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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 25.06.2007
Aktenzeichen: 22 CS 07.786
Rechtsgebiete: HwO, BBiG, BayVwVfG, GG


Vorschriften:

HwO § 24 Abs. 2
BBiG § 33 Abs. 2
BayVwVfG Art. 37 Abs. 1
GG Art. 20 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

22 CS 07.786

In der Verwaltungsstreitsache

wegen berufsbildungs - und handwerkrechtlicher Anordnungen (Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO);

hier: Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 26. Februar 2007,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 22. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Konrad, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Schenk, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Koch

ohne mündliche Verhandlung am 25. Juni 2007

folgenden Beschluss:

Tenor:

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin ist seit dem 18. April 2000 mit dem Elektrotechnikerhandwerk bei der Antragsgegnerin in die Handwerksrolle eingetragen. Die Antragstellerin bildet Auszubildende und Umschüler im Elektrotechnikerhandwerk und im Beruf des Bürokaufmanns/der Bürokauffrau aus. Der Gründer und frühere Geschäftsführer der Antragstellerin wurde mit rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts A****** vom 27. Juni 2006 wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen (§ 174 Abs. 1 Nr. 2 StGB) in 110 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.

Der frühere Geschäftsführer der Antragstellerin schied daraufhin als Geschäftsführer aus dem Unternehmen aus; ihm wurde aber eine Einzel-Prokura erteilt (Mitteilung des Amtsgerichts A****** - Registergericht - vom 14.8.2006). Alleiniger Geschäftsführer der Antragstellerin ist nunmehr sein Sohn.

Mit Bescheid vom 22. August 2006 verpflichtete die Antragsgegnerin die Antragstellerin dazu, dem ausgeschiedenen Geschäftsführer und nunmehrigen Prokuristen "mit sofortiger Wirkung alle unmittelbar oder mittelbar mit der Ausbildung von Auszubildenden oder Umschülern zusammenhängenden Aufgaben zu entziehen und sicherzustellen, dass mit sofortiger Wirkung keinerlei direkter oder indirekter Kontakt" zwischen diesem und den Auszubildenden oder Umschülern erfolgt (Nr. 1). Der Bescheid enthält ferner in Nr. 2 eine Berichtspflicht hinsichtlich der Umsetzung von Nr. 1. In Nr. 3 wird festgelegt, dass der Antragstellerin bei Zuwiderhandlungen gegen Nr. 1 des Bescheids das Einstellen von Auszubildenden und Umschülern mit sofortiger Wirkung untersagt wird.

Die Antragstellerin erhob dagegen Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht A****** und stellte dort einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO. Über die Klage ist noch nicht entschieden worden. Der Antrag blieb ohne Erfolg (Beschluss vom 26.2.2007).

Die Antragstellerin hat Beschwerde eingelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Die von der Antragstellerin dargelegten Gründe, auf die die Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen keine Abänderung des angefochtenen verwaltungsgerichtlichen Beschlusses.

Die Antragstellerin hält ein Überwiegen des öffentlichen Interesses an der Anordnung der sofortigen Vollziehung, die sie dem angefochtenen Bescheid in Übereinstimmung mit dem Verwaltungsgericht entnimmt, gegenüber dem Aufschubinteresse der Antragstellerin deshalb nicht für gegeben, weil die der Antragstellerin in Nr. 1 des angefochtenen Bescheids auferlegte Verpflichtung gegen den Bestimmtheitsgrundsatz (Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG) sowie gegen das Übermaßverbot (Art. 20 Abs. 3 GG) verstoße. Dem kann nicht gefolgt werden.

Die Antragstellerin hält das Verbot indirekter Kontakte zwischen dem früheren Geschäftsführer und heutigen Prokuristen einerseits und den Auszubildenden oder Umschülern andererseits für eine Regelung, die der hinreichenden Bestimmtheit entbehrt (Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG). Dies trifft nicht zu, obwohl die Formulierung "indirekte Kontakte" Unschärfen hat. Ob der Inhalt einer Regelung - wie durch Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG geboten - erkennbar ist, hängt jedoch nicht allein hiervon, sondern von der Auslegung des gesamten Bescheids unter Berücksichtigung der weiteren konkreten Umstände des Einzelfalls ab (vgl. z.B. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 8. Aufl. 2003, RdNr. 6 zu § 37, m.w.N.). Hier hilft zunächst das gleichfalls im Bescheidstenor enthaltene Verbot der Wahrnehmung mittelbar mit der Ausbildung von Auszubildenden oder Umschülern zusammenhängender Aufgaben weiter. Der frühere Geschäftsführer und heutige Prokurist darf im Betrieb der Antragstellerin keinerlei Einflussmöglichkeiten auf Auszubildende oder Umschüler haben. Dazu gehört z.B. auch, dass er über deren Einsatzorte nicht mitbestimmen oder mitberaten darf. Nur so kann auch die Unterbindung indirekter Kontakte verstanden werden. Er darf mit Auszubildenden oder Umschülern überhaupt nichts zu tun haben. Der Zweck der Regelung ist klar; die Auszubildenden und Umschüler sollen in keiner Weise in Abhängigkeit vom früheren Geschäftsführer und heutigen Prokuristen geraten oder von ihm angesprochen werden können.

Die Antragsgegnerin hat das Übermaßverbot (Art. 20 Abs. 3 GG) deshalb nicht verletzt, weil sie dem Gesetzgeber gefolgt ist, der in § 24 Abs. 2 HwO und § 33 Abs. 2 BBiG vorschreibt, dass das Einstellen und Ausbilden zu untersagen ist, wenn die persönliche Eignung nicht (mehr) vorliegt. Dass der Gesetzgeber selbst gegen das Übermaßverbot verstoßen haben könnte, hat die Antragstellerin nicht dargelegt. Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, dass und warum sich die Antragstellerin die mangelnde persönliche Eignung ihres Gründers und früheren Geschäftsführers, des heutigen Prokuristen und Vaters des heutigen Geschäftsführers zurechnen lassen muss (vgl. dazu auch BayVGH vom 28.8.1974, GewArch 1975, 29/30). Dagegen hat sich die Antragstellerin nicht gewendet.

Zudem nimmt der angefochtene Bescheid durchaus Rücksicht auf die Belange der Antragstellerin. Insofern führt die Antragstellerin selbst aus, dass der frühere Geschäftsführer und jetzige Prokurist sich ausschließlich um die Akquisition von Aufträgen für das Unternehmen und das damit verbundene Ausarbeiten von Angeboten kümmere, was im Wesentlichen mit Außendienst bei den öffentlichen und privaten Auftraggebern verbunden sei. Diese von der Antragstellerin als erwünscht angesehene Tätigkeit wird durch den angefochtenen Bescheid nicht unterbunden.

Kosten: § 154 Abs. 2 VwGO.

Streitwert: § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG; wie Vorinstanz.

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