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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 05.11.2007
Aktenzeichen: 22 BV 06.1281
Rechtsgebiete: BayHO, AGIHKG, IHK-G, HGrG, BHO


Vorschriften:

BayHO Art. 111 Abs. 1
AGIHKG Art. 3 Abs. 2
IHK-G § 11 Abs. 3
IHK-G § 12 Abs. 1 Nr. 7
HGrG § 48 Abs. 1
BHO § 119 Abs. 2 Satz 1
BHO § 119 Abs. 7
Die Industrie- und Handelskammern in Bayern unterliegen auf Grund der Regelung in § 11 Abs. 3 IHK-G nicht der Prüfung ihrer Haushalts- und Wirtschaftsführung durch den Bayerischen Obersten Rechnungshof.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes

22 BV 06.1281

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Rechnungsprüfung;

hier: Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 29. März 2006,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 22. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Schenk, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Hösch, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Weber

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 25. Oktober 2007

am 5. November 2007

folgendes Urteil:

Tenor:

I. Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 29. März 2006 wird abgeändert.

II. Die Prüfungsankündigung des Bayerischen Obersten Rechnungshofs vom 11. Januar 2005/13. Juni 2005 wird aufgehoben.

III. Der Beklagte trägt die Verfahrenskosten beider Instanzen.

IV. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

V. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Bayerische Oberste Rechnungshof (im folgenden: Rechnungshof) grundsätzlich berechtigt ist, die Haushalts- und Wirtschaftsführung der Industrie- und Handelskammern in Bayern umfassend zu prüfen und die dafür erforderlichen örtlichen Erhebungen vorzunehmen.

Mit Schreiben vom 11. Januar 2005 kündigte der Rechnungshof der Klägerin an, ihre Haushalts- und Wirtschaftsführung sowie die an sie geleisteten Zuwendungen für die Haushaltsjahre 2000 bis 2003 örtlich zu prüfen. Für die Prüfung sei ein geeigneter Arbeitsraum zur Verfügung zu stellen. Sämtliche Unterlagen seien bereit zu halten und die erbetenen Auskünfte zu erteilen.

Nachdem die Klägerin mit Schreiben vom 18. Januar 2005 die Befugnis des Rechnungshofs zur angekündigten Prüfung bestritt, kündigte der Rechnungshof mit weiterem Schreiben vom 13. Juni 2005 an, nunmehr von seinem umfassenden Prüfungsrecht Gebrauch zu machen und benannte einen Termin für ein vorbereitendes Gespräch.

Die Klägerin erhob Anfechtungsklage zum Verwaltungsgericht Augsburg. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, ein Prüfungsrecht des Rechnungshofs ihr gegenüber bestehe nicht. Durch § 11 Abs. 3 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern (IHK-G), nach dem u.a. auch das sog. Kriegskontrollgesetz vom 5. Juli 1940 auf die Industrie- und Handelskammern keine Anwendung finde, sei eine bis dahin mögliche Prüfung der Haushalts- und Wirtschaftsführung der Industrie- und Handelskammern durch Landesrechnungshöfe ausdrücklich abgeschafft worden. Eine spätere bundesrechtliche Wiedereinführung dieser Prüfung sei nicht ersichtlich. Vielmehr lasse § 48 des Haushaltsgrundsätzegesetzes (HGrG) entsprechende Ausnahmen durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes unberührt. Von diesem eindeutigen Willen des Bundesgesetzgebers habe der Landesgesetzgeber nicht abweichen dürfen. Die allgemeine Aufhebung des Kriegskontrollgesetzes im Zuge der Haushaltsrechtsreform ändere daran nichts.

Der Beklagte machte geltend, das Prüfungsrecht des Rechnungshofs sei nicht gemäß Art. 111 Abs. 1 Satz 1 der Bayerischen Haushaltsordnung (BayHO) durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes ausgeschlossen. Es entspreche vielmehr dem Gesetzesauftrag des § 48 Abs. 1 HGrG. Durch § 11 Abs. 3 IHK-G sei die Prüfungsbefugnis der Rechnungshöfe nicht ausgeschlossen. Ein Wille des Gesetzgebers, die Industrie- und Handelskammern dadurch auf Dauer dem Prüfungsrecht der Rechnungshöfe zu entziehen, sei nicht erkennbar. Der Umstand, dass in anderen Landesgesetzen eine Prüfung der Industrie- und Handelskammern durch Rechnungshöfe ausdrücklich ausgeschlossen sei, spreche für die generelle Prüfungsbefugnis der Rechnungshöfe.

Mit Urteil vom 29. März 2006 wies das Verwaltungsgericht die Klage ab. Die Prüfungsanordnung sei rechtmäßig. Gemäß Art. 111 Abs. 1 Satz 1 BayHO prüfe der Rechnungshof die Haushalts- und Wirtschaftsführung der landesunmittelbaren Personen des öffentlichen Rechts, soweit nicht durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes etwas anderes bestimmt sei. Hinsichtlich der Klägerin bestehe keine Regelung, die eine Ausnahme von dieser Prüfungsbefugnis begründe. Art. 3 Abs. 2 des Gesetzes zur Ergänzung und Ausführung des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern (AGIHKG) betreffe lediglich die Rechnungsprüfung und stelle damit schon inhaltlich keine Ausnahme von dem in Art. 111 Abs. 1 Satz 1 BayHO geregelten Grundsatz dar, dass die Haushalts- und Wirtschaftsführung durch den Rechnungshof zu prüfen sei. Dass diese Rechnungsprüfung faktisch der Prüfung durch den Rechnungshof nahe komme, ändere daran nichts. Auch aus der Regelung in § 11 Abs. 3 IHK-G, wonach das sog. Kriegskontrollgesetz keine Anwendung finden solle, ergebe sich nicht mit entsprechender Klarheit, dass die Industrie- und Handelskammern von einer externen Prüfung der Haushalts- und Wirtschaftsführung durch die Rechnungshöfe für immer ausgenommen sein sollten. Das Kriegskontrollgesetz sei bereits vor Inkrafttreten des Art. 111 BayHO durch § 119 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 der Bundeshaushaltsordnung (BHO) ausdrücklich als Bundesrecht aufgehoben worden, wodurch sich die Regelung des § 11 Abs. 3 IHK-G erledigt habe. Es seien keine strukturellen Unterschiede zu anderen öffentlich-rechtlichen Personen und damit keine sachlichen Gründe ersichtlich, die Industrie- und Handelskammern von der Prüfung durch den Rechnungshof auszunehmen. Die Ausnahmeregelungen in einzelnen Bundesländern sprächen nicht dafür, dass die Industrie- und Handelskammern generell nicht der Prüfung der Haushalts- und Wirtschaftsführung durch den jeweiligen Landesrechnungshof unterliegen würden. Eine andere Regelung der Prüfung der Haushalts- und Wirtschaftsführung, die eine Prüfung durch den Rechnungshof als überflüssig erscheinen lasse, bestehe nicht.

Die Klägerin hat die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt und beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 29. März 2006 sowie die Bescheide des Bayerischen Obersten Rechnungshofs vom 11. Januar 2005 und vom 13. Juni 2005 aufzuheben, hilfsweise festzustellen, dass der Leitende Ministerialrat Altenhöfer wegen Besorgnis der Befangenheit von der Prüfung ausgeschlossen ist.

Der Rechnungshof beanspruche zu Unrecht ein Prüfungsrecht gegenüber der Klägerin. § 11 Abs. 3 IHK-G könne nur so verstanden werden, dass ab seinem Inkrafttreten im Jahre 1956 die Industrie- und Handelskammern der Prüfung durch die Rechnungshöfe des Bundes und der Länder entzogen worden seien. Eine gesetzliche Vorschrift, durch die dieser Regelungsgehalt des § 11 Abs. 3 IHK-G später ausdrücklich aufgehoben worden sei, sei nicht vorhanden. Die Reform des Haushaltsrechts des Bundes im Jahre 1969 habe hinsichtlich der Prüfung der Industrie- und Handelskammern durch den Rechnungshof keine Rechtsänderung mit sich gebracht. Der Inhalt der Regelung des § 11 Abs. 3 IHK-G sei in seinem Fortbestand unabhängig von einer späteren Aufhebung des Kriegskontrollgesetzes. Während die Handwerkskammern ihren Haushalt regelmäßig und in beachtlichem Umfang durch staatliche Zustütze finanzierten, erhielten die Industrie- und Handelskammern nur für konkrete Projekte vereinzelt staatliche Zuwendungen. Es bestehe auch kein sachliches Bedürfnis für eine Prüfung durch den Rechnungshof. Auf der Grundlage des Art. 3 Abs. 2 AGIHKG werde nicht nur der Jahreshaushalt, sondern auch die Haushalts- und Wirtschaftsführung der Klägerin durch die Rechnungsprüfungsstelle für die Industrie- und Handelskammern geprüft. Diese entspreche der Sache nach vollständig dem Inhalt der Prüfung durch den Rechnungshof.

Der Beklagte tritt der Berufung entgegen und beantragt deren Zurückweisung.

Das Verwaltungsgericht entnehme Art. 111 Abs. 1 BayHO zu Recht eine Prüfungsbefugnis des Rechnungshofs. Durch Art. 3 Abs. 2 AGIHKG werde eine Ausnahme nicht begründet, weil dort nur die interne Rechnungsprüfung geregelt sei. Abgesehen davon, dass diese Rechnungsprüfung nicht mit der Prüfung durch den Rechnungshof vergleichbar sei, könne sie nicht die grundsätzliche Befugnis des Rechnungshofs ersetzen, die Klägerin aus eigenem Recht selbst zu prüfen. Auch aus Art. 11 Abs. 3 IHK-G ergebe sich keine Ausnahme von der Prüfungsbefugnis des Rechnungshofs. Die Nichtanwendbarkeit des Kriegskontrollgesetzes durch die Regelung des § 11 Abs. 3 IHK-G könne nicht in dem Sinne verstanden werden, dass dadurch den Rechnungshöfen des Bundes und der Länder ein für allemal ein Prüfungsrecht entzogen werde. Dem stehe bereits die Intention der Haushaltsreform von 1969 entgegen. Zudem sei das Kriegskontrollgesetz durch § 119 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 BHO ausdrücklich als Bundeshaushaltsrecht aufgehoben worden. Ein struktureller Unterschied zwischen den Handwerkskammern und der Klägerin bestehe nicht.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung hat Erfolg. Die Prüfungsankündigung des Rechnungshofs vom 11. Januar 2005/13. Juni 2005 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Klägerin unterliegt nicht der Prüfung ihrer Haushalts- und Wirtschaftsführung durch den Rechnungshof. Da die Klägerin damit bereits mit ihrem Hauptantrag durchdringt, bedarf es keiner Entscheidung über den von ihr gestellten Hilfsantrag.

I. Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Klage als Anfechtungsklage zulässig ist, weil die Prüfungsankündigung - unabhängig von der fehlenden Bescheidsform und der fehlenden Rechtsbehelfsbelehrung - ihrem Inhalt nach als Anordnung und damit als Verwaltungsakt zu qualifizieren ist (vgl. BVerwG vom 11.4.1995, BVerwGE 98/163; BayVGH vom 23.7.1992, BayVBl 1992, 655).

Der Beklagte wird im vorliegenden Verfahren durch den Präsidenten des Bayerischen Obersten Rechnungshofs vertreten (vgl. BayVGH, a.a.O.).

II. Die Klage ist auch begründet, weil für die angegriffene Prüfungsankündigung keine Rechtsgrundlage besteht.

1. Gemäß Art. 111 Abs. 1 Satz 1 BayHO prüft der Rechnungshof die Haushalts- und Wirtschaftsführung der landesunmittelbaren juristischen Personen des öffentlichen Rechts, soweit nicht durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes etwas anderes bestimmt ist. Die Klägerin als eine der Aufsicht des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Technologie unterstehende (§ 11 Abs. 1 IHK-G, Art. 1 AGIHKG) und damit landesunmittelbare Körperschaft des öffentlichen Rechts würde demnach grundsätzlich hinsichtlich ihrer Haushalts- und Wirtschaftsführung der Prüfung durch den Rechnungshof unterliegen. Allerdings greift der Vorbehalt hinsichtlich anderweitiger Regelungen zu Gunsten der Klägerin ein. Eine solche anderweitige Regelung ergibt sich vorliegend aus § 11 Abs. 3 IHK-G.

1.1 In der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist bereits geklärt, dass der Vorbehalt hinsichtlich anderweitiger Regelungen in Art. 111 Abs. 1 BayHO im Kontext der Haushaltsreformgesetze von 1969 zu beurteilen ist, die der Finanzkontrolle durch die Rechnungshöfe ihre heutige Gestalt gegeben haben (vgl. BayVGH vom 23.7.1992, BayVBl 1992, 655). Danach ist der speziell auf die Finanzkontrolle durch den Rechnungshof bezogene Vorbehalt in Art. 111 Abs. 1 BayHO zu Gunsten anderer Regelungen insoweit nur eine Umsetzung des in § 48 Abs. 1 HGrG enthaltenen allgemeinen Regelungsvorbehalts. Zur Beurteilung, welcher Maßstab an Regelungen anzulegen ist, die die Finanzkontrolle durch den Rechnungshof wirksam abbedingen, muss daher auf § 48 HGrG zurückgegriffen werden. Geklärt ist in der Rechtsprechung auch, dass § 48 Abs. 1 HGrG u.a. das Ziel verfolgt, die Prüfung der Haushalts- und Wirtschaftsführung auch auf die landesunmittelbaren juristischen Personen des öffentlichen Rechts zu erstrecken und so lückenlos wie möglich durchzuführen. Diesem Gesetzesverständnis würde es widersprechen, eine "anderweitige Regelung" schon dann anzunehmen, wenn bestehende Gesetze eine ähnliche Materie anders regeln oder sich zu einem in § 48 HGrG erwähnten Komplex nicht verhalten. Vielmehr kann neben einer positiven anderweitigen Regelung ein Schweigen des Gesetzes die Geltung der im Haushaltsgrundsätzegesetz verankerten Grundsätze nur dann ausschließen, wenn dieses Schweigen im Sinne einer gewollten abweichenden Regelung zu interpretieren ist (vgl. BVerwG vom 11.4.1995, BVerwGE 98, 163/174, 175). § 48 Abs. 1 HGrG verlangt auch nicht, dass - von ihrem Entstehungszeitpunkt her gesehen - erst künftig zu erlassende Regelungen den Vorbehalt ausfüllen können; vielmehr genügen auch bestehende Regelungen (vgl. BayVGH, a.a.O.).

1.2 Nach diesen Maßstäben stellt die Regelung in Art. 11 Abs. 3 IHK-G eine solche anderweitige Regelung dar. Nach § 11 Abs . 3 Halbsatz 1 IHK-G werden Rechtsvorschriften, die diesem Gesetz widersprechen, aufgehoben. Gemäß § 11 Abs. 3 Halbsatz 2 IHK-G finden Abschnitt I des Gesetzes zur Erhaltung und Hebung der Kaufkraft vom 24. März 1934 (RGBl I S. 235 - "Beiträgegesetz") und die Verordnung über die Rechnungslegung und Rechnungsprüfung während des Krieges vom 5. Juli 1940 (RGBl II S. 139 - "Kriegskontrollgesetz") auf die Industrie- und Handelskammern keine Anwendung.

Entgegen dem Vorbringen des Beklagten kann nicht davon ausgegangen werden, dass sich der Regelungsgehalt des § 11 Abs. 3 IHK-G damit in einer lediglich negativen Verweisung erschöpft. Vielmehr wurde durch diese Vorschrift ausdrücklich das "Kriegskontrollgesetz" und damit auch dessen § 4 Abs. 1 Satz 1 außer Anwendung gesetzt, wonach die Haushalts- und Wirtschaftsführung der juristischen Personen des öffentlichen Rechts der Prüfung durch den Rechnungshof des Deutschen Reichs unterlag. Damit ist die im "Kriegskontrollgesetz" vorhandene Rechtsgrundlage für die sog. externe Rechnungsprüfung der Haushalts- und Wirtschaftsführung der Industrie- und Handelskammern durch die Rechnungshöfe bundesgesetzlich entfallen. Gleichzeitig wird deutlich, dass der Gesetzgeber diese Frage durch den Erlass des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern abweichend vom bisher geltenden Rechtszustand geregelt hat. Dieses Ergebnis wird bestätigt durch den Vergleich mit den Regelungen, die die herkömmliche Rechnungsprüfung betreffen. Zwar findet nach § 11 Abs. 3 Halbsatz 2 IHK-G auch das "Beiträgegesetz" auf die Industrie- und Handelskammern keine Anwendung.Jedoch ist in § 12 Abs. 1 Nr. 7 IHK-G ausdrücklich bestimmt, dass durch Landesrecht ergänzende Vorschriften über die Grundsätze über die Rechnungslegung und die Prüfung der Jahresrechnung erlassen werden können, wovon in Bayern mit der Regelung in Art. 3 AGIHKG Gebrauch gemacht wurde. Damit ist, wie auch das Bundesverwaltungsgericht klargestellt hat (vgl. BVerwG, a.a.O., S. 172), nur die herkömmliche Rechnungsprüfung gemeint. Eine entsprechende Regelung für die hier streitige sog. externe Prüfung der Haushalts- und Wirtschaftsführung durch Rechnungshöfe enthält das Gesetz zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern dagegen nicht. Daraus lässt sich zum einen entnehmen, dass der Gesetzgeber bei Erlass dieses Gesetzes den bisher geltenden Rechtszustand in seine gesetzgeberischen Vorstellungen miteinbezogen hat. Zum andern wird deutlich, dass er nur die im "Beiträgegesetz" enthaltenen Regelungen zur herkömmlichen Rechnungsprüfung durch - dem bisherigen Rechtszustand entsprechende - neue Regelungen im Gesetz zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern ersetzt hat. Das Absehen von einer entsprechenden gesetzlichen Regelung für die im "Kriegskontrollgesetz" geregelte Prüfung der Haushalts- und Wirtschaftsführung durch die Rechnungshöfe kann daher nur dahingehend verstanden werden, dass der Gesetzgeber diese Frage gerade abweichend vom bisher geltenden Rechtszustand regeln wollte.

1.3 Die Aufhebung des "Kriegskontrollgesetzes" durch § 119 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 BHO führt entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts und des Beklagten zu keiner anderen Beurteilung. Insbesondere kann nicht davon ausgegangen werden, dass durch die Aufhebung die Regelung des § 11 Abs. 3 Halbsatz 2 IHK-G als eine Art "Leervorschrift" anzusehen ist. Wie obigen Ausführungen zu entnehmen ist, ist diese Regelung hinsichtlich der Nichtanwendung des "Kriegskontrollgesetzes" dahingehend zu verstehen, dass damit die Prüfung der Haushalts- und Wirtschaftsführung der Industrie- und Handelskammer durch die Rechnungshöfe ausgeschlossen wurde. Die spätere Aufhebung des "Kriegskontrollgesetzes" vermag daran solange nichts zu ändern, als nicht eine neue Rechtsgrundlage für eine Prüfungsbefugnis der Rechnungshöfe geschaffen wird und damit eine Abweichung von der bisher in § 11 Abs. 3, Halbsatz 2 IHK-G normierten Rechtslage erfolgt.

1.4 Eine solche Rechtsgrundlage ergibt sich hinsichtlich der Klägerin als landesunmittelbarer juristischer Person des öffentlichen Rechts nicht aus Art. 111 Abs. 1 Satz 1 BayHO. Zwar ist dort geregelt, dass der Rechnungshof die Haushalts- und Wirtschaftsführung der landesunmittelbaren juristischen Personen des öffentlichen Rechts prüft; dies gilt indes nur, "soweit nicht durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes etwas anderes bestimmt ist". Auch in § 48 Abs. 1 HGrG ist nur derselbe allgemeine Gesetzesvorbehalt enthalten. Ein Anhalt, warum die in Art. 11 Abs. 3 IHK-G erfolgte bundesgesetzliche Beseitigung der Prüfungsbefugnis in Bezug auf die Industrie- und Handelskammern keine derartige gesetzliche Sonderregelung darstellen soll, lässt sich den Vorschriften nicht entnehmen. Es lässt sich auch nicht feststellen, dass der Gesetzgeber an dieser bestehenden Regelung etwas ändern wollte. Dem bloßen Umstand, dass in der amtlichen Begründung zum Entwurf der Bayerischen Haushaltsordnung die Industrie- und Handelskammern nicht unter den Beispielen für Sonderregelungen im Sinn von Art. 111 Abs. 1 BayHO aufgeführt sind, kann hier kein maßgebliches Gewicht zukommen; es handelt sich nur um Beispiele (vgl. LT-Drs. 7/699, S. 42). Es kommt hinzu, dass dort in der Vorbemerkung zu Teil VI der Bayerischen Haushaltsordnung ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass durch die Bestimmungen des Teils VI (Art. 105 mit 112) im Wesentlichen das sog. "Beiträgegesetz" abgelöst wird; das "Kriegskontrollgesetz" wird dagegen nicht erwähnt.

Der Beklagte weist zwar zu Recht darauf hin, dass mit den Haushaltsreformgesetzen mit der Kontrolle durch die Rechnungshöfe das Anliegen der rechnungsunabhängigen gegenwartsnahen Prüfung erfüllt werden und die Vereinheitlichung der Haushaltsgrundsätze auch die bundes- und landesunmittelbaren Körperschaften des öffentlichen Rechts erfassen sollte, letzteres aber mit der Maßgabe, dass mit Blick auf deren besondere Aufgaben und strukturbedingte Unterschiede haushaltsrechtliche Sonderregelungen vorbehalten wurden, soweit diese sich als unabdingbar erweisen (vgl. Begründung zum Entwurf von § 46 HGrG - § 48 der verabschiedeten Fassung -, BT-Drs. V/3040, B II 262). Aus diesem entstehungsgeschichtlichen Hintergrund kann indes nicht abgeleitet werden, dass eine vorhandene ausdrücklich die Industrie- und Handelskammern betreffende Sonderregelung, wie sie hier in § 11 Abs. 3 Halbsatz 2 IHK-G vorhanden ist, als nicht mehr existent betrachtet werden kann. Auch wenn aus der Entstehungsgeschichte zu entnehmen ist, dass der Gesetzgeber nur bei entsprechend trifftigen, zwingenden Umständen von der Unterstellung unter die Prüfung durch den Rechnungshof absehen soll, obliegt ihm aber die Beurteilung, ob solche besondere Umstände vorliegen, die eine Sonderregelung zu rechtfertigen vermögen. Weder aus Art. 111 Abs. 1 BayHO noch aus § 48 HGrG ist eine Einschränkung des insoweit bestehenden Einschätzungsspielraums des Gesetzgebers ersichtlich. Beide Vorschriften begnügen sich mit dem Einbau des Gesetzesvorbehalts als solchem. Vorliegend ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber zu der Einschätzung gelangt ist, die vorhandene Sonderregelung zu Gunsten der Industrie- und Handelskammern sei nicht mehr gerechtfertigt.

Obwohl es dem Bundesgesetzgeber möglich gewesen wäre, die speziell auf die Industrie- und Handelskammern gerichteten Wirkungen des § 11 Abs. 3 Halbsatz 2 IHK-G für die Zukunft aufzuheben, enthält § 48 Abs. 1 HGrG trotz dieser vorhandenen Spezialregelung keine die Industrie- und Handelskammern betreffende abweichende Regelung, sondern beschränkt sich - wie bereits oben ausgeführt - auf den allgemeinen Gesetzesvorbehalt für Sonderregelungen. Insoweit kann auch nicht außer Betracht bleiben, dass dem Gesetzgeber der Haushaltsreformgesetze die Bedeutung des § 4 des "Kriegskontrollgesetzes" präsent war (vgl. BayVGH, a.a.O., unter Hinweis auf BT-Drs. V/3040, A II und Übersicht 2, S. 32 ff.). Ungeachtet der Frage, ob landesgesetzlich überhaupt eine Änderung der bundesgesetzlichen Regelung des Art. 11 Abs. 3 Halbsatz 2 IHK-G in Betracht kommen kann, sind auch aus der Regelung in Art. 111 Abs. 1 Satz 1 BayHO keine weiteren Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der speziell auf die Industrie- und Handelskammern bezogenen Regelung des § 11 Abs. 3 Halbsatz 2 IHK-G keine Bedeutung mehr zukommen soll.

1.5 Die uneingeschränkte Weitergeltung des Art. 11 Abs. 3 Halbsatz 2 IHK-G kann im Ergebnis deshalb nur dahingehend verstanden werden, dass nach der Einschätzung des Gesetzgebers besondere strukturbedingte Gründe vorliegen, an diesen haushaltsrechtlichen Sonderregelungen für die Industrie- und Handelskammern festzuhalten, obwohl solche Sonderregelungen nach der Intention der Haushaltsreformgesetze - wie bereits oben dargestellt - nur die Ausnahme sein und möglichst vermieden werden sollen. Ein derartiges Gesetzesverständnis scheidet auch nicht deshalb aus, weil es zu unangemessenen, sachwidrigen Ergebnissen führen würde. Die Klägerin verweist insoweit zu Recht darauf, dass nach § 19 der Satzung des Deutschen Industrie- und Handelskammertags für die Industrie- und Handelskammern eine unabhängige Rechnungsprüfungsstelle errichtet wurde, für die als Bestandteil der Satzung ein "Sonderstatut" gilt. Diese Stelle ist nach § 12 Abs. 1 Nr. 7 IHK-G i.V. mit Art. 3 Abs. 2 AGIHKG und der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft und Verkehr vom 28. Januar 1960 (WVMBl 1960, 7) als Rechnungsprüfungsstelle zur Prüfung der Jahresrechnung der Industrie- und Handelskammern in Bayern bestimmt, wofür zusätzlich besondere Prüfungsrichtlinien aufgestellt sind. Zwar mag die Funktion dieser Rechnungsprüfungsstelle nicht in vollem Maße jener des Rechnungshofs entsprechen und auch die im Sonderstatut garantierte sachliche und persönliche Unabhängigkeit hinter den Regelungen für den Rechnungshof zurückbleiben. Allerdings hat das Verwaltungsgericht zutreffend darauf verwiesen, dass die Umschreibung des Inhalts der Prüfung in Nr. 2 b der Prüfungsrichtlinien (Anlage zur Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft und Verkehr vom 28. Januar 1960, a.a.O.) weitgehend dem Inhalt der Prüfung durch den Rechnungshof gemäß Art. 90 BayHO entspricht und insoweit faktisch der Prüfung durch den Rechnungshof zumindest nahe kommt.

1.6 Vor diesem rechtlichen Hintergrund stehen einer Heranziehung des Art. 111 Abs. 1 Satz 1 BayHO als Rechtsgrundlage für die Vornahme der Prüfung der Haushalts- und Wirtschaftsführung der Klägerin durch den Rechnungshof auch Bedenken hinsichtlich des rechtsstaatlichen Gebots der Normenbestimmtheit und Normenklarheit entgegen. Gesetzliche Regelungen müssen so gefasst sein, dass der Betroffene seine Normunterworfenheit und die Rechtslage so konkret erkennen kann, dass er sein Verhalten danach auszurichten vermag. Die Normen müssen in ihrem Inhalt entsprechend ihrer Zwecksetzung für die Betroffenen klar und nachvollziehbar sowie in ihrer Ausgestaltung widerspruchsfrei sein. Soweit die praktische Bedeutung einer Regelung für den Normunterworfenen nicht nur von der Geltung und Anwendung einer Einzelnorm abhängt, sondern vom Zusammenspiel von Normen unterschiedlicher Regelungsbereiche, müssen die Klarheit des Normeninhalts und die Voraussehbarkeit der Ergebnisse der Normanwendung gerade auch im Hinblick auf dieses Zusammenwirken gesichert sein (vgl. z.B. BVerfG vom 9.4.2003, BVerfGE 108, 52/75).

2. Die angefochtene Prüfungsankündigung ist auch nicht teilweise aufrechtzuerhalten, soweit sie sich auf die Prüfung der Verwendung der geleisteten Zuwendungen für die Haushaltsjahre 2000 bis 2003 bezieht. Insofern kommt ihr keine selbstständige Bedeutung zu, zumal sich die Klägerin einer solchen Zuwendungsprüfung nicht widersetzt.

Kosten: § 154 Abs. 1 VwGO.

Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 Abs. 2 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Zulassung der Revision: § 132 Abs. 2 VwGO.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt (§ 52 Abs. 2 GKG).

Ende der Entscheidung

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