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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 12.07.2007
Aktenzeichen: 23 BV 07.240
Rechtsgebiete: BayAbfG, KrW-/AbfG, BayVwVfG


Vorschriften:

BayAbfG Art. 30
KrW-/AbfG § 13 Abs. 1 Satz 1
KrW-/AbfG § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2
KrW-/AbfG § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3
KrW-/AbfG § 21
KrW-/AbfG § 40 Abs. 1
BayVwVfG Art. 37 Abs. 1
Ein öffentlicher Entsorgungsträger hat nicht das Recht in den Handlungsablauf der Sammlungen durch gemeinnützige Einrichtungen einzugreifen mit der Zielsetzung, für die Zuführung zu einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung den Vertragspartner einschließlich der Vertragsregelung zu bestimmen.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes

23 BV 07.240

Verkündet am 12. Juli 2007

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Abfallbeseitigungsrecht (Untersagung von Altpapiersammlungen);

hier: Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 9. November 2006,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 23. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Friedl, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Beuntner, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Reinthaler

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 12. Juli 2007

am 12. Juli 2007

folgendes Urteil:

Tenor:

I. Unter Änderung des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 9. November 2006 werden der Bescheid des Beklagten vom 22. Juni 2004 und der Widerspruchsbescheid vom 14. Juni 2005 aufgehoben.

II. Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger unterhält der Landkreis Bamberg Einrichtungen, die Altpapier (Papier, Pappe, Kartons - PPK) erfassen und ihm überlassene PPK-Verkaufspackungen mit Weiterleitung zur stofflichen Verwertung miterfassen. Seit Januar 2004 ist im Landkreis flächendeckend die Papiertonne für jeden Haushalt eingeführt (Holsystem), auf den Wertstoffhöfen werden nur noch Pappe und Kartonagen erfasst (Bringsystem).

Eine Rechtsvorgängerin der Klägerin stellte im Jahr 2004 in den Gemeinden des Landkreises Depot-Container für Altpapier auf, unter anderem auch, um so genannte Vereinssammlungen zu ermöglichen, die auch bereits vor Einführung der Papiertonne stattgefunden hatten.

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit einer für sofort vollziehbar erklärten Anordnung des Beklagten vom 22. Juni 2004, die der Rechtsvorgängerin der Klägerin ab sofort die Durchführung von Altpapiersammlungen im Landkreis Bamberg untersagte, soweit Altpapier (PPK) aus privaten Haushalten erfasst werde und auch die Klägerin als Gesamtrechtsnachfolgerin betrifft.

Ein Aussetzungsantrag blieb letztlich ohne Erfolg (Beschluss des BayVGH vom 12.1.2005 Az. 20 CS 04.2947).

Den gegen die Anordnung erhobenen Widerspruch wies die Regierung von Oberfranken mit Bescheid vom 14. Juni 2005 zurück.

Die Anfechtungsklage wies das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 9. November 2006 ab. § 13 Abs. 1 Satz 1 Kreislaufwirtschafts-/Abfallgesetz (KrW-/AbfG), wonach die Überlassungspflicht diejenigen Erzeuger bzw. Besitzer von Abfällen aus privaten Haushalten nicht betreffe, die zu einer Verwertung in der Lage seien oder sie beabsichtigen, rechtfertige die Beauftragung Dritter nicht. Die Klägerin führe auch keine gemeinnützigen Sammlungen im Sinn des § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 KrW-/AbfG durch. Die gewerbliche Sammlung der Klägerin sei unzulässig, weil ihr überwiegende öffentliche Interessen im Sinn des § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG entgegenstünden. Bei Zulassung der gewerblichen Sammlung wäre eine dauerhafte funktionserhaltende Auslastung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungssystems im Landkreis gefährdet.

Zur Begründung ihrer vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung trägt die Klägerin unter anderem vor, in Wahrnehmung ihres eigenen Verwertungsrechtes dürften sich Erzeuger und Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen der Hilfe Dritter, d.h. fachkundiger Entsorgungsunternehmen wie der Klägerin, bedienen. Das ergebe sich aus dem Eigenverwertungsrecht nach § 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG i.V.m. § 16 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG. Schutzwürdige Interessen des öffentlichen Entsorgungsträgers stünden der Weitergabe an Dritte nicht entgegen. Im Rahmen der Beauftragung eines Dritten hänge dessen Verpflichtung von der des Auftragsgebers selbst ab. Letzterer sei jedoch nicht selbst zum Handeln verpflichtet. Die Pflicht zur Ausgestaltung der Verwertung werde nicht auf den Dritten übertragen, dessen sich der Erzeuger oder Besitzer zur Erfüllung bedienen könne.

Außerdem seien die streitgegenständlichen Sammlungen gemeinnütziger Art. Jede gemeinnützige Sammlung ende damit, dass das gesamte Material in irgendeiner Weise kommerziell vermarktet werde. Angesichts der spezifischen Branchenfestlegungen im Altpapierbereich könne die Vermarktung jedoch nicht vom gemeinnützigen Verein selbst ausgeübt werden, weil in der Regel der Marktzugang fehle. Die vom Landratsamt zugelassenen Vereinssammlungen seien rückläufig, weil der Landkreis den Vereinen pro Tonne eingesammelten Papiers weniger zahle als früher. Demnächst werde sich auch für gemeinnützige Institutionen die Sammlung von Altpapier nicht mehr lohnen. Umgekehrt werde die Zusammenarbeit mit privaten Entsorgungsunternehmen untersagt und dadurch letztlich das in Art. 12 GG wie auch im KrW-/AbfG enthaltene Recht der Eigenverwertung sowie das Recht der gemeinnützigen und gewerblichen Sammlung vollständig unterlaufen.

Der Beklagte habe die behaupteten öffentlichen Interessen, die den streitgegenständlichen Sammlungen entgegenstehen sollen, nicht plausibel dargelegt. Die vom Beklagten vorgelegten Zahlen gäben keinerlei nachprüfbare Anhaltspunkte für die von ihm reklamierte Störung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungssicherheit. Das Aufstellen von Containern stehe keinesfalls im Gegensatz zu einem Holsystem. Es könne als Ergänzung des Holsystems angesehen werden. Schließlich beabsichtige die Klägerin kein flächendeckendes PPK-Entsorgungssystem im Landkreis. Die Containergestellungen seien, wenn sie überhaupt im Zusammenhang mit den Tätigkeiten der Klägerin zu sehen seien, nur sporadisch durchgeführt worden. Die Klägerin sei in allen Fällen nur Vertragspartner der gemeinnützigen Institutionen.

Die Klägerin beantragt,

unter Änderung des verwaltungsgerichtlichen Urteils die Anordnung des Landratsamtes Bamberg vom 22. Juni 2004 in Form des Widerspruchsbescheides der Regierung von Oberfranken vom 14. Juni 2005 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er legte u.a. Aufstellungen des Landkreises über jährliche Kosten für Behältergestellungen und Abfuhr der Papiertonnen, der jährlichen Altpapiermengenentwicklungen sowie seine Abfallwirtschaftsatzungen vor.

§ 13 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbsatz KrW-/AbfG erfasse nicht den Fall, dass Privathaushalte sich zu einer Verwertung in der Lage sähen, weil sie Abfälle gewerblichen Dritten zur Verwertung zu überlassen beabsichtigten. Altpapier aus Privathaushalten könne praktisch nicht selbst verwertet, sondern nur überlassen werden.

Der streitgegenständliche Bescheid untersage der Klägerin nur die Durchführung von Sammlungen von Altpapier aus privaten Haushaltungen im Landkreis, verbiete aber nicht die Hilfeleistung, insbesondere durch Vermieten von Containern, bei gemeinnützigen Sammlungen. Solche Fälle seien künftig jeweils im Einzelfall festzustellen. Altpapiererfassung und Verwertung seien originäre Aufträge der kommunalen Abfallwirtschaft. Die verfügbare Menge bestimme die Verkaufserlöse. Je größer diese sei, desto höhere Erlöse könnten von den Abnehmern erzielt werden.

Eine Sammlung sei im Sinn des § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 KrW-/AbfG nur dann gemeinnützig, wenn der Träger gemäß § 52 AO als gemeinnützig anerkannt sei und mit der Sammlung die als gemeinnützig anerkannten Zwecke auch tatsächlich verfolge. An der zweiten Voraussetzung fehle es bei Sammlungen, die der Einnahmenerzielung der Vereine dienten. Die gemeinnützigen Vereine hätten hier nicht nur Container gemietet, sondern mit der Klägerin einen Vermarktungsvertrag abgeschlossen.

Überwiegende öffentliche Interessen im Sinn des § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG stünden den untersagten gewerblichen Altpapiersammlungen der Klägerin entgegen. Die Aufstellung der Container nicht nur im Rahmen der so genannten Vereinssammlungen lasse auf eine Gefährdung der funktionserhaltenden Auslastung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungssystems schließen.

In der mündlichen Verhandlung erklärten die Vertreter des Beklagten, mit dem angefochtenen Bescheid sollte der Klägerin untersagt werden, in der bisherigen Form mit gemeinnützigen Einrichtungen in Geschäftsverbindung zu treten. Aufgrund der Aufforderung der Klägerin an gemeinnützige Einrichtungen, PPK-Gut zu sammeln, der Gestellung von Containern, in welche die gemeinnützigen Einrichtungen das Sammelgut verbringen könnten, sowie der Vereinbarung eines festen Preises pro Tonne gelieferten Sammelgutes, liege keine Sammlung der gemeinnützigen Einrichtungen vor, sondern eine gewerbliche der Klägerin. Dies sollte mit dem Bescheid unterbunden werden.

Überließen die gemeinnützigen Einrichtungen das von ihnen gesammelte PPK-Gut dem Landkreis, brächten sie das gesammelte Gut in einen ortsnah von einer von ihm beauftragen Firma aufgestellten Container. Diese betätige sich auch als Transporteur, führe die Nachsortierung des gesammelten Gutes durch und übermittle dieses an eine Papierhandlung oder eine Papierfabrik. Den gemeinnützigen Einrichtungen werde im Zusammenhang mit der PPK-Sammlung auch bekannt gegeben, was sie pro Tonne gesammelten Gutes erhielten. Die Kosten für Container, Sortierung und Transport übernehme der Landkreis.

Nummer 1 des angefochtenen Bescheides sollte nicht ausschließlich die Frage der Handhabung der geschäftlichen Beziehungen der Klägerin zu gemeinnützigen Einrichtungen regeln, sondern darüber hinaus auch die Entgegennahme von PPK-Gut von anderen Organisationen, oder von den Abfallerzeugern bzw. -besitzern direkt. Die Tätigkeit der Klägerin könne spiegelbildlich gesehen werden zur Tätigkeit der vom Landkreis beauftragten Firma.

Das Vorgehen des Landkreises rechtfertige sich jedoch aus dessen Sicht nach dem Bayerischen Abfallgesetz, das ihn zur flächendeckenden Entsorgung verpflichte. Dabei bestehe ein gesetzlicher Vorrang der öffentlichen vor der privaten Entsorgung. Daraus leite der Landkreis für sich das Recht ab, auch die gemeinnützigen Einrichtungen im Zusammenhang mit deren Sammlungen in das Entsorgungskonzept einzubinden. Diese Handlungsberechtigung ergebe sich auch aus dem Zusammenhang zwischen § 16 Abs. 1 und § 13 Abs. 3 KrW-/AbfG.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- und Behördenakten, die von den Beteiligten übergebenen Unterlagen sowie die Niederschrift über die mündliche Verhandlung verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist begründet.

Der Bescheid des Beklagten vom 22. Juni 2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14. Juni 2005 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in deren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Das Rechtsmittel führt daher unter Änderung des verwaltungsgerichtlichen Urteils zu einer Stattgabe ihrer Anfechtungsklage.

Der Bescheid des Beklagten vom 22. Juni 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides der Regierung von Oberfranken vom 14. Juni 2005 ist inhaltlich unbestimmt und entspricht daher nicht den Anforderungen des Art. 37 Abs. 2 BayVwVfG.

Abzustellen ist auf den objektiven Erklärungswert und Erklärungsinhalt der den Rechtsvorgängerinnen der Klägerin als Adressaten schriftlich bekannt gegebenen Verwaltungsakte, so wie er sich den Betroffenen darstellt und nach Treu und Glauben (§ 157 BGB) verstanden werden darf und muss, wobei Unklarheiten zu Lasten der Behörde gehen (BVerwG vom 12.1.1973, BVerwGE 41, 305/306; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl., § 37 RdNr. 8). Dabei ist bei der Ermittlung des Inhaltes der Regelung nicht auf die subjektiven Vorstellungen der Personen abzustellen, die innerhalb der Behörde die Entscheidung getroffen oder dabei mitgewirkt haben (Kopp/Ramsauer a.a.O. § 37 RdNr. 8). Vielmehr muss die in der Sache selbst durch die Verwaltungsakte getroffene Regelung hinreichend klar, verständlich und in sich widerspruchsfrei sein. Der Entscheidungsinhalt muss für die Adressaten nach Art und Umfang aus sich heraus verständlich sein. Der Adressat muss in die Lage versetzt werden, zu erkennen, was genau von ihm gefordert bzw. was in der ihn betreffenden Sache geregelt oder verbindlich festgestellt wird (BVerwG vom 15.2.1990, BVerwGE 84, 335/338; Kopp/Ramsauer a.a.O. § 37 RdNr. 12 m.w.N.). Der Verwaltungsakt darf keiner subjektiven Bewertung zugänglich sein (BVerwG vom 15.5.1986, BVerwGE 74, 196/205).

Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, welches konkrete Verhalten - Tun und/oder Unterlassen - der Beklagte der Klägerin bzw. deren Rechtsvorgängerinnen aufgeben wollte. Der Ausgangsbescheid vom 22. Juni 2004 ist auf § 21 KrW-/AbfG, Art. 30 Bayerisches Abfallwirtschaftsgesetz (BayAbfG) gestützt, der Widerspruchsbescheid zusätzlich noch auf § 40 Abs. 1 KrW-/AbfG. Danach kann die zuständige Behörde im Einzelfall die erforderlichen Anordnungen zur Durchführung des Kreislaufwirtschaftsabfallgesetzes (§ 21 KrW-/AbfG) erlassen und zur Verhütung oder Unterbindung von Verstößen u.a. gegen das Kreislaufwirtschaftsabfallgesetz und das Bayerische Abfallgesetz Anordnungen für den Einzelfall treffen (Art. 30 BayAbfG; vgl. auch BVerwG vom 16.3.2006 BayVBl 2006, 506).

Der Bescheid vom 22. Juni 2004 untersagt in Nummer 1 seines Tenors nunmehr der Klägerin als Rechtsnachfolgerin "ab sofort die Durchführung von Altpapiersammlungen im Landkreis Bamberg, soweit Altpapier (PPK) aus privaten Haushalten erfasst wird". Diese allgemeine Fassung eines für die Zukunft dauerhaft wirken sollenden Verbots gibt der Klägerin keine eindeutige Klarheit, ob ihr lediglich die Entgegennahme von PPK aus privaten Haushaltungen untersagt werden sollte, die ihr aus diesen direkt zur Verwertung überlassen werden, oder ob ihr auch die Entgegennahme von PPK aus gemeinnützigen Sammlungen im Sinne des § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 KrW-/AbfG oder lediglich eigene gewerbliche Sammlungen im Sinne des § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG untersagt werden sollten. Auch der Widerspruchsbescheid schafft hierüber keine Klarheit.

In Anbetracht dieser Ungereimtheiten erweist sich bereits aus diesem Grunde der streitgegenständliche Bescheid als rechtswidrig, da er nicht eindeutig erkennen lässt, was er der Klägerin für die Zukunft untersagen will.

Außerdem spricht viel dafür, dass der Beklagte der Klägerin entgegen § 13 Abs. 3 Nr. 2 KrW-/AbfG die Berechtigung absprechen will, PPK-Gut, das bei gemeinnützigen Sammlungen gewonnen wird, entgegen zu nehmen. Dadurch soll das Recht der gemeinnützigen Einrichtungen beschnitten werden selbst zu entscheiden, in welcher Form das angesammelte PPK-Gut einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden soll.

Zwar führt der Beklagte mit Schriftsatz vom 5. Juli 2007 (S. 4) aus, der Bescheid wolle der Klägerin nicht verbieten Hilfeleistung, insbesondere durch Vermietung von Containern, bei gemeinnützigen Sammlungen im Sinne des § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 KrW-/AbfG zu geben. Vielmehr müsse jeweils im Einzelfall festgestellt werden, ob es sich hier um eine Entgegennahme aus einer gemeinnützigen Sammlung handle, oder ob eine gewerbliche Sammlung im Sinne des § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG vorliege.

Im Widerspruch hierzu stehen jedoch Ausführungen in den Gründen des streitbefangenen Bescheides und die erläuternden Erklärungen des Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung am 12. Juli 2007.

Zunächst der Hinweis im Bescheid, der Umweltausschuss des Kreistages habe aus Gründen der Wirtschaftlichkeit und um die Vertragserfüllung gegenüber der Auftragsnehmerin für die Papiertonne ab dem 1. Januar 2004 nicht zu gefährden, am 28. Oktober 2003 beschlossen, die Vergütung an die "Vereine" und sonstige Organisationen für jede Tonne Altpapier, die für die "Vereine abgefahren werde", ab 1. Januar 2004 zu reduzieren und weiter jährlich abzusenken (Übergangsregelung). Mehrere Vereine und Organisationen hätten daraufhin die "Sammlungen" von Altpapier aufgegeben, unter anderem, um mit dem System der Papiertonne des Landkreises, das flächendeckend eingeführt sei und unterhalten werden müsse, nicht zu konkurrieren.

Diese Ausführungen machen deutlich, dass sich der Landkreis berechtigt fühlt lenkend in die Sammlung gemeinnütziger Einrichtungen im Sinne des § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 KrW-/AbfG einzugreifen, was mit dem streitgegenständlichen Bescheid umgesetzt werden sollte. Anders lässt sich die Aufnahme dieses Beschlusses im Wortlaut in die Gründe des Bescheides schwerlich erklären.

Diese Zielsetzung bestätigen die Erklärungen des Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung am 12. Juli 2007, wonach der Klägerin es untersagt werden sollte, gemeinnützige Einrichtungen aufzufordern PPK-Gut zu sammeln, Container zu stellen, in welche diese das Sammelgut verbringen können, sowie eine Vereinbarung über einen festen Preis pro Tonne gelieferten Sammelguts zu treffen. In all diesen Fällen liege keine Sammlung einer gemeinnützigen Einrichtung vor, sondern eine gewerbliche Sammlung der Klägerin. In diesem Zusammenhang musste der Beklagte allerdings einräumen, dass sich die Hilfestellung des Landkreises zur Sammlung von PPK-Gut durch gemeinnützige Einrichtungen zu der Tätigkeit der Klägerin praktisch spiegelbildlich darstelle. Das heißt, die gemeinnützigen Einrichtungen können das von ihnen gesammelte Gut in einen im Auftrag des Landkreises durch eine Firma ortsnah aufgestellten Container verbringen, die auch den Transport, die Nachsortierung und die Übermittlung an einen Papierhändler oder eine Papierfabrik übernehme. Den gemeinnützigen Einrichtungen werde im Zusammenhang mit einer durchzuführenden PPK-Sammlung auch bekannt gegeben, was sie pro Tonne gesammelten Gutes als Entgelt erhalten.

Der einzige Unterschied zur Tätigkeit der Klägerin besteht somit darin, dass dem Landkreis damit die Möglichkeit gegeben ist, die Höhe der Vergütung pro gesammelter Tonne gegenüber den gemeinnützigen Einrichtungen zu bestimmen. Wie der Beklagte in der mündlichen Verhandlung erklärte, rechtfertige sich dieses Vorgehen des Landkreises aus dem Bayerischen Abfallgesetz, das ihn zur flächendeckenden Abfallentsorgung verpflichte. Dabei bestehe ein gesetzlicher Vorrang der öffentlichen vor der privatwirtschaftlichen Entsorgung. Aus diesem Vorgang leite der Landkreis für sich das Recht ab, auch die gemeinnützigen Einrichtungen im Zusammenhang mit deren Sammlungen in sein Entsorgungskonzept einzubinden.

In Anbetracht dieser Erklärungen spricht viel dafür, dass der Beklagte mit dem streitgegenständlichen Bescheid in rechtswidriger Weise in das Sammlungsrecht der gemeinnützigen Einrichtungen im Sinne des § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 KrW-/AbfG eingreifen will, d.h. das Recht dieser Einrichtungen beschneiden will, den Partner für eine ordnungsgemäße und schadlose Verwertung des von ihnen gesammelten PPK-Gutes selbst zu bestimmen. Diese Zielsetzung widerspricht § 13 Abs. 3 KrW-/AbfG, wonach die Überlassungspflicht gegenüber den öffentlichen Entsorgungsträgern dann nicht besteht, wenn die in Abs. 3 genannten Voraussetzungen vorliegen. Das ist unter anderem dann der Fall, wenn Abfälle durch eine gemeinnützige Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden (§ 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 KrW-/AbfG). Entgegen den Vorstellungen des Beklagten besteht somit kein Recht des Landkreises als öffentlicher Entsorgungsträger in den Handlungsablauf der Sammlungen durch gemeinnützige Einrichtungen einzugreifen mit der Zielsetzung, für die Zuführung zu einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung den Vertragspartner einschließlich die Höhe der Vergütung für das eingesammelte PPK-Gut zu bestimmen. Dies wird der Beklagte auch im Falle eines erneuten Bescheidserlasses zu berücksichtigen haben, insbesondere im Zusammenhang mit der Beurteilung der Frage, ob es sich um eine gewerbliche Sammlung der Klägerin oder um die Sammlung einer gemeinnützigen Einrichtung handelt.

Da sich der streitgegenständliche Bescheid bereits wegen Unbestimmtheit als rechtswidrig erweist, bedarf die in Literatur und Rechtsprechung unterschiedlich beurteilte und höchstrichterlich bislang noch nicht entschiedene Frage keiner Klärung, ob private Abfallerzeuger und -besitzer nach § 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG berechtigt sind, ihren Abfall durch Dritte verwerten zu lassen (vgl. hierzu BayVGH vom 12.1.2005 Az. 20 CS 04.2947).

Offen bleiben kann auch, ob gegebenenfalls den von der Klägerin selbst durchgeführten gewerblichen Sammlungen im Sinne des § 13 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG überwiegende öffentliche Interessen entgegen stehen. Der Beklagte wird dies im Falle einer neuen Verbescheidung anhand konkreter Zahlen bezüglich der wirtschaftlichen Auswirkung solcher Sammlungen auf das Kostengefüge der vom Landkreis durchgeführten gesamten Abfallentsorgung zu entscheiden haben.

Als unterlegen hat der Beklagte die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen (§ 154 Abs. 1 VwGO). Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren war notwendig (§ 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO), weil es dem Bescheidsadressaten angesichts des Regelungsinhalts der Ausgangsverfügung und deren Auswirkungen auf seine gewerbliche Tätigkeit nicht zumutbar war hierauf zu verzichten.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 und § 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Beschluss:

Unter Änderung des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 9. November 2006 wird der Streitwert für jeden Rechtszug auf jeweils 20.000,00 € festgesetzt (§ 47 Abs. 1 und 2, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nrn. 2.4.2 und 54.2 des Streitwertkataloges i.d.F. vom 7./8.7.2004). Die streitgegenständlichen Verfügungen bewirken eine weitgehende Untersagung der abfallrechtlichen Tätigkeit der Klägerin im Landkreisgebiet.

Ende der Entscheidung

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