Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 31.03.2003
Aktenzeichen: 22 BV 02.2562
Rechtsgebiete: VwGO, OWiG, GewO, HGB, GG


Vorschriften:

VwGO § 43
OWiG § 31 Abs. 3 Satz 1
GewO § 34 c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 b
HGB § 230 Abs. 1
GG Art. 12 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
22 BV 02.2562 Au 4 K 00.1587

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Im Namen des Volkes

In der Verwaltungsstreitsache

wegen

Erlaubnisbedürftigkeit nach § 34 c Abs. 1 GewO;

hier: Berufung des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 5. Juni 2002,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 22. Senat,

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 21. März 2003 am 31. März 2003

folgendes

Urteil:

Tenor:

I. Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 5. Juni 2002 wird geändert.

II. Es wird festgestellt, dass die Vermittlung des Erwerbs von stillen Beteiligungen an der S*******AG durch den Kläger keine Vermittlungstätigkeit im Sinne des § 34 c Abs. 1 GewO darstellt.

III. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

IV. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, falls nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

V. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darum, ob die Vermittlung des Erwerbs von sog. atypischen stillen Beteiligungen an der S*******AG durch den Kläger eine erlaubnisbedürftige Tätigkeit i.S. des § 34 c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 b GewO darstellt und ob der Kläger infolge dessen zur Vorlage von Prüfungsberichten nach § 16 Abs. 1 MaBV beim Landratsamt Günzburg verpflichtet ist.

Der Kläger ist Inhaber einer Erlaubnis vom 9. Dezember 1992, wonach ihm die Ausübung von Gewerben nach § 34 c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GewO gestattet ist.

Mit Schreiben vom 11. Dezember 1999 übermittelte der Kläger dem Landratsamt die Erklärung, er habe 1997 und 1998 keine nach § 34 c Abs. 1 GewO erlaubnispflichtige Tätigkeit ausgeübt. Er habe daher die Einhaltung der sich aus den §§ 2 bis 14 MaBV ergebenden Verpflichtungen nicht prüfen lassen. Der von ihm vermittelte Erwerb von stillen Beteiligungen an der S*******AG werde nicht von § 34 c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 b GewO erfasst. Der Kläger teilte dazu am 4. Januar 2000 telefonisch mit, dass er einen Kundenstamm von 1.500 Klienten habe, den er über Mundpropaganda aufgebaut habe. Er habe in L******* und M******** je ein kleines Büro. Dort hänge natürlich Werbung. Ferner legte der Kläger einen Emissionsprospekt "renditeorientierter Vermögensaufbau durch Mitunternehmerschaft" über atypische stille Beteiligungen am Unternehmenssegment VII der S*******AG, G********, und einen Mustergesellschaftsvertrag vor. Der Präambel des Mustervertrags zufolge ermöglicht die S*******AG Anlegern durch mitunternehmerische Beteiligungen in Form von atypischen stillen Gesellschaften den Aufbau von Vermögen zur Gestaltung und Ergänzung der Altersvorsorge. Ein Anleger könne sich mit jährlichen Rateneinlagen, monatlichen Rateneinlagen oder einer Kombination aus beiden beteiligen. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 des Mustervertrags ist die S*******AG Inhaberin des Unternehmens mit dem Gegenstand der Konzeption, Aufbereitung, Betreuung und Abwicklung von Vermögensanlagen jeder Art, ferner des Erwerbs, der Verwaltung und Verwertung von Immobilien, Wertpapieren, Beteiligungen sowie Vermögensanlagen jeglicher Art für eigene Rechnung und weiterhin der entgeltlichen elektronischen Datenverarbeitung, der Verarbeitung und Auswertung der von Auftraggebern zur Verfügung gestellten Daten und Datenträgern sowie der Erbringung von Nebenleistungen. Nach § 1 Abs. 1 Satz 2 des Mustervertrags beteiligt sich der Gesellschafter mit den vereinbarten Einlagen an dem Unternehmenssegment VII der S*******AG. Nach § 1 Abs. 1 Satz 3 des Mustervertrags wird nur eine stille Beteiligung begründet. Nach § 1 Abs. 3 des Mustervertrags erteilt die S*******AG über die stille Beteiligung ein Beteiligungszertifikat. Die S*******AG und der Gesellschafter verpflichten sich nach § 1 Abs. 4 des Mustervertrags, den in Abs. 1 Satz 1 genannten Gesellschaftszweck zu fördern. Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 des Mustervertrags ist der stille Gesellschafter anteilig am Gewinn und am Verlust des Unternehmenssegments VII "Immobilienanlagen, Unternehmensbeteiligungen und Wertpapiere" beteiligt. Abweichend vom gesetzlichen Typus der stillen Gesellschaft erklärt § 8 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 und 4 des Mustervertrags außergewöhnliche Maßnahmen des Geschäftsinhabers mit Einschränkungen für zustimmungsbedürftig und erweitert § 14 Abs. 1 Satz 1 des Mustervertrags die Informations- und Kontrollrechte der stillen Gesellschafter nach Maßgabe des § 716 BGB.

Mit Schreiben vom 11. Mai 2000 teilte das Landratsamt dem Antragsteller mit, es könne die Rechtsauffassung des Klägers nicht akzeptieren. Es forderte den Kläger auf, Prüfungsberichte für die Jahre 1997 und 1998, die von einem geeigneten Prüfer gefertigt seien, bis spätestens 11. August 2000 vorzulegen. Der Kläger legte dagegen Widerspruch ein, den die Regierung von Schwaben mit Widerspruchsbescheid vom 3. November 2000 als zulässig, aber unbegründet zurückwies.

Der Kläger erhob zunächst Anfechtungsklage zum Bayer. Verwaltungsgericht Augsburg. Er teilte mit, dass er in den Jahren 1997 und 1998 in erheblichem Umfang den Erwerb von Beteiligungen der streitgegenständlichen Art vermittelt habe. Nach dem Jahr 2000 habe er die Vermittlung des Erwerbs derartiger Beteiligungen eingestellt, weil die einschlägige Gesetzeslage sich geändert habe. Nach diesem Zeitpunkt habe er den Erwerb vergleichbarer Beteiligungen nicht mehr vermittelt. Auch die S*******AG emittiere seither keine weiteren Beteiligungen dieser Art.

Der Beklagte erklärte, dass er dem Übergang auf eine Feststellungsklage zustimme und für diesen Fall aus dem Schreiben vom 11. Mai 2000 keine rechtlichen Folgerungen ziehen werde. Daraufhin beantragte der Kläger, festzustellen, dass die Vermittlung des Erwerbs von stillen Beteiligungen an der S*******AG durch den Kläger keine Vermittlungstätigkeit i.S. des § 34 c Abs. 1 GewO dargestellt habe. Das Verwaltungsgericht wies die Klage ab (Urteil vom 5.6.2002); im Rahmen des Unternehmenssegments VII liege ein Sondervermögen vor, das von der S*******AG für gemeinsame Rechnung der Anleger verwaltet werde, wie es § 34 c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 b GewO verlange.

Der Kläger hat die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt.

Er beantragt die Aufhebung des Urteils des Bayer. Verwaltungsgerichts Augsburg vom 5. Juni 2002 sowie die Feststellung, dass die Vermittlung des Erwerbs von stillen Beteiligungen an der S*******AG durch den Kläger keine Vermittlungstätigkeit i.S. des § 34 c Abs. 1 GewO dargestellt habe.

Der Beklagte beantragt die Zurückweisung der Berufung.

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Der Beklagte besteht darauf, dass der Kläger sowohl für die Zeit von 1999 bis 2000 als auch danach Prüfungsberichte vorlegt. Der Beklagte weist daraufhin, dass in vergleichbaren Fällen Bußgeldbescheide ergangen seien, wenn die betreffenden Gewerbetreibenden der Vorlagepflicht nicht nachgekommen seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Feststellungsklage zu Unrecht abgewiesen.

I. Die Feststellungsklage ist nach § 43 VwGO zulässig. Die Behauptung des Landratsamts, dass die vom Kläger 1997 bis 2000 ausgeübte Tätigkeit einer Erlaubnis nach § 34 c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 b GewO bedürfe, mit der Folge, dass es die Vorlage von Prüfungsberichten nach § 16 Abs. 1 MaBV verlangen könne, begründet ein konkretes Rechtsverhältnis zwischen ihm und dem Kläger, das die Voraussetzungen des § 43 Abs. 1 VwGO erfüllt (BVerwGE 94, 269/271 und BVerwGE 39, 247/248). Der Kläger hat auch ein berechtigtes Interesse an der alsbaldigen Feststellung. Solange die Rechtslage zwischen den Beteiligten nicht geklärt ist, muss der Kläger entweder dem nach seiner Ansicht unberechtigten behördlichen Verlangen nachkommen oder er muss sich der Gefahr behördlicher Eingriffe oder der Gefahr von Bußgeldbescheiden aussetzen. Dies ist ihm nicht zuzumuten (vgl. auch BVerwGE 39, 247/249). Nach § 18 Nr. 12 MaBV handelt nämlich ordnungswidrig i.S. des § 144 Abs. 2 Nr. 1 GewO, wer entgegen § 16 Abs. 1 Satz 1 oder 2 MaBV einen Prüfungsbericht nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig oder eine dort genannte Erklärung nicht, nicht richtig oder nicht rechtzeitig vorlegt. Nach § 144 Abs. 4 GewO kann die Ordnungswidrigkeit in den Fällen des Abs. 2 mit einer Geldbuße bis zu 2.500 Euro geahndet werden. Von einer Verfolgungsverjährung nach § 31 Abs. 2 Nr. 3 OWiG kann noch nicht ausgegangen werden, weil die Verjährung nach § 31 Abs. 3 Satz 1 OWiG erst beginnt, sobald die Handlung beendet ist. Daran fehlt es hier. Bei einem echten Unterlassungsdelikt beginnt die Verjährung erst mit dem Wegfall der Handlungspflicht. Besteht eine Frist zur Vornahme der Handlung, so bedeutet dies nicht, dass mit dem Ablauf der Frist die Handlungspflicht entfällt. Ist für die Vorlage von Unterlagen eine Frist bestimmt, wie dies im vorliegenden Fall des § 16 Abs. 1 MaBV der Fall ist, so besteht die Pflicht auch nach Fristablauf weiter, so dass die Verjährung erst mit der schließlich erfolgten Vorlage der Unterlagen beginnen kann, solange die Handlungspflicht noch nicht obsolet geworden ist (vgl. zum ganzen Göhler, Ordnungswidrigkeitengesetz, 13. Aufl. 2002, RdNrn. 10, 11 und 13 zu § 31). § 43 Abs. 2 VwGO steht der Zulässigkeit der Feststellungsklage ebenfalls nicht entgegen. Dem Kläger ist es nicht zuzumuten, den Erlass eventueller belastender Verwaltungsakte abzuwarten und erst gegen diese vorzugehen. Wie dargelegt, würde er sich dadurch der Gefahr von Bußgeldbescheiden aussetzen.

II. Die Feststellungsklage ist begründet. Entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten handelt es sich bei der Vermittlung des Erwerbs von (atypischen) stillen Beteiligungen an der S*******AG durch den Kläger nicht um eine Vermittlungstätigkeit i.S. des § 34 c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 b GewO. Der Beklagte kann seine Rechtsauffassung nicht auf einen hinreichend erkennbaren und bestimmten Willen des Gesetzgebers stützen. Bei der Einführung der Erlaubnisbedürftigkeit für ein Gewerbe muss insofern mehr verlangt werden als bei bloßen Berufsausübungsregelungen. Je stärker in grundrechtlich geschützte Belange eingegriffen wird, desto deutlicher muss das gesetzgeberische Wollen zum Ausdruck kommen (BVerfG vom 8.4.1998, BVerfGE 98, 49/60).

§ 34 c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 b GewO begründet einen Erlaubnisvorbehalt für die gewerbsmäßige Vermittlung des Erwerbs von Anteilscheinen einer Kapitalanlagegesellschaft, von ausländischen Investmentanteilen, von sonstigen öffentlich angebotenen Vermögensanlagen, die für gemeinsame Rechnung der Anleger verwaltet werden, oder von öffentlich angebotenen Anteilen an einer und von verbrieften Forderungen gegen eine Kapitalgesellschaft oder Kommanditgesellschaft. § 34 c GewO wurde durch das Gesetz zur Änderung der Gewerbeordnung vom 16. August 1972 (BGBl I S. 1465) in die Gewerbeordnung eingefügt. Die in Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 b enthaltene Einbeziehung bestimmter Kapitalanlagen war in den ursprünglichen Gesetzentwürfen noch nicht enthalten (vgl. BT-Drs. VI/2327 und VI/2588); sie erfolgte erst im Zuge der Beratungen in den Ausschüssen des Deutschen Bundestags. Der Berichterstatter des Ausschusses für Wirtschaft teilte dazu mit: "Im Verlauf der Beratungen wurde der Katalog der erlaubnispflichtigen Gewerbe (§ 34 c Abs. 1) vor allem um die Vermittlung von Kapitalanlagen (§ 34 c Abs. 1 Nr. 1 b) erweitert. Auch hier sind dadurch zahlreiche Missstände eingetreten, dass infolge der Tätigkeit unzuverlässiger Vermittler unerfahrenen Bevölkerungsschichten erhebliche Vermögensschäden zugefügt wurden" (vgl. BT-Drs. VI/3535). Die so konzipierte Vorschrift erfasst nicht hinreichend deutlich die Vermittlung des Erwerbs von (atypischen) stillen Beteiligungen an der S*******AG durch den Kläger.

1. § 34 c Abs. 1 GewO erstreckt den gewerberechtlichen Erlaubnisvorbehalt nicht generell auf die Vermittlung des Erwerbs von stillen Beteiligungen. Dafür spricht, dass die Vermittlung des Erwerbs von (atypischen) stillen Beteiligungen in § 34 c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 b GewO nicht ausdrücklich genannt wird, im Gegensatz zur Vermittlung des Erwerbs von Anteilen an Kommanditgesellschaften. Der Gesetzgeber hat mit dieser Vorschrift erkennbar nicht in erster Linie Beteiligungen an Personengesellschaften im Auge gehabt; wo diese ausnahmsweise doch von der Regelung erfasst werden sollten, hat er dies ausdrücklich angeordnet. Der innere Grund hierfür liegt für die Vermittlung des Erwerbs von (atypischen) stillen Beteiligungen darin, dass die stille Gesellschaft ein derart vielgestaltiges, weit ausdifferenziertes Rechtsgebilde darstellt (Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2002, S. 1839), mit derart unterschiedlichen Kontroll- und Geschäftsführungsbefugnissen für den stillen Gesellschafter (a.a.O., S. 1847), dass die Frage der Schutzbedürftigkeit des stillen Gesellschafters nicht einheitlich beantwortet werden kann. Demgemäss ist der Gesetzgeber auf diesem Gebiet auch nachträglich nicht tätig geworden. Obwohl dem Gesetzgeber die Schwierigkeiten mit der Subsumtion der Vermittlung des Erwerbs von (atypischen) stillen Beteiligungen unter § 34 c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 b GewO bekannt sein mussten, seit sich der Bund-Länder-Ausschuss Gewerberecht am 28. Oktober 1987 mit der Problematik befasst hatte (vgl. dazu Marcks in Landmann/ Rohmer, Gewerbeordnung, RdNr. 28 zu § 34 c), hat er es bei mehreren Änderungsgesetzen zur Gewerbeordnung unterlassen, die Vorschrift des § 34 c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 b GewO ausdrücklich auf die Vermittlung des Erwerbs von stillen Gesellschaftsanteilen auszudehnen.

2. Auch bei den anderen begrifflichen Ansätzen des § 34 c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 b GewO fällt die hier vorliegende Vermittlung des Erwerbs von stillen Beteiligungen an der S*******AG nicht unter den gewerberechtlichen Erlaubnisvorbehalt.

a) Es ist zum einen nicht möglich, die vom Kläger durchgeführte Vermittlung des Erwerbs von (atypischen) stillen Beteiligungen einer der in § 34 c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 b GewO speziell aufgeführten Fallgruppen zuzuordnen. Insbesondere ist die S*******AG keine Kapitalanlagegesellschaft; insofern knüpfte der Gesetzgeber an die Legaldefinition in § 1 Abs. 1 des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften (KaGG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Januar 1970 an (BGBl I S. 127); im vorliegenden Fall fehlt es jedenfalls an dem Merkmal "gesondert vom eigenen Vermögen". Der Erwerb von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft wird hier ebenfalls nicht vermittelt; durch den Abschluss der verfahrensgegenständlichen Gesellschaftsverträge mit der S*******AG werden keine Anteile an dieser oder verbriefte Forderungen gegen diese erworben. Hierüber besteht zwischen den Beteiligten kein Streit.

b) Der vom Kläger vermittelte Erwerb von (atypischen) stillen Beteiligungen an der S*******AG lässt sich entgegen der Auffassung des Beklagten auch nicht der Vermittlung des Erwerbs sonstiger öffentlich angebotener Vermögensanlagen i.S. von § 34 c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 b GewO zuordnen, die für gemeinsame Rechnung der Anleger verwaltet werden.

Das Tatbestandsmerkmal der öffentlich angebotenen sonstigen Vermögensanlage ist zwar erfüllt. Öffentliche Angebote liegen vor, wie sich bereits aus dem vom Kläger vorgelegten Emissionsprospekt ergibt. Das Tatbestandsmerkmal der sonstigen Vermögensanlage ist erfüllt, wenn sich jemand als stiller Gesellschafter i.S. von § 230 Abs. 1 HGB an dem Handelsgewerbe eines anderen mit einer Vermögenseinlage - hier in Gestalt eines Geldbetrags - beteiligt. Der Begriff der Vermögensanlage ist weit auszulegen. Wie die Entstehungsgeschichte zeigt, ist hier generell an Kapitalanlagen zu denken (BT-Drs. VI/3535). Der Gesetzgeber hat damit keinen bestimmten Typ oder besondere gesetzliche Ausgestaltungen im Auge (Marcks in Landmann/ Rohmer, Gewerbeordnung, RdNr. 37 zu § 34 c). Im Gegenteil soll die Erfüllung dieses Tatbestandsmerkmals nicht von der privatrechtlichen Vertragsgestaltung abhängen. Dass die stille Beteiligung in diesem Sinn Angebot am Kapitalmarkt sein kann, ist nicht zweifelhaft (Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht 4. Aufl. 2002, S. 1839).

In gleicher Weise ist das Tatbestandsmerkmal der Vermögensverwaltung gegeben. "Verwaltung" in diesem Sinn schließt auch die Investition dieser Vermögensanteile in gewinnbringende Unternehmungen ein, entsprechend der Sachlage bei den in § 34 c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 b GewO eigens genannten Kapitalanlagegesellschaften (vgl. § 1 Abs. 1 KaGG). Ein solcher Fall ist hier gegeben. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 des Mustergesellschaftsvertrags bezweckt die S*******AG die Konzeption, Aufbereitung, Betreuung und Abwicklung von Vermögensanlagen jeder Art oder auch den Erwerb, die Verwaltung und die Verwertung von Vermögensanlagen jeglicher Art. Der stille Gesellschafter soll nach § 12 Abs. 1 Satz 1 des Mustervertrags anteilig an Gewinn und Verlust des Unternehmenssegments VII "Immobilienanlagen, Unternehmensbeteiligungen und Wertpapiere" beteiligt sein.

Die Subsumtion scheitert aber letztlich an dem einschränkenden Tatbestandsmerkmal "für gemeinsame Rechnung der Anleger". Damit ist gemeint, dass die einzelnen Vermögensgegenstände dem einzelnen Anleger nicht unmittelbar zugerechnet werden können, dass sie vielmehr als Bestandteil "eines gemeinsamen Topfes" verwaltet werden, ohne dass ein sofort zu realisierendes Aussonderungsrecht des Einzelnen besteht (Höfling/Breustedt in Friauf, Gewerbeordnung, RdNr. 25 zu § 34 c). Entscheidend ist insofern die Verwaltung für gemeinsame Rechnung ausschließlich der Anleger. Notwendig ist, dass die Verwaltung ausschließlich treuhänderisch für Rechnung der Anleger erfolgt. Dafür spricht zum einen der Gesetzeswortlaut; Anhaltspunkte dafür, dass darüber hinaus ein Nichtanleger, nämlich der Verwalter, für eigene Rechnung tätig sein kann, sind nicht erkennbar. Das Gesetz lässt insbesondere keine Abgrenzung erkennen, bis zu welchem Ausmaß ein derartiger Umstand unbeachtlich sein sollte. Für eine Auslegung im Sinne eines "ausschließlich der Anleger" spricht auch die Überlegung, dass die Risiken für die Anleger geringer oder jedenfalls andersartig sind, wenn der Verwalter gleichgerichtete, mehr oder weniger starke Eigeninteressen verfolgt. Eine erweiternde Auslegung kommt auch nicht im Hinblick auf die generalklauselartige Formulierung dieser gesetzlichen Fallgruppe in Betracht; diese "Generalklausel" steht in der Mitte von § 34 c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 b GewO und orientiert sich an den vorangegangenen Fallgruppen (Vermittlung von Anteilscheinen einer Kapitalanlagegesellschaft und von ausländischen Investmentanteilen). Letztlich gebietet es auch der bereits angesprochene freiheitssichernde Gehalt des Gesetzesvorbehalts bei Grundrechtsbeschränkungen, hier bei Beschränkungen der Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG, nicht allein im Hinblick auf eine im Einzelfall erkannte Schutzbedürftigkeit der Verbraucher eine gesetzliche Regelung erweiternd auszulegen.

Im vorliegenden Fall ist das Tatbestandsmerkmal "für gemeinsame Rechnung ausschließlich der Anleger" nicht erfüllt. Bei der stillen Gesellschaft, wie sie hier gegeben ist, ist die Einlage des stillen Gesellschafters so zu leisten, dass sie in das Vermögen des Inhabers übergeht (§ 230 Abs. 1 HGB). Ein Gesellschaftsvermögen soll nicht entstehen (vgl. Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht , 4. Aufl. 2002, S. 1837, 1845). Dies bedeutet in der Regel und so auch hier die Übereignung vom Stillen an den Inhaber; der Stille behält obligatorische, nicht dingliche Rechte (Baumbach/Hopt, HGB, 30. Aufl. 2000, RdNr. 21 zu § 230). Die schuldrechtlich-rechnerische Beteiligung des stillen Gesellschafters schlägt sich nicht in der dinglichen Vermögenszuständigkeit nieder (Karsten Schmidt, a.a.O., S. 1855). Die S*******AG als Inhaberin des Handelsgeschäfts ist den Anlegern als stillen Gesellschaftern zwar aus dem Gesellschaftsverhältnis zur Führung der Geschäfte "für gemeinsame Rechnung" verpflichtet (Baumbach/Hopt, HGB, 30. Aufl. 2000, RdNr. 13 zu § 32; Karsten Schmidt, a.a.O., S. 1854). Die Gemeinsamkeit bezieht sich hier aber nicht nur auf alle Anleger, sondern auch auf die S*******AG als Inhaberin des Handelsgeschäfts. Im vorliegenden Fall besteht grundsätzlich kein Treuhandverhältnis, sondern ein gesellschaftsrechtliches Verhältnis. Dies wäre nur dann anders, wenn die stillen Beteiligungen über einen Treuhänder oder eine Treuhandgesellschaft für gemeinsame Rechnung der Anleger in der Weise verwaltet werden, dass der Treuhänder oder die Treuhandgesellschaft stiller Gesellschafter des Inhabers des Handelsgeschäfts wird. Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor. Die Bedeutung der Verfolgung von gleichgerichteten Eigeninteressen durch die S*******AG kann auch nicht als vernachlässigbar geringfügig abgetan werden, weil diese als Aktiengesellschaft ein Grundkapital von 360 Mill. DM besitzt und gehalten ist, die Interessen ihrer Aktionäre wahrzunehmen. Die rechtliche Beurteilung ändert sich auch dann nicht, wenn man nur das Unternehmenssegment VII betrachtet, weil dieses nur eine rechnerische Größe für die Ermittlung der Gewinn- und Verlustanteile darstellt (§ 12 Abs. 1 Satz 1 des Mustervertrags).

Kosten: § 154 Abs. 1 VwGO.

Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 Abs. 2 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Zulassung der Revision: § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 10.000 Euro festgesetzt (§ 13 Abs. 1 Satz 1 GKG). In gleicher Weise wird der Streitwert für das erstinstanzliche Verfahren ab der Klageänderung in Abänderung des Beschlusses des Bayer. Verwaltungsgerichts Augsburg vom 5. Juni 2002 auf 10.000 DM festgesetzt.



Ende der Entscheidung

Zurück