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Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 22.04.2009
Aktenzeichen: 22 CE 09.643
Rechtsgebiete: VwGO, BImSchG
Vorschriften:
VwGO § 123 Abs. 1 Satz 2 | |
VwGO § 123 Abs. 3 | |
BImSchG § 20 Abs. 2 Satz 1 |
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
In den Verwaltungsstreitsachen
wegen Verpflichtung zum Erlass einer immissionsschutzrechtlichen Anordnung (Antrag nach § 123 VwGO);
hier: Beschwerden der Antragsteller gegen die Beschlüsse des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 24. Februar 2009,
erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 22. Senat,
durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Schenk, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Hösch, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Koch
ohne mündliche Verhandlung am 22. April 2009
folgenden Beschluss:
Tenor:
I. Die Verwaltungsstreitsachen Az. 22 CE 09.640 und 22 CE 09.643 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.
II. Die Beschwerden werden zurückgewiesen.
III. Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen je zur Hälfte.
IV. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird für beide Antragsteller auf je 7.500 Euro festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Antragsteller beantragen, dass der Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung verpflichtet wird, der Beigeladenen sämtliche Steinbruchabbauhandlungen, insbesondere Sprengungen, in ihrem Steinbruch zu untersagen, soweit diese nicht von den existierenden immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen erfasst sind. Das Begehren hatte beim Bayerischen Verwaltungsgericht Regensburg keinen Erfolg (Beschlüsse vom 24.2.2009). Die Antragsteller haben Beschwerden eingelegt.
II.
Die Beschwerden sind unbegründet. Die von den Antragstellern dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen es nicht, den angefochtenen Beschluss zu ändern.
Das Vorbringen der Antragsteller ist nicht geeignet, hinsichtlich der begehrten Regelungsanordnung (§ 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO) einen Anordnungsanspruch glaubhaft zu machen und so die Voraussetzungen des § 123 Abs. 3 VwGO i.V. mit § 920 Abs. 2 ZPO zu erfüllen.
Die Antragsteller wenden sich nicht gegen den Betrieb des Steinbruchs der Beigeladenen, soweit dieser durch die bestehenden immissionsschutzrechtlichen Bescheide genehmigt ist. Sie wenden sich gegen einen nicht genehmigungskonform und insofern ohne erforderliche immissionsschutzrechtliche Genehmigung erfolgenden Steinbruchbetrieb (vgl. dazu BVerwG vom 15.12.1989 BVerwGE 84, 220/224) und begehren dessen Stilllegung durch die Immissionsschutzbehörde. Die Immissionsschutzbehörde müsste in einem solchen Fall in der Regel eine Stilllegungsanordnung nach § 20 Abs. 2 Satz 1 BImSchG erlassen; dies könnte - bei Nachweis der Nachbareigenschaft (vgl. GK-BImSchG, RdNr. 110 zu § 20) - auch von den Antragstellern beansprucht werden (vgl. dazu BayVGH vom 5.1.1984, GewArch 1985, 172; Landmann/Rohmer, Umweltrecht Bd. I, RdNr. 90 zu § 20 m.w.N.). Die Voraussetzungen hierfür sind im vorliegenden Fall aber nicht glaubhaft gemacht.
Die Antragsteller machen nämlich nicht geltend, geschweige denn glaubhaft, dass ein von den bestehenden immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen nicht mehr gedeckter Steinbruchbetrieb derzeit stattfindet. Sie machen lediglich geltend, dass ein solcher Betrieb gewissermaßen "droht". Dem Wortlaut des § 20 Abs. 2 Satz 1 BImSchG zufolge ("errichtet oder betrieben wird") sind die Voraussetzungen des § 20 Abs. 2 Satz 1 BImSchG danach nicht erfüllt, so dass ein Anordnungsanspruch allein deshalb ausscheidet.
Möglicherweise setzt § 20 Abs. 2 Satz 1 BImSchG nicht zwingend voraus, dass eine formell illegale Anlagenerrichtung oder ein formell illegaler Anlagenbetrieb bereits stattfindet. Ginge man mit den Antragstellern davon aus, dass eine immissionsschutzbehördliche Stilllegungsmaßnahme auch dann in Betracht kommt, wenn objektive, konkrete Anhaltspunkte für die alsbaldige, in Kürze bevorstehende Aufnahme eines nicht genehmigungskonformen Betriebs vorliegen (vgl. zur Baueinstellung und zur Baunutzungsuntersagung Simon/Busse, BayBO, RdNr. 15 zu Art. 81 BayBO a.F. und RdNr. 270 zu Art. 82 BayBO a.F., m.w.N.), so wäre diese Voraussetzung ebenfalls nicht glaubhaft gemacht. Es trifft zwar zu, dass aus vergangenem Fehlverhalten Rückschlüsse auf künftiges rechtswidriges Verhalten des Anlagenbetreibers gezogen werden können. Im vorliegenden Fall reicht der Vortrag der Antragsteller diesbezüglich aber nicht aus. Dass die Beigeladene einen Antrag auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Erweiterungsgenehmigung gestellt hat, ist lediglich ein Beleg für rechtmäßiges Verhalten, nicht aber für in Kürze bevorstehendes rechtswidriges Verhalten. Dies gilt auch dann, wenn sich die Beigeladene um die zügige Durchführung dieses immissionsschutzrechtlichen Erweiterungsgenehmigungsverfahrens bemüht hat. Der Beginn der "Sprengsaison" lässt ebenfalls keinerlei Rückschlüsse auf in Kürze bevorstehendes rechtswidriges Verhalten zu. Eher von Bedeutung ist der Vortrag der Antragsteller, dass aufgrund des Steinbruchbetriebs bereits am 17. Oktober 2005 der öffentliche Weg südlich des Steinbruchs an der Steinbruchkante abgebrochen und bereits Mitte April 2008 die Grenze zum Wald östlich des Steinbruchs überschritten war. Es handelt sich hierbei aber um Umstände, die das Verwaltungsgericht mit seiner Feststellung im angefochtenen Beschluss, dass sich der Abbaubereich auf der Ostseite des Steinbruchs an zwei Stellen bereits mit je ca. 300 m² bis 400 m² außerhalb des genehmigten Bereichs befindet, bereits berücksichtigt hat. Das Verwaltungsgericht hat diesen Umständen aus folgenden Gründen keine entscheidungserhebliche Bedeutung beigemessen: "Die Ermittlungen des Landratsamts haben auch für die letzten Monate, aus denen gegebenenfalls Rückschlüsse auf ein zukünftiges Verhalten gezogen werden könnten, keine Abweichungen bezüglich des Abbaubereichs von den Genehmigungen ergeben. Die Überschreitung der Abbaugrenzen an zwei Stellen erfolgte nach den Angaben des Gewerbeaufsichtsamts Regensburg vom 16. Januar 2009 nicht im laufenden Abbaubetrieb zur Materialgewinnung. Auch wird nach Angaben des Landratsamts Neustadt a.d. Waldnaab und der Beigeladenen in diesem Bereich seit einiger Zeit kein Stein mehr abgebaut. Die Abbautiefe entspricht nach den vom Landratsamt veranlassten Überprüfungen ebenfalls den Genehmigungen....Das Landratsamt hat zudem im Schreiben vom 16. Februar 2009 ausgeführt, dass im letzten Jahr der Umweltingenieur fast wöchentlich vor Ort gewesen ist, dass Ortseinsichten durch den Sachbearbeiter, das Wasserwirtschaftsamt oder Mitarbeiter des Sachgebiets Wasserrecht erfolgt sind, und versichert, dass es berechtigte Beschwerden selbstverständlich verfolgt. Das Gericht hat keine Veranlassung, an dieser Versicherung zu zweifeln". Die Antragsteller setzen sich mit diesen Erwägungen in ihrer Beschwerdebegründung nicht auseinander. Es bleibt sogar unklar, in welcher Weise die in der Vergangenheit festgestellten Überschreitungen von Genehmigungsgrenzen der Beigeladenen als derzeitiger Anlagenbetreiberin zugerechnet werden können. Der von den Antragstellern erwähnte Erwerb des östlich angrenzenden Waldgrundstücks durch die Beigeladene ist in diesem Zusammenhang irrelevant.
Kosten: § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO.
Streitwert: § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 3 Nr. 1, § 52 Abs. 1 GKG.
Ende der Entscheidung
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