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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 06.12.2006
Aktenzeichen: 22 BV 06.1989
Rechtsgebiete: GewO


Vorschriften:

GewO § 14 Abs. 1 Satz 1
GewO § 14 Abs. 1 Satz 3
GewO § 15 Abs. 1
GewO § 146 Abs. 2 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Im Namen des Volkes

22 BV 06.1989

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Gewerbeanzeige (Sportwetten);

hier: Berufung der Beteiligten gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 25. April 2006,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 22. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Konrad, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Schenk, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Koch

ohne mündliche Verhandlung am 6. Dezember 2006 folgendes

Urteil:

Tenor:

I. Auf die Berufung der Beteiligten wird das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 25. April 2006 geändert. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, sofern nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Unter dem Datum des 22. November 2005 zeigte der Kläger der Beklagten unter Beifügung des ordnungsgemäß ausgefüllten Formulars gemäß § 14 Abs. 4 Nr. 1 GewO an, dass der Betrieb zur Entgegennahme und Vermittlung von Sportwetten für staatlich konzessionierte Veranstalter in der *.-Straße ** in München ausgeübt werde. Die Rubrik "Datum des Beginns der angemeldeten Tätigkeit" wurde mit "1. Februar 2006" ausgefüllt.

Mit Schreiben vom 22. November 2005 antwortete die Beklagte u.a. mit folgenden Sätzen: "Mit Schreiben vom 22. November 2005 zeigten Sie den Beginn der Tätigkeit "Entgegennahme und Vermittlung von Sportwetten für staatlich konzessionierte Veranstalter" an... In Bayern sind Sportwetten, auch wenn sie von Firmen aus dem Ausland oder anderen Bundesländern angeboten werden, nicht gestattet. Auch die Vermittlung von Wetten an diese Firmen ist nicht erlaubt und darf von Ihnen nicht betrieben werden... Die Anmeldung einer verbotenen Tätigkeit als Gewerbebetrieb ist nicht möglich und kann Ihnen daher auch nicht bestätigt werden."

Der Kläger erhob am 30. Januar 2006 Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München mit dem Antrag, die Beklagte zu verpflichten, die Gewerbeanzeige des Klägers zur Tätigkeit der Vermittlung von Sportwetten zu bestätigen.

Die Beklagte erwiderte mit Schriftsatz vom 14. Februar 2006. Sie trug u.a. folgendes vor: "Der Kläger zeigte mit Formblattschreiben vom 22. November 2005 bei der Gewerbebehörde des Kreisverwaltungsreferats die Ausübung der Tätigkeit "Entgegennahme und Vermittlung von Sportwetten für staatlich konzessionierte Veranstalter" für die Betriebsstätte *.-Straße ** in ... München an. Als Datum des Betriebsbeginns wurde der 1. Februar 2006 angegeben".

Das Verwaltungsgericht gab der Klage statt. Die Beklagte wurde verurteilt, "die Gewerbeanzeige der Klagepartei wie beantragt zu bescheinigen". Es handle sich bei der Vermittlung von Sportwetten durch private Gewerbetreibende um ein Gewerbe im Sinne der Gewerbeordnung (Urteil vom 25.4.2006).

Mit der vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung beantragt die Beteiligte

die Aufhebung des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 25. April 2006 und die Abweisung der Klage.

Die Beteiligte führt aus, dass es sich bei der strittigen Tätigkeit nicht um ein Gewerbe im Sinn der Gewerbeordnung handle.

Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Berufung.

Der Kläger bezieht sich auf das angefochtene Urteil und führt aus, er wolle in legitimer Form sein Gewerbe anzeigen und Gewissheit darüber haben, dass Finanzämter und Sozialversicherungsträger über die von ihm ausgeübte Tätigkeit auch informiert würden. Außerdem gehe es ihm um die Klärung, dass er ein grundsätzlich zulässiges Gewerbe im Sinn der Gewerbeordnung betreibe.

Die Beklagte hat sich nicht zur Sache geäußert.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Verwaltungsgerichtshof kann ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 101 Abs. 2 VwGO).

Die Berufung ist begründet. Die auf eine Verpflichtung der Beklagten zur Bescheinigung des Empfangs der vom Kläger unter dem 22. November 2005 erstatteten Gewerbeanzeige gerichtete Klage ist unzulässig, jedenfalls aber unbegründet.

Die Leistungsklage ist wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses bereits unzulässig, weil ein rechtlich anerkennenswertes Interesse des Klägers an der erstrebten gerichtlichen Entscheidung im jetzigen Zeitpunkt unter keinem denkbaren Gesichtspunkt in Betracht kommt (vgl. BVerwG vom 29.4.2004, BVerwGE 121, 1/3). Die Beklagte hält die Erstattung einer Gewerbeanzeige für die vom Kläger angezeigte Tätigkeit nicht für erforderlich. Ordnungswidrigkeitenverfahren auf Grund von § 146 Abs. 2 Nr. 1 GewO oder Verwaltungsverfahren im Hinblick auf die Erzwingung einer Gewerbeanzeige drohen dem Kläger offensichtlich nicht. Ein derzeit noch bestehender steuer- oder sozialversicherungsrechtlicher Nutzen für den Kläger ist ebenfalls nicht zu erkennen. Die erstrebte Feststellung der "grundsätzlichen Zulässigkeit" der beabsichtigten Gewerbeausübung ist auf diesem Weg nicht erreichbar. Allenfalls könnte sich aus einer Klagestattgabe mittelbar ergeben, dass die vom Kläger beabsichtigte Tätigkeit nicht schon ihrem Wesen nach wegen ihrer Sozial- und Gemeinschaftsschädlichkeit als verboten anzusehen ist. Aber darüber besteht zwischen den Beteiligten jedenfalls seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 - kein Streit mehr (vgl. RdNrn. 83 ff des Urteilsabdrucks).

Die Klage ist jedenfalls unbegründet, weil § 15 Abs. 1 GewO dem Kläger den geltend gemachten Anspruch deshalb nicht gewährt, weil sich die Beklagte gegenüber dem Kläger im Schreiben vom 22. November 2005 und zusätzlich in der Klageerwiderung vom 14. Februar 2006 bereits in einer Weise geäußert hat, die die Mindestanforderungen des § 15 Abs. 1 GewO erfüllt. Der Anspruch aus § 15 Abs. 1 GewO ist entsprechend § 362 Abs. 1 BGB durch Erfüllung erloschen.

Nach § 15 Abs. 1 GewO bescheinigt die Behörde innerhalb dreier Tage den Empfang der Anzeige nach § 14 GewO. Diese Empfangsbescheinigung hat den Zweck, dem Gewerbetreibenden die Gewissheit zu geben, dass seine Anzeige bei der Behörde eingegangen ist. Außerdem dient sie ihm als Nachweis, dass er tatsächlich eine Anzeige erstattet hat. Sollte der Eingang der Anzeige nicht aus dem Gewerberegister der zuständigen Behörde ersichtlich sein, könnte der betroffene Gewerbetreibende in einem etwaigen Ordnungswidrigkeitenverfahren aufgrund von § 146 Abs. 2 Nr. 1 GewO oder in einem etwaigen Verwaltungsverfahren zur Erzwingung der Anzeige durch die Bescheinigung nachweisen, dass er tatsächlich eine formal nicht zu beanstandende Anzeige erstattet hat. Eine weitergehende Bedeutung kommt der Bescheinigung nicht zu (BVerwG vom 8.6.1971, Buchholz 451.20, Nr. 3 zu § 15 GewO).

Aus den bisherigen Äußerungen der Beklagten gegenüber dem Kläger ergibt sich, dass diese den Mindestanforderungen des § 15 Abs. 1 GewO formal und inhaltlich genügen.

Über das hier offensichtlich gewahrte Schriftformerfordernis hinaus schreibt § 15 Abs. 1 GewO für die Bescheinigung des Empfangs der Anzeige nach § 14 Abs. 1 GewO keine bestimmte Form vor. Dass Nr. 6.2 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Technologie zur Durchführung der §§ 14, 15 und 55 c GewO vom 10. November 1995 (AllMBl 1995, S. 887) insofern die Verwendung der ersten Durchschrift der Anzeige vorschreibt, hat aufgrund der Rechtsnatur von Verwaltungsvorschriften nur verwaltungsinterne Bedeutung. Zudem steht die Verwaltungsvorschrift einer Abweichung aus triftigem Grund nicht entgegen; ein solcher Grund lag hier in der Gefahr des Missverständnisses, die Bescheinigung besage irgend etwas über die Berechtigung des Klägers zur Ausübung der angezeigten Tätigkeit. Es genügt daher, wenn schriftlich auf eine für einen objektiven Empfänger verständliche Weise zum Ausdruck gebracht wird, dass die vom Gewerbetreibenden beabsichtigte Gewerbeanmeldung bei der Behörde eingegangen ist. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt.

Durch das Schreiben vom 22. November 2005 gibt die Beklagte zu verstehen, dass sie die Anzeige des Klägers vom 22. November 2005 erhalten hat. Durch die beigefügten Rechtsausführungen wird auch hinreichend deutlich, dass es sich dabei um eine Gewerbeanmeldung hinsichtlich der Vermittlung von Sportwetten durch den Kläger als einen privaten Gewerbetreibenden gehandelt hat. Es besteht kein vernünftiger Zweifel daran, um welche konkrete Gewerbeanmeldung es dabei ging. Die Beklagte gibt dem Kläger auch hinreichend deutlich zu verstehen, dass die Vollständigkeit seiner Angaben nicht beanstandet wird. Die Beklagte hat all dies durch die Klageerwiderung vom 14. Februar 2006 bestätigt. Das Schreiben der Beklagten vom 22. November 2005 ist schon für sich genommen, erst recht aber im Zusammenhang mit der Klageerwiderung geeignet, die Zwecke des § 15 Abs. 1 GewO in vollem Umfang zu erfüllen. Es besteht kein vernünftiger Zweifel daran, dass der Kläger einem etwa gegen ihn eingeleiteten Ordnungswidrigkeitenverfahren aufgrund von § 146 Abs. 2 Nr. 1 GewO oder einem etwa gegen ihn eingeleiteten Verwaltungsverfahren zur Erzwingung der Anzeige mit Hilfe der genannten Schreiben ohne weiteres effektiv entgegentreten könnte. Die in den Schreiben enthaltenen Hinweise der Beklagten zur Rechtslage stehen dem nicht entgegen. Die Beklagte darf Hinweise zur Rechtslage geben, wie sie von ihr gesehen wird, um Missverständnisse zu vermeiden.

Dass die Beklagte ihre Schreiben selbst nicht als Empfangsbescheinigung i.S. des § 15 Abs. 1 GewO verstanden hat und verstanden wissen will, ist ohne Belang. Es handelt sich insofern um eine unwirksame protestatio facto contraria. Die Bescheinigung des Empfangs der Gewerbeanzeige bescheinigt und beweist diesen tatsächlichen Vorgang ohne Rücksicht darauf, welche richtigen oder falschen rechtlichen Vorstellungen die Behörde damit verbindet. Der Schutzzweck des § 15 Abs. 1 GewO ist auch unter diesen Umständen voll erfüllt.

Die Beklagte hat aus der Anzeige des Klägers nicht die bei Gewerbeanzeigen rechtlich gebotenen Konsequenzen gezogen. Dadurch werden aber keine Rechte des Klägers verletzt. Die Beklagte hat insbesondere nicht die sonst in derartigen Fällen üblichen Überwachungsmaßnahmen und statistischen Erhebungen durchgeführt, die das Gewerbeanzeigeverfahren nach seinem Sinn und Zweck ermöglichen soll (§ 14 Abs. 1 Satz 3 GewO). Sie hat auch nicht die zuständigen Finanzbehörden und Sozialversicherungsträger informiert. Es ist nicht zweifelhaft, dass es sich bei diesen Zwecken des Gewerbeanzeigeverfahrens um solche handelt, die nicht im rechtlichen Interesse betroffener Gewerbetreibender, sondern ausschließlich im öffentlichen Interesse verwirklicht werden sollen.

Kosten: § 154 Abs. 1 VwGO.

Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 Abs. 2 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Nichtzulassung der Revision: § 132 Abs. 2 VwGO.

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 133 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden. Die Beschwerde ist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung schriftlich einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. In der Beschwerdebegründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht muss sich jeder Beteiligte durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Das gilt auch für die Einlegung der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision. Abweichend davon können sich juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt (§ 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 2 GKG; wie Vorinstanz).



Ende der Entscheidung

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