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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 08.05.2008
Aktenzeichen: 22 B 06.3184
Rechtsgebiete: BayWG, GG


Vorschriften:

BayWG Art. 4 Abs. 2 Satz 1
BayWG Art. 16 Abs. 3
BayWG Art. 17
BayWG Art. 54 Abs. 1
BayWG Art. 54 Abs. 2
BayWG Art. 75 Abs. 2
GG Art. 14 Abs. 1
GG Art. 20 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes

22 B 06.3184

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Unterlassung von Einleitungen in ein Gewässer;

hier: Berufung des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 10. Oktober 2006,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 22. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Schenk, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Hösch, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Eder

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 8. Mai 2008

am 8. Mai 2008

folgendes Urteil:

Tenor:

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, falls nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger ist Miteigentümer und Mitbewohner des Anwesens S**********weg ** in N******** (Grundstücke FlNrn. 149/2, 149/3, 151, 151/2, 152 und 153/3 der Gemarkung N******** sowie Grundstücke FlNrn. 1560, 1561/2 und 1563 der Gemarkung A**********). Das klägerische Anwesen wird von einem Gewässer dritter Ordnung, dem sogenannten S*****bach, durchflossen. Der S*****bach hat Zuflüsse aus dem Osten und Norden, und zwar u.a. den H******** Bach und u.a. den in den H******** Bach einmündenden Sch***** Graben. Der S*****bach bildet im Bereich des klägerischen Anwesens selbstständige Grundstücke (FlNrn. 151 der Gemarkung N******** und 1561/2 der Gemarkung A**********), die im Miteigentum des Klägers stehen. Die gesamte Fläche von ca. 1,5 ha wurde nach Angaben des Klägers im Jahr 2005 bei drei Hochwasserereignissen (25.6., 22.8. sowie 23./24.8.) vollständig überschwemmt, und zwar mit einer Wasserhöhe von 15 - 30 cm (Schreiben des Klägers vom 8.10.2005) bzw. 20 - 50 cm (Schreiben des Klägers vom 16.11.2005). Das Wasserwirtschaftsamt R******** hat die Überschwemmungen bestätigt (Schreiben vom 6.12.2005). In einer Stellungnahme vom 19. Dezember 2005 im Zusammenhang mit beabsichtigten Baumaßnahmen des Klägers führte das Wasserwirtschaftsamt näher aus, dass der H******** Bach ein eingetragener Wildbach sei. Das klägerische Anwesen liege im faktischen Überschwemmungsgebiet des H******** Bachs. In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof erklärte der Vertreter des Wasserwirtschaftsamts, der H******** Bach könne etwa 6 m³ Wasser pro Sekunde ohne Überschwemmungen abführen; bei einem 100-jährlichen Hochwasser würden demgegenüber mutmaßlich 20,8 m³ Wasser pro Sekunde zu Tal fließen.

Der Kläger hielt dem Beklagten mit Schreiben vom 16. November 2005 vor, das Ausmaß der Überschwemmungen auf seinem Anwesen werde durch die vom Beklagten veranlassten Zuleitungen über den Sch***** Graben verursacht. Der Kläger forderte den Beklagten auf, diese Zuleitungen nunmehr einzustellen.

Der Beklagte ging darauf nicht ein (Schreiben vom 18.11.2005). Er habe alle seine Gewässerunterhaltungs- und Gewässerausbauverpflichtungen erfüllt. Sämtliche Hochwasserschutzmaßnahmen seien über dem Grad der notwendigen Pflichterfüllung durchgeführt worden.

Das Wasserwirtschaftsamt beurteilte die Überschwemmungsursachen beim klägerischen Anwesen in seiner Stellungnahme vom 6. Dezember 2005 so: "Der Ausbauzustand ... erfüllt nicht die Kriterien zur Abführung eines 100-jährlichen Hochwasserereignisses. ... Wie Sie richtig ausführen, ist die Überschwemmung durch das Abfließen der Wassermenge aus dem Gesamteinzugsgebiet des H******** Bachs mit all seinen Neben- und Quellbächen verursacht. Das Ausborden kann nicht am Vorhandensein einer Regenwassereinleitung am Sch***** Graben festgemacht werden, zumal für die von Ihnen angesprochene Einleitung ein Rückhaltebecken angeordnet und ausgeführt worden ist. Die angesprochene Einleitung von Niederschlagswasser aus dem östlichen Ortsbereich von A********** in den Sch***** Graben ist mit Bescheid vom 8.5.2002 vom Landratsamt R******** genehmigt worden. Der gedrosselte Abfluss liegt bei 50 l pro Sekunde und kann im Vergleich zum Hochwasserabfluss des H******** Bachs von 6 m³ pro Sekunde vernachlässigt werden."

Der Kläger erhob Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München und beantragte schließlich, den Beklagten zu verpflichten, Wasser- und Kanaleinleitungen in den H******** Bach/S*****bach zu unterlassen bzw. zu beseitigen. Der Kläger erläuterte hierzu in der mündlichen Verhandlung, er wende sich gegen Einleitungen durch den Beklagten in den Sch***** Graben, der nach ca. 500 m in den nach Süden fließenden H******** Bach münde.

Das Verwaltungsgericht wies die Klage als unbegründet ab (Urteil vom 10.10.2006). Der Kläger erstrebe eine Verurteilung des Beklagten, die Einleitung von gesammeltem Niederschlagswasser in den Sch***** Graben aus dem Bereich von A**********-Ost zu unterlassen. Damit mache er einen öffentlich-rechtlichen Abwehr- bzw. Unterlassungsanspruch geltend, welcher voraussetze, dass er durch rechtswidrige hoheitliche Maßnahmen in seinen Rechten verletzt werde. Daran fehle es hier. Zwar stelle die Einleitung des gesammelten Niederschlagswassers aus dem Gebiet von A**********-Ost ein schlicht-hoheitliches Handeln des Beklagten dar. Diese Maßnahme des Beklagten sei jedoch mit Bescheid vom 8.5.2002 gestattet worden und daher nicht rechtswidrig. Der Kläger müsse die bestandskräftige wasserrechtliche beschränkte Erlaubnis öffentlich-rechtlich gegen sich gelten lassen, obwohl die wasserrechtliche beschränkte Erlaubnis zu keinem Ausschluss privatrechtlicher Ansprüche führe.

Mit der vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Berufung verfolgt der Kläger sein Rechtsschutzbegehren weiter. Er beantragt,

das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 10. Oktober 2006 zu ändern und den Beklagten zu verpflichten, es zu unterlassen, Wasser- bzw. Kanaleinleitungen in den S*****bach/H******** Bach/ Sch***** Graben vorzunehmen.

Zur Begründung macht der Kläger eine erhebliche, deutlich spürbare Verschlechterung der bestehenden Hochwassersituation durch die mit Bescheid des Landratsamts vom 8. Mai 2002 gestattete Einleitung in den Sch***** Graben geltend. Der Beklagte habe dem Erläuterungsbericht zufolge vor der Situation gestanden, dass durch immer häufiger wiederkehrende Starkregenereignisse Niederschlagswasser aus dem Ortsteil A********** größtenteils in Richtung Westen abgeflossen sei und sich in der natürlichen Geländesenke bei der Metzgerei V. und der vorbeiführenden Staatsstraße St **** gesammelt habe. Das bestehende Ableitungssystem in Richtung H*****graben sei für diese Wassermassen nicht ausgelegt gewesen und habe wegen teilweiser Überbauung auch nicht mehr erweitert werden können. Der Beklagte habe Abhilfe schaffen wollen, und zwar durch die Sammlung von wild ablaufendem Oberflächenwasser und durch die kontrollierte Ableitung unter der ca. 3 m hohen Wasserscheide hindurch in den Sch***** Graben. Der Beklagte habe in dem Erläuterungsbericht behauptet, dass der Sch***** Graben durch seine tiefe Ausbildung sehr aufnahmefähig sei und dass die weiterführende Ableitung in den S*****bach erfolge, welcher bereits für Starkregenereignisse ausgebaut worden sei. Dies sei unzutreffend. Die vom Beklagten eingeleiteten Wassermassen aus A********** müssten zwangsläufig zu Überflutungen des klägerischen Anwesens führen. Eine Rolle spielten schließlich auch die vom Beklagten schon seit 1967 betriebenen Einleitungen in den Sch***graben, der in den Sch***** Graben münde.

Der Beklagte beantragt die Zurückweisung der Berufung.

Der Beklagte bestreitet, dass sich die Überschwemmungsgefahr für das Anwesen des Klägers durch die mit Bescheid vom 8. Mai 2002 gestattete Einleitung erhöht habe. Im wasserrechtlichen Verfahren, das zu dem Bescheid vom 8. Mai 2002 geführt habe, sei eine hydrotechnische Berechnung angestellt worden. Auf dieser Grundlage sei ein Regenrückhaltebecken mit einer Drosseleinrichtung errichtet worden, welche sicherstelle, dass nicht mehr als 50 l pro Sekunde Wasser in den Sch***** Graben eingeleitet werden könne. Diese Einleitung von maximal 50 l pro Sekunde führe zu keiner Erhöhung der Überflutungsgefahr in Bezug auf die Grundstücke des Klägers.

Auf Fragen des Verwaltungsgerichtshofs erteilte das Wasserwirtschaftsamt mit Schreiben vom 24. Juli 2007 Auskünfte. Darin heißt es u.a.: "Nach unserem derzeitigen Kenntnisstand kann ausgeschlossen werden, dass die mit Bescheid vom 8. Mai 2002 erlaubte Einleitung von Niederschlagswasser in den Sch***** Graben zu häufigeren oder gravierenderen Überschwemmungen des Anwesens des Klägers führt. Das Einzugsgebiet ... der mit Bescheid vom 8. Mai 2002 erlaubten Einleitung beträgt 3,3 ha. Das oberirdische Einzugsgebiet des H******** Bachs im Bereich der Grundstücke des Klägers beträgt dagegen 312 ha. Das um rund 1 % größere Einzugsgebiet kann nach unserer fachlichen Einschätzung selbst bei ungedrosselter Zuführung von Oberflächenwasser zu keinen häufigeren oder gravierenderen Überschwemmungen im Bereich der Grundstücke des Klägers führen. Die Drosselung auf 50 l pro Sekunde soll bewirken, dass es für den Teilbereich des Sch***** Grabens zu keiner relevanten Abflusserhöhung durch die Einleitung kommt. Ohne Rückhalteeinrichtung wurde in den Planunterlagen mit einer Bemessungsregenspende ... ein maximaler Abfluss von 866 l pro Sekunde errechnet. Das gebaute Rückhaltebecken speichert die Abflussspitze und gibt einen Drosselabfluss von 50 l pro Sekunde an den Sch***** Graben weiter. Für den Bereich der Grundstücke des Klägers ist daraus im Rahmen der Genauigkeit der Berechnungen kein Beitrag zu eventuellen Überschwemmungen mehr zu erwarten. Die Drosselung der Einleitung wirkt sich auf ein Hochwasser im H******** Bach nicht mehr aus."

Darüber hinaus teilte das Wasserwirtschaftsamt mit: "In den Sch***** Graben mündet der sogenannte Sch***graben mit einer uns bekannt gewordenen Niederschlagswassereinleitungsstelle des Beklagten. ... Die Einleitung in den Sch***graben ist in bei uns aufgefundenen Planunterlagen des Ingenieurbüros G. vom 11. September 1967 dargestellt."

Diesbezüglich legte der Beklagte dem Verwaltungsgerichtshof einen Kanalbestandsplan vom 12. Oktober 1967 vor, bestehend aus einem Übersichtsplan Maßstab 1 : 2.000 und zwei Blättern Maßstab 1 : 1.000. Die Pläne zeigen die Straßenentwässerung (Kanal mit Einlaufschächten) im Bereich der Flure P***********, G****** und G******. Zu dem Bestandsplan gehören zwei Blätter Berechnungen. Weitere Unterlagen konnten hierzu nicht aufgefunden werden.

Mit Schreiben vom 18. Januar 2008 ergänzte das Wasserwirtschaftsamt seine Auskünfte folgendermaßen: "Die Einleitungen aus vom Markt N******** betriebenen Entwässerungseinrichtungen führen nicht zu häufigeren oder gravierenderen Überschwemmungen der klägerischen Grundstücke. Die Häufigkeit von Hochwasserereignissen wird nicht verändert. Die Hochwassersituation für die klägerischen Grundstücke ist seit den 60er Jahren unverändert und hat sich nicht verschärft". Dazu erfolgten unter dem 14. April 2008 weitere Erläuterungen. Es sei diesbezüglich von einem Abfluss von 0,522 m³ pro Sekunde bei einem Einzugsgebiet von 12,94 ha auszugehen, dies seien weniger als 3% des Scheitelabflusses eines 100-jährlichen Hochwassers von ca. 21 m³ pro Sekunde. In Wirklichkeit falle die Hochwasserverschärfung noch deutlich geringer aus, weil sich die Abflussscheitel aus bebauten und unbebauten Gebieten nicht überlagern würden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Das klägerische Anwesen ist bei Hochwasser zwar von Überschwemmungen bedroht; dem Kläger stehen deswegen jedoch keine Ansprüche gegen den Beklagten auf Abhilfemaßnahmen (Schutzvorkehrungen oder Unterlassung von Einleitungen) zu.

1. Abhilfeansprüche des Klägers gegen den Beklagten können sich zum einen nicht aus etwaigen Gewässerausbaupflichten des Beklagten hinsichtlich des S*****grabens, des H******** Bachs, des Sch***** Grabens oder des Sch***grabens ergeben. Für derartige Ansprüche auf Gewässerausbau gibt es keine gesetzliche Grundlage. § 1 Nr. 9 des Gesetzes zur Änderung des Bayerischen Wassergesetzes vom 20. Dezember 2007 (GVBl S. 969), in Kraft getreten am 1. Januar 2008, hat Art. 54 BayWG folgenden Absatz 2 angefügt: "Die Aufgabe nach Abs. 1 ist eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung". Die Bedeutung dieses Zusatzes als Ausschluss von Ausbauansprüchen Dritter wird insbesondere durch die amtliche Begründung verdeutlicht. Diese lautet folgendermaßen: "Die Hochwasserereignisse der jüngsten Vergangenheit haben zu zahlreichen gerichtlichen Auseinandersetzungen geführt, in denen auch ein Anspruch Dritter auf Gewässerausbau geltend gemacht worden ist. Schon nach bisheriger Rechtsauffassung stellt die Ausbaupflicht lediglich eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung dar, durch die Pflichten gegenüber der Allgemeinheit, nicht aber gegenüber Dritten, begründet wurden. Anders als in Art. 42 BayWG für die Gewässerunterhaltung wird dies jedoch nicht ausdrücklich zum Ausdruck gebracht und könnte im Vergleich der beiden Bestimmungen zu dem Rückschluss führen, dass anders als die Gewässerunterhaltung ein Gewässerausbau zu Hochwasserschutzzwecken eingeklagt werden könnte. Daher ist die klarstellende Regelung, dass es sich bei der Ausbaupflicht ebenfalls um eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung handelt, unerlässlich. Ein Ausbauanspruch Dritter besteht nicht" (LT-Drs. 15/8876, S. 14 f.). Soweit der H******** Bach ein Wildbach ist, würde eine öffentlich-rechtliche Ausbauverpflichtung überdies nicht den Beklagten, sondern den Freistaat Bayern treffen (Art. 54 Abs. 1 Nr. 2 BayWG).

2. Dem Kläger stehen auch keine Abwehransprüche auf Unterlassung der am 8. Mai 2002 gestatteten Einleitung in den Sch***** Graben sowie auf Unterlassung der in den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts erfolgten Einleitungen in den Sch***graben zu. Diese können insbesondere nicht auf den öffentlich-rechtlichen Folgenbeseitigungsanspruch gestützt werden. In der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (vgl. insbesondere Urteil vom 4.4.2005 - Az. 22 B 01.247, bestätigt durch BVerwG vom 11.1.2006 - Az. 7 B 53.05) ist zwar anerkannt, dass der öffentlich-rechtliche Folgenbeseitigungsanspruch unter bestimmten Voraussetzungen als Anspruchsgrundlage in Betracht kommt, wenn ein Bürger von der Gemeinde Hochwasserschutz für seine Grundstücke begehrt. Dieser gewohnheitsrechtlich anerkannte und durch Richterrecht geprägte Anspruch, der letztlich auf dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) und auf der Abwehrfunktion der Grundrechte beruht, hat u.a. zur Voraussetzung, dass durch einen hoheitlichen Eingriff ein subjektives Recht des Betroffenen verletzt und dadurch ein noch andauernder rechtswidriger Zustand geschaffen worden ist (vgl. dazu auch BVerwG vom 26.8.1993, BVerwGE 94, 100/104). Der Folgenbeseitigungsanspruch zielt auf die Wiederherstellung des Zustands, der im Zeitpunkt vor Beginn des Eingriffs bestand; er dient nicht dem allgemeinen Ausgleich von Schäden, die durch rechtswidriges Verwaltungshandeln - etwa auch in Form pflichtwidrigen Unterlassens - verursacht worden sind (BVerwG vom 21.9.2000 DVBl 2001, 726/731 f.). Die Voraussetzungen für einen derartigen Anspruch sind im vorliegenden Fall nicht gegeben.

a) Entgegen dem angefochtenen Urteil schließt die wasserrechtliche beschränkte Erlaubnis vom 8. Mai 2002 den geltend gemachten öffentlich-rechtlichen Folgenbeseitigungsanspruch in Bezug auf die mit dieser Erlaubnis gestattete Einleitung von Niederschlagswasser in den Sch***** Graben zwar nicht von vornherein aus.

Für wasserrechtliche beschränkte Erlaubnisse existiert keine dem § 11 Abs. 1 Satz 1 WHG und dem Art. 16 Abs. 3 Satz 1 BayWG entsprechende Vorschrift. Dies hat zur Folge, dass die wasserrechtliche beschränkte Erlaubnis des Art. 17 BayWG keine Ansprüche wegen nachteiliger Wirkungen der gestatteten Gewässerbenutzung ausschließt, die etwa auf Unterlassung der Gewässerbenutzung, auf Herstellung von Schutzeinrichtungen oder auf Schadensersatz gerichtet sind. Der durch eine Gewässerbenutzung, für die eine wasserrechtliche beschränkte Erlaubnis erteilt ist, Geschädigte ist vielmehr in seinen rechtlichen Möglichkeiten völlig frei; er wird durch diese in keiner Weise mit irgendwelchen Ansprüchen gegen die Gewässerbenutzung ausgeschlossen. Anders gewendet: Der Inhaber der wasserrechtlichen beschränkten Erlaubnis genießt aufgrund dieser keinen Rechtsschutz gegenüber den dadurch tatsächlich oder rechtlich betroffenen Dritten. Können diese aufgrund ihrer durchgesetzten Rechtsansprüche die Gewässerbenutzung verhindern, so geht die erteilte wasserrechtliche beschränkte Erlaubnis ins Leere; von ihr kann nicht Gebrauch gemacht werden (vgl. Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, BayWG, RdNr. 11 zu Art. 17). Dies gilt gleichermaßen, wenn die Gewässerbenutzung als privatrechtliche und wenn sie als öffentlich-rechtliche Maßnahme zu qualifizieren ist, weil eine Einleitung in ein Gewässer von einer Gemeinde schlicht-hoheitlich im Rahmen der Daseinsvorsorge (Beseitigung von Niederschlagswasser) vorgenommen wird.

Eine Duldungspflicht kann sich hier nur nach Art. 4 Abs. 2 Satz 1 BayWG ergeben, wonach der Eigentümer eines Gewässers dessen Benutzung durch einen Dritten im Rahmen einer wasserrechtlichen beschränkten Erlaubnis zu dulden hat. Die Duldungspflicht bezieht sich lediglich auf die Benutzung des Gewässers des Eigentümers; bei oberirdischen Gewässern wird dieses regelmäßig bestimmt durch das Wasser und das Gewässerbett; zum Gewässerbett gehören der vom Wasser bedeckte Boden und die Ufer. Die Grenze zwischen dem Gewässergrundstück und den Landgrundstücken wird durch die Uferlinie (Art. 12 BayWG) bestimmt (Sieder/Zeitler/ Dahme/Knopp, BayWG, RdNr. 31 zu Art. 4); die Duldungspflicht erstreckt sich jedoch nicht auf die Grundstücksflächen außerhalb der Uferlinien der oberirdischen Gewässergrundstücke (vgl. BayVGH vom 25.1.2008 - Az. 22 ZB 06.849).

Die wasserrechtliche beschränkte Erlaubnis vom 8. Mai 2002 ist somit für den vom Kläger geltend gemachten Anspruch unerheblich. Dies gilt auch für die vom Kläger vorgebrachten Einwände gegen diese Erlaubnis und gegen eventuell missverständliche Formulierungen im Erläuterungsbericht (betreffend die Aufnahmefähigkeit des Sch***** Grabens und den Ausbauzustand des S*****bachs). Maßgebend sind allein die nunmehr bestehenden tatsächlichen Verhältnisse.

b) Die Voraussetzungen für einen öffentlich-rechtlichen Folgenbeseitigungsanspruch sind im Hinblick auf die im Jahr 2002 gestattete Einleitung von Niederschlagswasser in den Sch***** Graben gleichwohl nicht gegeben.

Es ist zwar richtig, dass das klägerische Anwesen und damit sein durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschütztes Grundstückseigentum bei Hochwasser von Überschwemmungen bedroht ist. Der S*****graben kann bei Hochwasser nur einen Bruchteil der abfließenden Wassermenge aufnehmen (ca. 6 m³ pro Sekunde gegenüber einer Wassermenge von ca. 20,8 m³ pro Sekunde bei einem 100-tjährlichen Hochwasser); das Anwesen des Klägers liegt in einem faktischen Überschwemmungsgebiet (vgl. Schreiben des Wasserwirtschaftsamts vom 19.12.2005 und Erklärungen des Vertreters des Wasserwirtschaftsamts in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof). Die damit verbundenen Beeinträchtigungen des Grundstückseigentums des Klägers können aber nicht auf einen hoheitlichen Eingriff des Beklagten zurückgeführt werden. Zwar kann in der Einleitung von Niederschlagswasser in ein Gewässer dritter Ordnung im Zuge der Erfüllung der öffentlichen Aufgabe der Beseitigung von Niederschlagswasser, wie sie hier aufgrund des Bescheids vom 8. Mai 2002 vorgenommen wird, ein derartiger schlicht-hoheitlicher Eingriff liegen. Unter den gegebenen Umständen scheidet aber ein rechtlich relevanter Kausalbeitrag zu den Beeinträchtigungen des Grundstückseigentums des Klägers durch Überschwemmungen aus. Die bloße Feststellung, dass in ein bisweilen Hochwasser führendes Gewässer dritter Ordnung eine bestimmte Wassermenge zusätzlich eingeleitet wird, reicht nicht aus, um einen solchen rechtlich relevanten Kausalbeitrag zu belegen (BayVGH vom 18.12.2003 - Az. 22 B 03.823). Wie der Verwaltungsgerichtshof in den Urteilen vom 2. Februar 2004 - Az. 22 B 02.3084 und vom 4. April 2005 - Az. 22 B 01.247 entschieden hat, muss es sich um einen feststellbaren, erkennbaren, effektiven Kausalbeitrag handeln. Er muss ein schutzwürdiges Interesse des Eigentümers im Sinn von § 905 Satz 2 BGB berühren. Er muss in dem Sinn greifbar sein, dass er zu einem in Geld bewertbaren zusätzlichen Schaden führt (BayVGH vom 18.12.2003 - Az. 22 B 03.823). Daran fehlt es hier.

Wie das Wasserwirtschaftsamt in seiner Stellungnahme vom 24. Juni 2007 ausgeführt hat, beträgt das oberirdische Einzugsgebiet des H******** Bachs im Bereich des Anwesens des Klägers 312 ha, während das Einzugsgebiet der mit Bescheid vom 8. Mai 2002 erlaubten Einleitung 3,3 ha beträgt, also ca. 1% des erstgenannten Einzugsgebiets. Hinzu kommen das gemäß der genannten Erlaubnis vom 8. Mai 2002 errichtete Rückhaltebecken mit einem Volumen von 500 m³ sowie die ebenfalls vorgesehene Drosselung des Abflusses aus dem Rückhaltebecken auf 50 l pro Sekunde; dadurch soll nach der Beurteilung des Wasserwirtschaftsamts bewirkt werden, dass es für den Teilbereich des Sch***** Grabens zu keiner relevanten Abflusserhöhung durch die Einleitung kommt. Ohne Rückhalteeinrichtung wurde in den Planunterlagen der genannten Erlaubnis ein maximaler Abfluss von ca. 900 l (866 l) pro Sekunde errechnet. Das gemäß der Erlaubnis vom 8. Mai 2002 gebaute Rückhaltebecken speichert die Abflussspitze und gibt lediglich einen Drosselabfluss von 50 l pro Sekunde an den Sch***** Graben weiter. Für das Anwesen des Klägers ist daraus der Stellungnahme des Wasserwirtschaftsamts vom 24. Juni 2007 zufolge kein relevanter Beitrag zu eventuellen Überschwemmungen mehr zu erwarten. Diese Einschätzung des Wasserwirtschaftsamts, der aufgrund der besonderen Stellung der Wasserwirtschaftsämter als wasserwirtschaftlicher Fachbehörden (Art. 75 Abs. 2 Satz 1 BayWG) besonderes Gewicht zukommt (vgl. auch BayVGH vom 7.10.2002, BayVBl 2003, 753) hält der Verwaltungsgerichtshof für überzeugend. Lediglich bei einer rein theoretischen Betrachtungsweise könnte angenommen werden, dass die Überschwemmungen im Bereich der Grundstücke des Klägers in äußerst geringem Umfang zunehmen; diese Zunahme ist jedoch nicht konkret berechenbar und in ihrer praktischen Bedeutung völlig unerheblich; einen derartig minimalen Kausalbeitrag hält der Verwaltungsgerichtshof auch rechtlich für unerheblich (zu einer vergleichbaren Bewertung vgl. BayVGH vom 18.12.2003 - Az. 22 B 03.823). Der Kläger weist zwar zu Recht darauf hin, dass bei starken, langdauernden Niederschlagsereignissen auch das Rückhaltebecken überflutet werden könnte und die ankommenden Wassermassen nicht mehr bewältigt werden könnten. Es handelt sich insofern aber um eine Beeinträchtigung des Grundstückseigentums des Klägers, die nicht durch die im Jahr 2002 gestattete Einleitung von Niederschlagswasser aus den Flächen nördlich der Wasserscheide in Verbindung mit Rückhaltebecken und Drosselung des Abflusses verursacht worden ist bzw. wird und die hierdurch auch nicht verschärft worden ist bzw. wird. Der Zufluss aus den Flächen nördlich der Wasserscheide beträgt unter allen Umständen maximal ca. 900 l (866 l) pro Sekunde. Gerade bei starken, langdauernden Niederschlagsereignissen ist er aber wieder wesentlich geringer und kann als solcher von dem Rückhaltebecken und der Drosselung des Abflusses auf 50 l pro Sekunde beherrscht werden, wie der Vertreter des Wasserwirtschaftsamts in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof überzeugend erläutert hat.

c) Soweit der Kläger den öffentlich-rechtlichen Folgenbeseitigungsanspruch auch hinsichtlich der seit etwa 1967 vorgenommenen Einleitungen in den Sch***graben geltend macht, kann ihm ebenfalls nicht gefolgt werden. Wie das Wasserwirtschaftsamt in seinen Stellungnahmen vom 18. Januar 2008 und vom 14. April 2008 ausgeführt hat, führen diese Einleitungen nicht zu häufigeren oder gravierenderen Überschwemmungen der klägerischen Grundstücke. Da es sich um eine reine Straßenentwässerung handelt und Einleitungen von angrenzenden Grundstücken nicht zugelassen sind, wie in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof geklärt worden ist, ist das Einzugsgebiet wesentlich kleiner als die vom Wasserwirtschaftsamt ursprünglich angegebenen 12,94 ha (vgl. Schreiben vom 14.4.2008). Die Einleitung verursacht zudem insofern keine Verschlechterung der Hochwassersituation, als sie Niederschlagswasser betrifft, das diesseits der Wasserscheide anfällt und ohnehin dem H******** Bach zuströmen würde. Die Einleitung betrifft zudem Niederschlagswasser aus versiegelten Flächen, das sehr schnell ab- und dann das klägerische Anwesen durchfließt, bevor die Abflüsse aus nicht versiegelten Gebieten erfolgen, so dass es dort nicht mehr relevant zu Überschwemmungen beitragen kann, wie der Vertreter des Wasserwirtschaftsamts in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof überzeugend dargelegt hat. Zudem hat sich die Hochwassersituation für die klägerischen Grundstücke seit den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts durch diese Einleitungen nicht verändert und insbesondere nicht verschärft. Dies wird auch durch das Vorbringen des Klägers bestätigt, aus dem sich ergibt, dass die in den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts geschaffenen Einleitungen ursprünglich nicht zu einer Verschärfung der Hochwassersituation im Bereich der klägerischen Grundstücke geführt haben.

Kosten: § 154 Abs. 2 VwGO.

Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 Abs. 2 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Nichtzulassung der Revision: § 132 Abs. 2 VwGO.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt (§ 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2 GKG).

Ende der Entscheidung

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