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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 07.10.2002
Aktenzeichen: 22 ZB 02.1206
Rechtsgebiete: WHG, BayWG, VwGO


Vorschriften:

WHG § 4 Abs. 1 Satz 2
WHG § 7 Abs. 1 Satz 1
BayWG Art. 17 Abs. 1
BayWG Art. 75 Abs. 2 Satz 1
VwGO § 86 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
22 ZB 02.1206 Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

In der Verwaltungsstreitsache

wegen wasserrechtlicher beschränkter Erlaubnis;

hier: Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 27. Februar 2002,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 22. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Konrad, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Schenk, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Zöllner

ohne mündliche Verhandlung am 7. Oktober 2002 folgenden

Beschluss:

Tenor:

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.

III. Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 10.000 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Mit Bescheid des Landratsamts Neustadt a.d. Aisch-Bad Windsheim vom 9. Dezember 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids der Regierung von Mittelfranken vom 13. Juni 2001 erhielt die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen die stets widerrufliche beschränkte Erlaubnis zur gemeinsamen Entnahme bzw. zum Zutagefördern von Grundwasser aus der R*******-, C******- und St. A*********-Quelle auf dem Grundstück FlNr. 2647 der Gemarkung B** ******** zum Zwecke der Verwendung als Produktwasser für Mineralwasser- und Erfrischungsgetränke. Die Erlaubnis gewährt die stets widerrufliche Befugnis, aus jeder der drei Quellen bis zu max. 3,8 Liter pro Sekunde und bis zu max. 13,7 m³ pro Stunde und aus allen drei Quellen zusammen bis zu 94.000 m³ pro Jahr zu Tage zu fördern (Nr. 1.2.3.1.1 des Erlaubnisbescheids). Unabhängig von der maximal zulässigen Entnahme darf der Wasserspiegel in der Grundwassermessstelle GwM 4 nicht tiefer als 309,50 m über NN abgesenkt werden (Nr. 1.2.3.1.2 des Erlaubnisbescheids). Aus der Residenz- und der St. A*********-Quelle dürfen insgesamt nicht mehr als 5 Liter pro Sekunde, 420 m³ pro Tag und 64.000 m³ pro Jahr zu Tage gefördert werden (Nr. 1.2.3.1.3 des Erlaubnisbescheids). Unabhängig von der maximal zulässigen Entnahme darf der Gesamtwasserspiegel im Umfeld der Brunnen nur so weit abgesenkt werden, dass die zur K******-Quelle bestehende Wasserscheide nicht aufgehoben wird (Nr. 1.2.3.1.4 des Erlaubnisbescheids). Während der Grundwassersanierung bei der Firma V**** wird einer Absenkung des Wasserspiegels in der Grundwassermessstelle GwM 4 auf 309,0 m über NN unabhängig von der maximal zulässigen Entnahme unter folgenden Bedingungen zugestimmt: Der zusätzlichen Absenkung bezogen auf die Grundwassermessstelle GwM 4 wird nur für den Zeitraum der Grundwassersanierung auf dem V****-Gelände zugestimmt. Bei Umkehr der Grundwasserfließrichtung von der V****-Altlastensanierung in Richtung der K******-Quelle ist die zusätzliche Absenkung sofort zu unterbrechen. Der Unternehmer hat sich deshalb kundig zu machen, wann die Grundwassersanierung auf dem Gebiet der Firma V**** nicht betrieben wird. Die Absenkung ist während des gesamten Zeitraums zu dokumentieren. Die zusätzliche Absenkung ist auf ein Minimum zu begrenzen (Nr. 1.2.3.2 des Erlaubnisbescheids).

Der Kläger hat den Erlaubnisbescheid angefochten unter Hinweis auf nachteilige Auswirkungen auf sein Grundstück FlNr. 195 der Gemarkung K*******, das landwirtschaftlich genutzt werde und als Futtergrundlage für die Schaf- und Pferdehaltung diene. Der Kläger befürchtet eine Absenkung des Grundwasserspiegels, die zunehmende Verkarstung des Bodens, das Versiegen des auf seinem Grundstück befindlichen Brunnens sowie die Verbreitung FCKW-haltiger Stoffe im Grundwasser. Das Verwaltungsgericht Ansbach wies die Anfechtungsklage des Klägers ab (Urteil vom 27.2.2002).

Der Kläger hat die Zulassung der Berufung beantragt.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.

Zum einen begründet das Vorbringen des Klägers keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Das Vorbringen des Klägers lässt außer acht, dass einem Drittbetroffenen beim Erlass der Ermessensentscheidung über die Erteilung einer wasserrechtlichen beschränkten Erlaubnis lediglich ein Anspruch auf rücksichtnehmende Beachtung und Würdigung seiner eigenen Belange zusteht (BVerwG vom 15.7.1987, BVerwGE 78, 40/45). Das Vorbringen des Klägers lässt weiter außer acht, dass seine Einwendungen im Widerspruchsverfahren von den beteiligten Behörden zur Kenntnis genommen worden sind, dass das Gewicht seiner Einwendungen durch das Wasserwirtschaftsamt Ansbach als wasserwirtschaftliche Fachbehörde (Art. 75 Abs. 2 Satz 1 BayWG) sachverständig beurteilt worden ist (Schreiben vom 30.8.2000) und dass seine Belange mit diesem Gewicht in die abschließende Ermessensentscheidung nach Art. 17 Abs. 1 BayWG, § 4 Abs. 1 WHG eingestellt worden sind. In Anbetracht des verhältnismäßig geringen Gewichts dieser Belange war es nicht ermessensfehlerhaft, sie bei der Entscheidung über die Erteilung der Erlaubnis hintanzustellen.

Der Ermessensbetätigung der Wasserrechtsbehörden liegt zum einen die Annahme zugrunde, dass nach den vom Wasserwirtschaftsamt festgestellten hydrogeologischen Verhältnissen der Einfluss der Absenkung des Grundwasserspiegels im Brunnenfeld auf die Vegetation auf dem klägerischen Grundstück geringfügig ist, so dass diese Absenkung dem Kläger eher zugemutet werden kann als der Beigeladenen der Verzicht auf die erlaubte Gewässerbenutzung zur Herstellung von Mineralwasser- und Erfrischungsgetränken. Dies stellt eine sachgerechte Erwägung dar. Die Einschätzung des Wasserwirtschaftsamts, dass aufgrund der Absenkung des Grundwasserspiegels im Brunnenfeld lediglich geringfügige Einflussnahmen auf das obere Grundwasservorkommen nicht ausgeschlossen werden können, die dann ihrerseits Einfluss auf die Vegetation nehmen können, begegnet keinen ernstlichen Zweifeln. Dass auch bei nur geringfügigen Verlusten bei der Heuernte auf dem klägerischen Grundstück die wirtschaftliche Existenz des Klägers auf dem Spiel steht, hat der Kläger nicht dargelegt.

Der Ermessensbetätigung der Wasserrechtsbehörden liegt weiter die Annahme zugrunde, dass durch die Absenkung des Grundwasserspiegels im Brunnenfeld nach den vom Wasserwirtschaftsamt festgestellten hydrogeologischen Verhältnissen lediglich geringfügige Einflussnahmen auf den Hausbrunnen des Klägers nicht ausgeschlossen werden können, so dass diese dem Kläger zuzumuten sind. Auch dies stellt eine sachgerechte Erwägung dar. Dem Argument des Wasserwirtschaftsamts, dass die Wasserqualität des von der Beigeladenen geförderten Grundwassers ein Beleg für die Geringfügigkeit der Einflussnahmen sei, wird vom Kläger nicht substanziiert widersprochen. Anhaltspunkte dafür, dass der Hausbrunnen des Klägers nicht nur den Grenzdolomit erfasst, sondern auch den Unteren Keuper und damit den Mineralwasserhorizont, ergeben sich aus dem klägerischen Vorbringen nicht.

Die Ermessensbetätigung der Wasserrechtsbehörden geht weiter von der Vorstellung aus, dass eine Gefahr, dass durch die durch den angefochtenen Bescheid gestattete Grundwasserentnahme der FCKW-Schaden im Grundwasser unter dem Gelände der Firma V**** angezogen wird, nicht besteht. Der Kläger vermag nicht darzulegen, dass dies entgegen der Auffassung des Wasserwirtschaftsamts unrichtig sein könnte. Die Wasserrechtsbehörden waren sich dieser theoretischen Möglichkeit bewusst und haben ihr durch Benutzungsbedingungen im angefochtenen Bescheid entgegen gewirkt. Unabhängig von der maximal zulässigen Entnahme darf der Wasserspiegel in der Grundwassermessstelle GwM 4 regelmäßig nicht tiefer als 309,50 m über NN abgesenkt werden (Nr. 1.2.3.1.2 des Erlaubnisbescheids). Ein Grundwasserscheitel, der eine Strömungsumkehr ausschließt, ist damit nach der Einschätzung des Wasserwirtschaftsamts stets garantiert. Die sanierungsrelevanten Untergrundbelastungen auf dem ehemaligen Gipsbruchgelände *H*********** ******" werden nach den Angaben des Wasserwirtschaftsamts durch Messstellen überwacht und haben sich den Messergebnissen zufolge nicht nachteilig ausgewirkt.

Das Gegenvorbringen des Klägers vermag die tragenden hydrogeologischen Beurteilungen des Wasserwirtschaftsamts nicht ernstlich zu erschüttern. Sachverständigenaussagen des Wasserwirtschaftsamts als der Fachbehörde für wasserwirtschaftliche Fragen (Art. 75 Abs. 2 Satz 1 BayWG) kommt im wasserrechtlichen Verfahren große Bedeutung zu. Sie haben in der Regel größeres Gewicht als Expertisen von privaten Fachinstituten, weil sie auf jahrelanger Bearbeitung eines bestimmten Gebiets und nicht nur auf der Auswertung von Aktenvorgängen im Einzelfall beruhen. Durch schlichtes Bestreiten oder bloße Behauptungen können sie nicht erschüttert werden (vgl. BayVGH vom 26.4.2001 - Az. 22 ZB 01.863). Der Hinweis auf einzelne Erkenntnislücken ist für sich genommen noch nicht geeignet, Sachverständigenaussagen des Wasserwirtschaftsamts zu erschüttern, weil solche Erkenntnislücken betreffend die Verhältnisse im Untergrund häufig unvermeidbar und mit verhältnismäßigem, dem konkreten Konflikt angemessenem Aufwand nicht zu schließen sind. Es ist dann berechtigt, sich mit sachverständigen Abschätzungen zu begnügen (vgl. BayVGH vom 18.12.1996, BayVBl 1997, 467/468 und BayVGH vom 6.12.2000, BayVBl 2001, 311/312). Der Hinweis des Klägers auf innere Widersprüche wäre zwar geeignet, ernstliche Zweifel an Aussagen des Wasserwirtschaftsamts zu begründen. Im vorliegenden Fall ergibt sich aber aus der Stellungnahme des Wasserwirtschaftsamts zu diesem Hinweis, dass derartige Widersprüche in Wirklichkeit nicht bestehen. Danach besteht zwischen dem oberen Grundwasserstockwerk des Grenzdolomits und dem unteren Grundwasserstockwerk des Unteren Keupers, das die Beigeladene aufgrund der strittigen Erlaubnis nutzt, eine zwar nur wenige Meter mächtige, aber schwer durchlässige Trennschicht. Ferner ist demzufolge das Mineralwasservorkommen im Unteren Keuper leicht gespannt. Die Grundwasserfließrichtung im Grenzdolomit weist danach lokal in unterschiedliche Richtungen.

Soweit der Kläger Einwände gegen die Rechtmäßigkeit des Wasserschutzgebiets vorträgt, sind diese nicht entscheidungserheblich. Um dessen Rechtmäßigkeit geht es im vorliegenden Rechtsstreit nicht. Soweit der Kläger eine etwaige künftige Nutzung des Grundwassers als Heilquelle anspricht, schmälert dies das derzeitige Interesse der Beigeladenen an der Aufrechterhaltung der Erlaubnis nicht, die ihr die Benutzung zur Produktion von Mineralwasser- und Erfrischungsgetränken gestattet.

Aus den Darlegungen des Klägers ergeben sich auch keine besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Eine konkrete rechtliche Schwierigkeit wird nicht dargelegt. Der behauptete tatsächliche Aufklärungsbedarf besteht in Wirklichkeit nicht.

Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Welche abstrakten Anforderungen an die Ermessensausübung zu stellen sind, ist in Rechtsprechung und Lehre weitgehend geklärt. Die Frage der Abwägungsrelevanz bestimmter einzelner Belange wird vom Kläger nicht näher thematisiert. Die Frage des Umfangs der gerichtlichen Aufklärungspflicht nach § 86 Abs. 1 VwGO im Hinblick auf eine Verunreinigung bzw. Belastung des Grundwassers mit Schadstoffen kann nur mit Bezug auf den Einzelfall beantwortet werden; Verallgemeinerungen sind nicht möglich. In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist bereits geklärt, dass die Belange Dritter unabhängig von der Möglichkeit einer zivilrechtlichen Entschädigung zu berücksichtigen sind (BVerwG vom 15.7.1987, BVerwGE 78, 40/46).

Aus den Darlegungen des Klägers ergibt sich auch nicht, dass das Verwaltungsgericht verfahrensfehlerhaft, nämlich unter Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht nach § 86 Abs. 1 VwGO, seine Entscheidung getroffen hat (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO). Das Verwaltungsgericht mag zwar in tatsächlicher Hinsicht nicht die erforderliche Sachkunde besessen haben, durfte sich aber insofern ohne Zuziehung weiterer Sachverständiger auf die fachlichen Aussagen des Wasserwirtschaftsamts stützen, die frei von inneren Widersprüchen und inhaltlich nachvollziehbar waren.

Kosten: § 154 Abs. 2 VwGO.

Streitwert: § 13 Abs. 1 Satz 1, § 14 Abs. 3 GKG.

Ende der Entscheidung

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