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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 29.10.2008
Aktenzeichen: 22 BV 07.3234
Rechtsgebiete: VwGO, GG


Vorschriften:

VwGO § 113 Abs. 1 Satz 4
VwGO § 161 Abs. 2
GastG § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
GastG § 5 Abs. 1 Nr. 1
GastG § 5 Abs. 1 Nr. 3
GG Art. 3 Abs. 1
GG Art. 20 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes

22 BV 07.3234

In der Verwaltungsstreitsache

wegen gaststättenrechtlicher Auflage;

hier: Berufung des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 23. Oktober 2007,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 22. Senat, durch

den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Schenk, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Hösch, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Eder

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 23. Oktober 2008

am 29. Oktober 2008

folgendes Urteil:

Tenor:

I. Soweit die Anfechtungsklage die Bescheide der Beklagten vom 17. und vom 25. Juli 2007 in Bezug auf die Pilsstube "*** ***" betrifft, wird das Verfahren eingestellt. Insofern sind Nrn. 2 und 3 des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 23. Oktober 2007 unwirksam geworden.

II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

III. Soweit das Verfahren eingestellt wird (in Bezug auf die Pilsstube "*** ***") tragen der Kläger und die Beklagte die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen je zur Hälfte. Im Übrigen trägt der Kläger die Kosten des Berufungsverfahrens.

IV. Soweit das Verfahren eingestellt wird, ist die Kostenentscheidung unanfechtbar. Im Übrigen ist die Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger betrieb bis zum Februar 2008 im Anwesen K********straße * in N******* die Diskothek "J*******" auf 400 m² Fläche in Halle 5. Der Betrieb der Diskothek wurde von der Beklagten mit Gaststättenerlaubnis vom 21. Oktober 2003 erlaubt, die Anzahl der gleichzeitig anwesenden Personen - Besucher und Personal - auf 400 begrenzt. Abgesehen von dieser Diskothek beherbergt das Anwesen K********straße * noch zwei weitere, nicht vom Kläger betriebene Diskotheken. Seit dem 16. Dezember 2004 besteht die Diskothek "***" in Halle 3 (ca. 5.500 m² Fläche, Begrenzung der Anzahl der gleichzeitig anwesenden Personen auf 4.000). Ferner besteht die Diskothek "B*****" im Ostteil der Areals.

Der Kläger betreibt ferner seit September 2001 (vorläufige Zulassung vom 27.9.2001) die Pilsstube "*** ***" außerhalb des K********geländes im Anwesen G********straße *****. Mit Bescheid vom 15. Januar 2002 erteilte die Beklagte dem Kläger diesbezüglich die gaststättenrechtliche Erlaubnis zum Betrieb einer Pilsstube (ein Gastraum mit 40 Plätzen, ein Nebenzimmer und ein Wintergarten im Erdgeschoss, jeweils bis zum Beginn der Sperrzeit, sowie bis 22.00 Uhr eine Freischankfläche).

Die Polizeiinspektion N*******-***** berichtete unter dem 15. März 2006 Folgendes von der Sicherheitslage im Bereich der K********straße im Jahr 2005: "Seit Einführung der gesetzlichen Sperrzeit im Januar 2005 von 5.00 Uhr bis 6.00 Uhr verschärfte sich die Lage in der N********* Innenstadt im Umfeld problematischer Gaststätten zunehmend. Insbesondere im zweiten Halbjahr 2005 entwickelten sich Teile der S******* Altstadt und der Bereich K********straße um die Diskotheken "***" und "J*******" zu herausragenden Einsatzschwerpunkten der Polizeiinspektion N*******-Mitte. Der Anstieg der Körperverletzungsdelikte in der N********* Innenstadt um ca. 30% im Jahr 2005 ist auf die negative Entwicklung dieser beiden Bereiche zurückzuführen. Die deutlichste Verschärfung der Sicherheitslage wurde dabei im Bereich K********straße festgestellt. Hier ereigneten sich alkoholbedingte Aggressionsdelikte, wie z. B. Körperverletzungen, in großer Zahl. Dabei zeigten die Täter zum großen Teil ein äußerst rücksichtsloses und brutales Vorgehen. Viele Geschädigte wurden völlig grundlos zusammengeschlagen und dabei teils erheblich verletzt. Platzwunden, gebrochene Nasenbeine, Jochbeinbrüche und ausgeschlagene Zähne sind als Verletzungen an der Tagesordnung". 43 % der Vorfälle waren dem Polizeibericht zufolge der Diskothekenszene im K********-areal zuzuordnen, zusätzlich 11 % eindeutig der Diskothek "J*******" und 28 % der Diskothek "***". Dem Polizeibericht zufolge veranstalteten sowohl die Diskothek "J*******" als auch die Diskothek "***" sog. 50-Cent-Parties (alle offenen Getränke kosten nur 50 Cent), sog. 1-Euro-Parties (alle offenen Getränke kosten nur 1 Euro) sowie sog. Doppeldecker-Parties (der Gast erhält zwei Getränke für den Preis von einem Getränk). Der Polizeibericht gelangte zu folgender Gesamtbewertung der Lage: "Die Sicherheitslage hat sich im Bereich des K********areals im vergangenen Jahr überproportional verschärft. Etwa 20 % aller Körperverletzungsdelikte im Zuständigkeitsbereich der Polizeiinspektion N*******-Mitte mit mehr als 500 zu betreuenden Gaststätten, Rotlichtviertel, Bahnhofsbereich und S******* Altstadt ereigneten sich im Jahr 2005 allein im Bereich K******** und hatten Bezug zu den dort angesiedelten Diskotheken. Die Auswertungen zeigen, dass eine wesentliche Ursache dafür im übermäßigen Alkoholkonsum der Diskothekenbesucher liegt, der vor allem durch das Angebot von sog. Billigparties hervorgerufen wird. Ein Verzicht auf diese Form der Kundenwerbung würde sich positiv auf den Alkoholkonsum der Gäste und damit auf die Sicherheitslage, nicht nur im Bereich K********, auswirken".

Nachdem sich die Sicherheitslage im Jahr 2006 nicht wesentlich verbessert hatte, drängte die Beklagte die N********* Diskothekenbetreiber dazu, freiwillig eine Selbstbeschränkungsverpflichtung zu unterzeichnen. Diese umfasste u.a. folgende Punkte: "Verzicht auf die Durchführung von und Werbung für sog. "Billigparties": Darunter sind alle Bewirtungskonzepte zu verstehen, die auf die vergünstigte Abgabe von alkoholischen Getränken und die Werbung hierfür abzielen. Hierunter fallen insbesondere: All-inclusive-Veranstaltungen (z.B. kostenlose Abgabe aller offenen Getränke innerhalb eines bestimmten Zeitraums); Ausgabe von Freigetränken (z.B. Abgabe an bestimmten Tagen für eine bestimmte Gruppe - ausgenommen einen sog. "Welcome-Drink"); Parties mit Billigangeboten von Getränken (z.B. 50-Cent- oder 1-Euro-Parties); Veranstaltungen mit der Gewährung von Mengenrabatt (z.B. sog. "Doppeldecker"). Die Beklagte erklärte u.a.: "Die Stadt N******* kündigt an, ordnungsrechtliche Maßnahmen auf der Grundlage des Gaststättengesetzes und des Jugendschutzgesetzes zu ergreifen, sofern die ... aufgeführten Maßnahmen nicht zugesagt und nicht eingehalten werden bzw. keine Wirkung zeigen. Die Stadt vergewissert sich durch Nachfragen oder auf sonstige Weise, ob die... aufgeführten Maßnahmen eingehalten werden."

Die Vereinbarung wurde am 4. April 2007 von den meisten N********* Diskothekenbetreibern unterzeichnet, vom Kläger erst am 7. Mai 2007. Der Kläger warb jedoch etwa ab dem 20. Juni 2007 im Internet "ab sofort wieder" für sog. 1-Euro-Parties jeden Freitag in der Diskothek "J*******" ("alle offenen Getränke nur 1 Euro") und für sog. 50-Cent-Parties ab 21. Juli jeden Samstag in der Diskothek "J*******" ("alle offenen Getränke nur 50 Cent"). Jeden Freitag und jeden Samstag sollte der Internetwerbung zufolge ein sog. "Teen Clubbing" in der Pilsstube "*** ***" in der G********straße ***** stattfinden. Es sollte sich dabei um sog. 1-Euro-Parties handeln. Die Gäste der Diskothek "Jam- Club" wurden eingeladen, während der Sommerpause dieser Diskothek das "Teen Clubbing" in der Pilsstube "*** ***" zu besuchen.

Der Kläger wies dazu mit Schreiben vom 18. Juni 2007 und vom 10. Juli 2007 gegenüber der Beklagten darauf hin, dass er sich nur dann an die Vereinbarung gebunden fühle, wenn sie nicht nur von ihm, sondern von allen Beteiligten eingehalten werde, was tatsächlich aber nicht der Fall sei. Andere Diskothekenbetreiber würden zwar zwischenzeitlich mit 1,50-Euro-Parties werben, jedoch zu diesem Preis die doppelte Menge des Getränks verkaufen, so dass es sich tatsächlich um 0,75-Euro-Parties handle. Wieder andere Betreiber würden den Gästen den ursprünglich bezahlten Eintrittspreis auf Getränkebons anrechnen. Wieder andere Betreiber hätten schlicht und einfach die Getränkekarte auf einen Preis von 1 Euro pro Getränk umgestellt, so dass der Sonderpreis nicht nur bei einzelnen Veranstaltungen angeboten werde, sondern durchgängig.

Die Polizeiinspektion N*******-Mitte teilte am 9. Juli 2007 folgendes zur Sicherheitslage in der K********straße im Juni 2007 mit: "Bedauerlicherweise ist festzustellen, dass sich die Lage am K******** im Juni wieder leicht verschärft hat. Während die ersten Wochenenden dieses Monats, ähnlich wie im Mai und April, relativ ruhig verliefen, ist am vorletzten und letzten Wochenende des Juni ein deutlicher Anstieg der Körperverletzungsdelikte zu verzeichnen. Darunter auch einige, die völlig unmotiviert mit erheblicher Brutalität durchgeführt wurden und teils schwere Folgen für die Opfer haben.... Bei der Recherche nach den Ursachen für die neuerlich sich abzeichnende Zunahme von Körperverletzungsdelikten wurde festgestellt, dass die Diskothek "J*******" seit mindestens 22. Juni 2007 wieder begonnen hat, an allen Freitagen sog. 1-Euro-Parties anzubieten. Der Betreiber wirbt mit dieser Party im Internet und auf Plakaten im Eingangsbereich seines Lokals. Ein direkter Zusammenhang zwischen den neuerlichen Billigparties und der dargestellten Lageverschärfung ist anzunehmen".

Die Beklagte gab dem Kläger mit Schreiben vom 5. Juli 2007 Gelegenheit, sich zum Erlass beabsichtigter gaststättenrechtlicher Auflagen für die Diskothek "J*******" zu äußern. Der Kläger nahm dazu mit Schreiben vom 10. Juli 2007 Stellung. Die Beklagte gab dem Kläger mit einem weiteren Schreiben vom 13. Juli 2007 Gelegenheit, sich diesbezüglich bis zum 20. Juli 2007 auch für die Pilsstube "Cha-Cha" zu äußern. Ohne dessen Stellungnahme oder den Ablauf dieser Frist abzuwarten, verfügte die Beklagte mit Bescheid vom 17. Juli 2007 unter Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit, der Kläger habe es zu unterlassen, seine Gaststättenbetriebe "J*******" und "*** ***" an Tagen zu betreiben, für die mit Angeboten für alkoholische Getränke unter 1,50 Euro pro Getränk geworben werde und an denen Getränke zu solchen Preisen abgegeben würden (Nr. I, Nr. II). Für den Fall eines Verstoßes wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 2.000 Euro angedroht (Nr. III). Der Bescheid wurde auf § 5 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 GastG gestützt. Gegen den Kläger müsse zuerst vorgegangen werden, weil die Diskothek "J*******" unter den auffälligen Lokalen an der Spitze stehe. Auch Besucher der Diskothek "***" würden zu Alkoholexzessen beitragen. Die Diskothek "J*******" ziehe aber durch ihre Werbung und die Durchführung von sog. 1-Euro- und 50-Cent-Parties ein problematisches Publikum an. Eine Verlagerung dieser Problematik in die Pilsstube "*** ***" müsse vermieden werden.

Mit Bescheid vom 25. Juli 2007 drohte die Beklagte dem Kläger zum Zweck der Vollstreckung des Bescheids vom 17. Juli 2007 die Anwendung von unmittelbarem Zwang in Form der amtlichen Schließung und Versiegelung der Gasträume an. Als der Kläger am 27. Juli 2007 in der Diskothek "J*******" wiederum dem Bescheid vom 17. Juli 2007 zuwiderhandelte, ließ die Beklagte um ca. 23.00 Uhr die Diskothek "J*******" zwangsweise schließen und versiegeln.

Die Polizeiinspektion N*******-Mitte nahm unter dem 1. August 2007 folgendermaßen Stellung. "Der Diskothek "***" konnten im Jahr 2005 ca. 28 % und im Jahr 2006 48 % aller relevanten Ereignisse zugeordnet werden, der Diskothek "J*******" 2005 11 % und 2006 7 % der Vorgänge. Im aktuellen Jahr 2007 liegt die Diskothek "***" derzeit bei 49 % und die Diskothek "J*******" bei 14 % der Vorgänge. Angesichts der sehr unterschiedlichen Größenverhältnisse der beiden Betriebe ergibt sich, dass die Gäste der Diskothek "J*******" keineswegs unterproportional an den Sicherheitsstörungen beteiligt gewesen sind. ...Es dürfte eher das Gegenteil zutreffend sein. Bei der Auswertung der statistischen Daten konnte eindeutig ein Zusammenhang zwischen der Masse an Sicherheitsstörungen und der Veranstaltung von sog. Billigparties aufgezeigt werden. An den Tagen, an denen Billigparties veranstaltet wurden, kam es deutlich häufiger zu Störungen, einhergehend mit einem höheren Alkoholisierungsgrad der beteiligten Personen."

Der Kläger erhob gegen beide Bescheide Anfechtungsklage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht wurden Vertreter des Polizeipräsidiums M************ und der Polizeiinspektion N*******-Mitte befragt. Die Sicherheitslage im K********gelände gebe nunmehr zur Hoffnung Anlass. Ein endgültiges Urteil könne noch nicht abgegeben werden, weil in den Sommermonaten die Diskotheken nicht so stark besucht seien wie in den Herbstmonaten. Eine Verschlechterung der Sicherheitslage habe man in den Herbstmonaten bisher nicht feststellen können.

Der Kläger und die Beklagte erklärten die Anfechtungsklage hinsichtlich des Bescheids der Beklagten vom 25. Juli 2007 in Bezug auf die Diskothek "Jam- Club" für in der Hauptsache erledigt. Das Verwaltungsgericht stellte diesbezüglich das Verfahren ein.

Das Verwaltungsgericht wies die Anfechtungsklage im Übrigen ab (Urteil vom 23.10.2007).

Nach Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens meldete der Kläger das Gewerbe "Diskothek Jam Club" in der Betriebsstätte K********straße * ab. Datum der Betriebsaufgabe war demnach der 26. Februar 2008. Nach Angaben des Klägers sollte die dortige Diskothek künftig von der "** ****** *********** GmbH" betrieben werden. Grund für die Betriebsaufgabe sei die Familiengründung.

Der Kläger hat die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt. Er hat den Rechtsstreit hinsichtlich der Bescheide der Beklagten vom 17. und vom 25. Juli 2007 in Bezug auf die Pilsstube "*** ***" mit Zustimmung der Beklagten in der Hauptsache für erledigt erklärt, nachdem die Beklagte diese Bescheide hinsichtlich der Pilsstube "*** ***" in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof mit Wirkung ab dem 26. Februar 2008 aufgehoben hatte.

Der Kläger beantragt nunmehr noch

die Feststellung, dass der Bescheid der Beklagten vom 17. Juli 2007 hinsichtlich der Diskothek "J*******" rechtswidrig war.

Zur Begründung führt der Kläger aus: Er habe ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung. Er wolle wissen, unter welchen Auflagen er künftig in der N********* Innenstadt wieder eine Diskothek betreiben könne. Die Diskothek "J*******" werde er nicht mehr selber betreiben. Um ein konkretes anderes Objekt habe er sich noch nicht bemüht. Entsprechende Angebote lägen ihm aber vor. Es gehe bei seinen Gaststätten nicht um Jugendliche, sondern um Veranstaltungen für junge Erwachsene ab 18 Jahre. Die Beklagte sei nicht in der Lage gewesen, auch nur einen einzigen Gast des Klägers zu benennen, der aufgrund der vom Kläger durchgeführten sog. Billigparties im Übermaß alkoholisiert gewesen sei. Durch die Bewerbung und Durchführung sog. Billigparties mit dem Verkauf alkoholischer Getränke zu Preisen unter 1,50 Euro werde dem Alkoholmissbrauch nicht Vorschub geleistet. Alkoholmissbrauch durch Gäste und Kunden sei nicht eine Frage des Preises, sondern auf die verschiedenartigsten Faktoren zurückzuführen, z.B. auf illegale Beschaffung von Spirituosen durch Jugendliche. Es gebe keine gesetzliche Mindestpreisvorschrift. Es gebe keine gesicherte wissenschaftliche Untersuchung darüber, dass Besucher von Diskothekenveranstaltungen, bei denen alkoholische Getränke zu Preisen unter 1,50 Euro verkauft würden, stärker alkoholisiert seien als Besucher von Kirchweihen, Volksfesten usw.. Bei Kirchweihen komme es vielfach zu Schlägereien bis hin zu Massenschlägereien. Eine Fokussierung auf den Bereich der Diskotheken sei nicht gerechtfertigt. Es gebe Veranstaltungen, auf denen Alkohol in unbegrenzten Mengen zum Nulltarif angeboten werde, All- incl.-Angebote usw.. Bei diesen vergleichbaren Veranstaltungen würden die Behörden nichts beanstanden. Die Diskothek "J*******" sei in keiner Weise übermäßig an irgendwelchen Gewaltdelikten aufgrund von Alkoholmissbrauch beteiligt. In der Diskothek "J*******" komme es nicht mehr und nicht weniger zu alkoholbedingten Gewalttaten und Ausfällen als irgendwo anders im Stadtgebiet der Beklagten. Ein Großteil der von der Polizei festgestellten und eventuell gewaltbereiten Besucher habe mehrere Clubs und Diskotheken besucht. Eine konkrete Zuordnung des Alkoholmissbrauchs zu einzelnen Diskotheken, insbesondere zur Diskothek des Klägers, sei gar nicht möglich. Die Vereinbarung der Beklagten mit den Diskothekenbetreibern sei gescheitert. Nahezu alle Diskothekenbetreiber, die an dieser beteiligt seien, würden diese Vereinbarung gezielt umgehen. Insbesondere die auf dem K********gelände gelegene Diskothek "***" mit zehnfacher Aufnahmekapazität habe auch problembehaftete Veranstaltungen durchgeführt und führe sie immer noch durch. Der Gleichbehandlungsgrundsatz sei verletzt. Ein behördliches Einschreiten nur gegenüber dem Kläger sei nicht gerechtfertigt.

Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Berufung.

Durch den angefochtenen Bescheid würden Bewirtungskonzepte untersagt, die durch extrem niedrige und erheblich unter dem Üblichen liegende Preise das Publikum dazu verleiten würden, möglichst viel, zumindest aber den Eintrittspreis wieder hereinzutrinken. Verboten werde auch die Werbung hierfür, die gerade im Fall des Klägers auf die unstreitig problematischen Besucher des Kohlenhofgeländes und speziell des "J********" zugeschnitten gewesen sei, die öffentliche Besäufnisse als Bestandteil der Freizeitgestaltung betrachten würden. Eine niedrigere Untergrenze als 1,50 Euro sei nicht möglich gewesen, da ein Preis für ein alkoholisches Getränk von unter 1,50 Euro für Diskotheken in einer Großstadt absolut unüblich sei und daher von jedem als Signal für ein auf exzessiven Alkoholkonsum ausgerichtetes Veranstaltungskonzept verstanden werde. Auch Konzepte der Nachbardiskothek "***" seien beanstandet worden. Anders als der Kläger seien bei der Nachbardiskothek "***" Lösungen im Konsenswege möglich. Auf N********* Volksfesten oder Kirchweihen gebe es keine Billigparties oder vergleichbare Veranstaltungen. Die Beklagte würde dergleichen dort auch nicht tolerieren.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen. Entscheidungsgründe:

I. Soweit die Anfechtungsklage die Bescheide der Beklagten vom 17. und vom 25. Juli 2007 in Bezug auf die Pilsstube "*** ***" betrifft, wird das Verfahren auf Grund der übereinstimmenden Erledigungserklärungen des Klägers und der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof eingestellt (§ 92 Abs. 3 VwGO in entsprechender Anwendung). Die diesbezügliche Unwirksamkeit des erstinstanzlichen Urteils folgt aus § 173 VwGO und § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO in entsprechender Anwendung.

II. Im Übrigen ist die Berufung unbegründet. Der Antrag auf Feststellung, dass der Bescheid der Beklagten vom 17. Juli 2007 hinsichtlich der Diskothek "J*******" rechtswidrig war, ist unzulässig, hilfsweise unbegründet.

1) Die vom Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof angeführten Umstände reichen nicht aus, um ein berechtigtes Interesse im Sinn von § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO zu begründen. Der Kläger macht sinngemäß die drohende Wiederholung des erledigten Verwaltungsakts vom 17. Juli 2007 in Bezug auf die Diskothek "J*******" geltend. In derartigen Fällen ist das berechtigte Interesse im Sinn von § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO dann anzuerkennen, wenn eine hinreichend bestimmte Gefahr gegeben ist, dass sich unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen ein gleichartiger Verwaltungsakt ergeben wird (ständige Rechtsprechung des BVerwG, z.B. BVerwG vom 16.10.1989, NVwZ 1990, 360; BVerwG vom 26.4.1993, NVwZ 1994, 282; BVerwG vom 21.10.1999, Buchholz 310, § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 7). Dies bedingt die Annahme, dass die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse, welche für den angegriffenen Verwaltungsakt maßgeblich waren, auch im Zeitpunkt der künftig zu erwartenden Entscheidungen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit gegeben sein werden (BVerwG vom 26.4.1993, NVwZ 1994, 282 f.). Es ist Sache des Klägers, diese Umstände darzutun (BVerwG vom 4.3.1976, BVerwGE 53, 134/137). Daran fehlt es hier. Die beantragte Rechtswidrigkeitsfeststellung würde sich auf das K********gelände beziehen. Insofern können gegen den Kläger aber keine neuen Verwaltungsakte mehr ergehen, weil der Kläger dort keine Diskothek mehr betreiben will, wie er in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof erklärt hat. Im Wesentlichen unveränderte tatsächliche und rechtliche Umstände könnten zwar auch an vergleichbaren Standorten außerhalb des K********geländes gegeben sein (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl. 2007, Rdnr. 141 zu § 113; Nds. OVG vom 16.12.1992, NVwZ-RR 1993, 405). Dies ist aber nicht nachprüfbar, weil der Kläger keine von ihm in Betracht gezogenen konkreten Standorte benennen konnte und sich nur ganz pauschal auf die nicht näher umschriebene N********* Innenstadt bezogen hat. Es kann so nicht geklärt werden, ob die Beklagte dort in vergleichbarer Weise einschreiten würde, weil sie die Sicherheitslage dort in ähnlicher Weise beurteilt. Abgesehen davon ist eine hinreichend bestimmte Wiederholungsgefahr, die von einer bloß abstrakten, theoretischen Möglichkeit zu unterscheiden ist, deshalb nicht feststellbar, weil sich der Kläger auf eine bloße Absichtserklärung beschränkt hat; dies genügt nicht (BVerwG vom 21.11.1995, BVerwGE 103, 278/280). Nähere Angaben zum Zeitpunkt und den Bedingungen für die Realisierung dieser Absicht hat der Kläger nicht gemacht. Irritierend ist in diesem Zusammenhang auch, dass der Kläger die Aufgabe des Betriebs der Diskothek "J*******" mit familiären Umständen begründet hat (vgl. Gewerbeabmeldung zum 26.2.2008).

2) Für den Fall, dass dieser Rechtsauffassung nicht gefolgt wird - Kläger und Beklagte sind ihr in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof entgegengetreten - wird hilfsweise ausgeführt, dass der Fortsetzungsfeststellungsantrag jedenfalls unbegründet wäre. Der Bescheid der Beklagten vom 17. Juli 2007 war hinsichtlich der Diskothek "J*******" nicht rechtswidrig.

§ 5 Abs. 1 Nr. 1 und auch § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG gestatten jederzeit, also auch nachträglich nach der Erteilung der entsprechenden Gaststättenerlaubnis, die Beifügung von Auflagen nach pflichtgemäßem Ermessen, wenn die Voraussetzungen dieser Nummern erfüllt sind (vgl. Michel/Kienzle/Pauly, GastG, 14. Aufl. 2003, RdNr. 25 a zu § 5). Das war hier bei der Diskothek "J*******" der Fall.

a) Die hinreichende Bestimmtheit (Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG) scheitert nicht daran, dass die Angabe fehlt, auf welche Abgabemengen sich der vorgeschriebene Mindestkaufpreis von 1,50 Euro für alkoholische Getränke bezieht. Es ist davon auszugehen, dass die in Diskotheken üblichen Abgabemengen bei Bestellungen alkoholischer Getränke gemeint sind. Der Kläger hat nicht erkennen lassen, dass er damit nicht klar gekommen ist.

b) Der Verwaltungsgerichtshof hält die Rechtsvoraussetzungen für Maßnahmen nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 und § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG im Zeitpunkt des Bescheidserlasses hinsichtlich der Diskothek "J*******" für gegeben.

aa) § 5 Abs. 1 Nr. 1 GastG setzt u.a. eine Gefährdung der Gesundheit der Gäste voraus; eine solche ist u.a. gegeben, wenn der Gastwirt i.S. von § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GastG dem Alkoholmissbrauch Vorschub leistet. Der Zusammenhang zwischen Alkoholmissbrauch und Gesundheitsgefährdung kann nicht ernsthaft bezweifelt werden. Dass eine Gefährdung i.S. von § 5 Abs. 1 Nr. 1 GastG auch aus einem Unzuverlässigkeitsmerkmal i.S. des § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GastG entstehen kann, ist rechtsdogmatisch nicht ausgeschlossen, liegt vielmehr nahe, weil es in beiden Vorschriften um dieselben der Gefahrenabwehr dienenden Betreiberpflichten geht (vgl. hierzu auch Schröder/Führ, NVwZ 2008, 145). Auflagen i.S. von § 5 Abs. 1 Nr. 1 GastG können dazu dienen, einen Unzuverlässigkeitsgrund auszuräumen.

Alkoholmissbrauch liegt nach allgemeiner Auffassung vor, wenn alkoholische Getränke im Übermaß verzehrt werden. Dies ist entgegen der Auffassung des Klägers nicht nur dann der Fall, wenn gegen gesetzliche Verbote für besondere Fallkonstellationen verstoßen wird (vgl. z.B. § 6, § 20 Nr. 2 GastG sowie § 9 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 JSchG). Diese gesetzlichen Verbote für besondere Fallkonstellationen stellen keine abschließende Regelung dar, weil das Gaststättengesetz daneben in § 4 Abs. 1 Satz 1 und in § 5 Abs. 1 Nr. 1 allgemeine Grundsätze formuliert. Alkoholmissbrauch kann also auch bei grundsätzlich erlaubtem Alkoholgenuss vorliegen, wenn dieser im Übermaß vorgenommen wird (vgl. Metzner, GastG, 6. Aufl. 2002, RdNr. 55 zu § 4; Michel/Kienzle/Pauly, GastG, 14. Aufl. 2003, RdNr. 14 zu § 4; Scheidler, GewArch 2007, 276/277; VG Hannover vom 11.7.2007 - Az. 11 B 3430/07; VG Berlin vom 16.11.2007 - Az. 4 A 364/07). Dabei ist freilich dem Einwand Rechnung zu tragen, dass der Gesetzgeber den Alkoholgenuss Erwachsener grundsätzlich auch dann hinnimmt, wenn dieser für den Konsumenten gesundheitlich bedenklich ist (VG Berlin vom 16.11.2007 - Az. 4 A 364/07). Der Gast hat eine gewisse Eigenverantwortung für seine Gesundheit (Schröder/Führ, NVwZ 2008, 145/146). Dieser Einwand greift aber jedenfalls dann nicht mehr, wenn Jugendliche oder junge Erwachsene so stark alkoholisiert sind, dass sie sich zu Exzessen wie Körperverletzungsdelikten, sexuellen Übergriffen, Sachbeschädigungen und Beleidigungen hinreißen lassen.

Der Begriff des Vorschubleistens kann auch dann erfüllt sein, wenn der Gastwirt durch sein Preiskonzept konkludent ankündigt, Alkoholmissbrauch zuzulassen (Metzner, a.a.O., RdNr. 55 zu § 4, RdNr. 33 zu § 5). Dies kann auch durch die Abgabe von Alkohol zu sehr niedrigen, nicht kostendeckenden Preisen geschehen (VG Hannover vom 11.7.2007 - Az. 11 B 3413/07). Dieses Verhalten muss aber auch geeignet sein, eine konkrete Gesundheitsgefahr bzw. Alkoholmissbrauch im beschriebenen Sinn zu verursachen. Dies ist nicht selbstverständlich, sondern begründungsbedürftig. Es bedarf daher einer sorgfältigen Bewertung der Umstände des Einzelfalls, ob ein bestimmtes Preiskonzept tatsächlich Alkoholmissbrauch erwarten lässt. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn erfahrungsgemäß nach der konkreten Betriebsart der Gaststätte und nach der sozialen Zusammensetzung der Besucher der Schluss gerechtfertigt ist, dass von einem Anreiz zum Alkoholmissbrauch auch Gebrauch gemacht werden wird (vgl. Michel/Kienzle/Pauly, a.a.O., RdNr. 14 zu § 4 und RdNr. 8 zu § 5). In solchen Fällen liegt dann auch das Tatbestandsmerkmal der erheblichen Gefahren für die Bewohner der Nachbargrundstücke sowie der Allgemeinheit vor (§ 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG), wie das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat.

bb) Was das K********gelände im Zeitpunkt des Bescheidserlasses angeht, so ist der Verwaltungsgerichtshof davon überzeugt, dass dort die intensiv beworbene Abgabe von beliebig vielen alkoholischen Getränken bis 5.00 Uhr früh zu sehr niedrigen, deutlich unter dem Üblichen liegenden Preisen für die konkrete Besuchergruppe eine tatsächlich wirksame Ermunterung zum Alkoholmissbrauch darstellte, die dann auch dazu führte, dass sich diese zu Exzessen, wie z.B. Körperverletzungsdelikten, sexuellen Übergriffen, Sachbeschädigungen und Beleidigungen, hinreißen ließ. Hierdurch wurden für die Diskothekenbesucher Gesundheitsgefahren verursacht, aber auch für die Bewohner der Nachbargrundstücke und die Allgemeinheit, z.B. unbeteiligte Passanten.

Eine solche Preisgestaltung war in der Abgabe alkoholischer Getränke zu Preisen von unter 1,50 Euro pro Getränk zu sehen. Dies bestätigt der Bayerische Hotel- und Gaststättenverband, Kreisgeschäftsstelle N*******, in seinem Schreiben vom 30. Juli 2007 (Bl. 34 der Akte AN 4 S 07.2122). Dass dieser Preis - gemessen an dem in Gaststätten allgemein Üblichen - weit unterdurchschnittlich ist, hat der Kläger nicht widerlegen können.

Es ist hier ferner davon auszugehen, dass die Besucher des K********geländes im Hinblick auf eine Neigung zu aggressivem Verhalten eine "schwierige soziale Zusammensetzung" aufwiesen, wie es die Beklagte formuliert hat. Die Situation war angespannt. In seinem Schriftsatz vom 15. Oktober 2007 berichtet der Kläger z.B. von Konflikten unterschiedlicher Ausländergruppen. Die Beklagte hat dies bestätigt (Schriftsatz vom 10.10.2007). Für die Anfälligkeit für Angebote billiger alkoholischer Getränke ist auch das typischerweise niedrige verfügbare Einkommen dieser Besuchergruppe von Bedeutung (vgl. auch VG Hannover vom 11.7.2007 - Az. 11 B 3430/07). Das Verwaltungsgericht hat zu-dem zu Recht darauf aufmerksam gemacht, dass der Alkoholmissbrauch in Diskotheken zusätzlich durch Anonymität und relativ gering ausgeprägte soziale Kontrolle gefördert wird.

Dass es unter diesen Umständen im K********gelände zu den genannten alkoholbedingten Exzessen kam, lässt sich den Angaben der Polizeiinspektion N*******-Mitte in den im Tatbestand zitierten Polizeiberichten entnehmen. Es trifft zwar zu, dass eine ausschließliche Zurechnung von Alkoholexzessen zu der Diskothek "J*******" nur eingeschränkt möglich ist, doch muss das K********gelände in seiner Gesamtheit gesehen werden. Ein Drittel aller im K********gelände begangenen Delikte kann keinem bestimmten Lokal zugeordnet werden, z.B. wenn die Täter mehrere Diskotheken besucht haben; dies ergibt sich aus den Erklärungen der Vertreter der Polizei in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht. Wie der Kläger selbst in seinem Schriftsatz vom 12. September 2007 anhand der Polizeiberichte aufgezeigt hat, wurden im Zuständigkeitsbereich der Polizeiinspektion N*******-Mitte von Mai 2005 bis Juni 2007 2260 Körperverletzungsdelikte festgestellt; hiervon entfielen 483 Körperverletzungsdelikte (21,37%) auf das relativ kleine K********gelände mit seinen drei Diskotheken. In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht haben die dort anwesenden Vertreter der Polizei bestätigt, dass es auf dem K********gelände bei den sog. Billigparties für über 18 Jahre alte Gäste in den frühen Morgenstunden zu Körperverletzungsdelikten, Sachbeschädigungen und teilweise auch zu sexuellen Übergriffen gekommen ist.

Dem Kläger ist zuzustimmen, dass derartiger Alkoholmissbrauch auch durch andere Umstände mitverursacht wird, z.B. dadurch, dass die Möglichkeit besteht, sich bereits vor dem Diskothekenbesuch zu betrinken sowie sog. harte Getränke auf den Weg in die Diskothek mitzunehmen. Dies ändert aber nichts an der Verpflichtung des Klägers als Betreibers einer Gaststätte, seinen Beitrag zur Eindämmung des Alkoholmissbrauchs zu leisten und in seinem Betrieb entstehende Ursachen auszuschalten.

c) Die Beklagte hat das ihr eingeräumte Ermessen hinsichtlich der Diskothek "J*******" rechtsfehlerfrei ausgeübt, insbesondere die für die Ermessensausübung allgemein geltenden rechtlichen Grenzen beachtet (Art. 40 BayVwVfG).

aa) Der Verwaltungsgerichtshof hält den angefochtenen Bescheid hinsichtlich der Diskothek "J*******" für eine geeignete, erforderliche und verhältnismäßige Maßnahme (vgl. zu diesen Anforderungen des Rechtsstaatsprinzips gemäß Art. 20 Abs. 3 GG BVerwG vom 22.2.1990, GewArch 1990, 179). Die weitgehende Unterbindung von sog. Billigparties hat im K********gelände zu einer Besserung der Situation geführt, wie sich z. B. aus den Stellungnahmen der Polizeiinspektion N*******-Mitte vom 9. Juli 2007 und vom 1. August 2007 ergibt.

Der angefochtene Bescheid vom 17. Juli 2007 wäre zwar ein ungeeignetes Mittel gewesen, wenn die Beklagte allein gegen den Kläger vorgegangen wäre, benachbarte Diskothekenbetreiber mit vergleichbaren Betriebsbedingungen und andere Ausweichmöglichkeiten mit gleichartigen Betriebs- und Preiskonzepten aber nicht behelligt hätte. Dann wären die meist jungen Diskothekenbesucher angesichts ihrer hohen Mobilität auf andere Diskotheken oder Ausweichmöglichkeiten mit gleichartigen Betriebs- und Preiskonzepten ausgewichen, ohne ihr missbräuchliches Verhalten zu ändern. Im vorliegenden Fall macht die Beklagte geltend, sie habe andere Diskothekenbetreiber mit Hilfe von freiwilligen Selbstbeschränkungsverpflichtungen dazu gebracht, von sich aus das zu tun, was nun vom Kläger verlangt wird. Sie räumt ein, dass manche Diskothekenbetreiber "die Grenzen des Zulässigen ausloten", mit anderen Worten: durch nicht allzu provozierende Verletzungen dieser Verpflichtungen testen, wie weit sie gehen können. Derartige Manöver bleiben in der Regel für die Diskothekenbetreiber ohne nachteilige Folgen, weil Maßnahmen der Verwaltungsvollstreckung anders als nach dem Erlass nachträglicher gaststättenrechtlicher Auflagen nicht in Betracht kommen und stattdessen immer wieder Gespräche über die Einhaltung der Verpflichtungen geführt werden müssen. Der Kläger hat insofern Verstöße geltend gemacht, die sich allerdings teilweise nicht auf Diskothekenbetriebe beziehen, sondern auf Partyclubs, Hotels und Gaststätten, bei denen nicht klar ist, inwieweit sie als Ausweichmöglichkeiten für Diskothekenbesucher in Betracht kommen. Er hat Verstöße von Diskotheken geltend gemacht, die sich lediglich als eventuelle Übertreibungen bei erlaubten sog. Welcome-Drinks (einmal monatlich Angebot einer Halbliterflasche Wodka für eine Gruppe von mindestens neun Personen) darstellen und deshalb ebenfalls nur bedingt vergleichbar sind. Er hat allerdings auch von gravierenden Umgehungsversuchen berichtet, wie der Verdoppelung der Angebotsmenge bei unverändertem Preis. Insgesamt hat der Kläger aber auch im Berufungsverfahren nicht deutlich gemacht, dass die Diskothekenbesucher in größerem Umfang auf andere Diskotheken hätten ausweichen können, die die freiwilligen Selbstbeschränkungsverpflichtungen zu unterlaufen versuchten. Die Behauptung, ein Großteil der anderen Diskothekenbetreiber habe sich generell nicht an die freiwilligen Selbstbeschränkungsverpflichtungen gehalten, offen und aggressiv für Billigpreise geworben, ist nicht hinreichend belegt. Dagegen spricht insbesondere die Beurteilung der Polizeiinspektion N*******-Mitte vom 9. Juli 2007, die freiwillige Selbstbeschränkung habe zu einer gewissen Beruhigung der Situation geführt bzw. die offene Veranstaltung von Billigparties in der Diskothek "J*******" habe zu einer Verschärfung der Situation geführt (vgl. auch Stellungnahme vom 1.8.2007). Die Beklagte hat zudem substantiiert dargelegt, dass sie auf Verstöße gegen die Selbstbeschränkungsverpflichtungen, die ihr bekannt geworden sind, reagiert und auf Abhilfe gedrungen hat (vgl. die Auflistungen Bl. 190 bis 192 der VG-Akte AN 4 K 07.1987 und Bl. 37 der VG-Akte AN 4 S 07.2122).

bb) Es liegt auch kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG vor. Insofern kommt es allein auf die Verwaltungspraxis der Beklagten an (BayVGH vom 9.4.1999, BayVBl 1999, 630). Auf die Verwaltungspraxis z.B. der Landeshauptstadt München kommt es hier demnach nicht an. Unter der Voraussetzung gleicher tatsächlicher Verhältnisse müssen zwar mehrere Gaststätten im Rahmen der Ermessensausübung gleich behandelt werden (Metzner, a.a.O., RdNr. 67 zu § 18). Es kann aber gerechtfertigt sein, zunächst den gravierendsten Fall herauszugreifen und die weniger schweren Fälle gesprächsweise zu bereinigen, wenn dies Erfolg verspricht (vgl. Metzner, a.a.O., RdNr. 67 zu § 18). Danach ist der Bescheid vom 17. Juli 2007 in Bezug auf die Diskothek "J*******" nicht zu beanstanden. Der Fall des Klägers ragte insofern aus den Fällen anderer Diskothekenbetreiber heraus, als er als einziger die Einhaltung der freiwilligen Selbstbeschränkungsverpflichtung offen ablehnte und die Beklagte damit offen herausforderte. Die Werbung des Klägers wies auffälliger und aggressiver auf Billigangebote bei alkoholischen Getränken hin, als dies bei anderen Diskothekenbetreibern in Einzelfällen vorkommen mochte. Diese stellte hinsichtlich Motto und optischer Präsentation ausschließlich auf die sehr niedrigen Preise für alkoholische Getränke ab. Dieses Gesamtverhalten war gravierender als das Verhalten anderer Diskothekenbetreiber. Der Beklagten blieb unter diesen Umständen kaum etwas anderes übrig, als eine Anordnung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 bzw. § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG zu treffen, wenn sie an den materiellen Zielen der freiwilligen Selbstbeschränkungsverpflichtung einigermaßen glaubwürdig festhalten und einen Domino-Effekt vermeiden wollte. Sie hatte in Nr. 3 der Vereinbarung über die freiwillige Selbstbeschränkungsverpflichtung geradezu die Verpflichtung übernommen, in dieser Weise zu verfahren. Hinzu kommt, dass der Alkoholmissbrauch nach den Erkenntnissen der Polizeiinspektion N*******-Mitte nirgendwo so ausgeprägt war wie im Bereich des K********geländes.

Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz liegt auch dann nicht vor, wenn die ca. 5.500 m² große und mit ca. 4000 Besuchern ein erhebliches Gefahrenpotential darstellende Diskothek "***" betrachtet wird. Der Erlass eines gleichartigen Bescheids gegen die Diskothek "***" war unter den damaligen Umständen nicht zwingend. Es waren zwar auch aus der Sicht der Beklagten Verstöße seitens der Diskothek "***" gegen die freiwillige Selbstbeschränkungsverpflichtung vorgekommen; die Beklagte räumt ein, dass das von der Diskothek "***" praktizierte System, für das Eintrittsgeld von 5 Euro zehn Getränkegutscheine im Wert von je 50 Cent auszugeben, übermäßigen Alkoholkonsum fördern kann und deshalb nicht akzeptabel ist. Die Einschätzung der Beklagten, Polizei und Ordnungsamt könnten diesen Missstand ohne Erlass einer Anordnung abstellen, wird vom Kläger nicht widerlegt. Die Beklagte hat mitgeteilt (Schriftsatz vom 28.9.2007), dass die Diskothek "***" ihr Gutscheinsystem auf ein akzeptables Maß reduziert hat.

Dass die Beklagte das Bahnhofshotel im Hinblick auf die Sicherheitslage weniger kritisch einstuft als das K********gelände und seine Ausweichmöglichkeiten und deshalb dort nicht dieselben Anforderungen gestellt hat wie im K********gelände, lässt sich rechtfertigen. Nach den Erkenntnissen der Polizeiinspektion N*******-Mitte bestand kein Einfluss des Hotelbetriebs auf die Sicherheitslage im Bahnhofsbereich. Abgesehen davon hat sich die Beklagte nach ihrem Vorbringen schriftlich zusichern lassen, dass die dortige Aktion "shots für 1 Euro"' nicht wiederholt wird (Schriftsatz vom 28.9.2007).

d) Bedenken gegen die Zwangsgeldandrohung vom 17. Juli 2007 als solche sind weder geltend gemacht noch ersichtlich.

III. Soweit das Verfahren eingestellt wird (in Bezug auf die Pilsstube "*** ***"), sind die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen dem Kläger und der Beklagten je zur Hälfte aufzuerlegen. Dies entspricht billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands (§ 161 Abs. 2 VwGO). Für die Rechtmäßigkeit der Einbeziehung der Pilsstube "*** ***" in den Bescheid der Beklagten vom 17. Juli 2007 spricht, dass der Internetwerbung des Klägers im Juli 2007 zufolge jeden Freitag und jeden Samstag in der Pilsstube "*** ***" ein sog. Teen-Clubbing stattfinden sollte. Es sollte sich hierbei um sog. 1-Euro-Parties handeln. Hierdurch wurden Jugendliche unter 18 Jahren angesprochen, bei denen die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und des § 5 Abs. 1 Nr. 1 GastG noch leichter zu bejahen sind als bei Erwachsenen. Bei Jugendlichen unter 18 Jahren ist die Eigenverantwortung noch weniger ausgeprägt und hat der Staat daher eine erhöhte Schutzpflicht (Schröder/Führ, NVwZ 2008, 145/146). Durch diese Werbung wurde auch die - wie ausgeführt - im Hinblick auf die Neigung zu Gewalttaten problematische Besuchergruppe der Diskothek "J*******" direkt angesprochen. Gegen die Rechtmäßigkeit dieser Einbeziehung spricht die diesbezüglich unglückliche Gestaltung des Anhörungsverfahrens (Bescheidserlass vor dem Ablauf der Anhörungsfrist und vor Eingang der Stellungnahme des Klägers). Ob im Hinblick auf die genannte Internetwerbung des Klägers Gefahr im Verzug (Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayVwVfG) angenommen werden durfte, ist zweifelhaft. Inwieweit die relativ kleine Pilsstube "*** ***" (Gastraum mit nur 40 Plätzen und einem Nebenzimmer) angesichts ihrer Entfernung von der Diskothek "J*******" von mehr als einem Kilometer dem Gefahrenbrennpunkt des K********geländes noch zugehörig ist, ob dessen Besucher Billigalkoholangebote in der Pilsstube "*** ***" nach polizeilicher Erfahrung tatsächlich wahrnehmen würden, ob es dann nach polizeilicher Erfahrung zu denselben unerwünschten Folgen wie im K********gelände kommen würde, ist ungeklärt. Eine weitere Sachaufklärung in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof durch Einvernahme der anwesenden polizeilichen Auskunftspersonen kam angesichts der eingetretenen Erledigung der Hauptsache nicht mehr in Betracht (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl. 2007, Rdnr. 15 zu § 161). Zu Lasten der Beklagten ist schließlich zu berücksichtigen, dass sie die Erledigung der Hauptsache sehr spät, nämlich erst in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof herbeigeführt hat.

Im Übrigen ergibt sich die Kostenentscheidung aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 Abs. 2 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Nichtzulassung der Revison: § 132 Abs. 2 VwGO.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 25.000 Euro festgesetzt (§ 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 GKG; wie Vorinstanz). Davon entfallen auf den eingestellten Teil des Verfahrens 6.250 Euro (1/4) und auf den durch Zurückweisung der Berufung entschiedenen Teil des Verfahrens 18.750 Euro (3/4).

Ende der Entscheidung

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