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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 22.10.2002
Aktenzeichen: 22 ZB 02.2126
Rechtsgebiete: GG, SpielbG, StGB, VwGO


Vorschriften:

GG Art. 12 Abs. 1
SpielbG Art. 2 Abs. 2
StGB § 284
VwGO § 124 Abs. 2
Das im bayerischen Spielbankengesetz geregelte staatliche Betreibermonopol ist mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar.
22 ZB 02.2126

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

In der Verwaltungsstreitsache

wegen

Erlaubnis für den Betrieb von Spielbanken;

hier: Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 14. Mai 2002,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 22. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Konrad, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Hösch, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Zöllner

ohne mündliche Verhandlung am 22. Oktober 2002 folgenden

Beschluss:

Tenor:

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Antragsverfahrens.

III. Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 100.000 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Klägerin, eine private Spielbank-Betreibergesellschaft in Gründung, bewarb sich mit Schreiben vom 4. August 1999 um die Erteilung einer Spielbankerlaubnis für die Standorte Bad Füssing und Feuchtwangen. Ihren Antrag lehnte das Bayerische Staatsministerium des Innern mit Bescheid vom 25. Oktober 1999 unter Hinweis auf das in Art. 2 Abs. 2 SpielbG enthaltene staatliche Betreibermonopol ab.

Hiergegen sowie gegen die dem Freistaat Bayern bereits am 4. August 1998 erteilte Spielbankerlaubnis für die genannten Standorte richtet sich die vorliegende Klage, die vom Verwaltungsgericht München mit Urteil vom 14. Mai 2002 abgewiesen wurde.

Mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung macht die Klägerin geltend, der Ausschluss privater Unternehmen vom Spielbankenbetrieb verstoße gegen Art. 12 Abs. 1 GG.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, da die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht vorliegen.

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen nicht. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, da die Klägerin durch die angegriffenen Bescheide des Bayerischen Staatsministeriums des Innern nicht in eigenen Rechten verletzt wird und ihr demzufolge auch kein Anspruch auf erneute Entscheidung über die beantragte Erteilung einer Spielbankbetriebserlaubnis für die angegebenen Standorte zusteht. Die in Art. 2 Abs. 2 des Gesetzes über Spielbanken im Freistaat Bayern (G. v. 26. Juli 1995, GVBl S. 350; SpielbG) getroffene Regelung, wonach die Erlaubnis zum Betrieb einer Spielbank nur dem Freistaat Bayern für einen Staatsbetrieb erteilt werden darf, steht dem Begehren der Klägerin, als private Betreibergesellschaft eine solche Erlaubnis zu erlangen, von vornherein zwingend entgegen. An diese Entscheidung des Landesgesetzgebers war auch das Verwaltungsgericht gebunden, da der Ausschluss privater Spielbankenbetreiber unter den gegebenen Umständen nicht gegen höherrangiges Recht verstößt.

Das Gericht konnte sich bei dieser Einschätzung auf die neuere höchstrichterliche Rechtsprechung zum Spielbankenrecht stützen. Nach der Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 19. Juli 2000 (GewArch. 2001, 61) kann der Gesetzgeber in die von Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufswahlfreiheit eines privaten Spielbankunternehmers nicht erst eingreifen, wenn dies zur Abwehr nachweisbarer oder höchstwahrscheinlicher schwerer Gefahren für ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut zwingend geboten ist. Die Besonderheit dieses Berufsfeldes, dem eine an sich unerwünschte und mit erheblichen Gefahren verbundene Tätigkeit zugrunde liegt, hat vielmehr zur Folge, dass selbst ein als objektive Zulassungssperre wirkendes staatliches Betreibermonopol schon dann gerechtfertigt ist, wenn mit dieser Beschränkung (lediglich) wichtige Gemeinwohlbelange verfolgt werden und der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz strikt beachtet wird; hierbei steht dem Gesetzgeber in Bezug auf die eingesetzten Mittel und deren Wirkungen ein Beurteilungs- und Prognosespielraum zu (BVerfG a.a.O., 62 f.).

Die im Zulassungsantrag erhobenen grundrechtsdogmatischen Einwände gegen diese Leitentscheidung zum Spielbankenrecht vermögen nicht zu überzeugen. Das vom Bundesverfassungsgericht als rechtliches Unterscheidungskriterium herangezogene Merkmal der "Unerwünschtheit" einer beruflichen Betätigung bezieht sich entgegen der Auffassung des Klägervertreters nicht auf die "Anwendbarkeit" des Grundrechts aus Art. 12 Abs. 1 GG, grenzt also nicht bestimmte Erwerbszweige aus dem Schutzbereich der Berufsfreiheit aus. Bei einem durch "unerwünschte Tätigkeit" gekennzeichneten Beruf vermindern sich lediglich die ansonsten geltenden rechtlichen Anforderungen an die Rechtfertigung von Grundrechtseingriffen in Form objektiver Zulassungsschranken (Thiel, GewArch. 2001, 96/99; Dietlein, BayVBl 2002, 161/163). Es handelt sich somit um eine auf atypische Fälle beschränkte Modifikation der vom Bundesverfassungsgericht entwickelten "Drei-Stufen-Lehre" (BVerfGE 7, 377/397), die in der Vergangenheit vielfach als zu starr und schematisch kritisiert worden ist (vgl. Thiel, a.a.O., 98 f. m.w.N.).

Die zur Absenkung der Eingriffsschwelle führende "Unerwünschtheit" einer Berufstätigkeit ergibt sich dabei nicht (vorrangig) aus den in der Gesellschaft vorherrschenden Einstellungen und damit aus einem außerrechtlichen Befund. Bei der Prüfung dieses Merkmals ist vielmehr die Gesamtheit der Rechtsordnung in den Blick zu nehmen. Erhebliche Bedeutung für den Bereich des berufsmäßig veranstalteten Glücksspiels, zu dem auch der Spielbankenbetrieb gehört, besitzt neben dem ausdrücklichen Ausschluss aus der allgemeinen Gewerbefreiheit (§ 33 h GewO) vor allem die Strafrechtsnorm des § 284 StGB. Sie sanktioniert in Gestalt eines repressiven Verbots ein generell unerwünschtes, weil sozial schädliches Verhalten unabhängig von der Berufsmäßigkeit der Ausübung und beruht insoweit auf einer eigenständigen Gefahreneinschätzung des Strafgesetzgebers (BVerwG vom 28. 3. 2001 BayVBl 2002, 185/186; BayVGH vom 30. 8. 2000, GewArch. 2000, 65/67 f.). Diese bundesgesetzliche Vorgabe kann bei der nach sicherheitsrechtlichen Maßstäben zu treffenden Entscheidung des Landesgesetzgebers über die Zulassung privater Spielbanken eingriffserleichternd berücksichtigt werden.

Das Verständnis des § 284 StGB als einer Verbotsnorm mit dem Ziel, die Veranstaltung von Glücksspielen wegen deren Gefährlichkeit generell zu unterbinden, wird nicht durch die im Zulassungsantrag zitierte Äußerung aus der strafrechtlichen Kommentarliteratur in Frage gestellt, wonach im Unterschied zur früher herrschenden Auffassung heute "nach der Reform der §§ 284 ff. durch das EGStGB und unter Beachtung des Prinzips der Eigenverantwortung... der Sinn des § 284 nur noch in der Absicherung eines ordnungsgemäßen Spielbetriebs" gesehen werden könne (Eser/Heine in: Schönke/Schröder, StGB, 26. Aufl., § 284 RdNr. 1). Diese Einschätzung übersieht, dass der Bundesgesetzgeber bei der - mit einer erheblichen Ausweitung der Strafbarkeit verbundenen - Neufassung der §§ 284 ff. StGB durch das 6. Gesetz zur Reform des Strafrechts vom 26. Januar 1998 (BGBl I S. 164) das sozialethische Unwerturteil hinsichtlich der Veranstaltung von Glücksspielen bestätigt hat (BVerwG a.a.O.; BayVGH a.a.O.; Tettinger, DVBl 2000, 868/870). Die strafrechtlichen Regelungen verfolgen nach der amtlichen Begründung in erster Linie den Zweck, "eine übermäßige Anregung der Nachfrage nach Glücksspielen zu verhindern" (BT-Drs. 13/8587 S. 67). Hieraus wird ersichtlich, dass bereits das Veranstalten derartiger Spiele und nicht lediglich bestimmte Begleiterscheinungen des Spielbetriebs durch die Strafrechtsnormen eingedämmt werden sollen. Diesem Normverständnis steht weder die prinzipielle Straflosigkeit eigenverantwortlicher Selbstschädigungen entgegen noch die fehlende Kompetenz des Staates, seine volljährigen Bürger durch eine Erziehung zu sittlichem Verhalten zu "bessern" (vgl. BVerfGE 22, 180/219 f.). Das Verbot des § 284 StGB dient nach dem Willen des Gesetzgebers nicht dazu, eine bestimmte ethische Norm um ihrer selbst willen durchzusetzen, sondern soll die mit der Veranstaltung von Glücksspielen typischerweise verbundenen Gefährdungen von Rechtsgütern Dritter und der Allgemeinheit von vornherein ausschließen.

Die gleiche ordnungspolitische Zielsetzung liegt der Regelung des Gesetzes über Spielbanken im Freistaat Bayern zugrunde, wonach einem Privaten keine Erlaubnis zum Betrieb einer Spielbank erteilt werden kann (Art. 2 Abs. 2 SpielbG). Hierin liegt erkennbar das zentrale Element der gesetzlichen Beschränkungen zur "Abwehr von der Bevölkerung drohenden Gefahren, die sich aus der Ausnutzung der Spielleidenschaft ergeben" (Amtliche Begründung, LT-Drs. 13/887 S. 5). Dieser primäre Regelungszweck wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass die staatlich betriebenen Spielbanken einer bestimmten Kategorie von Gemeinden (Staatsbäder, Heilbäder, Kur- und Erholungszentren) zugeordnet werden und sich in ihrer Verteilung an den Einwohnerzahlen der einzelnen Regierungsbezirke orientieren müssen (Art. 1 Sätze 1 und 2 SpielbG). Entgegen dem Vortrag der Klägerin kann daraus nicht der Schluss gezogen werden, dem Gesetzgeber gehe es in Wahrheit statt der Gefahrenabwehr um ausschließlich regional- und wirtschaftspolitische Ziele. Die begrenzte Zulassung von Spielbanken in staatlicher Trägerschaft ist vorrangig bestimmt von dem Bestreben, das illegale Glücksspiel einzudämmen und dem nicht zu unterdrückenden Spieltrieb des Menschen staatlich überwachte Betätigungsmöglichkeiten zu verschaffen (Amtliche Begründung, a.a.O.; vgl. auch BVerfGE 28, 119/148; GewArch. 2001, 61/62). Der dabei geltende landesweite Verteilungsschlüssel verhindert eine auf die Bevorzugung einzelner, insbesondere strukturschwacher Regionen abzielende Zulassungspraxis. Mit der Beschränkung auf kleinere, durch Gesundheits- und Fremdenverkehrseinrichtungen vorgeprägte Standortgemeinden wird ein aus Sicht des Gesetzgebers bewährtes Konzept weiterentwickelt; vor allem Sicherheitsprobleme lassen sich in diesen Orten, die nicht von großstädtischer Anonymität geprägt sind, besser lösen als in den Zentren des Massentourismus (vgl. Amtliche Begründung, a.a.O., S. 5, zu Art. 1).

Der faktische Ausschluss von Standorten in den Ballungsräumen lässt im übrigen erkennen, dass die Steigerung des mit dem Betreibermonopol verbundenen fiskalischen Nutzens nicht das bestimmende Motiv des Gesetzgebers gewesen ist. Demgegenüber liefert die von der Klägerin aufgezeigte Standorthäufung in der Nähe der Landesgrenze keinen Beleg für eine - zumindest auf außerbayerische und ausländische Besucher bezogene - primäre Gewinnerzielungsabsicht. Selbst wenn sich eine entsprechende Ungleichverteilung bei der Standortvergabe noch in der jüngeren Vollzugspraxis feststellen ließe, fände dies jedenfalls im geltenden Gesetz keine Stütze mehr; die 1995 erlassene Neuregelung hat das im früherem Recht (§ 1 Abs. 1 Buchst. b G. v. 14.7.1933, RGBl I S. 480, BayRS 2186-1-1-I) normierte Erfordernis der Grenznähe für Spielbankstandorte bewusst aufgegeben (Amtliche Begründung, a.a.O., S. 5, zu Art. 1). Ob das Angebot auf dem deutschen Spielbankenmarkt in den letzten Jahren, wie die Klägerin meint, insgesamt stärker gewachsen ist als die entsprechende Nachfrage, kann ebenfalls offen bleiben. Ein solches Missverhältnis würde, soweit es (auch) auf der Zulassung zusätzlicher staatlicher Spielbanken im Freistaat Bayern beruht, die Gründe für den gesetzlichen Ausschluss privater Betreiber nicht in Zweifel ziehen, sondern allenfalls auf ein dem Gesetzeszweck zuwiderlaufendes Genehmigungsverhalten des zuständigen Staatsministeriums des Innern (Art. 2 Abs. 1 SpielbG) hindeuten.

Aus dem gleichen Grund kommt es bei der Prüfung der vom Gesetzgeber verfolgten Absichten auch nicht auf die gegenwärtige Höhe des für die neun bayerischen Spielbanken insgesamt eingesetzten Werbeetats an. Die Klägerin räumt selbst ein, dass der staatliche Betreiber notwendigerweise auf die vorhandenen legalen Spielmöglichkeiten aufmerksam machen muss, wenn das illegal betriebene Glücksspiel wirksam bekämpft werden soll. Dass der Gesetzeszweck nicht durch übermäßige, die Spielleidenschaft erst hervorrufende oder verstärkende Werbeaktivitäten in sein Gegenteil verkehrt wird (vgl. BVerwG vom 28.3.2001 BayVBl 2002, 185/188), liegt in der Verantwortung der staatlichen Spielbankenverwaltung und der zuständigen Aufsichtsbehörde (Art. 3 Abs. 1 und 2 SpielbG). Das Gesetz bietet insoweit ausreichende Mittel, um etwaigen Missständen zu begegnen, z.B. durch einschränkende Auflagen bei Erteilung der Erlaubnis (Art. 2 Abs. 5 Nr. 4 SpielbG). Mögliche Vollzugsdefizite der Behörden beruhen daher nicht auf nachweisbaren strukturellen Mängeln der gesetzlichen Regelung und können deren Verfassungsmäßigkeit nicht berühren (vgl. Dietlein, BayVBl 2002, 161/164 unter Hinweis auf BVerfGE 84, 239/272 ff.). Im übrigen sind angesichts der vom Beklagten genannten Werbeausgaben in Höhe von landesweit 2,1 Mio DM (2000) bzw. 1,3 Mio € (2001), die laut Auskunft in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht einem Anteil von 1 % des Bruttospielertrags entsprechen, derzeit auch keine Anzeichen für eine auf ein Massenpublikum abzielende aggressive Werbung der staatlichen Spielbanken in Bayern erkennbar.

Soweit die Klägerin neben der Eignung auch die Erforderlichkeit des staatlichen Betreibermonopols zur Erreichung des gesetzlichen Schutzziels in Frage stellt und dazu auf die bei privaten Spielbanken praktizierten Kontrollmechanismen verweist, steht diesem Einwand die höchstrichterlich bestätigte Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers gegenüber, die sich gerade auch auf die Einschätzung der späteren Wirkungen einer gesetzlichen Normierung erstreckt (BVerfG vom 19.7.2000 GewArch. 2001, 61/63; BVerwG vom 28. 3. 2001 BayVBl 2002, 185/187 f.). Hiernach können Maßnahmen, die der Gesetzgeber zur Abwehr der mit dem Betrieb von Spielbanken verbundenen Gefahren für erforderlich hält, verfassungsrechtlich nur dann beanstandet werden, wenn nach den tatsächlichen Umständen im Hinblick auf die bisher gemachten Erfahrungen feststellbar ist, dass weniger belastende Beschränkungen die gleiche Wirksamkeit versprechen (BVerfG, a.a.O.). Dies kann für den Fall der Zulassung privater Spielbankbetreiber im Freistaat Bayern nicht mit der nötigen Sicherheit angenommen werden.

Die maßgeblichen Gründe für den Ausschluss privater Spielbankbetreiber werden in der Amtlichen Begründung zum Gesetzentwurf der Staatsregierung vom 21. März 2002 wie folgt zusammengefasst:

"Gegenüber Staatsbetrieben bestehen umfangreichere und intensivere Informations-, Kontroll- und Einwirkungsmöglichkeiten als gegenüber Privatunternehmen. Durch staatliche Betriebe kann deshalb die Abwehr von Gefahren, die mit öffentlichem Glücksspiel verbunden sind, und die Führung der Spielbanken unter Berücksichtigung öffentlicher Belange besser gewährleistet werden als durch staatliche Kontrollmechanismen gegenüber privaten Betreibern.

Die mit der natürlichen Spielleidenschaft verbundenen negativen Auswirkungen öffentlichen Glücksspiels... erfordern zum Schutz der Bevölkerung Flexibilität bei der Gestaltung und Kontrolle der Glücksspielbetriebe... Der Betrieb durch die Öffentliche Hand ermöglicht eine Betriebssteuerung im öffentlichen Interesse und schlankere Kontrollmechanismen, weil eigene Erwerbsinteressen nicht berührt werden und Kontrollierende und Kontrollierte in dieselben öffentlich-rechtlichen Strukturen mit scharfen dienstrechtlichen Sanktionen eingebunden sind. Die dadurch mögliche Effektivität und Flexibilität in der Betriebssteuerung... wird durch staatliche Auflagen und staatliche Aufsicht über private Spielbankunternehmen nicht erreicht.

Es könnten zwar für die Aufsicht über private Spielbankenunternehmen weitgehende Informations- und Eingriffsrechte, z.B. Teilnahme an Sitzungen und Besprechungen der Unternehmensleitung, Zustimmung zur Abberufung von leitenden Angestellten, durch Auflage angeordnet werden. Dadurch würde jedoch nicht derselbe umfangreiche und aktuelle Informationszugriff wie bei Staatsbetrieben entstehen. Andererseits würde die Aufsicht intensiv in privatwirtschaftliche Vorgänge eingebunden. Wenn schon in ein Privatunternehmen in so außerordentlichem Umfang staatlicherseits eingegriffen werden kann und muss, um die öffentlichen Belange zu wahren, ist es systemgerecht, einfacher und zweckmäßiger, wenn der Staat den Betrieb selbst führt. Es darf auch nicht übersehen werden, dass durch die für eine solche Aufsicht erforderliche sehr enge Zusammenarbeit zwischen Aufsichtspersonen und Privatunternehmen der Anschein entstehen könnte, es würde nicht die notwendige Distanz zwischen Unternehmen und Kontrollorgan gewahrt. Hinzu kommt die öffentliche Kontrollmöglichkeit durch den Obersten Rechnungshof, der die gesamte Haushalts- und Wirtschaftsführung des Staates einschließlich seiner Betriebe und Sondervermögen prüft. Eine vergleichbare Kontrollmöglichkeit ist bei Privatunternehmen insbesondere im Hinblick auf die Auskunftspflicht gegenüber dem Obersten Rechnungshof nach Art. 95 der Bayerischen Haushaltsordnung nicht gegeben.

Das Ziel der Zulassung von Spielbanken ist es, der Bevölkerung für die nicht zu unterdrückende Spielfreudigkeit ausreichende und durch staatliche Kontrollen möglichst manipulationsfreie Spielmöglichkeiten zur Verfügung zu stellen. Das Angebot soll ausreichend, aber knapp bemessen sein. Dass neben den ordnungsrechtlichen auch fiskalische Belange berührt sind, ändert daran nichts. Dieser Zielsetzung eines ausreichenden aber knappen Angebots läuft es diametral zuwider, wenn zwischen dem Staat als Steuerungs- und Kontrollorgan des Spielangebots und den Spielbetrieb ein selbstständiges privates Unternehmen zwischengeschaltet wird, dessen Zielsetzung natürlicherweise privates Erwerbsstreben ist. Die im Wirtschaftsleben erwünschte und positive Ausrichtung auf mehr Umsatz und Gewinn ist in den Rahmenbedingungen des Glücksspiels ein Systembruch. Diese Ausrichtung konterkariert systemimmanent - unabhängig davon, welche privat bestimmte natürliche oder juristische Person das Unternehmen betreibt - gemeinwohlorientierte Zielsetzungen, die wegen der Gefährlichkeit öffentlichen Glücksspiels notwendig sind. Unternehmerische Freiheit bedeutet, Energie, Einfallsreichtum und Finanzkraft einzusetzen für möglichst hohen privaten Gewinn, was in normalen wirtschaftlichen Bereichen durchaus positive Folgen auch für die Allgemeinheit hat. Im Glücksspielbereich ist nicht nur das natürliche Gewinnstreben anders gepolt als die Gemeinwohlzielsetzung; privat verfestigte Rechtspositionen stehen in einem Spannungsverhältnis zum Gemeinwohl, wenn in dessen Interesse gewinndämpfende Veränderungen erforderlich sind" (LT-Drs. 13/887, S. 6, zu Art. 2).

Diese vom Gesetzgeber angeführten Gründe für die höhere Effizienz der Gefahrenabwehr bei einem staatlichen Betreibermonopol sind verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Sie beruhen auf sachlich nachvollziehbaren Erwägungen über den unterschiedlichen Wirkungsmechanismus der beiden Grundformen einer Spielbankenkontrolle, insbesondere über die jeweils verfügbaren Informations- und Reaktionsmöglichkeiten und die bei den betroffenen Akteuren wirksamen Handlungsmotive. Bei der Würdigung dieser einzelnen Elemente steht dem parlamentarischen Gesetzgeber nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (BVerfG vom 19.7.2000 GewArch. 2001, 61/63) ein erheblicher Beurteilungs- und Prognosespielraum zu, der hier nicht überschritten worden ist. Der pauschale Hinweis der Klägerin auf "illegale Vorkommnisse" und "Unregelmäßigkeiten", die in anderen Bundesländern auch staatlich betriebene Unternehmen betroffen haben, reicht angesichts der Unterschiede der landesrechtlichen Spielbankensysteme nicht aus, um grundsätzliche Zweifel an der Funktionsfähigkeit eines Betreibermonopols zu wecken und damit die dem bayerischen Spielbankengesetz zugrundeliegende Gefahrenprognose in Frage zu stellen.

Nachdem strukturelle Mängel des bisherigen Konzepts nicht erkennbar sind, besteht für den bayerischen Gesetzgeber jedenfalls derzeit keine Verpflichtung, seine Einschätzung grundlegend zu revidieren und im bloßen Vertrauen auf künftige Bewährung - gleichsam versuchsweise - das Risiko eines (zusätzlichen) privaten Spielbankenbetriebs einzugehen. Auch zurückliegende positive Erfahrungen mit Privatbetreibern in anderen Bundesländern stehen der Erwartung langfristiger erheblicher Vorteile eines rein staatlichen Systems nicht zwingend entgegen, zumal solche Erfahrungsberichte von Außenstehenden die Realität des privaten Spielbetriebs nicht vollständig abbilden müssen. Die rechtliche Ausgangssituation in Bayern ist schließlich auch nicht vergleichbar mit dem vom Bundesverfassungsgericht entschiedenen Fall, in dem der baden-württembergische Gesetzgeber über die Fortführung zweier jahrzehntelang beanstandungsfrei in privater Trägerschaft betriebener Spielbanken zu entscheiden hatte, zu deren Gunsten noch kurz zuvor eine Sonderregelung erlassen worden war (BVerfG a.a.O., 64; zur Besonderheit dieses Falles Thiel, GewArch. 2001, 96/102). Anders als dort sind bei den von der Ausschlusswirkung des § 2 Abs. 2 SpielbG betroffenen privaten Interessenten, denen es um die erstmalige Erteilung einer Spielbankenerlaubnis geht, keine individuell erschwerenden Umstände zu berücksichtigen, die den völligen Ausschluss einer Bewerbungschance im Ergebnis als unangemessen und damit unverhältnismäßig im engeren Sinne erscheinen lassen könnten.

2. Die Rechtssache weist keine besonderen rechtlichen oder tatsächlichen Schwierigkeiten auf, die eine Zulassung der Berufung rechtfertigen könnten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).

Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts beruht auf den allgemeinen Grundsätzen, die sich aus der oben genannten Leitentscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Spielbankenrecht ergeben und im kurz darauf ergangenen Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zur Zulässigkeit von Oddset-Wetten bestätigt worden sind (BVerwG vom 28.3.01 BayVBl 2002, 185/186 ff.; hierzu auch BayVGH v. 30.8.2000 GewArch. 2001, 65/69). Die Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall wirft keine besonderen Probleme auf, die die Durchführung eines Berufungsverfahrens geboten erscheinen ließen. Dass die zitierte höchstrichterliche Rechtsprechung den streitgegenständlichen Fall ohne Einschränkung erfasst, ist entgegen dem Vorbringen der Klägerin offenkundig.

Da die vom bayerischen Gesetzgeber mit dem Erlass des Spielbankengesetzes verfolgten Zwecke sich anhand der üblichen Auslegungsmethoden ohne weiteres ermitteln lassen, die zugrundeliegende Gefahrenanalyse keine Differenzierung hinsichtlich einzelner Standorte erfordert und die Prognose über die Wirksamkeit der zur Auswahl stehenden Mittel durch eine nachträgliche empirische Untersuchung nicht widerlegt werden kann, bedarf es hinsichtlich dieser tatsächlichen Umstände auch nicht der im Zulassungsverfahren geforderten umfangreichen Beweisaufnahme (vgl. BayVGH vom 2.6.1995, GewArch. 1995, 374/375). Ergänzend ist insoweit darauf hinzuweisen, dass der Klägervertreter seine im erstinstanzlichen Verfahren gestellten Beweisanträge mit Schriftsatz vom 28.11.2001 zurückgenommen hat mit der Begründung, es komme für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht darauf an, wie gut einzelne öffentliche oder private Spielbanken geführt würden.

3. Die Rechtssache hat auch nicht die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

Die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen der Landesgesetzgeber private Unternehmen vom Spielbankenbetrieb generell ausschließen kann, hat das Bundesverfassungsgericht bereits in seinem Senatsbeschluss vom 19. Juli 2000 in allgemeingültiger Form geklärt. Diese Entscheidung wird allgemein dahin verstanden, dass damit ein staatliches Spielbankenmonopol für verfassungsrechtlich zulässig erklärt worden ist, sofern keine besonderen Härtegründe vorliegen (BVerwG vom 28.3.2001 BayVBl 2002, 185/188; Thiel, GewArch. 2001, 96/99; Dietlein, BayVBl 2002, 161/163; ebenso schon früher BVerfG vom 23.4.1975 - 1 BvR 455/74 - S. 2; BVerwG vom 23.8.1994 GewArch. 1995, 24/27; Voßkuhle, VerwArch. 87 (1996), 395/410; Pieroth/Störmer, GewArch. 1998, 177/188 f.; Manssen, in: v. Mangoldt/ Klein/Starck, GG I, 1999, Art. 12 RdNr. 154). Hieraus ergibt sich ohne weiteres die Verfassungsmäßigkeit der in Bayern geltenden Regelung des Art. 2 Abs. 2 SpielbG, da für eine im Landesrecht oder in der bisherigen Zulassungspraxis begründete Sondersituation der von dem Ausschluss betroffenen privaten Bewerber keine Anhaltspunkte erkennbar sind.

Aus den im Zulassungsantrag aufgelisteten Rechtsfragen ergibt sich mangels Entscheidungserheblichkeit ebenfalls keine grundsätzliche Bedeutung des vorliegenden Falles. Die Frage nach der (verfassungsrechtlichen) Zulässigkeit einer überwiegend fiskalischen Zweckverfolgung bei der Erlaubniserteilung stellt sich für das bayerische Spielbankenrecht schon deshalb nicht, weil hier der Zweck der Gefahrenabwehr erkennbar im Vordergrund steht. Die übrigen drei Fragen verfehlen bereits den für ein staatliches Betreibermonopol geltenden grundrechtlichen Prüfungsmaßstab, da sie lediglich die (möglichen) Rechtswirkungen des Repressivverbots aus § 284 Abs. 1 StGB betreffen, aus dem sich jedoch auch nach der erwähnten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts für den Landesgesetzgeber keine unmittelbaren, über Art. 12 Abs. 1 GG hinausgehenden Beschränkungen seiner Regelungsmacht ergeben können.

4. Kosten: § 154 Abs. 2 VwGO.

Streitwert: § 13 Abs. 1 Satz 1, § 14 Abs. 3 GKG.

Ende der Entscheidung

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