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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 18.12.2002
Aktenzeichen: 22 B 99.1402
Rechtsgebiete: WVVO, BayVwVfG


Vorschriften:

WVVO § 81
WVVO § 82
WVVO § 86
WVVO § 87
WVVO § 88
WVVO § 89
BayVwVfG Art. 44 Abs. 1
BayVwVfG Art. 46
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes

22 B 99.1402

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Wasserverbandsumlage;

hier: Berufung des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 11. Mai 1999,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 22. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Konrad, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Hösch, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Zöllner

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 26. September 2002

am 18. Dezember 2002 folgendes Urteil:

Tenor:

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Beklagte ist ein nach § 79 Abs. 1 Wasserverbandsgesetz (G. vom 12. Februar 1991, BGBl I S. 405, WVG) fortbestehender altrechtlicher Wasserverband mit der Aufgabe, für die Abwasserabführung und Abwasserreinigung im Verbandsgebiet zu sorgen. Seine noch auf der Grundlage von § 9 der Ersten Wasserverbandverordnung (VO vom 3. September 1937, BGBl III 753-2-1, WVVO) erlassene Verbandssatzung (im folgenden: VS) sah in der vom 1. Mai 1994 bis zum 31. Dezember 1997 geltenden Fassung vor, dass der Kläger als Verbandsmitglied 26,59 % des Herstellungsaufwands für die verbandseigenen Anlagen und 29,68 % der Kosten aus der Beteiligung des Verbandes an der Kläranlage Erlangen zu tragen habe (§ 26 Abs. 4 und 5 VS).

In Anwendung dieser Bestimmungen setzte der Beklagte mit Bescheiden vom 20. Januar und 27. Juni 1995 die von der Klägerin zu leistende Verbandsumlage für die Kläranlage (Haushaltsjahr 1994) auf 45.807,55 DM und für die gemeinsamen Anlagen (Haushaltsjahr 1995) auf 72.444,23 DM fest. Der Kläger erhob hiergegen wie in den vorangegangenen Jahren seit 1979 Widerspruch mit der Begründung, sein festgelegter Anteil sei zu hoch bemessen, da für die beiden ortsansässigen Brauereien mittlerweile wesentlich weniger Einwohnergleichwerte (EGW) anzusetzen seien als bei der ursprünglichen Ermittlung der Anteile durch das Wasserwirtschaftsamt im Jahr 1973. Aus einem soeben fertig gestellten Gutachten über die tatsächlich anfallende Schmutzfracht ergebe sich für den Kläger eine Reduzierung um 5.000 EGW.

Mit Bescheiden vom 25. und 28. April 1997 wies das Landratsamt Erlangen-Höchstadt die Widersprüche zurück. Die Beitragslast nach § 26 Abs. 5 VS bemesse sich dem Wortlaut nach auf die "ableitbaren" EGW jedes Verbandsmitglieds, so dass die tatsächliche Inanspruchnahme keine Rolle spiele. Gegen die 1984 für die einzelnen Verbandsmitglieder ermittelten Einzugsflächen, die der Verteilung nach § 26 Abs. 4 VS zugrunde lägen, habe der Kläger keine Bedenken vorgetragen. Im übrigen stehe den Behörden hinsichtlich der Verbandssatzung keine Verwerfungskompetenz zu.

Am 22. Mai 1997 ließ der Kläger gegen die beiden Umlagebescheide und die zugehörigen Widerspruchsbescheide Klage erheben. Der in § 26 Abs. 5 VS enthaltene Verteilungsschlüssel entspreche wegen unzutreffender Erfassung der beiden Brauereien nicht dem in § 81 Abs. 1 WVVO bzw. § 28 Abs. 4 WVG normierten Vorteilsmaßstab. Für den Finanzierungsanteil der einzelnen Verbandsmitglieder komme es auch nicht auf "ableitbare", sondern auf tatsächlich angefallene EGW an, wie sich aus der Anpassungsmöglichkeit nach § 29 VS ergebe.

Im Hinblick auf eine geplante Änderung der Verbandssatzung, die mit Wirkung für die Zukunft eine erheblich reduzierte Beteiligung des Klägers an den Beitragslasten für die verbandseigenen Anlagen (21,70 %) und für die Kläranlage Erlangen (19,83 %) vorsah, wies der Gemeinderat des Klägers den 1. Bürgermeister mit Beschluss vom 8. Oktober 1997 zur Rücknahme der Widersprüche für die Jahre 1995 bis 1997 an, sobald die für diesen Zeitraum angekündigte "abrechnungstechnische Anwendung" der neuen Beitragsschlüssel bestandskräftig geworden sei. Nachdem die Verbandsversammlung eine solche rückwirkende Anwendung am 3. November 1997 beschlossen hatte und zum 1. Januar 1998 die neue, auf dem Wasserverbandsgesetz beruhende Verbandssatzung in Kraft getreten war, nahm der 1. Bürgermeister des Klägers in der Sitzung der Verbandsversammlung vom 17. März 1998 laut Protokoll "alle Widersprüche seit 1.1.1995" zurück.

Auf der Grundlage der neuen Verbandssatzung setzte der Beklagte daraufhin mit Bescheid vom 27. Mai 1998 die Umlagen für die Haushaltsjahre 1995 bis 1997 rückwirkend neu fest und errechnete anhand der beigefügten Hebelisten für den Kläger ein Gesamtguthaben von 402.952,01 DM. Auch hiergegen erhob der Kläger am 1. Juli 1998 Widerspruch, der laut Protokoll in der nachfolgenden Verbandssitzung am 27. Juli 1998 zurückgenommen wurde.

In der Klageerwiderung vom 9. März 1999 trug der Beklagte u. a. vor, die Rückabwicklung der geänderten Umlagesätze für den Zeitraum 1995 bis 1997 sei bereits vollzogen, indem der Beklagte am 1. Juli 1998 gegen das genannte Guthaben des Klägers die Aufrechnung mit anderweitigen offenen Umlagebescheiden erklärt habe.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 9. März 1999 erklärte ein Vertreter des Beklagten, der im Bescheid vom 27. Juni 1995 festgesetzte Betrag sei, soweit er den neu festgesetzten Anteil übersteige, an den Kläger zurückerstattet worden. Bezüglich dieses Bescheids erklärte der Klägervertreter den Rechtsstreit für erledigt; der Beklagtenvertreter stimmte dieser Erklärung nicht zu.

Mit Urteil vom 11. März 1999 wies das Verwaltungsgericht Ansbach die Klagen ab. Die Klage auf Feststellung der Erledigung hinsichtlich des Bescheids vom 27. Juni 1995 sei teilweise schon deshalb unbegründet, weil eine Erledigung aufgrund des inzwischen bestandskräftigen Anrechnungsbescheids vom 27. Mai 1998 nur in Höhe des Differenzbetrags zwischen dem früher und dem nunmehr festgesetzten Anteil eingetreten sei. Im übrigen sei die geänderte Klage unbegründet, da die ursprünglich gegen den Bescheid erhobene Anfechtungsklage unzulässig gewesen sei. Möglicherweise sei der prozessuale Anspruch bereits verwirkt, da der Vertreter des Klägers in der Verbandsversammlung die zugrunde liegenden Umlagesätze selbst mitbeschlossen habe. Jedenfalls aber habe der erste Bürgermeister des Klägers den Widerspruch gegen den Bescheid vom 27. Juni 1995 wirksam zurückgenommen. Die Zulässigkeit der Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 20. Januar 1995 unterliege ebenfalls Zweifeln im Hinblick auf eine Verwirkung und auf eine mögliche Rücknahme des Widerspruchs durch die Protokollerklärung vom 17. März 1998. Jedenfalls sei die Klage aber unbegründet, da keine Bedenken gegen die Wirksamkeit des § 26 Abs. 5 VS bestünden. Für die Festlegung des Beitragsmaßstabs der einzelnen Verbandsmitglieder reiche eine annähernde Ermittlung der Vorteile und Kosten aus. Die Bemessung des Umlageschlüssels nach den ableitbaren EGW sei daher nicht zu beanstanden. Da nicht auf die abgeleiteten EGW abzustellen sei, komme es auf das Ausmaß der tatsächlichen Inanspruchnahme nicht an.

Im Rahmen der vom Senat zugelassenen Berufung hat der Kläger beantragt,

unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils den Bescheid des Beklagten vom 20. Januar 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landratsamts Erlangen-Höchstadt vom 25. April 1997 sowie den Bescheid des Beklagten vom 27. Juni 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landratsamts Erlangen-Höchstadt vom 28. April 1997 aufzuheben,

hilfsweise zu dem zuletzt genannten Antrag: die Rechtswidrigkeit des Bescheids vom 27. Juni 1995 und des Widerspruchsbescheids vom 28. April 1997 festzustellen,

weiter hilfsweise: die Erledigung des Rechtsstreits hinsichtlich des Bescheids vom 27. Juni 1995 und des Widerspruchsbescheids vom 28. April 1997 festzustellen.

Die Klage gegen den Bescheid vom 27. Juni 1995 sei zulässig, da der hiergegen erhobene Widerspruch nach Erlass des Widerspruchsbescheids nicht mehr habe zurückgenommen werden können; im übrigen sei die Erklärung des ersten Bürgermeisters hinsichtlich der Rücknahme weder vom vorangegangenen Ratsbeschluss gedeckt gewesen noch formwirksam erfolgt. Die Zustimmung der Verbandsvertreter des Klägers bei früheren Änderungen der Verbandssatzung führe nicht zur Verwirkung der Anfechtungsbefugnis, da der Kläger sich stets gegen die festgesetzten Umlageschlüssel gewandt habe. Bei der Heranziehung zu den Verbandsbeiträgen habe der Beklagte das in der Satzung vorgeschriebene mehrstufige Verfahren nicht eingehalten, auch sei die geforderte Aktualisierung der Umlageschlüssel unterblieben. Die Verteilung der Beiträge könne nicht anhand des Wahrscheinlichkeitsmaßstabs erfolgen, sondern setze eine genauere Erfassung von Art und Menge der eingeleiteten Abwässer voraus. Der Bescheid vom 27. Juni 1995 habe sich wohl noch nicht erledigt, da der auf eine Neufestsetzung der Umlage gerichtete Bescheid vom 27. Mai 1998 noch nicht bestandskräftig sei. Hinsichtlich des ersten Hilfsantrags ergebe sich das Feststellungsinteresse des Klägers aus der Vielzahl noch anhängiger Widersprüche gegen vergleichbare Umlagebescheide.

Der Beklagte hat beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Wirksamkeit der Erklärung des ersten Bürgermeisters hänge nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht von dem zugrunde liegenden Gemeinderatsbeschluss ab. Die Rücknahme des Widerspruchs sei analog § 92 Abs. 1 Satz 1 VwGO auch noch bis zur Unanfechtbarkeit des Widerspruchsbescheids möglich. Aus den Sitzungsprotokollen der Verbandsversammlung ergäben sich keine Vorbehalte des Klägers gegen die durch Satzung festgelegten Umlageschlüssel. Auf etwaige Verfahrensverstöße bei der Beitragsfestsetzung komme es nicht an, solange die Beitragssätze zutreffend errechnet seien. Die angegriffenen Umlageschlüssel bewegten sich innerhalb des dem Beklagten eröffneten Regelungsermessens.

In der mündlichen Verhandlung am 26. September 2002 schlossen die Beteiligten auf Vorschlag des Gerichts einen Vergleich, der eine pauschale Zahlung des Beklagten an den Kläger in Höhe von 15.000 DM (7.669,37€) gegen Rücknahme aller noch anhängigen Rechtsbehelfe vorsah. Dieser Vergleich wurde vom Kläger mit Schriftsatz vom 29. Oktober 2002 fristgerecht widerrufen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Behördenakten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Über den Rechtsstreit konnte im schriftlichen Verfahren entschieden werden, nachdem die Beteiligten für den Fall des Vergleichswiderrufs auf weitere mündliche Verhandlung verzichtet hatten (§ 101 Abs. 2 VwGO).

Die Klagen bleiben hinsichtlich aller Haupt- und Hilfsanträge ohne Erfolg. Soweit sich der Kläger gegen den das Haushaltsjahr 1994 betreffenden Bescheid des Beklagten vom 20. Januar 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. April 1997 wendet, ist die Anfechtungsklage zwar zulässig, aber unbegründet (I.). Hinsichtlich des auf das Haushaltsjahr 1995 bezogenen Bescheids vom 27. Juni 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. April 1997 fehlt es bereits an notwendigen Zulässigkeitsmerkmalen sowohl für die Anfechtungsklage (II.1) als auch für die hilfsweise erhobene Fortsetzungsfeststellungsklage (II.2) und die weiter hilfsweise erhobene Klage auf Feststellung der Erledigung des Rechtsstreits (II.3).

I.

Die Klage gegen den Bescheid vom 20. Januar 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. April 1997 ist zulässig. Die insoweit vom Beklagten und auch vom Verwaltungsgericht geäußerten Bedenken sind unbegründet.

1. Die Prozessvoraussetzung des vor Klageerhebung erfolglos durchgeführten Widerspruchsverfahrens (§ 68 Abs. 1 Satz 1 VwGO) ist nicht nachträglich durch Rücknahme des Widerspruchs entfallen. Unabhängig von der rechtlich umstrittenen Frage, ob eine solche Verfahrenshandlung nach Erlass des Widerspruchsbescheids noch wirksam vorgenommen werden kann, fehlt es hier bereits an einer entsprechenden Willensäußerung des Klägers. Die in der Verbandsversammlung am 17. März 1998 mündlich abgegebene und ins Protokoll aufgenommene Erklärung des ersten Bürgermeister, er nehme "alle Widersprüche seit 1.1.1995" zurück, betraf bei sinngemäßer Auslegung anhand der auch für den Empfänger erkennbaren Umstände (§§ 133, 157 BGB) nur die Widersprüche gegen Bescheide bezüglich der Haushaltsjahre ab 1995. Dies folgt aus dem im Protokoll enthaltenen Hinweis auf den vorangegangenen Gemeinderatsbeschluss, der eine Ermächtigung zur Rücknahme lediglich für den Zeitraum vorsah, der von der rückwirkenden "abrechnungstechnischen" Anwendung der neuen Umlageschlüssel erfasst wurde.

2. Der Kläger hat sein Klagerecht auch nicht dadurch verwirkt, dass sein Vertreter in der Verbandsversammlung dem streitigen Umlageschlüssel bei den vorherigen Änderungen der Verbandssatzung ohne ausdrücklichen Widerspruch zugestimmt hat. Abgesehen davon, dass eine vorbehaltlose Mitwirkung beim Zustandekommen der Satzung allenfalls die Berufung auf deren Fehlerhaftigkeit ausschließen, nicht aber der gegen den Umlagebescheid erhobenen Klage insgesamt entgegengehalten werden könnte, lässt sich das Verhalten des Klägers hier nicht als endgültige Hinnahme des satzungsmäßig festgelegten Verteilungsmaßstabs verstehen. Dem steht bereits der Umstand entgegen, dass der Kläger seit 1979 fortlaufend gegen alle auf § 26 Abs. 4 und 5 VS gestützten Umlagebescheide Widerspruch erhoben und dabei zur Begründung jeweils auf die aus seiner Sicht nicht mehr angemessene Verteilung der Beitragslasten verwiesen hat. Die während dieses Zeitraums erfolgten Satzungsänderungen, zuletzt mit Wirkung ab dem 1. Mai 1994 (Amtsblatt des Landkreises Erlangen-Höchstadt Nr. 49 vom 8. Dezember 1994, S. 118), enthielten im übrigen keine substanzielle Neuregelung des umstrittenen Verteilungsmaßstabs, sondern lediglich dessen notwendige rechnerische Anpassung an den zwischenzeitlich geänderten Gebietsbestand der Verbandsgemeinden. Dass der Kläger die anlässlich dieser Satzungsänderungen bestehende Gelegenheit nicht genutzt hat, seinen Wunsch nach einer grundlegenden Neubestimmung der Beitragsanteile in der Verbandsversammlung zur Sprache zu bringen, war angesichts des dort geltenden Mehrheitsprinzips (§ 18 Abs. 1 VS) nachvollziehbar und konnte aus Sicht der übrigen Beteiligten nicht die Erwartung begründen, dass er sich mit den bisher strittigen Satzungsbestimmungen für die Zukunft abgefunden habe.

3. Die hiernach zulässige Klage ist aber unbegründet. Durch den Bescheid des Beklagten vom 20. Januar 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landratsamts Erlangen-Höchstadt vom 25. April 1997 wird der Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Den Prüfungsmaßstab bilden hierbei weiterhin die Bestimmungen der Ersten Wasserverbandverordnung (WVVO, BGBl III 753-2-1) und der auf ihrer Grundlage erlassenen Verbandssatzung vom 16. Januar 1964 (zuletzt geändert am 1. Dezember 1994), nachdem zum Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung die für Altverbände grundsätzlich geforderte Anpassung der Satzung an das seit dem 1. Mai 1991 geltende Wasserverbandsgesetz (§ 82 WVG) noch nicht erfolgt war (§ 78 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 79 Abs. 2 WVG).

a) In formeller Hinsicht stand allerdings die bis 1997 geltende Verbandssatzung und die auf ihr beruhende Praxis der Beitragserhebung nicht vollständig in Einklang mit den Bestimmungen der WVVO. Dies führt jedoch unter den gegebenen Umständen nicht zur Aufhebung des angegriffenen Bescheids.

Das frühere Wasserverbandsrecht war im Unterschied zur heutigen Rechtslage (§ 31 Abs. 1 WVG) durch ein grundsätzlich dreistufiges Erhebungsverfahren gekennzeichnet. Danach waren zunächst die abstrakten Beitragsverhältnisse (Verteilungsschlüssel) zu ermitteln und im Beitragbuch bekannt zu geben (§ 87 WVVO), dann die von den Mitgliedern jeweils zu zahlenden Geldbeiträge in der gemeinsamen Hebeliste festzusetzen und schließlich die einzelnen Beiträge durch Leistungsbescheide in Gestalt der sog. Hebung einzuziehen (§ 89 Abs. 1 WVVO). Jedem dieser drei Schritte kam ein selbstständiger Regelungsgehalt und damit Verwaltungsaktscharakter zu (BVerwGE 10, 238/242). Dementsprechend konnten Einwendungen, die das Beitragsverhältnis betrafen, nur gegenüber dem Beitragbuch, solche gegen den Umlegungsbetrag nur gegenüber der Hebeliste und solche in Bezug auf die persönliche Leistungspflicht nur gegenüber dem Heranziehungsbescheid geltend gemacht werden (BayVGH vom 14. 4. 1989 ZfW 1990, 328/329).

Abweichend von diesem Regelungsmodell war in der für den streitgegenständlichen Beitragsbescheid geltenden Verbandssatzung die Erstellung der Hebeliste nicht als gesondert angreifbare Entscheidung mit unmittelbarer Außenwirkung konzipiert. Nach § 30 Abs. 1 VS hatte der Verbandsvorsteher zwar die insgesamt aufzubringende Geldsumme nach dem im Beitragsbuch angegebenen Verhältnis auf die einzelnen Mitglieder zu verteilen und in die Hebeliste einzutragen. Diese Gesamtaufstellung war aber entgegen der Vorschrift des § 89 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 87 Abs. 1 WVVO den beitragspflichtigen Mitgliedern nicht in vollem Umfang förmlich bekannt zu geben. § 30 Abs. 2 VS sah lediglich vor, jedem Mitglied zum Zweck der Beitragseinziehung eine Mitteilung über Höhe und Berechnung (nur) seines Beitrags, den sog. Hebelistenauszug, mit entsprechender Rechtsmittelbelehrung zuzustellen. Nur insoweit und nicht hinsichtlich der gesamten Hebeliste war also nach der früheren Verbandssatzung eine unmittelbare Anfechtungsmöglichkeit eröffnet.

Dieser Rechtsverstoß führt aber entgegen einer in der Literatur (Rapsch, WVVO, 1989, § 89 RdNr. 9) und teilweise auch in der Rechtsprechung (OVG Bremen vom 27. Februar 1990, ZfW 1990, 475/478 ff.) vertretenen Ansicht nicht zwingend zur Rechtswidrigkeit des auf der nachfolgenden Stufe erlassenen und hier allein streitgegenständlichen Heranziehungsbescheids (ebenso OVG Lüneburg vom 18. 12. 1970, III OVG A 36/70, zit. nach Rapsch, a.a.O.). Zwar stellte die Verpflichtung zur verbindlichen Feststellung der Hebeliste nach § 89 Abs. 1 WVVO eine dem Schutz der Mitglieder dienende Vorkehrung dar, die es ihnen ermöglichte zu überprüfen, ob sie im Verhältnis zu den übrigen Verbandsmitgliedern gerecht und rechnerisch richtig veranlagt worden waren (Kaiser/Linckelmann/Schleberger, WVVO, 1967, § 89 Anm. 2). Dem Rechtsgehalt nach handelte es sich hierbei aber um eine verfahrensbezogene Anforderung, so dass bei Verstößen - mangels spezieller Bestimmungen in der Ersten Wasserverbandverordnung - auf den Rechtsgedanken des Art. 46 BayVwVfG zurückzugreifen ist. Danach kann die Aufhebung des angegriffenen Heranziehungsbescheids nicht allein wegen des festgestellten Fehlers im vorangegangenen Erhebungsverfahren beansprucht werden, wenn offensichtlich ist, dass dieser die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Diese Voraussetzungen der Unbeachtlichkeit liegen bei dem angefochtenen Bescheid vom 20. Januar 1995 vor. Der Verbandsvorsteher wäre auch bei verwaltungsaktsmäßiger Festsetzung der Hebeliste an die damals in der Verbandssatzung festgelegten Verteilungsschlüssel gebunden gewesen und hätte zu keinem anderen Ergebnis gelangen können. Dass ihm bei der konkreten Verteilung der von den verschiedenen Mitgliedern zu erhebenden Beiträge rechnerische oder sonstige Fehler unterlaufen wären, ist weder vom Kläger geltend gemacht worden noch sonst erkennbar. Die unterbliebene vollständige Bekanntmachung der Hebeliste rechtfertigt daher nicht die Aufhebung des auf ihrer Grundlage erlassenen Beitragsbescheids. Für dieses Ergebnis spricht nicht zuletzt die Überlegung, dass auch im Falle nochmaliger behördlicher Entscheidung die seinerzeit verletzte Verfahrensvorschrift heute nicht mehr berücksichtigt werden könnte, da die Beitragserhebung mittlerweile - nach Inkrafttreten der neuen Verbandssatzung - im Einklang mit den Bestimmungen des Wasserverbandsgesetzes nur noch in einem "einstufigen" Verfahren ohne Beitragbuch und Hebeliste erfolgt (§ 31 Abs. 1 WVG, § 27 Abs. 1 VS 1998).

Aus der unterbliebenen förmlichen Bekanntmachung der Hebeliste folgt allerdings, dass der Kläger auch im Rahmen der Anfechtungsklage gegen den Heranziehungsbescheid noch Einwendungen erheben kann, die sich auf den Inhalt der Hebeliste beziehen. Darüber hinaus ist er im vorliegenden Fall auch mit solchen Einwendungen nicht ausgeschlossen, die das für die jeweiligen Mitglieder festgesetzte Beitragsverhältnis betreffen. Zwar sah § 27 VS im Einklang mit §§ 86 Abs. 1, 87 WVVO grundsätzlich vor, den abstrakten Verteilungsschlüssel im Beitragbuch konstitutiv festzulegen und förmlich bekannt zu geben, so dass diesbezügliche Einwendungen nur in einem dagegen gerichteten Rechtsbehelfsverfahren und nicht mehr im Rahmen der nachfolgenden Beitragserhebung geltend zu machen waren. Im Widerspruch hierzu hat aber der Beklagte die jeweiligen Beitragssätze bereits ursprünglich in der Satzung festgelegt und die entsprechenden Bestimmungen (§ 26 Abs. 4 und 5 VS) im Laufe der Jahre durch Satzungsänderungen mehrfach den veränderten Umständen angepasst. Diese Verfahrensweise, gegen die keine rechtlichen Bedenken bestehen (vgl. Rapsch, WVVO, § 86 RdNr. 5; § 87 RdNr. 4), hatte zur Folge, dass die Hebeliste unmittelbar auf der Grundlage der Satzung erstellt werden konnte und dem Beitragbuch keine eigenständig regelnde Bedeutung mehr zukam. Aus diesem Grund hat der Beklagte jedenfalls in neuerer Zeit davon abgesehen, das Beitragbuch förmlich fortzuschreiben und die durch Satzungsänderungen modifizierten Beitragssätze den Mitgliedern in rechtsmittelfähiger Form bekannt zu geben. Dementsprechend konnte hinsichtlich des Verteilungsschlüssels auch keine Bestandskraft eintreten, die sich der Kläger im vorliegenden Verfahren entgegenhalten lassen müsste (vgl. OVG Lüneburg vom 15. 12. 1977 OVGE 33, 455/456 f.).

b) Die somit uneingeschränkt mögliche materielle Prüfung des angefochtenen Bescheids lässt aber keinen Rechtsfehler erkennen. Der vom Kläger beanstandete Beitragssatz in Höhe von 29,68 % der Kosten aus der Verbandsbeteiligung an der Kläranlage Erlangen (§ 26 Abs. 5 VS) verstieß weder gegen die Bestimmungen der Ersten Wasserverbandsverordnung noch gegen sonstige höherrangige Vorschriften.

Die rechtlichen Maßstäbe für die Höhe der Beitragslast ergaben sich zum damaligen Zeitpunkt primär aus den Bestimmungen der § 81, 82 WVVO. Danach waren die Beitragspflichten zwar allgemein nach dem Verhältnis der Vorteile zu verteilen, die den einzelnen Mitgliedern durch die Tätigkeit des Verbandes entstanden (§ 81 Abs. 1 WVVO). Durch die Satzung konnten aber die Beitragsverhältnisse selbst bei neu gegründeten Verbänden auch nach anderen Maßstäben (§ 82 Abs. 2 Nrn. 2, 3 WVVO) und sogar gänzlich abweichend von den in der Ersten Wasserverbandverordnung normierten Regeln geordnet werden (§ 82 Abs. 2 Nr. 4 WVVO); für den Vollzug genügte dabei eine annähernde Ermittlung der Beitragsverhältnisse (§ 86 Satz 2 WVVO). In Anbetracht dieser Vorgaben konnte schon im Ansatz nicht davon gesprochen werden, dass der Vorteilsmaßstab derart zum Grundprinzip des Wasserverbandsrechts erhoben worden wäre, dass er jederzeit hätte gewahrt bleiben müssen (BVerwGE 18, 324/327). Dem Satzungsgeber stand vielmehr ein weites Regelungsermessen zu, das den Gesichtspunkten der Praktikabilität und der Kostenersparnis hinreichend Raum ließ und seine Grenze erst im Willkürverbot des Art. 3 Abs. 1 GG fand (BVerwG a.a.O.; Rapsch, a.a.O., § 81 RdNr. 10 m.w.N.; ders., ZfW 1988, 321/324).

Hieran gemessen bestehen gegen den in § 26 Abs. 5 VS festgelegten Umlageschlüssel auf der Grundlage der vom Wasserwirtschaftsamt ermittelten Einwohnergleichwerte weder für den Zeitpunkt seiner ursprünglichen Berechnung (1973) noch für den Zeitpunkt bei Erlass des streitgegenständlichen Beitragsbescheids rechtliche Bedenken. Dies folgt allerdings entgegen der Auffassung der Widerspruchsbehörde und des Verwaltungsgerichts nicht schon daraus, dass wegen der Bezugnahme auf die "ableitbaren" Einwohnergleichwerte die tatsächliche Inanspruchnahme der Kläranlage durch die einzelnen Verbandsmitglieder von vornherein keine Rolle spielen dürfte. Die detaillierte Ermittlung der im Jahr 1973 in den einzelnen Verbandsgemeinden nach der Zahl der Einwohner und der ansässigen Betriebe angefallenen Abwässer und die in § 29 VS vorgesehene Möglichkeit, die Beitragssätze nachträglich veränderten Umständen anzupassen, lassen vielmehr die Absicht des Satzungsgebers erkennen, einen die Wirklichkeit (jedenfalls annähernd) widerspiegelnden Beitragsmaßstab aufzustellen.

Dass dieser Maßstab sich allein an den nach Erfahrungssätzen errechneten Einwohnergleichwerten orientiert, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Mit der Anknüpfung an die Einwohnergleichwerte hat sich der Beklagte für einen inhaltlich hinreichend bestimmten und an objektiven Merkmalen ausgerichteten Verteilungsschlüssel entschieden, dessen grundsätzliche Eignung zur Bestimmung der auf die Verbandsmitglieder entfallenden Anteile allgemein anerkannt ist (vgl. zuletzt BayVGH vom 8. 2. 2002, 4 ZB 01.2547, S. 4, zu Art. 42 Abs. 2 KommZG). Eine weitere Verfeinerung dieses Maßstabs etwa durch Berücksichtigung technischer oder betriebswirtschaftlicher Besonderheiten bei einzelnen Betrieben im Verbandsgebiet war aus Rechtsgründen nicht geboten. Die Verbandsmitglieder hatten auch keinen Anspruch darauf, dass zur Feststellung des ihnen aus der Benutzung der Kläranlage erwachsenden Vorteils der vernünftigste, gerechteste oder zweckmäßigste Maßstab gefunden wurde (BayVGH a.a.O.; vom 3. 12. 1986, 4 B 84. A.1953, S. 24). Der Verteilungsmaßstab musste sich nicht ausschließlich an dem für das Kommunalabgabenrecht geltenden Äquivalenzgrundsatz ausrichten, sondern konnte sich in Anbetracht des körperschaftlichen Verbunds der Mitglieder auf eine Angemessenheit im weiteren Sinne beschränken (BayVGH vom 14. 2. 1995, GK 1995, 230).

Der Kläger hat nicht substantiiert geltend gemacht, dass schon im Jahr 1973 bei der dem Beitragsschlüssel zugrundeliegenden Berechnung der Einwohnergleichwerte durch das Wasserwirtschaftsamt die tatsächlichen Verhältnisse in den Verbandsgemeinden unzutreffend erfasst worden wären. Für eine solche Annahme fehlt auch im übrigen jeder Anhaltspunkt, so dass ungeachtet des in § 86 Abs. 1 VwGO enthaltenen Amtsermittlungsgrundsatzes kein hinreichender Anlass für eine weitere Sachaufklärung besteht (vgl. BVerwG vom 17. 4. 2002 NVwZ 2002, 1123/1125). Es kann daher auch offen bleiben, ob über die damalige Situation aus heutiger Sicht überhaupt noch verlässliche Feststellungen getroffen werden könnten.

Soweit sich der Kläger auf nachträglich eingetretene Veränderungen des Abwasseraufkommens in seiner Gemeinde beruft, kann an dieser Tatsache allerdings im Grundsatz kein Zweifel bestehen. Wie aus dem 1995 erstellten sog. SMUSI-Gutachten hervorgeht und auch in der Neufassung der Verbandssatzung zum Ausdruck kommt, hat sich seit der erstmaligen Berechnung im Jahr 1973 der Anteil des Klägers an dem nach Einwohnergleichwerten berechneten Abwasseraufkommen trotz einer erheblich gewachsener Bevölkerungszahl im Verhältnis zu den übrigen Verbandsmitgliedern deutlich verringert. Auch diese Entwicklung, die im wesentlichen auf einem Rückgang im gewerblichen Bereich beruht, führt aber nicht dazu, dass der in § 26 Abs. 5 VS ursprünglich festgelegte und anlässlich späterer Gebietsänderungen lediglich fortgeschriebene Beitragsschlüssel nachträglich rechtswidrig und damit unwirksam geworden wäre.

Bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Rechtsnorm kommt es wie bei anderen Hoheitsakten grundsätzlich auf den Zeitpunkt ihres Erlasses an. Nachträglich eingetretene Änderungen der zugrundeliegenden Tatsachen können jedoch bei Dauerregelungen zur Rechtswidrigkeit der Norm führen, wenn höherrangiges Recht den Normgeber zur fortlaufenden Überprüfung und Anpassung verpflichtet (BayVGH vom 29. 4. 1987, BayVBl 1987, 557/558 f. m.w.N.). Bei langfristigen Entwicklungen komplexer Art muss allerdings dem Normgeber hinsichtlich der Frage, ob ein dauerhafter erheblicher Wandel der tatsächlichen Verhältnisse eingetreten ist, eine gewisse Beobachtungszeit sowie ein Beurteilungsspielraum eingeräumt werden (BVerfGE 42, 374/395 f.; BVerwG vom 12. 12. 1979, BayVBl 1980, 302; BayVGH a.a.O., 559; Ossenbühl, in: Isensee/Kirchhof, HStR III, § 64 RdNr. 44).

Hinsichtlich der hier angegriffenen Satzungsbestimmungen ist bereits fraglich, ob für den Satzungsgeber kraft höherrangigen Rechts zum fraglichen Zeitpunkt überhaupt eine Pflicht zur Anpassung von Amts wegen bestand, deren Verletzung zur Unwirksamkeit der ursprünglichen Beitragsschlüssel hätte führen können. Die für Grundrechtseingriffe und Grundrechtsgefährdungen entwickelte Verpflichtung zur fortlaufenden Beobachtung der weiteren Entwicklung zwecks rechtzeitiger Korrektur vorangegangener Entscheidungen (BVerfGE 49, 89/130; 50, 290/335) kann auf das Verhältnis der hier beteiligten Hoheitsträger keine Anwendung finden. Auch die Erste Wasserverbandverordnung sah keine unbedingte Verpflichtung des Beklagten zur Aktualisierung der Beitragsverhältnisse vor. Nach § 88 Abs. 1 WVVO musste vielmehr das Beitragbuch nur auf Verlangen eines Mitglieds und überdies nur bei erheblicher Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse geändert werden; im übrigen konnten Änderungen "nach Bedarf" vorgenommen werden. Hieraus wird ersichtlich, dass der Verordnungsgeber die Möglichkeit einer nachträglichen Abweichung von den zunächst ermittelten Bemessungsgrundlagen durchaus bedacht hat, ohne daraus aber unmittelbare Folgen für die Fortgeltung der festgesetzten Beitragsschlüssel abzuleiten.

Im Falle des Beklagten, der die Beitragsverhältnisse bereits in der Satzung festgeschrieben hatte, wäre ein auf das Beitragbuch beschränktes Änderungsverlangen einzelner Mitglieder freilich ebenso erfolglos geblieben wie etwa der Versuch, den Verbandsvorsteher unter Hinweis auf seine Verpflichtung aus § 29 VS zur Fortschreibung des Beitragsbuchs zu bewegen. Der Kläger hätte aber, anstatt lediglich die auf der Satzung beruhenden Heranziehungsbescheide anzufechten, gegenüber den übrigen Verbandsmitgliedern seinen aus § 88 Abs. 1 Satz 1 WVVO abzuleitenden Rechtsanspruch auf Zustimmung zur Satzungsänderung förmlich geltend machen und gegebenenfalls auch gerichtlich durchsetzen können, falls die dafür vorausgesetzte erhebliche Änderung der Verhältnisse nachweisbar war. Nachdem er von dieser mitgliedschaftsrechtlichen Option keinen Gebrauch gemacht hat, kann er im vorliegenden Verfahren nicht verlangen, dass die von ihm für nicht mehr angemessen erachtete Satzung vom Gericht verworfen wird.

Selbst wenn aber trotz der unzureichenden Bemühungen des Klägers um eine verbandsinterne Lösung eine gerichtliche Inzidentkontrolle der angegriffenen Satzungsbestimmung im Rahmen der anhängigen Anfechtungsklage möglich bliebe, könnte die Klage keinen Erfolg haben. In Anbetracht des weiten Beobachtungs- und Beurteilungsspielraums, der dem Beklagten bei der Feststellung nachträglich veränderter Umstände zusteht, kann hier noch nicht davon gesprochen werden, dass der in § 26 Abs. 5 VS enthaltene Verteilungsmaßstab bei Erlass des angegriffenen Bescheids offensichtlich sachwidrig war und deshalb gegen das Willkürverbot verstieß (vgl. BVerfGE 12, 341/353 f.; OVG Lüneburg vom 22. 1. 1981, OVGE 36, 339/344). Die seit der erstmaligen Berechnung der Einwohnergleichwerte im Jahre 1973 eingetretenen Veränderungen in der Gewerbestruktur und in der Bevölkerungszahl bewegten sich erkennbar innerhalb der für Gemeinden dieser Größe üblichen Schwankungsbreite. Die Änderungen gingen auch keineswegs einseitig nur zu Lasten des Klägers, der nach dem sog. SMUSI-Gutachten ein überproportionales Bevölkerungswachstum aufwies und damit für diesen Teilbereich sogar ein erhöhtes Abwasseraufkommen zu verzeichnen hatte. Auch wenn die Veränderungen hinreichende Gründe für eine satzungsmäßige Neubestimmung der Beitragssätze boten, ergab sich aus ihnen jedenfalls kein so krasses Missverhältnis, dass die bisherige Regelung als unwirksam betrachtet werden musste.

II.

Die gegen den weiteren Beitragsbescheid vom 27. Juni 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. April 1997 gerichtete Klage ist sowohl hinsichtlich des Hauptantrags als auch der beiden Hilfsanträge unzulässig.

1. Grundsätzlich konnte der Kläger allerdings auch noch im Berufungsverfahren die Aufhebung dieses Verwaltungsakts beantragen, obwohl er zuletzt in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht die Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache erklärt hatte. Wird der Erledigungserklärung wie hier vom Beklagten widersprochen, so kann ein Kläger, ohne dass darin eine Klageänderung zu sehen wäre (vgl. § 173 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 2 ZPO), in der zweiten Instanz zu seinem ursprünglichen Klageantrag zurückkehren (BVerwG vom 13. 10. 1987 NVwZ-RR 1988, 56); wegen der fortdauernden Rechtshängigkeit der Streitsache führt die zwischenzeitliche Aufgabe des Anfechtungsantrags auch nicht zum Eintritt der Bestandskraft des Verwaltungsakts (BVerwG, a.a.O.; vom 22. 1. 1998 NVwZ 1999, 404 f.; a.A. Kopp/Schenke, VwGO, 12. Aufl., § 161 RdNr. 20; Neumann in: NKVwGO, § 161 RdNr. 228; Dietrich, DVBl 2002, 745/749 f.).

Die Anfechtungsklage gegen den das Haushaltsjahr 1995 betreffenden Beitragsbescheid geht aber ins Leere, da sich der Bescheid vom 27. Juni 1995 bereits während des erstinstanzlichen Verfahrens in vollem Umfang erledigt hat und daher nicht mehr aufgehoben werden kann. Der Beklagte hat die Beiträge für die verbandseigenen Anlagen hinsichtlich der Haushaltsjahre 1995 bis 1997 mit Schreiben vom 27. Mai 1998 in rechtsverbindlicher Form völlig neu festgesetzt. Trotz seiner vorangegangenen Bekundung, die neuen Beitragsschlüssel für die Vergangenheit nur "abrechnungstechnisch" anzuwenden, handelte es sich insoweit um einen eigenständigen Verwaltungsakt. Hierfür sprechen die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid, die äußerliche Trennung von Entscheidungssatz und Begründung, die angefügte Rechtsbehelfsbelehrung und die Art der Bekanntgabe an den Kläger. Ihrem Regelungsgehalt nach beschränkte sich die Neuberechnung der Umlagen entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts auch nicht auf eine bloße Änderung der früheren Hebelisten, so dass sich der streitgegenständliche Hebelistenauszug nur hinsichtlich des seinerzeit zuviel gezahlten Geldbetrags erledigt hätte. Für eine partielle Aufrechterhaltung der früheren Heranziehungsbescheide finden sich im Bescheid vom 27. Mai 1998 keine hinreichenden Anhaltspunkte. Die nach Ziffer 1. beabsichtigte rückwirkende Festsetzung der Verbandsumlagen für die Haushaltsjahre 1995 bis 1997 geschah dadurch, dass die bisherigen Hebelisten durch neue, auf der geänderten Satzung beruhende Listen ersetzt wurden. Dass mit gleichem Bescheid auch die jeweiligen Restforderungen und Guthaben festgesetzt wurden, die sich zu diesem Zeitpunkt aufgrund der bereits gezahlten Beiträge ergaben, änderte nichts am vollständigen Austausch des Rechtsgrundes der Leistungen.

Die Neufestsetzung der Verbandsbeiträge für die Jahre 1995 bis 1997 und die damit untrennbar verbundene Aufhebung (u.a.) des streitgegenständlichen Hebelistenauszugs dürfte allerdings rechtswidrig gewesen sein, da die zugrunde gelegten geänderten Beitragsverhältnisse erst ab Inkrafttreten der auf dem Wasserverbandsgesetz beruhenden neuen Satzung am 1. Januar 1998 galten (§ 42 Abs. 1 VS n.F.). Es handelte sich aber nicht im Sinne des Art. 44 Abs. 1 BayVwVfG um einen besonders schwerwiegenden und offensichtlichen Fehler, der die Nichtigkeit des Bescheids vom 27. Mai 1998 zur Folge gehabt hätte. In der damaligen Situation bestand erkennbar unter allen Beteiligten eine erhebliche Unsicherheit darüber, ob die in der früheren Satzung festgelegten Anteile der einzelnen Verbandsmitglieder angesichts der nachträglich veränderten Umstände noch angemessen waren und einer rechtlichen Überprüfung würden standhalten können. Gleichzeitig hatte die Rechtsaufsichtsbehörde grundsätzliche Bedenken gegen ein rückwirkendes Inkraftsetzen der von allen Mitgliedern gebilligten neuen Beitragssätze geäußert. Damit bestand die Gefahr, dass nach einem möglichen Erfolg des Klägers im Rechtsbehelfsverfahren für die betroffenen Haushaltsjahre im nachhinein kein neuer Verteilungsmaßstab mehr festgelegt werden durfte, was zu einem dauerhaften Beitragsausfall und damit zu einer Ungleichbehandlung der Verbandsmitglieder geführt hätte. Angesichts dieses Dilemmas kann die schließlich gewählte Lösung einer auf allgemeinem Einverständnis beruhenden rückwirkenden Anwendung der neuen Beitragssätze nicht als ein gravierender und evidenter Rechtsverstoß angesehen werden.

Die Wirksamkeit des Bescheids vom 27. Mai 1998 und der darin enthaltenen Aufhebung des streitgegenständlichen Heranziehungsbescheids wird schließlich auch nicht durch den dagegen eingelegten Widerspruch des Klägers vom 1. Juli 1998 gehemmt. Bei den auf § 89 Abs. 1 WVVO gestützten Bescheiden, mit denen Verbandsmitglieder zur Beitragszahlung verpflichtet werden, handelt es sich um Abgabenbescheide im Sinne des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO, bei denen die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs kraft Gesetzes entfällt (OVG Bremen vom 27. Februar 1990, ZfW 1990, 475/477 f.; Rapsch, WVVO, § 89 RdNr. 12). Diese Rechtsfolge muss auch für die nachträgliche Aufhebung eines solchen Heranziehungsbescheids gelten, jedenfalls wenn sie wie hier mit dem Neuerlass eines Beitragsbescheids untrennbar verbunden ist. Auf die unter den Beteiligten umstrittenen weiteren Fragen, ob die Widerspruchseinlegung durch den ersten Bürgermeister des Klägers am 1. Juli 1998 und die spätere Rücknahme dieses Widerspruchs jeweils rechtswirksam waren, kommt es daher vorliegend nicht an.

Selbst wenn entgegen der hier vertretenen Auslegung von keiner vollständigen Ersetzung, sondern von einer bloßen Ergänzung des streitgegenständlichen Beitragsbescheids durch den (günstigeren) Bescheid vom 27. Mai 1998 auszugehen wäre, könnte die - dann hinsichtlich des reduzierten Betrags zulässige - Klage jedenfalls in der Sache keinen Erfolg haben. Rechtliche Bedenken gegen den seinerzeit geltenden Verteilungsmaßstab für die verbandseigenen Anlagen in § 26 Abs. 4 VS sind nämlich nicht ersichtlich und vom Kläger auch nicht konkret vorgetragen worden. Die Orientierung an den vom Wasserwirtschaftsamt ermittelten Einzugsflächen war in Anbetracht des weiten Gestaltungsspielraums des Satzungsgebers keinesfalls sachwidrig. Der Flächenmaßstab bildet im Regelfall ein geeignetes Kriterium, um die Nutzungsvorteile der einzelnen Verbandsmitglieder bestimmen zu können (BVerwGE 18, 324/326; OVG SH vom 31. 1. 2001 NordÖR 2001, 463; Rapsch, WVVO, § 82 RdNr. 3 ff. m.w.N.).

2. Der Hilfsantrag auf Feststellung, dass der durch die Neuberechnung erledigte Heranziehungsbescheid vom 27. Juni 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. April 1997 rechtswidrig war (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO), ist ebenfalls unzulässig.

Die Unzulässigkeit ergibt sich allerdings nicht schon daraus, dass der erste Bürgermeister noch vor Eintritt des erledigenden Ereignisses den Widerspruch gegen den angefochtenen Bescheid zurückgenommen hatte. Diese Verfahrenshandlung konnte die Bestandskraft des Bescheids nicht herbeiführen. Sie war - ungeachtet der zwischen den Beteiligten weiter umstrittenen Fragen der hinreichenden Ermächtigung und der Formwirksamkeit - rechtlich jedenfalls deshalb unwirksam, weil sie erst nach Erlass des Widerspruchsbescheids im Verlauf des nachfolgenden Klageverfahrens vorgenommen wurde. Ein Widerspruch kann nach ganz überwiegender Auffassung nur so lange zurückgenommen werden, wie über ihn noch nicht sachlich entschieden worden ist (BVerwGE 44, 64/66 f.; vom 19. 5. 1999 BayVBl 2000, 55; Rennert in: Eyermann, VwGO, 11. Aufl., § 68 RdNr. 4 m.w.N.; a.A. NdsOVG vom 14. 4. 1993 NVwZ 1993, 1214 f.; Dolde in: Schoch u.a., VwGO, § 69 RdNr. 13). Mit dem Erlass des Widerspruchsbescheids ist das verfahrensrechtliche Ziel des Widerspruchs erreicht und dessen Anstoßwirkung "verbraucht", so dass eine danach erklärte Rücknahme ins Leere geht (Pietzner/Ronellenfitsch, Das Assessorexamen im Öffentlichen Recht, 10. Aufl., § 36 RdNr. 8; Geis in: NKVwGO, § 69 RdNr. 76).

Die Unzulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage ergibt sich hier aber aus dem Fehlen eines hinreichenden Feststellungsinteresses. Der Hinweis des Klägers auf die noch anhängigen Widersprüche gegen vorangegangene Bescheide, bei denen es ebenfalls um die Wirksamkeit des § 26 Abs. 4 VS gehe, reicht unter den gegebenen Umständen nicht aus, um eine Vorgreiflichkeit der anhängigen Klage anzunehmen. Das staatliche Landratsamt in seiner Funktion als Widerspruchsbehörde müsste eine dem Kläger günstige Gerichtsentscheidung keineswegs zwingend beachten, da der Freistaat Bayern nur über den Vertreter des öffentlichen Interesses am gerichtlichen Verfahren beteiligt ist; in solchen Fällen tritt die Bindungswirkung nach § 121 VwGO nur bei einer - hier nicht vorliegenden - aktiven Verfahrensbeteiligung ein (Rennert in: Eyermann, VwGO, 11. Aufl., § 121 RdNr. 39; Clausing in: Schoch u.a., VwGO, § 121 RdNr. 95; Köthe in: Redeker, VwGO, 13. Aufl., § 121 RdNr. 6; a.A. Kopp/Schenke, VwGO, 12. Aufl., § 121 RdNr. 23). Überdies wäre die Widerspruchsbehörde selbst dann, wenn sie dem Gericht in der Sache folgen wollte, mangels eigener Verwerfungskompetenz wohl gehindert, die für den damaligen Zeitraum geltende Verbandssatzung im Einzelfall unangewendet zu lassen. Schließlich ist auch nach dem Inhalt des Rechtsstreits nicht mit ausreichender Sicherheit zu erwarten, dass die für einen Bescheid aus dem Haushaltsjahr 1995 erstrebte Rechtswidrigkeitsfeststellung des Gerichts zu einer Vorentscheidung über die noch anhängigen Widersprüche aus weiter zurückliegenden Jahren führen würde. Da sich die tatsächlichen Verhältnisse, die der Beitragsregelung des § 26 Abs. 4 VS zugrunde lagen, seit dem erstmaligen Inkrafttreten der Vorschrift fortlaufend geändert haben, bliebe selbst bei einer das Jahr 1995 betreffenden Feststellung der Unwirksamkeit des Verteilungsmaßstabs offen, ob bzw. ab wann dies etwa schon früher der Fall gewesen sein könnte.

3. Unzulässig ist auch der zweite Hilfsantrag des Klägers mit dem Ziel, hinsichtlich des Heranziehungsbescheids vom 27. Juni 1995 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 28. April 1997 die Erledigung des Rechtsstreits gerichtlich feststellen zu lassen. In der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung (BVerwG Buchholz 310 § 113 Nr. 282; 442.16 § 15 Nr. 4; vom 6. 3. 1987 NVwZ 1988, 155/156; vom 20. 4. 1994 NVwZ-RR 1995, 172; HessVGH vom 24. 7. 1986, NVwZ 1987, 235) und in der Kommentarliteratur (Kopp/Schenke, a.a.O., § 161 RdNr. 29 a; J. Schmidt in: Eyermann, a.a.O., § 113 RdNr. 68; Clausing in: Schoch u.a., a.a.O., § 161 RdNr. 36) ist allgemein anerkannt, dass die für dieses Rechtsschutzbegehren notwendige Erledigungserklärung des Klägers nicht wie hier lediglich hilfsweise zur weiter aufrecht erhaltenen Anfechtungs- oder Fortsetzungsfeststellungsklage abgegeben werden kann. Ein solches Verhalten wäre prozessual widersprüchlich. Wenn ein Kläger in erster Linie den Sachantrag stellt, bringt er damit zum Ausdruck, dass er das Klagebegehren nicht für gegenstandslos hält und unabhängig von der Reaktion des Beklagten eine gerichtliche Klärung anstrebt. Dagegen zielt die Erledigungserklärung auf eine Verfahrensbeendigung ohne Prüfung des Sachbegehrens. Der Kläger kann sich nicht vorsorglich für den Fall, dass das Gericht seinen primären Rechtsstandpunkt nicht teilt, mit dem Ziel einer Abwälzung der Kostenlast auf den Beklagten von dem Prozess lösen (Clausing, a.a.O.) bzw. - im Falle einer übereinstimmend abgegebenen bedingten Erledigungserklärung - dem vorangegangenen Sachausspruch des Gerichts noch vor der Bekanntgabe an die Beteiligten wegen Wegfalls der Rechtshängigkeit die Grundlage entziehen (J. Schmidt, a.a.O.).

III.

Kosten: § 154 Abs. 2 VwGO.

Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 Abs. 2 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Nichtzulassung der Revision: § 132 Abs. 2 VwGO.

Ende der Entscheidung

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