für die Allgemeinheit haben, d.h. einen besonderen Charakter oder eine gewisse Eigenheit, die dem Ort oder dem Ortsteil eine aus dem Üblichen herausragende Prägung verleiht (vgl. BVerwG vom 11.5.2000 a.a.O.). Insgesamt besteht nur ein Anspruch darauf, dass ein Fachplanungsträger bei der Betätigung seines Planungsermessens das Interesse der Gemeinde an der Gestaltung ihres Ortsbildes nicht unberücksichtigt lässt, also ein Anspruch auf gerechte Abwägung ihrer Belange mit entgegenstehenden anderen Belangen (vgl. BVerwG vom 31.10.2000 a.a.O.).

b) Bei Anwendung dieser Grundsätze ergibt sich nicht, dass die Planänderung Rechte der Klägerin verletzt, insbesondere sind Abwägungsfehler nicht erkennbar.

Vorliegend ist bereits zweifelhaft, ob die mit dem Modulgebäude verbundenen Beeinträchtigungen die Erheblichkeits- bzw. Nachhaltigkeitsschwelle erreichen, die nach der Rechtsprechung vorausgesetzt wird, um unter dem Blickwinkel der gemeindlichen Planungshoheit bzw. des gemeindlichen Selbstgestaltungsrechts eine abwägungsrelevante Position zu vermitteln. Mit Blick auf die Planungshoheit ist nicht ersichtlich, dass das Gebäude mit Flachdach die Planung der Gemeinde im Bebauungsplangebiet "K*********" nachhaltig beeinflussen oder gar stören könnte. Die Errichtung eines Gebäudes mit Flachdach neben dem festgesetzten Gewerbegebiet wirkt sich auf die Verwirklichung der Planung der Gemeinde nicht aus, eine nachhaltige Störung dieser Planung ist nicht ersichtlich. Wegen der Kleinräumigkeit des Vorhabens und dessen Errichtung am Ortsrand unmittelbar neben den Bahngleisen in Sichtweite eines Bahnhofsgebäudes mit Flachdach erscheint auch eine nachhaltige Beeinträchtigung des Interesses der Gemeinde an der Gestaltung ihres Ortsbildes als ausgeschlossen. Das Modulgebäude ist zudem von der übrigen Ortsbebauung weitgehend abgeschirmt. Darüber hinaus kann es schon aufgrund seiner Ausmaße (Länge 24 m, Breite ca. 6 m, Höhe ca. 3 m) keine prägende Wirkung für das Ortsbild haben. Hinzu kommt, dass es in der Ortschaft bereits das - weit größere - Bahnhofsgebäude mit Flachdach gibt.

Trotz dieser nur geringfügigen Auswirkungen des Modulgebäudes könnte aber eine Abwägungsrelevanz des Interesses der Gemeinde an der Gestaltung ihres Ortsbildes vorliegend deshalb zu bejahen sein, weil gestalterische ortsrechtliche Vorschriften bestehen, auch wenn diese für Bahnanlagen keine unmittelbare Geltung haben können (vgl. BVerwG vom 18.3.1987 BVerwGE 77, 134/138). Wenn man die Abwägungsrelevanz hier bejahen würde, ist aber nicht zweifelhaft, dass das EBA den mit der Fachplanung verbundenen Eingriff in die gegenläufigen kommunalen Vorstellungen und Belange erkannt und ohne Rechtsfehler in seine Abwägung eingestellt hat. Es ist nicht rechtsfehlerhaft, diesen im vorliegenden Fall kein maßgebliches Gewicht beizumessen; es kann hier nicht auf eine mögliche frühere Beeinträchtigung kommunaler Belange bei der Errichtung des Bahnhofsgebäudes Bezug genommen werden. Die Wertung, dass weder ein direkter Bezug des Modulgebäudes zur Bebauung des Bebauungsplangebiets (Gewerbegebiet) noch zu der des Ortskerns gegeben ist und insbesondere die Lage am äußersten Rand der Ortschaft die Planänderung bezüglich der Dachform als für die Klägerin zumutbar erscheinen lässt, lässt Fehler nicht erkennen. Unerheblich ist dabei, dass fälschlicherweise die als Zäsur zur Bebauung im Ortskern betrachtete Straße als Bundesstraße und nicht als Kreisstraße bezeichnet wurde. Demgegenüber durften - auch im Hinblick auf das bereits bestehende Bahnhofsgebäude mit Flachdach - Kostengesichtspunkte auf Seiten der Vorhabenträgerin maßgebliche Berücksichtigung finden. Es ist anerkannt, dass bei eisenbahnrechtlichen Zulassungsentscheidungen zu den abwägungserheblichen öffentlichen Belangen auch das Interesse an einer kostengünstigen Lösung gehört (vgl. z.B. BayVGH vom 8.3.2004 Az. 22 A 03.40058; vom 12.3.2007 Az. 22 A 06.40020). Dies ergibt sich insbesondere aus Art. 87 e Abs. 4 GG. Danach gewährleistet der Bund, dass dem Wohl der Allgemeinheit beim Ausbau des Schienennetzes der Eisenbahnen des Bundes Rechnung zu tragen ist; dies macht auch einen möglichst sparsamen und effektiven Einsatz der für Investitionen zur Verfügung stehenden Geldmittel erforderlich. Eine Kostenersparnis in Höhe von 42.000 Euro ist angesichts der geringen Größe des Bauvorhabens und im Hinblick darauf, dass die schon bereitgestellten Gelder für ein zusätzlich erforderliches elektronisches Stellwerk benötigt wurden, nicht als weitgehend belanglos anzusehen.

Soweit nunmehr darauf hingewiesen wurde, dass an anderer Stelle in einer anderen Gemeinde an einer anderen Bahnlinie (München - Lindau) ein ähnliches Gebäude mit Satteldach errichtet worden ist, ist nicht ersichtlich, dass das EBA willkürlich, d.h. mit unsachlichen Erwägungen, die Klägerin im Verhältnis zu anderen Gemeinden benachteiligt hat. Es ist nicht erkennbar, dass die abwägungserheblichen Umstände in dem genannten Bezugsfall annähernd vergleichbar waren. Die Beigeladene hat vielmehr nachvollziehbar dargelegt, dass die Errichtung dieses Gebäudes mit einem Satteldach aus Gründen der Verhinderung von Wassereinbrüchen erforderlich war. Zudem ist die Dringlichkeit der Errichtung eines zusätzlichen elektronischen Stellwerks mit den schon bereitgestellten Mitteln nur im vorliegenden Fall festgestellt. Abwägungsfehler sind daher nicht erkennbar.

Kosten: § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO.

Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 Abs. 2 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Nichtzulassung der Revision: § 132 Abs. 2 VwGO.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 10.000 Euro festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG).

Ende der Entscheidung

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