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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 31.03.2009
Aktenzeichen: 22 ZB 09.513
Rechtsgebiete: GG, HwO


Vorschriften:

GG Art. 12 Abs. 1
GG Art. 103 Abs. 1
HwO § 7 b Abs. 1 Nr. 2
HwO § 7 b Abs. 1 a Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

22 ZB 09.513

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Ausübungsberechtigung nach § 7 b HwO;

hier: Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 9. Dezember 2008,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 22. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Schenk, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Hösch, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Koch

ohne mündliche Verhandlung am 31. März 2009

folgenden Beschluss:

Tenor:

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.

III. Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 15.000 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Kläger erstrebt eine Ausübungsberechtigung für das Kraftfahrzeugtechnikerhandwerk. Er hat in diesem Handwerk eine Gesellenprüfung nach dreijähriger Ausbildungszeit mit Erfolg abgelegt. Er macht geltend, er habe im Kraftfahrzeugtechnikerhandwerk eine Tätigkeit von insgesamt mindestens sechs Jahren ausgeübt, davon insgesamt mindestens vier Jahre in leitender Stellung. Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts war der Kläger seit Ende der 90er Jahre als selbstständiger Kraftfahrzeugmechaniker tätig, und zwar neben einer Berufstätigkeit bei der ********* **** erst am späten Nachmittag und am Abend. In den Jahren 2004 bis 2007 erzielte er demzufolge einen Gesamtumsatz von ca. 15.000 Euro. Eine Eintragung in die Handwerksrolle bestand nicht.

Die Beklagte lehnte das Begehren des Klägers ab. Seine Verpflichtungsklage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München blieb ohne Erfolg (Urteil vom 9.12.2008), da die erforderliche Dauer der Tätigkeit des Klägers im Kraftfahrzeugtechnikerhandwerk nicht nachgewiesen sei.

Der Kläger hat Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg. Aus den insoweit maßgeblichen Darlegungen des Klägers (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) ergibt sich nicht, dass die geltend gemachten Zulassungsgründe (§ 124 Abs. 2 Nrn. 1 bis 5 VwGO) vorliegen.

1. Der geltend gemachte Verfahrensmangel (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) liegt nicht vor. Der Kläger macht sinngemäß geltend, das Verwaltungsgericht habe seine Entscheidung auf Gründe gestützt, die weder im Verwaltungsverfahren noch im Prozess erörtert worden seien und mit deren Erheblichkeit für die Entscheidung nach dem bisherigen Prozessverlauf auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nicht habe rechnen müssen (auf Art. 103 Abs. 1 GG beruhendes Verbot von Überraschungsentscheidungen, vgl. dazu Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl. 2007, RdNr. 22 zu § 86, m.w.N.). Dies trifft aber nicht zu. Das Verwaltungsgericht hat die Klage nicht "überraschend" wegen Fehlens eines Nachweises der Kenntnisse in Buchführung abgewiesen. Das Verwaltungsgericht geht ersichtlich davon aus, dass die für die selbstständige Handwerksausübung erforderlichen betriebswirtschaftlichen und kaufmännischen Kenntnisse im Regelfall und auch im Fall des Klägers durch die vorgeschriebene Dauer der beruflichen Tätigkeit als nachgewiesen gelten könnten. (§ 7 b Abs. 1 a Satz 1 HwO). Das Verwaltungsgericht hat auch nicht "überraschend" die Ausbildungszeit des Klägers vor seiner Gesellenprüfung nicht als berufliche Tätigkeit i.S. des § 7 b Abs. 1 Nr. 2 HwO gewertet. Das Verwaltungsgericht ist insofern - ohne dies besonders zu thematisieren - der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs gefolgt (BayVGH vom 31.1.2005, GewArch 2005, 156 f.). Dies konnte für einen gewissenhaften und kundigen Prozessbeteiligten nicht überraschend sein, nachdem das Verwaltungsgericht diesbezüglich keinen besonderen Erörterungsbedarf gesehen hat.

2. Die geltend gemachte Abweichung von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO), nämlich dem Beschluss vom 5. Dezember 2005 (GewArch 2006, 71 ff.), liegt nicht vor. Es trifft zwar zu, dass das Bundesverfassungsgericht den Rechtssatz aufgestellt hat, dass die Ausnahmeregelung des § 8 HwO in der bis zum Ende des Jahres 2003 geltenden Fassung und vor dem Inkrafttreten des erst mit Gesetz vom 24. Dezember 2003 (BGBl I S. 2934) eingefügten § 7 b HwO mit Blick auf Bedeutung und Tragweite des Grundrechts der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) großzügig anzuwenden war. Soweit der Kläger der Auffassung ist, das Verwaltungsgericht habe deshalb einen hiervon abweichenden Rechtssatz aufgestellt, weil es § 7 b HwO so eng wie nur möglich ausgelegt habe, was die Qualifizierungszeiten angehe, trifft dies nicht zu. Zum einen geht es im genannten Beschluss des Bundesverfassungsgerichts um eine großzügige Handhabung des § 8 HwO in der vor dem Inkrafttreten des § 7 b HwO geltenden Fassung, während das Verwaltungsgericht sich gerade mit § 7 b HwO befasst hat, also mit einer später in Kraft getretenen Rechtsvorschrift. Zum andern lässt sich dem angefochtenen Urteil eine Festlegung auf eine möglichst enge Auslegung des § 7 b Abs. 1 Nr. 2 HwO nicht entnehmen, was sich schon daraus ergibt, dass das Verwaltungsgericht auch eine mangels Eintragung in die Handwerksrolle rechtswidrige selbstständige und eintragungspflichtige Tätigkeit als grundsätzlich berücksichtigungsfähig ansieht (in Übereinstimmung mit der Begründung des Regierungsentwurfs in BT-Drs. 15/1206, S. 28, aber z.B. entgegen Honig/Knörr, HwO, 4. Aufl. 2008, RdNr. 4 zu § 4 b und entgegen Dürr, GewArch 2007, 61/66).

3. Die geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 VwGO im Hinblick auf die Nichtanrechnung von Ausbildungszeiten vor der Gesellenprüfung sind nicht hinreichend dargelegt. Diese Frage ist durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs bereits im Sinne des angefochtenen Urteils geklärt (BayVGH vom 31.1.2005, GewArch 2005, 156 f.). Dem dort nach den anerkannten Auslegungsregeln gefundenen Ergebnis steht auch die später ergangene Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 5. Dezember 2005 (GewArch 2006, 71 f.) nicht entgegen, weil sich diese, wie ausgeführt, auf § 8 HwO in der vor dem Inkrafttreten des § 7 b HwO geltenden Fassung bezieht. Dem Vorbringen des Klägers im Zulassungsantrag lässt sich nicht entnehmen, dass und warum der Kläger die Auslegung des § 7 b Abs. 1 Nr. 2 HwO, wie sie der Verwaltungsgerichtshof im Urteil vom 31. Januar 2005 vorgenommen hat, unabhängig von dem hier nicht einschlägigen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 5. Dezember 2005 für nicht methodengerecht oder problematisch oder weiter klärungsbedürftig hält. Es genügt insofern nicht, wenn lediglich pauschal Verfassungs- und Gemeinschaftsrechtswidrigkeit behauptet wird.

4. Die geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 VwGO sind ebenfalls nicht dargelegt, was die Aussage des Verwaltungsgerichts angeht, eine zugunsten des Klägers unterstellte Halbtagstätigkeit führe zu einer Verdoppelung der gesetzlichen Sechs- bzw. Vierjahresfrist. Das Verwaltungsgericht geht dabei davon aus, dass sich die gesetzliche Regelung auf Vollzeittätigkeit bezieht und dass die einzige Möglichkeit, Teilzeittätigkeit zu berücksichtigen, in einer entsprechenden Verlängerung der gesetzlich vorgesehenen Fristen besteht. Das Verwaltungsgericht rechtfertigt dies mit dem Zweck der Regelung, dass allein die Dauer der einschlägigen Berufspraxis als Nachweis der erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten dienen soll. Das Verwaltungsgericht kann sich insofern auf die Motive des Gesetzgebers und die Kommentarliteratur stützen. In der Begründung für den Regierungsentwurf wird ausgeführt, dass die für die selbstständige Ausübung eines Handwerks erforderlichen Fertigkeiten und Kenntnisse allein durch eine langjährige Berufserfahrung als Geselle in dem entsprechenden Bereich als nachgewiesen gelten (BT-Drs. 15/1206, S. 28). Es soll also maßgeblich auf die Zeitdauer der Berufserfahrung ankommen. Die für die selbstständige Handwerksausübung erforderlichen praktischen und theoretischen Kenntnisse gelten allein durch diese langjährige Berufserfahrung als nachgewiesen (Schwannecke, HwO, Stand Dezember 2008, RdNr. 23 zu § 7 b). Eine Halbtagstätigkeit kann diesen Zweck nur dann erfüllen, wenn sie entsprechend länger andauert (vgl. Detterbeck, HwO, 4. Aufl. 2008, RdNr. 19 zu § 7 b). Ob dieser Auslegungserkenntnis bei allen Fallgestaltungen uneingeschränkt zu folgen ist, kann hier offenbleiben. Jedenfalls lässt sich den Ausführungen des Klägers in seinem Zulassungsantrag nicht entnehmen, dass und warum der Kläger diese Auslegung unabhängig von dem hier nicht einschlägigen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 5. Dezember 2005 für nicht methodengerecht oder in seinem Fall problematisch oder weiter klärungsbedürftig und im konkreten Fall auch weiter klärungsfähig hält. Eine erwägenswerte Alternative wird nicht aufgezeigt. Auch insofern genügt es nicht, wenn lediglich pauschal Verfassungs- und Gemeinschaftsrechtswidrigkeit behauptet wird.

5. Soweit der Kläger in tatsächlicher Hinsicht ausführt, er habe auch an Samstagen und Sonntagen regelmäßig in seiner Kraftfahrzeugwerkstatt gearbeitet, ist dies unsubstantiiert, weil er hierfür keinerlei tatsächliche Anhaltspunkte vorbringt. Zudem erläutert er nicht, inwieweit sich hierdurch bei seiner Tätigkeit als Kraftfahrzeugmechaniker seit dem Ende der 90er Jahre insgesamt mehr als eine Halbtagstätigkeit ergeben sollte.

Kosten: § 154 Abs. 2 VwGO.

Streitwert: § 52 Abs. 1, § 47 Abs. 3 GKG; wie Vorinstanz.

Ende der Entscheidung

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