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Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 13.11.2007
Aktenzeichen: 23 ZB 07.2303
Rechtsgebiete: VwGO, KAG, Beitrags- und Gebührensatzung
Vorschriften:
VwGO § 124 | |
VwGO § 124 a | |
KAG Art. 5 | |
Beitrags- und Gebührensatzung zur Wasserabgabesatzung der Stadt Königsbrunn v. 20. Februar 2002 in der Gestalt der Änderungssatzung vom 26. September 2007 |
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
In der Verwaltungsstreitsache
wegen Wasserversorgung/Herstellungsbeitrag;
hier: Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 31. Juli 2007,
erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 23. Senat,
durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Friedl, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Beuntner, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Reinthaler
ohne mündliche Verhandlung am 13. November 2007
folgenden Beschluss:
Tenor:
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Beklagte hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 195,28 € festgesetzt.
Gründe:
Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 31. Juli 2007 ist zulässig (§ 124 a Abs. 4 VwGO), hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
Gemäß § 124 Abs. 1 VwGO steht den Beteiligten die Berufung gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts nur zu, wenn sie vom Verwaltungsgericht oder vom Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Eine Zulassung durch das Verwaltungsgericht erfolgte nicht. Auch der Senat sieht hierfür keinen Anlass. Er hält den Antrag auf Zulassung der Berufung für unbegründet, weil Zulassungsgründe im Sinne des § 124 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
Die Beklagte hat keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils innerhalb der Frist des § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO dargelegt (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
Nach der Rechtsprechung des Senats sind ernstliche Zweifel am Ergebnis der Entscheidung zu fordern (vgl. zuletzt BayVGH vom 5.11.2007 Az. 23 ZB 07.2328; vom 10.9.2007 Az. 23 ZB 07.1795; vom 4.7.2007 Az. 23 ZB 07.704). Ernstliche Zweifel an einer Gerichtsentscheidung bestehen dann, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden (BVerfG vom 23.6.2000 DVBl. 2000, 458).
Der Beklagte vermochte die Entscheidung des Verwaltungsgerichts im Ergebnis nicht durchgreifend in Frage zu stellen, wonach der streitgegenständliche Bescheid keine satzungsrechtliche Grundlage habe.
Dahinstehen kann, ob die rechtlichen Erwägungen des Verwaltungsgerichts zu § 5 Abs. 10 der Beitrags- und Gebührensatzung zur Wasserabgabesatzung (BGS/WAS) der Beklagten vom 20. Februar 2002 rechtlich tragfähig sind. Folgte man einer Auslegung des Verwaltungsgerichts zu dem Begriff "beitragsrelevante An-, Um- und Erweiterungsbauten", so hätte dies zur Konsequenz, dass die Differenz des Geschossflächenbeitragsteils zwischen nach Pauschalbeträgen (§ 10 Abs. 10 Buchst. b) durchgeführten Veranlagungen (vor dem 15. Januar 1965), wie bei der Klägerin, und der zulässigen Geschossfläche nach § 5 Abs. 1 BGS/WAS 2002 in den meisten Fällen, wie vom Gericht selbst festgestellt, nie fällig würde. Dies wäre ein Verstoß gegen die Abgabengerechtigkeit gegenüber den Neuanschließern, weil letztere mit der zulässigen Geschossfläche nach den jetzigen Beitragssätzen zu einem Herstellungsbeitrag herangezogen würden, während es bei den Altanschließern im Regelfall bei einer Veranlagung nach Pauschalsätzen verbliebe (vgl. hierzu BayVGH vom 1.2.2001 Az. 23 ZB 00.3123; vom 18.2.1999 Az. 23 B 97.3625). Bei der Ermittlung eines Satzungsinhaltes ist zunächst vom Wortlaut auszugehen und in diesen sind die vernünftigerweise gewollten Begleitumstände einzubeziehen. Im Zweifel gebührt einer Auslegung der Vorrang, die die Nichtigkeit einer Satzung vermeidet (vgl. hierzu BayVGH vom 22.7.2004 GK 2005 RdNr. 124 = BayVBl 2005, 143). Mit ihrer zweiten Änderungssatzung der Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung und zur Fäkalschlammentsorgungssatzung (BGS/WAS) - wohl gemeint Änderungssatzung zur Beitrags- und Gebührensatzung zur Wasserabgabesatzung - konnte die Beklagte die satzungsmäßigen Zweifel allerdings nicht ausräumen, weil hier fehlerhaft § 8 Abs. 10 eine neue Fassung erhalten soll, der in der Satzung nicht vorhanden ist, es sei denn man ginge von einem offensichtlichen Schreibfehler aus.
Unabhängig davon ist die BGS/WAS 2002 jedoch im Beitragsteil deshalb nichtig, weil sie in § 5 Abs. 7 Satz 4 für Außenbereichsgrundstücke eine unzulässige Regelung für die Bestimmung der heranziehbaren Geschossflächen enthält. Danach sollen Dachgeschosse nur herangezogen werden, soweit sie Vollgeschosse im Sinne des Baurechts sind oder Räume enthalten, die auf die zulässige Geschossfläche anzurechnen sind (§ 20 BauNVO). Diese Regelung verstößt gegen die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs, wonach Dachgeschossflächen nur dann zu einem Beitrag herangezogen werden dürfen, soweit sie ausgebaut sind, weil erst der konkrete Ausbauzustand eines Dachgeschosses gewährleistet, dass eine über die typische Dachbodennutzung (Speichernutzung) hinausgehende Nutzung möglich ist (vgl. BayVGH vom 8.3.2006 BayVBl 2007, 88; vom 5.11.2007 Az. 23 CS 07.2380; VG Würzburg vom 27.6.2007 Az. W 2 K 06.1133).
Da sich bei Grundstücken im Außenbereich die zulässige Geschossfläche eines Grundstücks abgabenrechtlich ausschließlich nach der tatsächlich vorhandenen Bebauung bestimmt, d. h. zulässige Bebauung und vorhandene Bebauung ist in diesem Fall identisch (vgl. BayVGH vom 26.2.1988 Az. 23 87.1807; vom 21.12.1989 GK 1990 RdNr. 208; vom 25.10.2001 BayVBl 2002, 244), ist eine Regelung, die Dachgeschosse von Gebäuden im Außenbereich unabhängig von deren Ausbauzustand heranzieht, rechtlich nicht zulässig.
Die rechtliche Unzulässigkeit der Dachgeschossregelung im Beitragsmaßstab "vorhandene Geschossfläche" für die Außenbereichsgrundstücke betrifft einen zentralen Bestandteil der Verteilungsregelung, sowohl für diese als auch für die gesamte Abgabensatzung, und führt zur Ungültigkeit des gesamten Beitragsteils (vgl. BayVGH vom 27.2.2003 BayVBl 2003, 373/374; vom 20.7.2004 Az. 23 BV 04.152). Es kann nicht angenommen werden, dass die Beitragssatzung auch ohne die zu beanstandende Teilregelung erlassen worden wäre, wenn der Satzungsgeber die Unzulässigkeit dieser Regelung erkannt hätte (vgl. BayVGH vom 19.9.2002 GK 2003 Nr. 113; vom 4.12.2003 Az. 23 B 03.1838; vom 3.1.2006 Az. 23 CS 05.3135; vom 15.11.2001 BayVBl 2002, 471; vom 5.11.2007 a.a.O.). Zum einen kann nicht angenommen werden, dass die Beklagte in Erkenntnis der Teilnichtigkeit auf eine Dachgeschossflächenregelung für die Außenbereichsgrundstücke insgesamt hätte verzichten wollen. Zum anderen wäre es ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, wenn die Satzung keine tragfähige Regelung für Außenbereichsgrundstücke beim Maßstab zulässige Geschossfläche treffen würde.
In Anbetracht der Gesamtnichtigkeit des Beitragsteils der BGS/WAS 2002, unabhängig von der Frage der rechtlichen Tragfähigkeit des § 5 Abs. 10 bzw. dessen Regelungsinhalt, verfügt der streitbefangene Bescheid über keine rechtliche Grundlage, weshalb sich das Urteil des Verwaltungsgerichts im Ergebnis als zutreffend erweist.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist deshalb mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO abzulehnen.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 3 und § 47 Abs. 1 und 3 GKG.
Mit Ablehnung des Antrags, die gemäß § 124 a Abs. 5 Satz 3 VwGO keiner weiteren Begründung bedarf, wird das Urteil vom 31. Juli 2007 rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
Ende der Entscheidung
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