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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 07.01.2003
Aktenzeichen: 22 CS 02.2819
Rechtsgebiete: GewO


Vorschriften:

GewO § 35 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
22 CS 02.2819

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Gewerbeuntersagung

(Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO);

hier: Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 05. November 2002,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 22. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Konrad, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Hösch, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Zöllner

ohne mündliche Verhandlung am 7. Januar 2003 folgenden

Beschluss:

Tenor:

I. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 5. November 2002 wird abgeändert.

II. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid des Landratsamts Roth vom 22. Juli 2002 wird wiederhergestellt.

III. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

IV. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe:

Die zulässige Beschwerde ist begründet. Die vom Antragsteller dargelegten Gründe, auf die sich die Prüfung des angegriffenen Beschlusses beschränkt (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), ergeben, dass in Abwägung der beiderseitigen Interessen die aufschiebende Wirkung des noch anhängigen Widerspruchs wiederherzustellen ist.

Für die auf § 35 Abs. 1 GewO gestützte Gewerbeuntersagung gegenüber dem Antragsteller liegen - nach einer im Eilverfahren nur möglichen summarischen Prüfung - jedenfalls derzeit nicht die erforderlichen tatsächlichen Voraussetzungen vor. Aus den vorliegenden Akten und den Äußerungen der Beteiligten lässt sich nicht mit der notwendigen Sicherheit erkennen, dass dem Antragsteller die für das angemeldete Gewerbe erforderliche Zuverlässigkeit fehlt. Es bestehen insbesondere keine ausreichenden Gründe für die Annahme, dass er als bloßer "Strohmann" seiner Ehefrau fungiert, der als früherer Betriebsinhaberin die Ausübung des Gewerbes bestandskräftig untersagt worden ist.

Die "Strohmann"-Eigenschaft würde voraussetzen, dass der Antragsteller überhaupt keine eigene unternehmerische Tätigkeit ausübt, sondern völliger Fremdbestimmung unterliegt und lediglich nach außen hin als Gewerbetreibender vorgeschoben wird, um die wahren wirtschaftlichen Machtverhältnisse zu verschleiern (vgl. BVerwG vom 2.2.1982 GewArch. 1982, 301, std. Rspr.). Für den Nachweis einer solchen Rollenverteilung reichen die vom Landratsamt erstmals im gerichtlichen Eilverfahren angeführten Indizien nicht aus. Die nahezu lückenlose Übernahme des - von der Ehefrau noch vor der Gewerbeuntersagung abgemeldeten - Betriebs in einer nur wenig veränderten Form lässt nicht den Schluss zu, dass kein wirklicher Inhaberwechsel stattgefunden hätte. Dem Antragsteller kann ein eigenes Interesse an der Weiterführung und Umstrukturierung des Unternehmens, das seine Ehefrau wegen persönlicher Zahlungsunfähigkeit aufgeben musste, nicht von vornherein abgesprochen werden. Auch die Beschäftigung der Ehefrau als Schreibkraft im jetzigen Betrieb weist noch nicht auf eine gewerberechtliche Umgehungsabsicht hin. Die damit eröffnete Möglichkeit zur Mitwirkung am wirtschaftlichen Wiederaufbau des Betriebs lag angesichts der den Antragsteller ohnehin treffenden Unterhaltsverpflichtung nahe und entspricht einer im kleingewerblichen und mittelständischen Bereich weit verbreiteten Arbeitsteilung zwischen Eheleuten, wie sie mit umgekehrter Rollenverteilung auch im früheren Betrieb der Ehefrau praktiziert worden war. Dass der Antragsteller aufgrund persönlicher Umstände objektiv nicht in der Lage sein könnte, nunmehr selbst die Leitungsrolle in dem neu eröffneten Betrieb zu übernehmen, ist weder erkennbar noch vom Antragsgegner geltend gemacht worden.

Unabhängig vom Nachweis eines Strohmannverhältnisses fehlt einem Gewerbetreibenden allerdings auch schon dann die erforderliche Zuverlässigkeit, wenn er einem unzuverlässigen Dritten einen maßgeblichen Einfluss auf die Geschäftsführung einräumt (BVerwGE 9, 222; Marcks in: Landmann/Rohmer, GewO, § 35 RdNr. 69 f. m.w.N.). Auch dies lässt sich hier aber jedenfalls nach den bisher bekannt gewordenen Umständen nicht annehmen. Die bloße Tatsache, dass die Ehefrau laut einem Aktenvermerk vom 10. Juni 2002 bei der Handwerkskammer angerufen hat, um zu erfahren, was sie hinsichtlich der vom Antragsteller geforderten Auskunft gemäss § 17 HwO unternehmen müsse (Bl. 88 der Behördenakten), rechtfertigt noch nicht die Annahme, der Antragsteller habe ihr die Führung des Betriebs zu wesentlichen Teilen überlassen. Abgesehen davon, dass einem aus ganz anderen Gründen aufgenommenen Aktenvermerk einer dritten Stelle nur ein geringer Aussage- und Erkenntniswert im Hinblick auf das gewerberechtliche Verfahren zukommt, kann aus einem einmaligen Auftreten nach außen hin noch nicht auf einen bestimmenden Einfluss im Innenverhältnis geschlossen werden. Soweit diesbezüglich Zweifel verbleiben, kann die Behörde die erforderlichen weiteren Feststellungen während des noch anhängigen Widerspruchsverfahrens treffen.

Kosten: § 154 Abs. 1 VwGO.

Streitwert: § 13 Abs. 1 Satz 1, § 20 Abs. 3 GKG; vgl. Nr. II.14.2.1 und Nr. I.7 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, NVwZ 1996, 563.

Ende der Entscheidung

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