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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 04.06.2007
Aktenzeichen: 22 B 06.3036
Rechtsgebiete: BImSchG, 4. BImSchV, BGB, BauNVO


Vorschriften:

BImSchG § 15 Abs. 2 Satz 2
BImSchG § 16 Abs. 1 Satz 1
BImSchG § 20 Abs. 2 Satz 1
BImSchG § 67 Abs. 2 Satz 1
BImSchG § 67 Abs. 7 Satz 1
4. BImSchV Nr. 8.9 b Spalte 1
4. BImSchV Nr. 8.9 c Spalte 2
4. BImSchV Nr. 8.11 b aa Spalte 2
4. BImSchV Nr. 8.11 b bb Spalte 2
4. BImSchV Nr. 8.12 b Spalte 2 des Anhang
BGB § 133
BGB § 157
BauNVO § 8 Abs. 1, § 15 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes

22 B 06.3036

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Anordnung gemäß § 20 Abs. 2 BImSchG;

hier: Berufungen des Beklagten und der Beigeladenen gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 17. Oktober 2006,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 22. Senat, durch

den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Konrad, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Schenk, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Koch

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 24. Mai 2007

am 4. Juni 2007

folgendes Urteil:

Tenor:

I. Auf die Berufungen des Beklagten und der Beigeladenen wird das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 17. Oktober 2006 geändert und erhält folgende Fassung:

1) Der Beklagte wird verpflichtet, die Stilllegung der Anlage zur zeitweiligen Lagerung von Eisen- und Nichteisenschrotten (Nr. 8.9 b Spalte 1 des Anhangs der 4. BImSchV) nach dem 31. Dezember 2009 anzuordnen, falls hierfür bis zu diesem Zeitpunkt keine immissionsschutzrechtliche Genehmigung erteilt worden sein sollte.

2) Der Beklagte wird verpflichtet, die Stilllegung der Anlage zur zeitweiligen Lagerung von nicht gefährlichen Abfällen (Nr. 8.12 b Spalte 2 des Anhangs der 4. BImSchV) anzuordnen.

3) Der Beklagte wird verpflichtet, die Stilllegung der Anlage zur sonstigen Behandlung von nicht gefährlichen Abfällen (Nr. 8.11 b bb Spalte 2 des Anhangs der 4. BImSchV) anzuordnen; diese Verpflichtung gilt zunächst nicht für Eisen- und Nichteisenschrotte; sie wird nach dem 31. Dezember 2009 auch auf Eisen- und Nichteisenschrotte erstreckt, falls hierfür bis zu diesem Zeitpunkt keine immissionsschutzrechtliche Genehmigung erteilt worden sein sollte.

4) Der Beklagte wird verpflichtet, die Stilllegung der Anlage zur sonstigen Behandlung von gefährlichen Abfällen (Nr. 8.11 b aa Spalte 2 des Anhangs zur 4. BImSchV) anzuordnen.

5) Im Übrigen werden die Klagen abgewiesen sowie die Berufungen zurückgewiesen.

II. Von den Gerichtskosten im ersten Rechtszug tragen die Klägerinnen, der Beklagte und die Beigeladene je ein Viertel; von den Gerichtskosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerinnen je ein Viertel, die Beigeladene ein Drittel und der Beklagte ein Sechstel. Alle Beteiligten tragen ihre außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen selbst.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beigeladene ist Pächterin (bis 2013) des ca. 20.000 m² großen Grundstücks FlNr. 156/11 der Gemarkung ***********. Das Grundstück liegt südlich der Bahnlinie ******* - ***** ******** innerhalb des Geltungsbereichs des Bebauungsplans Nr. 15 - *********** in einem festgesetzten Gewerbegebiet. Das Grundstück liegt im Teilbereich E dieses Bebauungsplans; dort sind den textlichen Festsetzungen zufolge Betriebe für Schrottlagerung und Schrottverarbeitung, Büro- und Verwaltungsgebäude sowie Lagerhallen und Lagerplätze für Schrott, ausgenommen Kraftfahrzeuge, zulässig. Die Beigeladene betreibt dort nach eigenen Angaben bereits seit 1970 die Behandlung von Altautos, die zeitweilige Lagerung sowie den Handel mit Autowracks, ferner die zeitweilige Lagerung sowie den Handel mit Eisen- und Nichteisenschrotten. Derzeit sind auch Lagerkapazitäten für nicht aus Altautos stammende nicht-metallische gefährliche sowie nicht-gefährliche Abfälle vorhanden, die dort auch gesichtet, gereinigt und sortiert werden. Auf dem Betriebsgelände sind sechs Hallen vorhanden. Halle 2 dient der Trockenlegung und Demontage von Altautos. Halle 3 dient der Zerlegung von Elektronikschrott aus Altautos und aus separater Anlieferung. Halle 4 dient der Lagerung von Metallspänen, Papier, Holz und gemischten Abfällen zur Verwertung. Für die Behandlung der Altautos existiert eine 600-Tonnen-Schere. Für die Schrottbehandlung existiert eine 800 -Tonnen-Schere. Ferner sind ein Portalkran und Flächen für offene Lagerboxen vorhanden.

Die aktuellen Betriebsabläufe auf dem Grundstück FlNr. 156/11 werden von der Beigeladenen selbst in einer Kurzbeschreibung (Nr. 2 des Antrags auf Genehmigung nach § 10 BImSchG) folgendermaßen beschrieben: "Sämtliche angelieferten Altautos werden im Bereich der Altautoannahme registriert, bis zur Verwertung zwischengelagert, anschließend in einer Halle trockengelegt und demontiert. Alle entnommenen Flüssigkeiten und Stoffe werden sortenrein erfasst und zur Wiederverwertung bzw. Entsorgung gesammelt. Die demontierten Aggregate (Motoren, Getriebe, Achsen) und zur Wiederverwendung vorgesehenen Karosserieteile werden in den dazu errichteten Hallen oder auf befestigten Flächen gelagert. Die Restkarosse wird in einer stationären Presse zu einem Paket gepresst und zum Abtransport zwischengelagert. Gebrauchte Autoersatzteile werden dem Ersatzteilmarkt zugeführt. Alle mit-angelieferten nichtmetallischen Stoffe im Auto werden in den entsprechenden dafür vorgesehenen Lagerhallen und Lagerboxen gesammelt. Alle separaten Stoffe werden mittels Waage oder nach der Stückzahl erfasst, mit großem Gerät getrennt und in die entsprechenden Lagerboxen und Mulden verbracht. Elektronikschrott wird händisch getrennt und in Gitterboxen zwischengelagert. Die Stahlschrotte werden mit der Presse zu Paketen gepresst oder mit der Schrottschere verladefertig geschnitten. Batterien werden in säurefesten Spezialcontainern gesammelt. Die gemischten Abfälle zur Verwertung werden ebenso wie das Holz in einer offenen Halle gesammelt. Das Holz wird mit einem Holzvorbrecher zur Volumenreduzierung für eine bessere Auslastung der Transporteinheiten zerkleinert. Mit dem Portalkran und Baggern werden die gepressten Pakete in Bahnwaggons und Lkw geschichtet. Mit der Bahn, Speditionen und eigenen Lkw werden die Container und Mulden abgefahren. Betriebsflüssigkeiten werden durch Sondermüllentsorger abgeholt".

Immissionsschutzrechtliche Genehmigungen liegen hinsichtlich des Grundstücks FlNr. 156/11 nicht vor.

Es existiert jedoch ein Planfeststellungsbeschluss des Landratsamts ******* vom 30. April 1980, der auf § 7 Abs. 1 Abfallbeseitigungsgesetz (AbfG) i.d. Fassung der Bekanntmachung vom 5. Januar 1977 (BGBl I S. 41) beruht. Die Planfeststellung erfolgte für die Errichtung und den Betrieb eines Autowrackplatzes auf dem Grundstück FlNr. 156/11 (Nr. 1 des Beschlusses). Folgende Baugenehmigungen des Landratsamts ******* wurden gemäß Nr. 3 dieses Beschlusses zum Bestandteil dieses Beschlusses erklärt: Errichtung eines Büro- und Wohngebäudes (Bescheid vom 3.4.1973), Errichtung von vier Fertigteilgaragen und einer Fahrzeugwaage (Bescheid vom 24.9.1973); Einbau einer vollautomatischen Ölfeuerungsanlage (Bescheid vom 3.5.1974); Errichtung einer Betriebstankstelle mit Lagerbehälter für Dieselkraftstoff (Bescheid vom 10.2.1975); Errichtung einer Halle (Bescheid vom 27.12.1976); Errichtung einer Halle, eines Unterstelldachs und einer Einfriedung (Bescheid vom 27.12.1976); Errichtung eines Geräteschuppens mit Garage (Bescheid vom 9.4.1980); Errichtung eines Portalkrans (Bescheid vom 13.6.1979). Bei den genehmigten Hallen handelt es sich um die Hallen 1 und 6 des Betriebsgeländes ohne vorgenommene Erweiterung. Der Planfeststellungsbeschluss enthält unter Nr. 6 Nebenbestimmungen zur Abfallwirtschaft, die auf Vorschlägen des Wasserwirtschaftsamts ******* vom 27. Januar 1980 und des Landesamts für Umweltschutz vom 16. November 1979 beruhen. Geregelt werden u.a. die Entnahme von wassergefährdenden Flüssigkeiten, die zeitweilige Lagerung von ölverunreinigtem Schrott sowie ausgebauten ölhaltigen Autowrackteilen, die Zwischenlagerung von Altreifen sowie die Entsorgung sonstiger auf dem Betriebsgelände anfallender Reststoffe. Der Beschluss enthält in Nr. 7 Arbeitsschutzbestimmungen für den Betrieb der 500-Tonnen-Schrottschere und des Portalkrans. In den Beschlussgründen wird ausgeführt, die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen betreibe seit 1973 einen Schrott- und Autowrack-Sammelplatz (Nr. 1); die Anlage bestehe u.a. auch aus Hallen zur Lagerung von Buntmetall sowie unbefestigten Lagerflächen für Blech, Stahl und Bruchschrott (Nr. 4); der Betrieb umfasse neben dem An- und Verkauf von Autowracks auch den Handel mit allen übrigen Schrottsorten sowie den Handel mit Altmetallen; Ausschlachtungsvorgänge zum Zweck der Ersatzteilgewinnung fänden auf dem Betriebsgelände jedoch nicht statt (Nr. 5). Der Erläuterungsbericht, der Bestandteil des festgestellten Plans ist (Nr. 2 a des Beschlusses), erwähnt unter 1 b, dass der Geschäftsbetrieb der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen neben dem An- und Verkauf von Karossenschrott auch den Handel mit allen übrigen Schrottarten sowie den Handel mit Altmetallen umfasst. Der Betriebsablauf umfasst nach Nr. 3 des Erläuterungsberichts folgende Schritte: "Die teils von gewerblichen Anlieferern, teils von eigenen Fahrzeugen angelieferten Autowracks werden auf der betriebseigenen Waage gewichtsmäßig erfasst. Anschließend werden sie von einem Portalkran von den Fahrzeugen abgeladen und bis zur Verarbeitung auf der Betonplatte gelagert. Zur Verarbeitung werden die Altautos wieder vom Portalkran aufgenommen und die Maschine beschickt. Durch hydraulische Bewegungsabläufe wird das Altauto zu einem Paket von ca. (60 x 60 x 180) cm³ gepresst. Nach dem Pressvorgang entnimmt der Kran das Paket der Maschine und lagert es an dem dafür vorgesehenen Paketlagerplatz, der ebenfalls ölfest ist. Die verladefertigen Pakete werden dann laufend in bereitstehende Spezial-Lkw bzw. in Bundesbahnwaggons verladen." In Nr. 5 heißt es: "Die abnehmenden Stahlwerke im oberitalienischen Raum nehmen die Pakete komplett mit allen Reststoffen an. Die Karossenpakete werden im Empfängerwerk nochmals bearbeitet (geshreddert). Die nicht verwertbaren Reststoffe werden dann vom Empfängerwerk beseitigt".

Der Planfeststellungsbeschluss vom 30. April 1980 erging auf einen Antrag der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen vom 31. Mai 1979, der sich auf den Betrieb eines Autowrackplatzes bezog. Die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen war damit einer Aufforderung der Regierung von Oberbayern vom 19. Dezember 1978 nachgekommen, für den Autowrackplatz einen Antrag auf Planfeststellung zu stellen. Die Regierung von Oberbayern hatte diesbezüglich dem Landratsamt mitgeteilt, dass sie davon ausgehe, dass es sich bei den Baugenehmigungen überwiegend um die Errichtung oder wesentliche Änderung eines Autowrackplatzes gehandelt habe.

Im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens hatte am 11. März 1980 ein Erörterungstermin stattgefunden, in dessen Verlauf der Verhandlungsleiter die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen darauf hingewiesen hatte, dass der gesamte Betrieb der Abfallbeseitigungsanlage planfeststellungspflichtig sei. Aus diesem Grund müsse die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen ein Lärmschutzgutachten erstellen, das alle Lärmquellen auf dem Werksgelände berücksichtige.

Die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen erhielt in der Folgezeit Baugenehmigungen über den Neubau einer Lagerhalle an der südwestlichen Grundstücksgrenze und die Errichtung eines einfachen Schiebetors (Bescheid vom 14.7.1986) sowie für den Neubau einer Lagerhalle mit Werkstatt an der nordwestlichen Grundstücksgrenze (Bescheide vom 5.8.1994 und vom 13.10.1998). Diese Baugenehmigungen betreffen die Hallen 1 und 5 auf dem Betriebsgelände.

Für die Hallen 2 bis 4 auf dem Betriebsgelände sind keine Baugenehmigungen nachweisbar, ebensowenig für die Lagerplätze.

Die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen nahm 1980 eine 800-Tonnen-Schere zur Schrottbehandlung in Betrieb. 1991 ersetzte sie die 500-Tonnen-Schere für die Behandlung der Altautos durch eine 600-Tonnen-Schere. Im Zusammenhang mit dem Inkrafttreten der Altautoverordnung vom 4. Juli 1997 (BGBl I S. 1666) ging die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen verstärkt dazu über, die wieder verwertbaren Teile der Altautos auszubauen und lediglich die Restkarosse zu Paketen zu pressen.

Gemäß Aktennotiz vom 23. Januar 1995 stellte das Landratsamt in offener Halle erhebliche Mengen unsortierten Mülls fest. Die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen nahm mit Schreiben vom 24. Januar 1995 dahingehend Stellung, dass sie sich aufgrund der während der letzten Jahre entstandenen besonderen Marktsituation zu einem Betrieb mit einem umfangreichen Dienstleistungsangebot entwickelt habe. Gemäß Aktennotiz vom 16. Februar 1995 stellte das Landratsamt weiter fest, dass in der Halle weiterhin Müll gelagert wurde (Müllsäcke, Folien, Kunststoffe, Eimer, Holz, all dies großteils verschmutzt). Mit Bescheid vom 27. September 1995 ordnete das Landratsamt an, dass die auf dem Betriebsgelände der Beigeladenen gemäß Nebenbestimmung Nr. 6.16 des Planfeststellungsbeschlusses vom 30. April 1980 anfallenden Reststoffe nur auf abgedichteten, überwachten Flächen gelagert werden dürften. Maximal seien 100 m³ Holz sowie 200 m³ sonstige Reststoffe zulässig. Eine Recyclingfirma bestätigte, von der Beigeladenen vom 1. Januar bis zum 31. Oktober 1995 1.140 kg gemischten Abfall, 84.140 kg Flachglas, 29.703 kg Papier und 87.080 kg unbehandeltes Holz und 3.200 kg Kunststoffabfälle übernommen zu haben.

Mit Schreiben vom 12. Juli 1999 bestätigte das Landratsamt der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen, dass diese außer der Anlage zur Lagerung oder Behandlung von Autowracks keine weiteren genehmigungsbedürftigen Anlagen betreibe. Insbesondere erfolge keine Lagerung oder Behandlung von Abfällen.

Die Klägerin zu 1 ist Eigentümerin des Grundstücks FlNr. 156/4 der Gemarkung ***********. Dieses Grundstück grenzt nordöstlich an das Grundstück der Beigeladenen an. Das Grundstück ist mit einem Verwaltungsgebäude und Lagergebäuden bebaut. Die Klägerin zu 2 ist Eigentümerin der Grundstücke FlNrn. 156/6, 156/9 und 157/1 der Gemarkung ***********. Das Grundstück FlNr. 156/9 grenzt nordwestlich an das Grundstück der Beigeladenen an. Es ist bebaut mit einem dreigeschossigen Verwaltungsgebäude, außerdem mit Lagergebäuden. Beide Grundstücke liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 15 - *********** in einem festgesetzten Gewerbegebiet. Die Klägerinnen zogen die Rechtmäßigkeit der Anlagen auf dem Betriebsgelände der Beigeladenen in Zweifel, insbesondere nachdem diese einen baurechtlichen Vorbescheid zugunsten der Klägerin zu 2 angefochten hatte (Az. M 9 K 00.5417). Eine Einigung der Beteiligten anlässlich eines verwaltungsgerichtlichen Augenscheins am 5. Dezember 2001 über die Durchführung eines immissionsschutzrechtlichen Verfahrens (Einreichung des Antrags bis zum 31.5.2002, Abschluss des Verfahrens bis zum 30.4.2003) wurde nicht umgesetzt. Die Klägerinnen beantragten schließlich mit Schriftsatz vom 18. Februar 2005 beim Landratsamt, den Betrieb der Beigeladenen insgesamt stillzulegen, hilfsweise insoweit stillzulegen, als Betrieb und Bestand auf dem Betriebsgrundstück von der abfallrechtlichen Planfeststellung des Landratsamts vom 30. April 1980 nicht gedeckt seien.

Mit Bescheid vom 30. Juni 2005 ordnete das Landratsamt eine inhaltlich begrenzte Stilllegung an, ohne den Antrag der Klägerinnen vom 18. Februar 2005 ausdrücklich zu verbescheiden. Der Bescheid wurde den Klägerinnen zunächst nicht zugestellt, aber mit Telefax vom 25. Juli 2005 übermittelt. Das Landratsamt verpflichtete die Beigeladene, die auf dem Grundstück FlNr. 156/11 betriebene Anlage zur zeitweiligen Lagerung von besonders überwachungsbedürftigen Abfällen stillzulegen. Hierzu dürften ab Zustellung des Bescheids die ausdrücklich genannten AVV-Nummern zum Zwecke der zeitweiligen Lagerung nicht mehr angenommen werden. Ferner müssten die auf dem Betriebsgrundstück gelagerten ausdrücklich genannten Abfälle innerhalb von vier Wochen ab Zustellung des Bescheids beseitigt werden. In der Folge führte der Bescheid 39 jeweils mit einem Stern versehene Abfallschlüsselnummern samt den zugeordneten Abfallbezeichnungen aus der Anlage zu § 2 Abs. 1 der Abfallverzeichnisverordnung (AVV) auf. Diese Anordnung wurde auf § 20 Abs. 2 Satz 1 BImSchG gestützt.

Die Klägerinnen gaben sich mit dem Bescheid des Landratsamts vom 30. Juni 2005 nicht zufrieden.

Während dessen bemühte sich die Beigeladene um die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung. Sie stellte einen Antrag auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Anlage zur Lagerung von Eisen- und Nichteisenschrotten einschließlich Autowracks, einer Anlage zur Behandlung von Altautos sowie einer Anlage zur Lagerung und Behandlung von nicht besonders überwachungsbedürftigen sowie besonders überwachungsbedürftigen Abfällen. Diesbezüglich fand am 19. Januar 2005 ein Erörterungstermin statt. Die Beigeladene nahm diesen Antrag wieder zurück. Unter dem 23. März 2006 reichte die Beigeladene einen Antrag auf Genehmigung einer wesentlichen Änderung nach § 16 BImSchG ein. Gegenstand des Antrags waren die Errichtung und der Betrieb einer Anlage zur zeitweiligen Lagerung und Behandlung von Eisen- und Nichteisenschrotten einschließlich Autowracks. Das Landratsamt hat über diesen Antrag noch nicht entschieden.

Die Klägerinnen erhoben Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München mit dem Antrag, den Beklagten zu verpflichten, 1. die Anlage zur zeitweiligen Lagerung von nicht besonders überwachungsbedürftigen Abfällen (Nr. 8.12 b Spalte 2 des Anhangs der 4. BImSchV), 2. die Anlage zur sonstigen Behandlung von nicht besonders überwachungsbedürftigen Abfällen (Nr. 8.11 b bb Spalte 2 des Anhangs der 4. BImSchV), 3. die Anlage zur sonstigen Behandlung von besonders überwachungsbedürftigen Abfällen (Nr. 8.11 b aa Spalte 2 des Anhangs der 4. BImSchV), 4. die Anlage zur zeitweiligen Lagerung von Eisen- und Nichteisenschrotten einschließlich Autowracks (Nr. 8.9 b Spalte 1 des Anhangs der 4. BImSchV) und 5. die Anlage zur Behandlung von Altautos (Nr. 8.9 c Spalte 2 des Anhangs der 4. BImSchV) stillzulegen. Hilfsweise wurde die Verpflichtung des Beklagten beantragt, in Abänderung seines Bescheids vom 30. Juni 2005, die Anlage der Beigeladenen auf dem Betriebsgrundstück FlNr. 156/11 zum Umschlag nicht besonders überwachungsbedürftiger Abfälle (Nr. 8.15 b Spalte 2 des Anhangs der 4. BImSchV) stillzulegen. Weiter hilfsweise wurde beantragt, den Beklagten zu verpflichten, in Abänderung seines Bescheids vom 30. Juni 2005 die Anlagen der Beigeladenen auf dem Betriebsgrundstück FlNr. 156/11 zur zeitweiligen Lagerung von Eisen- und Nichteisenschrotten einschließlich Autowracks (Nr. 8.9 b Spalte 1 des Anhangs zur 4. BImSchV) insoweit stillzulegen, als sie von der abfallrechtlichen Planfeststellung des Landratsamts vom 30. April 1980 nicht gedeckt sind.

Das Verwaltungsgericht gab der Klage im Hauptantrag statt (Urteil vom 17.10.2006).

Mit der vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Berufung beantragt die Beigeladene, unter Aufhebung des verwaltungsgerichtlichen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Beigeladene ist der Auffassung, dass der Planfeststellungsbeschluss vom 30. April 1980 als immissionsschutzrechtliche Genehmigung für das ganze Betriebsgelände fortwirkt. Sie geht weiter davon aus, dass jedenfalls eine bauaufsichtliche Genehmigung für einen Lagerplatz für Schrotte im weitesten Sinn existiere. Zumindest liege ein atypischer Sachverhalt vor, der ein Abweichen von der Rechtsfolge des § 20 Abs. 2 Satz 1 BImSchG rechtfertige.

Mit der vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Berufung beantragt der Beklagte, das verwaltungsgerichtliche Urteil insoweit abzuändern, als es zur Stilllegung der Anlage zur zeitweiligen Lagerung von Eisen- und Nichteisenschrotten einschließlich Autowracks sowie zur Stilllegung der Anlage zur Behandlung von Altautos verpflichtet sowie soweit die Schrottbehandlung in den Anlagen zur sonstigen Behandlung von gefährlichen und nicht gefährlichen Abfällen untersagt wird.

Der Beklagte ist der Auffassung, dass der Planfeststellungsbeschluss vom 30. April 1980 formelle Legalität für die Anlage zur Behandlung von Altautos bewirke, nicht aber für den Schrottplatz. Er geht aber davon aus, dass der Schrottplatz bauaufsichtlich genehmigt worden sei.

Die Klägerinnen beantragen die Zurückweisung der Berufungen.

Sie verteidigen das verwaltungsgerichtliche Urteil.

Hinsichtlich des Vorbringens der Beteiligten im Berufungsverfahren sowie hinsichtlich der sonstigen Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beigeladenen ist teilweise, die Berufung des Beklagten zum größeren Teil begründet. Das Verwaltungsgericht hätte der Klage nur teilweise stattgeben dürfen. Für die fünf verfahrensgegenständlichen Anlagen gilt im Einzelnen folgendes:

1. Hinsichtlich der Anlage zur Behandlung von Altautos (Nr. 8.9 c Spalte 2 des Anhangs der 4. BImSchV) besteht keine Befugnis des Landratsamts zur Stilllegung nach § 20 Abs. 2 Satz 1 BImSchG, weil die Anlage nicht ohne erforderliche immissionsschutzrechtliche Genehmigung betrieben wird. Es braucht sich dabei nicht um eine nach § 6 BImSchG erteilte Genehmigung zu handeln; es reicht aus, wenn eine Planfeststellung oder -genehmigung nach dem Abfallgesetz vorliegt, die nach § 67 Abs. 7 Satz 1 BImSchG als immissionsschutzrechtliche Genehmigung fortgilt. Der Planfeststellungsbeschluss vom 30. April 1980 erfüllt diese Voraussetzungen hinsichtlich der Anlage zur Behandlung von Altautos i.S. von Nr. 8.9 c Spalte 2 des Anhangs der 4. BImSchV, wie sie von der Beigeladenen derzeit betrieben wird. Der seinerzeit zugelassene Anlagenbetrieb hat mittlerweile gewisse Änderungen erfahren. Diese sind jedoch nicht wesentlich i. S. von § 16 Abs. 1 Satz 1 BImSchG und damit nicht genehmigungsbedürftig.

a) Der Planfeststellungsbeschluss vom 30. April 1980 gestattet mit dem Begriff "Autowracks" auch die Annahme, zeitweilige Lagerung und Behandlung von Altautos im Sinn von Nr. 8.9 c Spalte 2 des Anhangs der 4. BImSchV (vgl. zum Gebrauch dieser Begriffe Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, Bd. 2, Rdnr. 9 zu Nr. 8.9 des Anhangs der 4. BImSchV). Ob es sich insofern auch um gefährliche Abfälle im Sinn von Nr. 160104 * der Anlage zu § 2 Abs. 1 AVV i.d. Fassung von Art. 7 des Gesetzes zur Vereinfachung der abfallrechtlichen Überwachung vom 15. Juli 2006 (BGBl I S. 1619) handelt, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Der Planfeststellungsbeschluss vom 30. April 1980 gestattet zudem die zeitweilige Lagerung von (nicht mehr fahrbereiten) Autowracks im Sinn von 8.9 b Spalte 1 des Anhangs der 4. BImSchV. Er gestattet bei verständiger Auslegung unter Beachtung des Betriebszwecks auch die zeitweilige Lagerung von nicht gefährlichen sowie gefährlichen Abfällen, die von den angelieferten Altautos stammen, nicht aber deren weitere Behandlung in nachgeschalteten Anlagen, mit Ausnahme der Behandlung der ausgeschlachteten Autowracks (Restkarossen).

b) Was den Ersatz der ursprünglich verwendeten 500-Tonnen-Schere durch eine 600-Tonnen-Schere angeht, der 1991 stattgefunden hat, handelt es sich um eine Anlagenänderung, die nach der insofern maßgeblichen heutigen Rechtslage nicht mehr als wesentlich und daher nicht mehr als genehmigungsbedürftig anzusehen ist. § 16 Abs. 1 Satz 1 BImSchG i.d. Fassung des Gesetzes zur Beschleunigung und Vereinfachung immissionsschutzrechtlicher Genehmigungsverfahren vom 9. Oktober 1996 (BGBl I S. 1498) definierte den Begriff der Wesentlichkeit neu und erhöhte die Anforderungen an die Wesentlichkeit gegenüber dem bisherigen Recht. Durch die Änderung müssen nachteilige Auswirkungen hervorgerufen werden können, die gerade für die Prüfung nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 i.V. mit §§ 5 und 7 BImSchG erheblich sein können. Nachteilig sind Auswirkungen, bei denen eine Verschlechterung der vorhandenen Situation vernünftigerweise nicht ausgeschlossen werden kann (VGH BW vom 20.6.2002, NVwZ-RR 2003, 191/192). Das Landratsamt hat im Schreiben vom 19. Dezember 2005 (Bl. 140 d. VG-Akte) festgestellt, dass die hier zu beurteilende Änderung keine nachteiligen Auswirkungen, die für die Prüfung nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG erheblich sein können, hervorrufen kann, insbesondere weil im Hinblick auf die Lärmemissionen eine Verbesserung eingetreten ist. Der Verwaltungsgerichtshof hat keinen Grund, an der Richtigkeit dieser Feststellung zu zweifeln.

c) Auch die Änderung der Betriebsweise, die im Zusammenhang mit dem Inkrafttreten der Altauto-Verordnung vom 4. Juli 1997 (BGBl I S. 1666) vorgenommen worden ist, stellt keine wesentliche Änderung i.S. des § 16 Abs. 1 Satz 1 BImSchG i.d. Fassung vom 9. Oktober 1996 dar. Aus dem Umstand, dass nur das, was nicht bereits genehmigt ist, einer neuen Genehmigung bedarf, folgt, dass erster Anknüpfungspunkt bei der Prüfung stets die erteilte Genehmigung selbst sein muss. Soweit die Genehmigung Spielräume der Veränderung zulässt, können nur die diesen Freiraum überschreitenden Änderungen die Genehmigungsbedürftigkeit erneut auslösen (vgl. z.B. Kutscheidt, Die wesentliche Änderung industrieller Anlagen, NVwZ 1997, 111/112). Erst wenn geklärt ist, ob überhaupt eine Änderung des bisher genehmigten Zustands geplant ist, stellt sich die weitere Frage, ob diese Änderung wesentlich ist.

Im vorliegenden Fall kann bei der Auslegung des Planfeststellungsbeschlusses vom 30. April 1980 entsprechend § 133, § 157 BGB nach Maßgabe des objektiven Erklärungsinhalts des Bescheids aus der Sicht des Adressaten und der Nachbarschaft (vgl. BVerwG vom 7.6.1991, NVwZ 1993, 177/179) nicht allein auf die Betriebsbeschreibung (Nr. 3 des Erläuterungsberichts, der planfestgestellten Unterlage Nr. 2 a des Planfeststellungsbeschlusses) abgestellt werden. Von entscheidender Bedeutung sind vielmehr die abfallwirtschaftlichen Nebenbestimmungen (Nr. 6 des Planfeststellungsbeschlusses), die auf dem Gutachten des Bayerischen Landesamts für Umweltschutz vom 16. November 1979 beruhen. Sie bedeuten eine Ausrichtung des Umfangs der gestatteten Betriebsweise an allgemein angewendeten Standards, die die Zerlegung der angelieferten Altautos einschließen. Wie der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof ausführte, war beim Bayerischen Landesamt für Umweltschutz schon 1980 die Erkenntnis vorhanden, dass die Zerlegung der angelieferten Autowracks eine ökologisch vorteilhaftere Betriebsweise darstellte. Diese Ausrichtung des Umfangs der gestatteten Betriebsweise an allgemein angewendeten Standards wird auch durch den Hinweis des Landratsamts in Nr. 9.9 des Planfeststellungsbeschlusses auf das LAGA-Merkblatt, Stand Juni 1976 (LUMBl Nr. 9/1977) verdeutlicht, als dessen maßgebliche Konkretisierung und Weiterentwicklung die abfallwirtschaftlichen Nebenbestimmungen des Planfeststellungsbeschlusses angesehen werden können. In Nr. 6.1 wurde der Anlagenbetreiber bereits zum damaligen Zeitpunkt verpflichtet, die wassergefährdenden Flüssigkeiten, wie Kraftstoff, Mineralöl, Bremsflüssigkeit, Kühlerflüssigkeit und Batteriesäure in angelieferten Altautos unverzüglich zu entnehmen; die aufgefangenen wassergefährdenden Flüssigkeiten waren gemäß Nr. 6.2 bereits zum damaligen Zeitpunkt getrennt zwischenzulagern. Die Demontage ölhaltiger Autowrackteile wie z.B. von Motoren und Getrieben, war bereits zum damaligen Zeitpunkt eine vom Planfeststellungsbeschluss in Betracht gezogene Betriebsweise; in Nr. 6.7 wurde diesbezüglich festgelegt, dass ausgebaute ölhaltige Autowrackteile ausschließlich auf Flächen gelagert werden dürfen, die mineralöldicht, d.h. mittels Beton befestigt sind. Für das Ausschlachten ölverunreinigter Teile galt, dass dies nur auf mineralöldicht befestigten Flächen stattfinden durfte. Zudem wurde bereits zum damaligen Zeitpunkt in Betracht gezogen, dass auf dem Betriebsgelände Reststoffe, wie Kunststoff, Glas, Polster, Textilien, Schutt und ähnliches anfallen konnten. In Nr. 6.16 wurde diesbezüglich festgelegt, dass derartige Reststoffe schon zum damaligen Zeitpunkt einer zugelassenen Abfallbeseitigungsanlage zuzuführen waren, soweit sie nicht einer Weiter- bzw. Wiederverwertung zugeführt werden konnten. Dass Nr. 5 der Gründe des Planfeststellungsbeschlusses vom 30. April 1980 die Aussage enthält, dass Ausschlachtungsvorgänge zum Zwecke der Ersatzteilgewinnung auf dem Betriebsgelände nicht stattfänden, steht dem nicht entgegen. Dies schließt eine aus Umweltschutzgründen angemessene oder sinnvolle Demontage der angelieferten Altautos nicht aus. Die Lärmschutzregelung (Nebenbestimmung Nr. 5) gebietet entgegen der Auffassung der Beigeladenen keine andere Auslegung des Planfeststellungsbeschlusses. Sie bezieht generell alle Anlagen und den Fahrzeugverkehr auf dem Firmengelände ein und setzt die in der Nachbarschaft einzuhaltenden Immissionswerte in Übereinstimmung mit der TA Lärm 1968 fest. Dass zunächst nur ein einmaliger Nachweis angeordnet wurde (Nr. 5.3), schließt spätere Überprüfungen nicht aus.

Geht man davon aus, dass die Zerlegung der angelieferten Altautos im Kern bereits eine zugelassene Betriebsweise war, so stellt die spätere Änderung des Betriebsablaufs im Zusammenhang mit dem Inkrafttreten der Altauto-Verordnung keine wesentliche Änderung i.S. von § 16 Abs. 1 Satz 1 BImSchG i.d. Fassung des Gesetzes vom 9. Oktober 1996 dar, weil nachteilige Auswirkungen nicht hervorgerufen werden können; insofern hält der Verwaltungsgerichtshof die Beurteilung des Landratsamts für zutreffend. Die von den Klägerinnen befürchteten Lärmeinwirkungen durch Schlagschrauber zur Zerlegung der Altautos durch zusätzliche Lade- und Abladevorgänge, durch Staubeinwirkungen und Brandgefahren betreffen eine im Kern bereits zugelassene Betriebsweise. Sonstige tatsächliche Anhaltspunkte für die Möglichkeit nachteiliger Auswirkungen sind nicht erkennbar geworden. Die Errichtung zusätzlicher Hallen für die Behandlung der Altautos ist in diesem Zusammenhang ebenfalls unerheblich.

2. Die Klägerinnen haben derzeit keinen Rechtsanspruch nach § 20 Abs. 2 Satz 1 BImSchG darauf, dass das Landratsamt die Anlage zur zeitweiligen Lagerung von Eisen- und Nichteisenschrotten einschließlich Autowracks (Nr. 8.9 b Spalte 1 des Anhangs der 4. BImSchV) stilllegt. Dieser kann ihnen hinsichtlich der Eisen- und Nichteisenschrotte (ohne Autowracks) aber nicht über den 31. Dezember 2009 hinaus abgesprochen werden, falls hierfür bis zu diesem Zeitpunkt keine immissionsschutzrechtliche Genehmigung erteilt worden sein sollte.

Die Abgrenzung dieser Eisen- und Nichteisenschrotte kann anhand der Bezeichnungen in der Abfallverzeichnis-Verordnung vorgenommen werden (vgl. dazu Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, Bd. 2, Rdnr. 8 zu Nr. 8.9 des Anhangs der 4. BImSchV). Dort sind einerseits Metalle mit den Abfallschlüsselnummern 170401 bis 170407 aufgeführt und als nicht gefährliche Abfälle eingestuft. Hiervon werden Gegenstände unterschieden, die zwar Metalle enthalten, aber wegen ihrer von den allgemeinen Metallabfällen abweichenden Charakteristiken eine gesonderte Regelung erfahren haben und unter Umständen als gefährlicher Abfall eingestuft worden sind (vgl. Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, Band 2, Rdnr. 8 zu Nr. 8.9 des Anhangs der 4. BImSchV). Letztere gehören nicht zu den Eisen- und Nichteisenschrotten im Sinn dieser Regelung.

a) Was die zeitweilige Lagerung von Autowracks angeht, liegt kein Betrieb ohne erforderliche immissionsschutzrechtliche Genehmigung vor. Dies ergibt sich bereits aus dem Planfeststellungsbeschluss vom 30. April 1980, der mit der Errichtung und dem Betrieb eines Autowrackplatzes auch diese Betriebsweise erfasst. Dies bedeutet, dass die Rechtsvoraussetzung des § 20 Abs. 2 Satz 1 BImSchG insoweit nicht erfüllt sind.

b) Was die zeitweilige Lagerung von Eisen- und Nichteisenschrotten angeht, so wird diese zwar ohne die erforderliche immissionsschutzrechtliche Genehmigung betrieben; wegen der insofern vorliegenden atypischen Besonderheiten ist die Ermessensausübung des Landratsamts, gleichwohl von einer Stilllegungsverfügung abzusehen, jedoch derzeit verwaltungsgerichtlich noch nicht zu beanstanden (bis zum Ablauf des 31.12.2009).

aa) Der maßgebliche Schwellenwert von 1.500 Tonnen Lagerkapazität ist deutlich überschritten. Dem vom Verwaltungsgericht eingeholten Sachverständigengutachten zufolge ist in jedem Fall von einer Gesamtlagerkapazität für Eisen- und Nichteisenmetalle und Altfahrzeuge von mehr als 2.000 Tonnen auszugehen (S. 23 des Gutachtens).

bb) Der Planfeststellungsbeschluss vom 30. April 1980 bezieht sich nicht auf die zeitweilige Lagerung von Eisen- und Nichteisenschrotten, die nicht im Zusammenhang mit den angelieferten Autowracks stehen. Eine rechtsstaatlichen Anforderungen genügende, inhaltlich hinreichend bestimmte Regelung (vgl. Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG) kann dem Planfeststellungsbeschluss insoweit nicht entnommen werden.

Der Planfeststellungsbeschluss vom 30. April 1980 erfasst nach Nr. 1 des verfügenden Teils lediglich den Betrieb eines Autowrackplatzes, genau wie der Antrag der Beigeladenen vom 31. Mai 1979 und die diesbezügliche Aufforderung der Regierung von Oberbayern vom 19. Dezember 1978. Auch in der ortsüblichen Bekanntmachung des Vorhabens der Beigeladenen während des Planfeststellungsverfahrens ist lediglich von einem Autowrackplatz die Rede, auf dem Autos gesammelt, behandelt (ausgeschlachtet) und bis zu einem regelmäßigen Abtransport abgelagert werden sollen (vgl. Bl. 27 der einschlägigen Verfahrensakte des Landratsamts). Die Nebenbestimmungen des Planfeststellungsbeschlusses befassen sich überwiegend mit dem Autowrackplatz; nur gelegentlich wird unabhängig davon ölverunreinigter Schrott angesprochen (vgl. Nr. 6.7). In Nr. 3 werden zwar sämtliche bis dahin ergangenen Baugenehmigungen des Landratsamts ******* für das Betriebsgelände der Beigeladenen zum Bestandteil des Planfeststellungsbeschlusses erklärt; auch insofern fehlt aber eine Erwähnung der Lagerung von Eisen- und Nichteisenschrotten. Die aufgezählten Baugenehmigungen lassen sich vielmehr dem Betrieb eines Autowrackplatzes zuordnen. Davon ist auch die Regierung von Oberbayern in ihrem Hinweis an das Landratsamt im Anschluss an das Aufforderungsschreiben vom 19. Dezember 1978 ausgegangen. Die Bezugnahme auf den Bebauungsplan Nr. 15-*********** ersetzt keinen konkreten Gestattungsausspruch. Dass der Planfeststellungsbeschluss mit der Gestattung der Lagerung von Autowracks den Lagerplatz schlechthin für alle möglichen Gegenstände bauaufsichtlich genehmigt hätte, wie der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof zu bedenken gegeben hat, entspricht nicht dessen inhaltlich beschränktem Regelungsgehalt.

In den Gründen des Planfeststellungsbeschlusses wird zwar mitgeteilt, dass die Beigeladene seit 1973 einen Schrott- und Autowracksammelplatz betrieben habe (Nr. 1), dass die Anlage u.a. aus Hallen zur Lagerung von Buntmetallen sowie einer unbefestigten Lagerfläche für Blech, Stahl und Bruchschrott bestehe (Nr. 4) und dass der Betrieb der Beigeladenen neben dem An- und Verkauf von Autowracks auch den Handel mit allen übrigen Schrottsorten und mit Altmetallen umfasse (Nr. 5). Für sich genommen handelt es sich hier aber nicht um eine verbindliche Regelung, sondern um eine bloße Sachverhaltsschilderung. Dasselbe gilt für die Aussagen in Nr. 1 b und Nr. 2 des Erläuterungsberichts zum Geschäftsbetrieb der Beigeladenen, zum Handel mit den übrigen Schrottsorten und zum Handeln mit Altmetallen. Diese Zitate befinden sich in den Abschnitten "Erschließung des Betriebsgrundstücks selbst" (Nr. 1) und "Gewässerschutz" (Nr. 2), nicht aber im entscheidenden Abschnitt "Darstellung des Betriebsablaufs" (Nr. 3). Der Erläuterungsbericht legt vielmehr nahe, dass der Planfeststellungsbeschluss sich nicht auf die Anlage zur zeitweiligen Lagerung von Eisen- und Nichteisenschrotten beziehen soll, weil er sich in der Darstellung des Betriebsablaufs auf den Betrieb des Autowrackplatzes beschränkt.

Soweit sich die Beigeladene auf die Niederschrift über den Erörterungstermin vom 13. März 1980 bezieht, ist ihr zuzugestehen, dass diese zwar nicht Gegenstand des Planfeststellungsbeschlusses ist, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs aber Indiz dafür sein kann, wie namentlich die von dem Vorhaben Betroffenen die öffentlich ausgelegten Planunterlagen verstanden haben und verstehen durften (BayVGH vom 9.6.2005 - Az. 22 B 04.2159). Hier geht es um Äußerungen des Verhandlungsleiters, wonach nicht nur der Autowrackplatz, sondern der gesamte Betrieb der Abfallbeseitigungsanlage planfeststellungspflichtig gewesen sein soll und daher alle Lärmquellen auf dem Betriebsgelände berücksichtigt werden müssten. Abgesehen davon, dass der Begriff des gesamten Betriebs der Abfallbeseitigungsanlage auch so hätte verstanden werden können, dass die Metallschrotte mangels Abfalleigenschaft ausgenommen sein sollten, kommt dieser Äußerung hier deshalb keine besondere Bedeutung zu, weil sie unter Ausschluss der Nachbarn, die keine Einwendungen erhoben hatten, gefallen ist. Bei der Auslegung eines Planfeststellungsbeschlusses oder einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung ist zwar zunächst entsprechend § 133, § 157 BGB auf den objektiven Erklärungsinhalt des Bescheids aus der Sicht des Adressaten abzustellen. Bei der Auslegung kommt es aber nicht nur darauf an, wie der Anlagenbetreiber als Adressat den Bescheid verstehen konnte, sondern auch auf den Empfängerhorizont der Nachbarn, damit diese ihre Einwendungs- und Anfechtungsmöglichkeiten (Art. 19 Abs. 4 GG) tatsächlich wahrnehmen können. Der Anlagenbetreiber muss sich bei der Frage, wie der Planfeststellungsbeschluss oder der Genehmigungsbescheid zu verstehen sind, auch darauf einstellen, wie die Nachbarn ihn verstehen können (BVerwG vom 7.6.1991, NVwZ 1993, 177/179). Es darf nicht der Fall eintreten, dass betroffene Nachbarn durch die ortsübliche Bekanntmachung der Auslegung oder die Auslegungsunterlagen von der Erhebung von Einwendungen und von Anfechtungsklagen abgehalten werden und hinterher mitgeteilt bekommen, dass Betreiber und Landratsamt den Umfang des planfestgestellten oder genehmigten Vorhabens wesentlich weiter verstanden haben (vgl. BayVGH vom 9.6.2005 - Az. 22 B 04.2159). Verständigungen zwischen Landratsamt und der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen über das richtige Verständnis vom Umfang des planfestzustellenden Vorhabens können daher nicht den Ausschlag geben.

cc) § 67 Abs. 2 Satz 1 BImSchG ist hier nicht zugunsten der Beigeladenen anwendbar. Zwar mag es sich hier um eine sog. Altanlage handeln; § 67 Abs. 2 Satz 1 BImSchG gilt auch für Anlagen, die auf Grund einer Änderung der 4. BImSchV erstmals in den Katalog der genehmigungsbedürftigen Anlagen aufgenommen worden sind. Die Freistellung von dem Erfordernis der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nach § 67 Abs. 2 Satz 1 BImSchG gilt nach ihrem Sinn und Zweck aber dann nicht, wenn die Altanlage ohne die erforderliche Baugenehmigung und damit ohne die von Anfang an vorgeschriebene Prüfung errichtet und betrieben worden ist (BVerwG vom 29.9.1993, NVwZ-RR 1994, 199/200). Ein solcher Fall ist hier gegeben. Hier bestand für den Betrieb eines Platzes mit mehr als 200 m² zur zeitweiligen Lagerung von Eisen- und Nichteisenschrott vor dem Inkrafttreten der Genehmigungsbedürftigkeit nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz im Zeitpunkt der Errichtung der Anlage (nach Angaben der Beigeladenen 1970) lediglich eine bauaufsichtliche Genehmigungsbedürftigkeit nach Art. 2 Abs. 2 Satz 2, Art. 82, Art. 83 Abs. 1 Nr. 21 BayBO i.d. Fassung vom 21. August 1969 (GVBl 1969, S. 263). Eine bauaufsichtliche Genehmigung ist hier auch nach dem Vorbringen der Beigeladenen nicht nachweisbar. Die von der Beigeladenen und vom Beklagten dargelegten Indizien lassen keinen hinreichend sicheren Schluss auf eine derartige Baugenehmigung zu. Es geht zu Lasten der Beigeladenen, dass sie keinen diesbezüglichen Nachweis führen kann. Dem Planfeststellungsbeschluss vom 30. April 1980 ist, wie ausgeführt, mit der Gestattung der Lagerung von Autowracks keine bauaufsichtliche Genehmigung eines Lagerplatzes für alle möglichen Gegenstände zu entnehmen. Der Planfeststellungsbeschluss vom 30. April 1980, der unter Nr. 3 erkennbar alle bis dahin erteilten Baugenehmigungen aufzählt und zu seinen Bestandteilen macht, lässt darauf schließen, dass auch zum damaligen Zeitpunkt keine weitere Baugenehmigung vorhanden war. Die aufgezählten Baugenehmigungen lassen zudem nicht erkennen, dass ein legaler Betrieb eines Platzes zur zeitweiligen Lagerung von Eisen- und Nichteisenschrotten vorausgesetzt wird, weil sie sich, wie dargelegt, dem Betrieb eines Autowrackplatzes zuordnen lassen. Behauptet der Anlagenbetreiber das Vorliegen einer genehmigungsfreien Altanlage, so trägt er insoweit die Darlegungslast und die materielle Beweislast; die Nichterweislichkeit geht zu seinen Lasten. Beim Anlagenbetreiber ist davon auszugehen, dass der Zugang zu den entsprechenden Unterlagen und den genauen Informationen über Zeitpunkt, Umfang und nähere Umstände der Errichtung der Anlage hat (vgl. OVG Berlin vom 16.7.1985, NVwZ 1985, 756; BayVGH vom 13.2.1997, BayVBl 1998, 598/599). Dies gilt auch für die seinerzeit eingeholten behördlichen Gestattungen. Dem Anlagenbetreiber ist es zuzumuten, die diesbezüglich zu seinen Gunsten wirkenden Umstände darzulegen und nachzuweisen (vgl. auch BVerwG vom 17.7.2003, NJW 2003, 3360/3361).

dd) Die Rechtsvoraussetzungen des § 20 Abs. 2 Satz 1 BImSchG sind damit zwar erfüllt. Gleichwohl kann das Landratsamt derzeit noch nicht verpflichtet werden, bezüglich der Anlage zur zeitweiligen Lagerung von Eisen- und Nicht-eisenschrotten eine Stilllegungsanordnung zu erlassen. Die Sollvorschrift des § 20 Abs. 2 Satz 1 BImSchG lässt zwar ein Absehen von der Rechtsfolge der Stilllegung nur in atypischen Fällen zu. Von einem solchen atypischen Fall ist hier aber derzeit noch auszugehen. Der Umfang des durch den Planfeststellungsbeschluss vom 30. April 1980 gestatteten Anlagenbetriebs war für die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen nämlich objektiv nicht eindeutig erkennbar. Der Planfeststellungsbeschluss enthielt - wie dargelegt - Indizien dafür, dass er auch die zeitweilige Lagerung von Eisen- und Nichteisenschrott erfasste (vgl. zur Relevanz dieses Kriteriums BayVGH vom 23.6.2003 - Az. 22 ZB 03.44). Im Erörterungstermin vom 13. März 1980 wies der Verhandlungsleiter die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen zudem ausdrücklich darauf hin, dass der gesamte Betrieb der Abfallbeseitigungsanlage planfeststellungspflichtig sei und daher alle Lärmquellen auf dem Werksgelände berücksichtigt werden müssten. Hierin kann eine Art Vertrauensgrundlage für die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen gesehen werden. Zwar mag Schrott seinerzeit nicht als Abfall eingestuft worden sein; die Aussage bezog sich aber gleichwohl auf das gesamte Werksgelände. Die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen hatte keinen Grund, zu bezweifeln, dass das Landratsamt auf Weisung der Regierung von Oberbayern von den seinerzeit vorhandenen Einrichtungen und Nutzungen auf dem Betriebsgelände bewusst Kenntnis genommen und die erforderlichen Schritte zur Schaffung rechtmäßiger Verhältnisse unternommen hatte. Die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen hatte Anlass, davon auszugehen, dass das Landratsamt den Planfeststellungsbeschluss als für den Autowrackplatz und die Anlage zur zeitweiligen Lagerung von Eisen- und Nichteisenschrotten ausreichend angesehen hat. Die gegenteilige Rechtsauffassung musste der Beigeladenen zunächst ganz unerwartet und erstaunlich vorkommen. Von Bedeutung ist hier auch, dass sich die Nachbarschaft lange Zeit mit der Anlage abgefunden hat, obwohl ein derart umfangreicher Anlagenbetrieb auch ihr hätte auffallen müssen. Hinzu kommt, dass der öffentlich bekanntgemachte Bebauungsplan Nr. 15 - *********** gerade diesen Anlagenbetrieb für den Teilbereich E ausdrücklich angesprochen hat (Betriebe für Schrottlagerung und Schrottverarbeitung, Lagerhallen und Lagerplätze für Schrott). Dass nunmehr gegenüber früher weniger Autowracks und mehr Metallschrotte gelagert werden, ist ohne immissionsschutzrechtliche Relevanz. In Nr. 8.9 b des Anhangs der 4. BImSchV wird nicht unterschieden zwischen Anlagen zur Lagerung von Metallschrotten und Anlagen zur Lagerung von Autowracks.

Dieses Absehen von der Rechtsfolge des § 20 Abs. 2 Satz 1 BImSchG ist allerdings über den 31. Dezember 2009 hinaus nicht mehr hinnehmbar. Die Klägerinnen haben zu Recht darauf hingewiesen, dass die Beigeladene seit der Problematisierung der Genehmigungsfrage im Anschluss an den verwaltungsgerichtlichen Augenscheinstermin vom 5. Dezember 2001 (Az.: M 9 K 00.5417) bereits viel Zeit hat verstreichen lassen, ohne die formelle Legalität der Anlage herzustellen. Die seinerzeit vereinbarten zeitlichen Ziele (Einreichung des Genehmigungsantrags bis zum 31.5.2002, Abschluss des Verfahrens bis zum 30.4.2003) wurden nicht erreicht. Die objektiven Schwierigkeiten, das strittige Betriebsgelände genehmigungsrechtlich zutreffend zu erfassen, entlasten die Beigeladene insofern nur teilweise. Von daher kann ein Absehen von der Rechtsfolge des § 20 Abs. 2 Satz 1 BImSchG nur mehr befristet - bis zum 31. Dezember 2009 - hingenommen werden. Anzuerkennen ist derzeit, dass die Beigeladene unter dem 23. März 2006 einen Änderungsgenehmigungsantrag nach § 16 BImSchG zur Errichtung und zum Betrieb einer Anlage zur zeitweiligen Lagerung und Behandlung von Eisen- und Nichteisenschrotten gestellt und damit nunmehr die ihr obliegenden Schritte zur Herstellung rechtmäßiger Verhältnisse unternommen hat. Dem Antrag auf Genehmigungserteilung können zudem die Erfolgsaussichten nicht ohne weiteres abgesprochen werden. Die Anlage ist nicht schon allein wegen ihrer Aufnahme in die Spalte 1 der 4. BImSchV im Gewerbegebiet unzulässig (§ 15 Abs. 3 BauNVO). Hinzuweisen ist insofern auf die Festsetzungen für den Teilbereich E des Bebauungsplans Nr. 15 - *********** (Betriebe für Schrottlagerung und Schrottverarbeitung und Lagerplatz für Schrott) für das gesamte Grundstück. Im Übrigen liegen keine greifbaren Ablehnungsgründe vor. Allerdings kann im Hinblick auf die Größe der Anlage (Zugehörigkeit zu Spalte 1 der Anlage der 4. BImSchV) auch nicht von offensichtlicher Genehmigungsfähigkeit gesprochen werden. Auch deshalb kann ein Absehen von der Rechtsfolge des § 20 Abs. 2 Satz 1 BImSchG nurmehr befristet - bis zum 31. Dezember 2009 - hingenommen werden.

3. Was die Anlage zur zeitweiligen Lagerung von nicht gefährlichen Abfällen (Nr. 8.12 b Spalte 2 des Anhangs der 4. BImSchV) angeht, können die Klägerinnen vom Beklagten den Erlass einer Stilllegungsanordnung verlangen.

Diese Anlage ist von der Anlage zur Behandlung von Altautos abzugrenzen. Im vorliegenden Zusammenhang können nur Abfälle gemeint sein, die nicht aus angelieferten Altautos stammen und deren zeitweilige Lagerung damit nicht der Anlage zur Behandlung der Altautos zuzurechnen ist (s. oben 1 a). Die hier abzuhandelnde Anlage ist darüber hinaus von der Anlage zur zeitweiligen Lagerung von Eisen- und Nichteisenschrotten abzugrenzen (s. oben 2). Nr. 8.12 des Anhangs der 4. BImSchV erfasst die Abfälle, die nicht unter die beiden speziellen Vorschriften in Nr. 8.9 b (Metallschrott) und Nr. 8.13 (Schlämme) fallen. Nr. 8.12 ist als Auffangtatbestand konzipiert (vgl. Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, Bd. 2, RdNr. 3 zu Nr. 8.12 des Anhangs der 4. BImSchV). Dies betrifft hier in erster Linie die nicht aus den angelieferten Altautos stammenden Abfälle wie Papier, Altholz, Bauschutt.

a) Der maßgebliche Schwellenwert wird deutlich überschritten. Der rechtlich und tatsächlich mögliche Betriebsumfang, auf den es nach § 1 Abs. 1 Satz 4 der 4. BImSchV ankommt, erreicht hier eine Aufnahmekapazität von mehr als die in Nr. 8.12 b Spalte 2 des Anhangs der 4. BImSchV geforderten zehn Tonnen Aufnahmekapazität pro Tag. Er beträgt vielmehr ca. 95 Tonnen, wie sich aus S. 30 der Kurzbeschreibung im von der Beigeladenen vorgelegten Antrag auf Genehmigung nach § 10 BImSchG ergibt. Nach der Konzeption der Beigeladenen findet hier schon deshalb kein bloßes Umschlagen von Abfällen i.S. von Nr. 8.15 des Anhangs der 4. BImSchV statt, weil zwischen Anlieferung und Abtransport eine unbestimmte Zeit vergehen kann.

b) Auch für diese Anlage wurde keine immissionsschutzrechtliche Genehmigung erteilt. Ein Fall des § 67 Abs. 2 Satz 1 BImSchG liegt nicht vor, weil für den Lagerplatz der Beigeladenen die erforderliche Baugenehmigung fehlt, wie unter 2 b cc ausgeführt wurde.

c) Die Sollvorschrift des § 20 Abs. 2 Satz 1 BImSchG lässt bei der hier zu beurteilenden Anlage ein Absehen von der Rechtsfolge der Stilllegung nicht zu.

Die unter 2 b dd erörterten Vertrauensschutzgesichtspunkte greifen nicht, weil es sich bei den hier zu beurteilenden Abfällen nicht um Schrott in dem Sinn handelt, wie dieser Begriff im Planfeststellungsbeschluss des Landratsamts vom 30. April 1980 sowie im Bebauungsplan Nr. 15 - *********** gebraucht worden ist. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch der damaligen (wie der heutigen) Zeit handelte es sich bei Schrott um Metallschrott (vgl. Der Große Brockhaus, Jubiläumsausgabe, Bd. 10, 1980, unter Schrott; Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, Bd. 5, 1980, unter Schrott). § 2 Nr. 2 der 4. BImSchV i.d. Fassung vom 14. Februar 1975 (BGBl I S. 499) verwendete die Formulierung "Anlagen zum Zerkleinern von Schrott durch Rotormühlen". Auch damit war nur Metallschrott gemeint (vgl. Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, Band 2, RdNrn. 1 und 6 zu Nr. 8.9 des Anhangs der 4. BImSchV). Auch ist hinsichtlich dieser Anlage kein Antrag auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung anhängig.

Dass das Landratsamt, wie sich insbesondere seinem Schreiben vom 12. Juli 1999 entnehmen lässt, seinerzeit keine neuen genehmigungsbedürftigen Anlagen auf dem Betriebsgrundstück der Beigeladenen gesehen hat, rechtfertigt nicht die Annahme eines atypischen Falls. Insbesondere handelt es sich nicht um eine Mitteilung nach § 15 Abs. 2 Satz 2 BImSchG in der Fassung vom 9. Oktober 1996, die die Stillhalteverpflichtung nach § 15 Abs. 2 Satz 2 BImSchG beseitigt. Die Beigeladene hat keine Änderungsanzeigen "mindestens einen Monat, bevor mit der Änderung begonnen werden soll" erstattet. Ihre Rechtsvorgängerin hatte die Änderungen bereits vorher verwirklicht (vgl. Schreiben der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen vom 24.1.1995). Die Klägerinnen brauchen diese Schreiben, von denen sie keine Kenntnis hatten, nicht als verbindliche Regelung gegen sich gelten zu lassen. Unter Vertrauensschutzgesichtspunkten könnte gleichwohl ein atypischer Fall hergeleitet werden, wenn das Landratsamt durch seine Schreiben einen Umstand gesetzt hätte, der zur Errichtung genehmigungsbedürftiger Anlagen ohne erforderliche Genehmigung beigetragen hätte (vgl. Moormann, UPR 1996, 408/417; Führ, UPR 1997, 421/428 f.). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor, weil die genehmigungsbedürftige Anlage bereits vor den genannten Schreiben des Landratsamts errichtet worden war.

Der Gesichtspunkt der offensichtlichen Genehmigungsfähigkeit (vgl. BVerwG vom 15.12.1989, NVwZ 1990, 963/966) kommt der Beigeladenen ebenfalls nicht zu Gute. Die Zweifel an der Gewerbegebietsverträglichkeit des Gesamtbetriebs der Beigeladenen i.S. von § 8 Abs. 1 BauNVO sowie an der Vereinbarkeit mit der textlichen Gliederungsfestsetzung des Bebauungsplans Nr. 15 - *********** für den Teilbereich E gehen zu Lasten der Beigeladenen. Der Betrieb von Anlagen zur Behandlung von Altautos und zur zeitweiligen Lagerung von Eisen- und Metallschrott überschreitet teilweise die Schwellenwerte der Spalte 1 des Anhangs der 4. BImSchV und erreicht damit bereits die Grenzen des Gebietsverträglichen. Es liegt auf der Hand, dass alle Weiterungen kritisch betrachtet werden müssen (vgl. dazu auch die Niederschrift über den Erörterungstermin vom 19.1.2005, insbesondere S. 24 ff.).

4. Die Klägerinnen können vom Beklagten verlangen, dass er die Stilllegung der Anlage zur sonstigen Behandlung von nicht gefährlichen Abfällen i.S. von Nr. 8.11 b bb Spalte 2 des Anhangs der 4. BImSchV anordnet, derzeit aber nur, soweit es nicht um Eisen- und Nichteisenschrotte geht. Eine Erstreckung der Stilllegungsverpflichtung auf letztere ist erst nach dem 31. Dezember 2009 angezeigt, falls hierfür bis zu diesem Zeitpunkt keine immissionsschutzrechtliche Genehmigung erteilt worden ist.

Diese Anlage bezieht sich auf alle nicht gefährlichen Abfälle mit Ausnahme der ausgeschlachteten Altautos (Restkarossen). Sie ist der Anlage zur Behandlung von Altautos zum Zwecke der weiteren Behandlung ausgebauter Teile und der Anlage zur zeitweiligen Lagerung von Eisen- und Nichteisenschrotten nachgeschaltet, erfasst aber auch anderweitige Anlieferungen. Die hier genannte Anlagenart erfasst begrifflich auch die sonstige Behandlung von Eisen- und Nichteisenschrotten, da für diese keine ausdrückliche Spezialregelung existiert, was die sonstige Behandlung angeht. Diese Behandlung geschieht hier mit Hilfe einer 800-Tonnen-Schere, in ähnlicher Weise wie bei den Restkarossen (vgl. auch S. 24 des vom Verwaltungsgericht eingeholten Gutachtens).

a) Dass die Beigeladene eine derartige Anlage betreibt, ergibt sich aus dem vom Verwaltungsgericht eingeholten Sachverständigengutachten (S. 23 f. des Gutachtens). Dass der tatsächlich und rechtlich mögliche Betriebsumfang, der nach § 1 Abs. 1 Satz 1 der 4. BImSchV maßgeblich ist, auch hier mehr als zehn Tonnen Durchsatzleistung pro Tag beträgt, ergibt sich aus der Aufstellung auf S. 30 der Kurzbeschreibung, die die Beigeladene ihrem Antrag nach § 10 BImSchG beigefügt hat.

b) Im Übrigen ergeben sich gegenüber der unter 3. erörterten Anlagenart bis auf die Eisen- und Nichteisenschrotte keine Besonderheiten. Hinsichtlich der Eisen- und Nichteisenschrotte liegt derzeit die unter 2 b dd dargelegte Atypik noch vor; demnach ist die von den Klägerinnen begehrte Verpflichtung diesbezüglich für die Zeit bis zum 31. Dezember 2009 mit einer entsprechenden Einschränkung zu versehen.

5. Die Klägerinnen können vom Beklagten verlangen, dass er die Anlage zur sonstigen Behandlung von gefährlichen Abfällen (Nr. 8.11 b aa Spalte 2 des Anhangs zur 4. BImSchV) stilllegt.

Diese Anlage bezieht sich grundsätzlich auf alle gefährlichen Abfälle. Sie ist der Anlage zur Behandlung von Altautos zum Zwecke der weiteren Behandlung ausgebauter Teile nachgeschaltet, erfasst aber auch anderweitige Anlieferungen.

a) Der rechtlich und tatsächlich mögliche Betriebsumfang beträgt auch insoweit mehr als eine Tonne Durchsatzleistung pro Tag, wie sich aus S. 31 der Kurzbeschreibung ergibt, die die Beigeladene ihrem Antrag nach § 10 BImSchG beigefügt hat.

b) Auch für diese Anlage besteht keine immissionsschutzrechtliche Genehmigung; sie wird vom Planfeststellungsbeschluss vom 30. April 1980 nicht erfasst. Ein Fall des § 67 Abs. 2 BlmSchG liegt nicht vor. Auch hier fehlt es an der Erteilung der erforderlichen Baugenehmigung für die Lagerung der Abfälle, die Grundlage der sonstigen Behandlung ist (s. oben 2 b cc).

c) Ein Absehen von der Rechtsfolge der Stilllegung wegen Atypik ist hinsichtlich dieser Anlage aus den unter 3. genannten Gründen nicht gerechtfertigt. Dies gilt hier auch hinsichtlich der gefährlichen Abfälle, die zwar nicht im Sinne der Begrifflichkeit der derzeitigen Fassung von Nr. 8.9 des Anhangs der 4. BImSchV (vgl. dazu Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht Band 2, RdNr. 8 zu Nr. 8.9 des Anhangs der 4. BImSchV), aber wohl im Sinne des Sprachgebrauchs zur Zeit des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses vom 30. April 1980 als Metallschrott angesehen werden konnten. Den Gesichtspunkten, mit denen der Verwaltungsgerichtshof unter Nr. 2 b dd die Atypik begründet hat, steht hier nämlich die Gefährlichkeit entgegen, die nach der Bewertung der Abfallverzeichnis-Verordnung besteht (vgl. dazu näher Urteil in der Verwaltungsstreitsache 22 B 06.595).

Kosten: § 155 Abs. 1 Satz 1, § 159 Satz 1, § 162 Abs. 3 VwGO.

Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 Abs. 2 VwGO, § 708 Nr. 10 ZPO.

Nichtzulassung der Revision: § 132 Abs. 2 VwGO.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 75.000 Euro festgesetzt (§ 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 GKG; wie Vorinstanz).

Ende der Entscheidung

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