Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 11.12.2006
Aktenzeichen: 24 B 06.2158
Rechtsgebiete: AufenthG


Vorschriften:

AufenthG § 25 Abs. 5
1. Zu den im Rahmen des § 25 Abs. 5 AufenthG bestehenden wechselseitigen Pflichten des betroffenen Ausländers und der zuständigen Ausländerbehörde.

2. Einem ausreisepflichtigen Ausländer ist nicht ohne weiteres zumutbar, seinen Heimatstaat auf die Ausstellung von Heimreisedokumenten zu verklagen.


Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Im Namen des Volkes

24 B 06.2158

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Aufenthaltserlaubnis;

hier: Berufung des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 13. Juli 2006,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 24. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Kersten, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Eich, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Müller

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 11. Dezember 2006

am 11. Dezember 2006 folgendes

Urteil:

Tenor:

I. Der Bescheid der Beklagten vom 1. Juli 2005 und das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 13. Juli 2006 werden aufgehoben.

II. Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen.

III. Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen hat die Beklagte zu tragen.

IV. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis.

Der im Jahre 1964 geborene Kläger ist pakistanischer Staatsangehöriger und reiste im Jahr 1995 in die Bundesrepublik ein. Ein von ihm gestellter Asylantrag wurde im September 1997 abgelehnt. In der Folgezeit bis Juli 2000 erhielt der Kläger jeweils für einen Monat gültige Grenzübertrittsbescheinigungen.

Im Dezember 1997 forderte das Landratsamt Regensburg bei der Pakistanischen Botschaft ein Heimreisedokument für den Kläger an. Dem Antrag waren die hierfür erforderlichen Unterlagen einschließlich eines vom Kläger ausgefüllten Formblattantrages sowie eines von ihm vorgelegten Originalausweises (Personalausweis) beigefügt. Der Kläger selbst sprach im Dezember 1997 bei der Botschaft vor. Eine Nachfrage des Landratsamtes vom Mai 1998 bei der Botschaft blieb unbeantwortet. Mit Schreiben vom März 1999 forderte die Beklagte den Kläger auf, einen gültigen Pass vorzulegen sowie bei der ausländischen Vertretung seines Herkunftsstaates vorzusprechen. Mit Bescheid vom 18. März 1999 wurde der Kläger verpflichtet, zum Zwecke der Ausstellung eines Passes oder Passersatzes bei einem Außentermin der pakistanischen Vertretung vorzusprechen. Dieser Verpflichtung kam der Kläger nach. Seit Juli 2000 erteilte die Beklagte dem Kläger Duldungen für jeweils einen Monat, später für jeweils einen bis vier Monate. Im Januar 2002 bat die Beklagte die Regierung von Oberbayern (Zentrale Rückführungsstelle), das Passbeschaffungsverfahren zu übernehmen. Mit Bescheid vom 3. November 2003 forderte sie den Kläger nochmals auf, sich beim Generalkonsulat von Pakistan in Frankfurt a. Main einzufinden. Dieser Verpflichtung kam der Kläger wiederum nach. Mit Schreiben vom 5. Dezember 2003 teilte die Regierung von Oberbayern der Beklagten mit, dass der Kläger beim Generalkonsulat vorgesprochen habe. Die Überprüfung der gemachten Angaben in Pakistan werde einige Monate in Anspruch nehmen. Unter dem 14. September 2004 teilte das Generalkonsulat von Pakistan mit, dass es den Antrag auf Ausstellung von Reisedokumenten erhalten habe. Es werde auf die Sache zurückkommen, sobald die Antwort aus Pakistan vorliege.

Am 7. April 2005 beantragte der Bevollmächtigte des Klägers für diesen die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Mit Schreiben vom 11. April 2005 wandte sich die Beklagte erneut an das Generalkonsulat der Republik Pakistan und bat um Mitteilung über den Stand des Verfahrens. Unter dem 18. April 2005 teilte das pakistanische Generalkonsulat der Beklagten mit, dass es nach wie vor auf eine Antwort aus Pakistan warte.

Mit Bescheid vom 1. Juli 2005 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ab. Zur Begründung gab sie an, es sei dem Kläger zuzumuten, den Ausgang des Identifikationsverfahrens bei den pakistanischen Behörden abzuwarten. Der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis stehe auch entgegen, dass der Kläger die derzeitige Passlosigkeit und das damit einhergehende tatsächliche Ausreisehindernis selbst zu vertreten habe. Er habe die Beschaffung eines Passes ohne weitere eigene Bemühungen in vollem Umfang den Behörden überlassen. Dabei sei es ihm möglich und zumutbar gewesen, sich bei der pakistanischen Auslandsvertretung regelmäßig nach dem Stand des Verfahrens zu erkundigen. Sollten die pakistanischen Behörden tatsächlich die Ausstellung eines Passes bzw. Heimreisedokuments in rechtswidriger Weise verweigern, so wäre es dem Kläger auch möglich und zumutbar, rechtliche Schritte gegen die Botschaft in die Wege zu leiten. In diesem Zusammenhang sei auch zu berücksichtigen, dass in jüngster Zeit Heimreisedokumente für jahrelang geduldete pakistanische Staatsangehörige ausgestellt worden seien.

Bis zum Zeitpunkt des Bescheides waren dem Kläger etwa 30 Duldungen erteilt worden.

Unter dem 19. Juli 2005 wandte sich die Beklagte erneut mit einem Schreiben an das Generalkonsulat der Islamischen Republik Pakistan und fragte dort nach dem Stand des Verfahrens.

Am 28. Juli 2005 erhob der Kläger Klage zum Verwaltungsgericht Regensburg mit dem Antrag, die Beklagte zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zu verpflichten. Zur Begründung seiner Klage trug er vor, er habe alles in seinen Möglichkeiten Stehende unternommen, um einen Reisepass zu erhalten.

Die Beklagte trat dem entgegen und beantragte, die Klage abzuweisen. Sie meinte, es wäre dem Kläger möglich und zumutbar gewesen, sich über den Stand des Passbeschaffungsverfahrens zu informieren und weitere Dokumente vorzulegen. Auch hätte er einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen gegenüber den pakistanischen Behörden beauftragen können. Ergänzend übersandte sie eine Niederschrift vom 30. September 2005, in welcher der Kläger gegenüber der Ausländerbehörde angegeben hat, er habe noch nichts unternommen, um einen Reisepass zu erhalten.

Mit Beschluss vom 4. Oktober 2005 lehnte das Verwaltungsgericht einen Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Anwalts ab. Zur Begründung führte es aus, der Kläger habe nicht alles in seiner Macht Stehende und ihm Zumutbare getan, um seinen gesetzlichen Verpflichtungen nachzukommen. Es hätten für ihn verschiedene zumutbare und gangbare Möglichkeiten bestanden, sich von den Behörden seines Heimatlandes einen Pass oder Passersatz zu besorgen. Sollte die Vorenthaltung eines Reisedokuments am zögerlichen oder rechtswidrigen Verhalten der pakistanischen Behörden liegen, sei es dem Kläger selbstredend zuzumuten, etwa einen pakistanischen Anwalt mit der Angelegenheit zu betrauen und seinen Anspruch gegebenenfalls mit Rechtsmitteln durchzusetzen.

Auf die vom Kläger erhobene Beschwerde hin hob der Senat mit Beschluss vom 19. Dezember 2005 (Az. 24 C 05.2856) die erstinstanzliche Entscheidung auf und bewilligte dem Kläger Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Anwalts. Zur Begründung ist dort in den Gründen ausgeführt, es sei nicht festzustellen, dass der Kläger verschuldet an der Ausreise gehindert sei, weil er zumutbare Anforderungen zur Beseitigung des Ausreisehindernisses nicht ergriffen habe. Der Senat gehe davon aus, dass der Kläger im Wesentlichen seinen Mitwirkungspflichten nachgekommen sei. Er habe - wenn auch in geringem Umfang - eigene Initiativen zur Beschaffung von Heimreisedokumenten gezeigt. Ob darüber hinaus von ihm hätte mehr erwartet werden können, müsse im Hauptsacheverfahren geklärt werden. Jedenfalls habe die Beklagte zwar ihre Hinweispflicht wahrgenommen, vom Kläger aber keine weiteren Schritte gefordert und diesen auch nicht weiter angestoßen, entsprechende Aktivitäten zu ergreifen. Die Frage, zu wessen Lasten das Vorliegen der derzeitigen Unmöglichkeit der Ausreise gehe, könne somit noch nicht abschließend beurteilt werden.

Die Beklagte forderte den Kläger dann mit Schreiben vom 16. Januar 2006 auf, weitere Angaben zu machen bzw. Unterlagen vorzulegen. Dieser Aufforderung kam der Kläger alsbald nach. Die Beklagte wandte sich anschließend an die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Islamabad mit der Bitte um Überprüfung der Angaben des Klägers. Die Botschaft teilte mit Schreiben vom 10. Mai 2006 mit, die Anschrift, die der Kläger angegeben habe, sei richtig. Er sei definitiv pakistanischer Staatsangehöriger. Seine Identität habe von mehreren Nachbarn und seiner Familie bestätigt werden können.

Das Verwaltungsgericht Regensburg wies nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Urteil vom 13. Juli 2006 die Klage auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ab. Der Kläger habe die ihm obliegenden und zumutbaren Anforderungen zur Beseitigung des bestehenden Ausreisehindernisses nicht erfüllt. Zwar sei ihm zugute zu halten, dass er nach Aktenlage den behördlichen Aufforderungen und Verpflichtungen zur Vorsprache bei der pakistanischen Auslandsvertretung nachgekommen sei. Unzutreffend sei jedoch seine Einschätzung, er habe damit seine Mitwirkungspflichten bereits voll umfänglich oder jedenfalls hinreichend erfüllt. Die Kammer teile nicht die im Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 19. Dezember 2005 dargelegte Ansicht, der Ausländerbehörde obliege eine Hinweis- und Anstoßpflicht dergestalt, dass im Falle ihrer Nichterfüllung ein Anspruch des Ausländers auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis entstehe. Den weiteren Argumenten des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zur Begründung der Anstoßpflicht der Ausländerbehörde vermöge die Kammer ebenfalls nicht zu folgen.

Hiergegen richtet sich die mit Beschluss des Senats vom 20. Oktober 2006 zugelassene Berufung. Der Kläger macht geltend, er habe sich seit dem Jahr 1995 regelmäßig selbst um die Beschaffung von Identitäts- bzw. Heimreisepapieren gekümmert und insbesondere auch sämtliche Anforderungen der Behörde erfüllt. Insbesondere habe er auch keine falschen Angaben zur Verschleierung seiner Identität gemacht. Die Behauptung, dass er die Passlosigkeit selbst zu vertreten habe, sei eine reine Vermutung und werde seitens der Beklagten nicht bewiesen. Das Gegenteil sei der Fall; der Kläger habe seit Jahren einen Pass beantragt, er habe auch die hierfür erforderliche Gebühr bezahlt. Er sei von der pakistanischen Botschaft auch identifiziert worden, so dass keine sachlichen Gründe ersichtlich seien, weshalb er selbst die Passlosigkeit zu vertreten haben solle. Seitens der Beklagten wären hier auch keine handfesten Gründe genannt worden. Ihm stehe ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zu.

Der Kläger beantragt:

1. Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 13.7.2006 wird aufgehoben.

2. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids vom 1.7.2005 verpflichtet, dem Kläger eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Sie meint, das Verwaltungsgericht Regensburg habe zu Recht entschieden, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nicht vorlägen, da der Kläger zumutbare Anforderungen zur Beseitigung des Ausreisehindernisses nicht erfüllt habe und somit nicht unverschuldet an der Ausreise gehindert sei. Für ihn bestehe die Möglichkeit, das pakistanische Außenministerium und den pakistanischen Botschafter in Berlin vor dem zuständigen High Court in Rawalpindi auf die Ausstellung eines Reisepasses zu verklagen. Mit Schreiben vom 31. Oktober 2006 sei der Kläger aufgefordert worden, die dargelegten rechtlichen Schritte unverzüglich in die Wege zu leiten. Das pakistanische Generalkonsulat in Frankfurt a. Main habe der Ausländerbehörde zudem mitgeteilt, dass eine Anfrage zur Identifizierung des Klägers bereits zweimal an die pakistanischen Behörden im Heimatland weitergeleitet worden sei, wobei jedoch bislang keine positive Rückantwort habe vorgelegt werden können. Diese Tatsache spreche zumindest gegen den behaupteten Vorwurf der Untätigkeit der pakistanischen Behörden. Sie weise vielmehr darauf hin, dass der Kläger gegenüber dem Generalkonsulat falsche oder unzureichende Angaben zu seiner Identifizierung mache. Die Beklagte teilte weiterhin mit Schreiben vom 22. November 2006 weiter mit, die Regierung von Oberbayern habe den Fall des Klägers über die Clearingstelle Rheinland-Pfalz für Passersatzbeschaffung an das Auswärtige Amt weitergeleitet. Darüber hinaus habe die Regierung von Oberbayern am 19. Dezember 2006 einen Termin beim Generalkonsulat von Pakistan in Frankfurt, bei welchem sie auch nochmals den Fall vorbringen werde. Die Beklagte meint nach wie vor, der Kläger habe das immer noch bestehende Ausreisehindernis zu verschulden.

Die Landesanwaltschaft Bayern beteiligte sich als Vertreter des öffentlichen Interesses am Verfahren. Sie meint, die Möglichkeiten zur Klärung der Identität des Klägers und zur Passbeschaffung wären noch nicht ausgeschöpft. Es handle sich vorliegend aber um einen Grenzfall. Einen eigenen Antrag stellte der Vertreter des öffentlichen Interesses nicht.

Am 11. Dezember 2006 fand mündliche Verhandlung vor dem Senat statt. Auf die hierbei gefertigte Niederschrift wird Bezug genommen, ebenso auf den gesamten Inhalt der beigezogenen Behördenakten sowie der Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichtshofs.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg. Sie führt unter Aufhebung der behördlichen sowie der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung zur Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen.

I.

Gegenstand der Berufung ist das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 13. Juli 2006, mit welchem die auf Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gerichtete Klage abgewiesen wurde.

II.

Die Berufung ist begründet.

Der Senat prüft dabei nach § 128 Satz 1 VwGO den Streitfall innerhalb des Berufungsantrags in gleichem Umfang wie das Verwaltungsgericht. Er berücksichtigt nach § 128 Satz 2 VwGO auch neu vorgebrachte Tatsachen und Beweismittel.

Ausgehend hiervon erweist sich die verwaltungsgerichtliche Entscheidung in der Sache als nicht zutreffend, ebenso wie der Bescheid der Beklagten vom 1. Juli 2005. Durch die rechtswidrige Ablehnung seines Antrags auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis wird der Kläger in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

1. Der Anspruch des Klägers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels findet seine Grundlage in § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG. Danach kann einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Satz 2 der Vorschrift schreibt weiter vor, dass eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden soll, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist.

2. Die Voraussetzungen hierfür sind erfüllt. Der Kläger ist unstreitig seit dem negativen Abschluss seines Asylverfahrens im Oktober 1997 vollziehbar ausreisepflichtig. Seine Ausreise ist derzeit unmöglich, weil die hierfür erforderlichen Dokumente nicht vorliegen. Es ist zudem nicht erkennbar, dass mit dem Wegfall des Hindernisses in absehbarer Zeit zu rechnen ist. Auch die Beklagte geht davon aus, dass in absehbarer Zeit nicht damit gerechnet werden kann, dass für den Kläger Heimreisepapiere ausgestellt werden. Die Abschiebung des Klägers ist schließlich seit mehr als 18 Monaten ausgesetzt.

3. Der Erteilung der Erlaubnis steht auch die Vorgabe des § 25 Abs. 5 Satz 3 AufenthG nicht entgegen. Eine Aufenthaltserlaubnis darf danach nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein solches Verschulden liegt nach § 25 Abs. 5 Satz 4 AufenthG dann vor, wenn der Ausländer u.a. zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

Hiervon kann im Fall des Klägers nicht ausgegangen werden. Er hat alle zumutbaren Anforderungen, die zur Beseitigung des bestehenden Ausreisehindernisses (Fehlen von Heimreisepapieren) hätten beitragen können, erfüllt.

a) Bei der Prüfung, wem objektiv bestehende Ausreisehindernisse angelastet werden, wenn es um die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG geht, kommt der Frage entscheidende Bedeutung zu, was das Gesetz unter dem Begriff des "Verschuldens" versteht bzw. was "zumutbar" im Sinne dieser Vorschrift ist. Diese unbestimmten Rechtsbegriffe unterliegen in vollem Umfang der gerichtlichen Überprüfung.

(1) Wenig ergiebig für die Beantwortung dieser Frage ist zunächst die amtliche Begründung des Gesetzes (BT-Drs. 15/420 [S. 80] zu § 25 Abs. 5 AufenthG). Dort werden lediglich zwei Beispiele genannt, in denen der Ausländer das Hindernis zu vertreten hat (Täuschung bzw. fehlende Mitwirkung). Die beiden Beispiele deuten zwar in die Richtung, dass der Ausländer sich in einer Art und Weise betätigt, welche auf einen Erhalt des Hindernisses gerichtet ist. Dass auch bloße Passivität erfasst werden soll, kann den Materialien allein noch nicht entnommen werden. Eine weitere Eingrenzung, wann konkret von einem dem Ausländer auch subjektiv vorwerfbaren Verhalten gesprochen werden kann, findet sich aber in den Gesetzesmaterialien nicht.

(2) Für die Annahme weitergehender Verpflichtungen des Ausländers, deren Nichterfüllung zu seinen Lasten geht, spricht die Vorgabe des § 82 Abs. 1 Satz 1 AufenthG, wonach der Ausländer verpflichtet ist, unter anderem die erforderlichen Nachweise über seine persönlichen Verhältnisse unverzüglich beizubringen (vgl. auch § 48 Abs. 3 AufenthG). Allerdings findet sich auch hier der Vorbehalt, dass der Ausländer nur solche Nachweise vorzulegen hat, die er erbringen kann. Zudem gibt Absatz 3 des § 82 AufenthG auch vor, dass der Ausländer auf seine Pflichten nach Absatz 1 hingewiesen werden soll. Dies spricht zumindest ansatzweise für eine gewisse (gemeinsame oder geteilte) Verantwortung der Behörde und des Ausländers, wenn es darum geht, Ausreisehindernisse zu beseitigen.

In diese Richtung weist auch die folgende Begründung zu § 82 Abs. 3 AufenthG (BT-Drs. 15/420 [S. 96]): "Die Vorschrift trägt dem Umstand Rechnung, dass die Adressaten des Ausländergesetzes häufig aus sprachlichen und sozialen Gründen, mangelnder Vertrautheit mit der deutschen Behördenorganisation sowie der Komplexität der Rechtsmaterie Schwierigkeiten haben, ihre Rechte und Pflichten zu überschauen."

Diese Bewertung deckt sich inhaltlich mit der Kommentierung zur früher geltenden Vorschrift des § 70 Abs. 1 Satz 4 AuslG. Dem Ausländer soll danach jedenfalls immer hinreichend klar vor Augen geführt werden, was von ihm erwartet wird (Funke/Kaiser im Gemeinschaftskommentar zum Ausländerrecht, RdNr. 36 zu § 70 AuslG).

(3) Die vorläufigen Anwendungshinweise des Bundesministeriums des Innern zum Aufenthaltsgesetz vom 22. Dezember 2004 führen in Nr. 25.5.3 zur hier zu klärenden Frage aus: "Die Sätze 3 und 4 stellen sicher, dass eine Aufenthaltserlaubnis nur erteilt wird, wenn positiv festgestellt ist, dass der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist." Daneben werden einzelne Beispiele dafür genannt, worin eine Pflichtenverletzung liegen kann. Der Begriff des Verschuldens selbst wird aber nicht weiter definiert. Auch hieraus können für die Beantwortung der eingangs gestellten Frage keine hinreichend klaren Anhaltspunkte abgeleitet werden.

In gleicher Weise offen formuliert sind vorhandene landesrechtliche Vorgaben:

Die Vorläufige Niedersächsische Verwaltungsvorschrift zum Aufenthaltsgesetz vom 31. März 2005 führt unter 25.5.3 aus: "Die Sätze 3 und 4 stellen sicher, dass eine Aufenthaltserlaubnis nicht erteilt wird, wenn der Ausländer die Ausreisehindernisse selbst zu vertreten hat, insbesondere bei Täuschung über seine Identität oder Nationalität, oder wenn er zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse, beispielsweise die Mitwirkung bei der Beschaffung von Heimreisedokumenten, nicht erfüllt." Hier wird ganz zentral auf eine mögliche Pflichtverletzung durch den Ausländer abgestellt.

Die Vorläufigen Anwendungshinweise der Ausländerbehörde Berlin vom 28. Dezember 2005 gehen unter B.25. nur auf die Frage der Täuschung durch den Ausländer ein: "Trotz des Wortlauts des § 25 Abs. 5 Satz 4 genügt es bereits, wenn keine Angaben zur Identität und Staatsangehörigkeit gemacht werden, ein bewusstes Täuschen ist nicht erforderlich (...)."

Deutlich differenzierter wird die Frage in den Auslegungshinweisen des Innenministeriums von Mecklenburg-Vorpommern vom 27. Juli 2005 aufgegriffen. Auf Seite 5 ist hier ausgeführt: "Es ist bei der Beurteilung, ob missbräuchlich gehandelt oder unterlassen wird, zu berücksichtigen, ob - parallel zu den eigenen Pflichten des Ausländers - die Ausländerbehörde die ihr zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zur Durchsetzung der Ausreisepflicht (insbesondere zur Passersatzbeschaffung) genutzt hat. Ein mitunter jahrelanges Abwarten auf die Mitwirkung des Ausländers, obwohl es der Behörde möglich war, selbst Abhilfe zu schaffen, kann nicht (allein) dem Ausländer angelastet werden." Hier findet sich der Ansatz, dass auf beiden Seiten Pflichten bestehen, die erfüllt werden müssen.

(4) In der Kommentar- und sonstigen Literatur zu § 25 Abs. 5 AufenthG werden zur Frage des Verschuldens und der Zumutbarkeit unterschiedliche Auffassungen vertreten. Divergierende Meinungen bestehen insbesondere zur Frage, wen die "Beweislast" für ein eventuelles Verschulden trifft:

So wird zur Nachweispflicht des betroffenen Ausländers einerseits ausgeführt (Renner, Kommentar zum Ausländerrecht, 8. Aufl. 2005, RdNr. 36 zu § 25 AufenthG): "Der Ausländer muss unverschuldet an der Ausreise gehindert sein. Damit ist kein Ausschlussgrund statuiert, den die Ausländerbehörde darzutun und gegebenenfalls nachzuweisen hat, sondern eine Voraussetzung für die Erteilung, für die der Ausländer darlegungs- und beweispflichtig ist (vgl. § 82 Abs. 1). (...) Dem Ausländer ist es allgemein vorwerfbar, wenn er die Ausreise durch ein in seinem freien Willen stehendes Verhalten verhindert oder wesentlich verzögert." Damit wird die Verantwortung ganz wesentlich dem Ausländer übertragen.

Ähnlich sieht dies vom Ansatz her Hailbronner (Kommentar zum Ausländerrecht, RdNr. 106 f zu § 25 AufenthG): "Anwendbar ist der Ausschlussgrund, wenn der Ausländer durch sein Verhalten entweder die freiwillige Ausreise oder die Abschiebung verhindert oder wesentlich verzögert. (...) Zu vertreten hat ein Ausländer alle Handlungen, mit denen die freiwillige oder erzwungene Ausreise erschwert oder unmöglich gemacht wird. Es kommt nicht darauf an, ob selbständig durchsetzbare Mitwirkungspflichten bestehen. Aus der vollstreckbaren Ausreisepflicht folgt die weite Obliegenheit des Ausländers, alle bei den Behörden seines Heimatstaats erforderlichen und zumutbaren Handlungen vorzunehmen, um die Ausreise zu ermöglichen."

Etwas anders bewertet Storr (in Storr u.a., Kommentar zum Zuwanderungsgesetz, RdNr. 27 zu § 25 AufenthG) die Frage: "Die Ausländerbehörde trägt die materielle Beweislast dafür, dass und gegebenenfalls welche konkreten und nicht von vornherein aussichtslosen Handlungen der Ausländer zur Beseitigung des Abschiebungshindernisses gegenwärtig noch unternehmen kann."

Ähnlich äußert sich Göbel-Zimmermann (Die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus humanitären Gründen nach § 25 Abs. 4 und 5 AufenthG, ZAR 2005, 275/279): "Ein Verschulden setzt ein dem Ausländer subjektiv zurechenbares, also vorwerfbares Verhalten voraus (...). Mit anderen Worten muss der Ausländer alle ihm möglichen, zumutbaren und von vorneherein nicht aussichtslosen Handlungen zur Ermöglichung einer Ausreise unterlassen oder verzögert haben. Kann eine dahingehende Feststellung auch durch das Gericht nicht getroffen werden, geht dies zulasten der Ausländerbehörde. Diese trägt die materielle Beweislast (...)." Diese Ansätze gehen in die Richtung, der Ausländerbehörde die Beweislast für ein Verschulden des Ausländers aufzuerlegen.

Benassi (Zur praktischen Bedeutung des § 25 Abs. 4 und 5 AufenthG, InfAuslR 2005, 357/363) vertritt hingegen eine differenzierende Auffassung: "Das Vorliegen des Ausreisehindernisses ist in jedem Fall vom Ausländer darzulegen. Dafür dürfte die Ausländerbehörde die Feststellungslast für das Verschulden tragen." Weiter führt er aus: "Generell lässt sich auch sagen, dass es einem ausreisepflichtigen Ausländer zuzumuten ist, alle zur Erfüllung seiner Ausreisepflicht erforderlichen Maßnahmen grundsätzlich ohne besondere Aufforderung durch die Ausländerbehörde einzuleiten und dabei wahrheitsgemäß alle Formulare und Fragen zu beantworten. Gleiches gilt für die Vorsprache bei der Auslandsvertretung des Heimatlandes sowie die Einschaltung von Mittelspersonen im Heimatland." Damit wird der Weg hin zu geteilten Verantwortungsbereichen aufgezeigt.

(5) Der Senat geht vom Ansatz her - mit Blick auf den Gesetzestext und die hierzu vorliegenden Materialien - davon aus, dass es nicht möglich ist, die Verantwortung für die Beseitigung von Ausreisehindernissen entweder der Ausländerbehörde oder dem Ausländer allein und ausschließlich aufzuerlegen. Keine Seite kann von der anderen verlangen, dass diese allein sich um die Beseitigung bestehender Ausreisehindernisse bemüht. Dies ist weder mit der Stellung der Ausländerbehörde noch mit den dem Ausländer obliegenden Pflichten vereinbar. Der Begriff der "Beweislast" erscheint in diesem Zusammenhang deshalb auch nicht zielführend. Er stellt zu absolut auf eine nur der einen oder der anderen Seite obliegende Verantwortung für die Nichterweislichkeit von Tatsachen ab. Eine Beweislastregelung würde zudem vielfach - gerade bei Nichterweislichkeit einer Tatsache - zu unbilligen Ergebnissen führen. So kann etwa, wenn die Frage der Mitwirkungsbereitschaft einer Auslandsvertretung nicht geklärt werden kann, dies nicht generell zulasten eines ansonsten mitwirkungsbereiten Ausländers gehen.

Sachgerecht erscheint es vielmehr festzuhalten, dass auf beiden Seiten Pflichten bestehen, deren Erfüllung nachgewiesen werden muss. Letztlich müssen sich Ausländer und Behörde gemeinsam darum kümmern, dass eine Ausreise in das Heimatland des Ausländers ermöglicht wird. Dies macht nicht zuletzt die Regelung des § 82 AufenthG deutlich, die einerseits dem Ausländer Pflichten auferlegt, andererseits die Ausländerbehörde aber dazu anhält, den Ausländer auf seine Obliegenheiten hinzuweisen. Auch von der Zielsetzung der gesetzlichen Regelungen her erscheint es sinnvoll und angebracht davon auszugehen, dass die Beseitigung des Ausreisehindernisses im Interesse sowohl des Ausländers, wie auch der Ausländerbehörde liegen muss. Für die Ausländerbehörde ergibt sich dies schon aus ihrem gesetzlichen Auftrag, den Aufenthalt von Ausländern, die über keinen Aufenthaltstitel verfügen, zu beenden. Auf Seiten des Ausländers folgt dies - mag im Einzelfall faktisch auch eine andere Interessenlage festzustellen sein - aus seiner Pflicht, das Bundesgebiet zu verlassen, wenn er sich hier unberechtigt aufhält.

Welcher Seite welche konkreten Pflichten dann im Einzelfall obliegen, kann sachgerecht nur anhand der besonderen Umstände des jeweiligen Sachverhalts abschließend geklärt und festgelegt werden. Möglich ist es aber, die den Beteiligten grundsätzlich obliegenden Verpflichtungen vom Ansatz her wie folgt zu umreißen:

(a) Zunächst trifft, wie aus § 82 Satz 1 AufenthG und dem subjektiven Begriff des "Verschuldens" folgt, den Ausländer eine Mitwirkungspflicht sowie eine Initiativpflicht.

Dies bedeutet einerseits, dass er an allen (zumutbaren) Handlungen mitwirken muss, die die Behörden von ihm verlangen. Hierzu gehört es, dass er Anträge ausfüllt, Bilder beibringt, bei der Vertretung seines Heimatlandes vorspricht und etwa Dokumente im Heimatland beschafft, welche für den weiteren Verfahrensfortgang relevant sind. In all diesen Fällen weiß der Ausländer auch, was von ihm verlangt wird. Vorbehaltlich der Zumutbarkeit und Verhältnismäßigkeit einer Handlung hat der Ausländer von der Ausländerbehörde vorgegebene Handlungen zeitnah und zuverlässig zu erfüllen. Er ist gehalten, die von ihm konkret geforderten Schritte zu unternehmen sowie konstruktiv die ihm aufgezeigten Aktivitäten zu entwickeln (Mitwirkungspflicht).

Daneben steht ihm jedoch nicht die Möglichkeit offen, ansonsten völlig untätig und passiv zu bleiben und nur darauf zu warten, welche weiteren Handlungen die Behörde noch von ihm verlangt. Er kann sich mithin nicht allein auf die Erfüllung derjenigen Pflichten stützen, die ihm konkret vorgegeben werden. Vielmehr ist auch der ausreisepflichtige Ausländer, dem das Bestehen von der Ausreise entgegen stehenden Gründen bekannt ist, gehalten, eigenständig die Initiative zu ergreifen, um nach Möglichkeiten zu suchen, dieses bestehende Ausreisehindernis zu beseitigen. Dies gilt umso mehr, als oft nur er selbst in der Lage ist, die erforderlichen Schritte in die Wege zu leiten. Zu den hier denkbaren Pflichten gehört etwa die Beschaffung von Identitätsnachweisen im Heimatland über Dritte (insbesondere Verwandte), die Benennung von Zeugen oder die Angabe des Arbeitgebers, der Militärdienstzeiten usw. Der Ausländer hat sich zumindest Gedanken darüber zu machen (und diese dann auch in die Tat umzusetzen), welche Möglichkeiten für ihn bestehen, noch offene Punkte aufzuklären und zu belegen. Ein zur Ausreise verpflichteter Ausländer, dem bekannt ist, dass seiner Ausreise Hindernisse entgegenstehen, die er gegebenenfalls beseitigen kann, hat die Pflicht, nach Möglichkeiten zu suchen, wie diese Hindernisse aus der Welt geschaffen werden können. Er ist gehalten, ihm mögliche und bekannte Schritte in die Wege zu leiten, auch wenn die Ausländerbehörde ihm dies nicht konkret vorgibt (Initiativpflicht).

Eine Grenze ergibt sich dabei aus der Frage, welche Möglichkeiten ihm bei objektiver Betrachtungsweise bekannt sein können. Nur insoweit kann ihm nämlich eine subjektive Verantwortlichkeit und ein Verschulden angelastet werden. Handlungen, die unmöglich, unzumutbar oder unverhältnismäßig sind, können auch im Rahmen des § 25 Abs. 5 AufenthG nicht verlangt werden. Je nach Herkunftsland und persönlicher Situation des Betroffenen kann diese Frage naturgemäß unterschiedlich zu beantworten sein. Beispielsweise ist es durchaus möglich, dass die Einschaltung eines Anwalts im Heimatland von einem Ausländer nicht gefordert werden kann, weil ihm dieser Weg unbekannt ist oder entsprechende Kontakte gänzlich fehlen. Auch können keine Unterlagen aus der Heimat nachgefordert werden, wenn der Ausländer dort über keinerlei Bezugspersonen mehr verfügt. Allerdings gilt, dass dann, wenn bestimmte Dokumente nicht mehr vorhanden sind, sich der Ausländer durchaus Gedanken darüber zu machen hat, mit welchen anderen Unterlagen oder Schriftstücken er seine Herkunft und Identität beweisen kann. Eine zweite Grenze der zu fordernden Initiativen bilden daneben die Fälle, in welchen weitere Handlungen nicht zugemutet werden können. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn der Ausländer durch Nachfragen in seiner Heimat Familienangehörige in akute Lebensgefahr bringt, wenn mit weiteren Ermittlungen so erhebliche Kosten verbunden wären, dass sie von ihm nicht aufgebracht werden können oder wenn er gesundheitlich etwa nicht in der Lage ist, erforderliche Handlungen durchzuführen.

Die Erfüllung der dem Ausländer obliegenden Pflichten (Mitwirkungspflicht und Initiativpflicht) hat dieser zu belegen und nachzuweisen. Gelingt ihm dies nicht, spricht vieles für die Annahme, er habe die Ausreisehindernisse verschuldet bzw. zumutbare Anforderungen nicht erfüllt. Gleiches würde - ohne dass dies näherer Ausführungen bedürfte - dann gelten, wenn der ausreisepflichtige Ausländer wissentlich Bemühungen zur Beseitigung der noch bestehenden Ausreisehindernisse vereitelt oder erschwert, etwa indem er falsche Angaben macht oder Identitätspapiere beseitigt.

(b) Auf der anderen Seite bestehen auch Pflichten der Ausländerbehörde, Ausreisehindernisse zu beseitigen bzw. hieran mitzuwirken.

Die zuständige Behörde hat, wie dies auch § 82 Abs. 3 Satz 1 AufenthG vorgibt, den Ausländer auf seine Pflichten hinzuweisen. Sie hat ihm also grundsätzlich mitzuteilen, dass und in welchem Umfang er zur Erbringung von Handlungen verpflichtet ist. Diese Hinweise müssen so gehalten sein, dass es für den Ausländer hinreichend klar erkennbar ist, welche Schritte er zu unternehmen hat. Ein bloßer allgemeiner Verweis auf bestehende Mitwirkungspflichten oder die Wiedergabe des Gesetzestextes wird diesen Anforderungen nicht gerecht. Denn nur durch konkrete und für den Ausländer nachvollziehbare Hinweise ist es diesem möglich, seiner Mitwirkungspflicht nachzukommen und die Beseitigung des Ausreisehindernisses zielführend in die Wege zu leiten. Die Ausländerbehörde kann einem Ausländer die Nichterfüllung bestimmter Handlungen im Grundsatz damit nur vorwerfen, wenn sie diesen hierauf hingewiesen hat (Hinweispflicht).

Daneben ist die Behörde auch gehalten, von sich aus das Verfahren weiter zu betreiben und auf weitere, dem Antragsteller gegebenenfalls nicht bekannte Möglichkeiten aufmerksam zu machen und diese Möglichkeiten mit dem Ausländer bei Bedarf zu erörtern (Anstoßpflicht). Eine Ausländerbehörde kann es - vor allem im Falle der Untätigkeit der Vertretung des Heimatlandes oder bei nur schwer zu beschaffenden Unterlagen - nicht allein dem Ausländer überlassen, den weiteren Gang des Verfahrens zu beeinflussen. Grund hierfür ist, dass sie - ggf. unter Inanspruchnahme anderer Stellen oder in Zusammenarbeit mit diesen - in aller Regel über weit bessere Kontakte und Kenntnisse hinsichtlich der noch bestehenden Möglichkeiten zur Beschaffung von Heimreisepapieren verfügt. Sie ist angesichts ihrer organisatorischen Überlegenheit und sachlichen Nähe zu öffentlichen Stellen meist viel besser in der Lage, die bestehenden Alternativen zu erkennen und die entsprechenden Schritte in die Wege zu leiten. So wie der einzelne Ausländer allein Kenntnis über seine persönlichen Beziehungen im Heimatstaat hat, verfügt die Ausländerbehörde in aller Regel über das Wissen, welche Stellen in Deutschland bzw. im Ausland welche "Leistungen" erbringen können. Diese "Überlegenheit" führt nach Auffassung des Senats dazu, dass in erster Linie die Ausländerbehörde nach Möglichkeiten zu suchen hat, Hindernisse zu beseitigen, wenn sich etwa die Beschaffung von Heimreisedokumenten als problematisch darstellt. So kann sie den Ausländer auf die Möglichkeit der Einschaltung eines Vertrauensanwalts hinweisen, dessen Name und Kontaktadresse diesem selbst in aller Regel nicht bekannt sind. Auch kann sie den Ausländer zum Beispiel auf nichtstaatliche Organisationen und Informationsquellen hinweisen, wie etwa den Suchdienst des Deutschen Roten Kreuzes oder eine kirchliche Organisation. Auch diese Stellen dürften in aller Regel einem in Deutschland lebenden Ausländer nicht geläufig oder bekannt sein. Es ist ihm nur dann möglich, diese Schritte zu ergreifen, wenn er von der Ausländerbehörde hierzu angehalten (angestoßen) wird. Daraus folgt, dass die Ausländerbehörde gehalten ist, diese Pflicht (Anstoßpflicht) zu erfüllen.

Etwas anderes gilt nur dann, wenn dem Ausländer - etwa infolge bereits ergangener gerichtlicher Entscheidungen - schon in vollem Umfang bekannt ist oder bekannt sein muss, welche weiteren Schritte er zur Beseitigung des Ausreisehindernisses zu ergreifen hat. Hier kann von der Ausländerbehörde nicht mehr verlangt werden, auf ohnehin schon bekannte Dinge hinzuweisen.

Auch der Behörde obliegt es im Übrigen nachzuweisen bzw. zu belegen, dass sie ihren Pflichten (Hinweispflicht und Anstoßpflicht) nachgekommen ist. Gelingt dies nicht, so spricht vieles dafür, dass das Bestehen eines Ausreisehindernisses nicht vom Ausländer zu vertreten ist.

(c) Die den am Verfahren Beteiligten obliegenden Pflichten stehen schließlich in einem Verhältnis der Wechselseitigkeit.

Je eher der eine Teil seine Obliegenheiten erfüllt, desto weniger kann sich der andere Teil darauf berufen, das Bestehen eines Abschiebehindernisses werde nicht von ihm verschuldet, sondern sei von der anderen Seite zu vertreten oder zu verantworten. In der praktischen Anwendung bedeutet dies, dass die Behörde von einem Verschulden des Ausländers ausgehen kann, wenn dieser Pflichten nicht erfüllt, die ihm konkret abverlangt wurden. In diesem Fall hätte sie nämlich ihre Hinweispflicht erfüllt, der Ausländer seine Mitwirkungspflicht hingegen nicht. Dies gilt jedoch dann nicht mehr, wenn der Ausländer sämtliche Anforderungen erfüllt hat und einerseits keine nahe liegenden Möglichkeiten mehr bestehen, Ausreisehindernisse zu beseitigen, andererseits eine Aufforderung zu weiteren Mitwirkungshandlungen der Behörde unterblieben ist. Der Ausländer wäre dann gegebenenfalls auch seiner Initiativpflicht nachgekommen, die Behörde ihrer Anstoßpflicht hingegen nicht. Der Ausländer muss nicht alles Menschenmögliche unternehmen, sondern nur sämtlichen Anforderungen der Behörde nachkommen, soweit diese für ihn zumutbar sind. Daneben hat er diejenigen Schritte zu ergreifen, die ihm bei objektiver Sichtweise geeignet und möglich erscheinen mussten, das Verfahren zielführend weiter zu betreiben. Zusätzliche Obliegenheiten werden ihm nur dann auferlegt, wenn die Behörde einen entsprechenden Anstoß in Richtung einer bestimmten Maßnahme oder Tätigkeit gegeben hat.

Wenn beide Seiten ihre Obliegenheiten erfüllt haben und das Ausreisehindernis gleichwohl nicht beseitigt werden konnte, kann dies nicht zulasten des Ausländers gehen. Ein Verschulden im Sinne einer subjektiven Vorwerfbarkeit liegt dann nämlich nicht vor. Dies ist etwa der Fall, wenn Dritte, zum Beispiel die Vertretung des Heimatstaates, sich trotz entsprechender Aufforderungen weigern, Heimreisedokumente auszustellen (vgl. hierzu Marx, Verfestigung des Aufenthaltsrechts im Übergangsprozess zwischen Ausländerrecht 1990 und Aufenthaltsgesetz 2004, ZAR 2004, 403/408).

b) Legt man diese Überlegungen im vorliegenden Fall zugrunde, so ist festzuhalten, dass der Kläger unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Im insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat (vgl. Kopp/Schenke, Kommentar zur Verwaltungsgerichtsordnung, 14. Aufl. 2005, RdNr. 217 zu § 113) ist davon auszugehen, dass der Kläger seinen Pflichten in ausreichendem Umfang nachgekommen ist. Er hat nicht in schuldhafter Weise ihm obliegende Pflichten verletzt. Die bestehende Untätigkeit der Behörden seines Heimatlandes kann ihm nicht im Sinne eines "Verschuldens" vorgehalten oder vorgeworfen werden.

(1) Der Kläger hat zunächst seine Mitwirkungspflichten erfüllt.

Er hat unstreitig sämtliche Aufforderungen der Beklagten, an der Beschaffung von Dokumenten bei der pakistanischen Vertretung mitzuwirken, erfüllt. Auch das Verwaltungsgericht Regensburg geht auf Seite 9 der angegriffenen Entscheidung davon aus, dass dem Kläger zugute zu halten ist, dass er nach Aktenlage den behördlichen Aufforderungen und Verpflichtungen zur Vorsprache bei der pakistanischen Auslandsvertretung nachgekommen ist. Auch im Übrigen ergibt sich aus den vorgelegten Behördenakten, dass der Kläger sämtliche Anforderungen der Beklagten, an der Dokumentenbeschaffung mitzuwirken, erfüllt hat. Er hat bereits im Rahmen des Asylverfahrens im Dezember 1995 einen Pass beantragt (Bl. 9 der Behördenakte). Ein weiterer Passantrag wurde im Oktober 2001 gestellt (Bl. 138 der Behördenakte). Dem Bescheid der Beklagten vom November 2003 entsprechend wurde am 6. November 2003 ein weiterer Passantrag bei der Behörde abgegeben (Bl. 173 der Behördenakte), gleiches erfolgte am 14. September 2004 (Bl. 193 der Behördenakte).

Der Kläger hat auch mehrfach bei der pakistanischen Botschaft wegen der Beschaffung von Dokumenten vorgesprochen. So sind Vorsprachetermine vom 1. Dezember 1997 (Bl. 97 und 108 der Behördenakte), vom 25. März 1999 (Bl. 122 der Behördenakte), vom 4. Dezember 2003 (Bl. 178 der Behördenakte) belegt.

Zuletzt hat der Kläger auch die im Januar 2006 von der Beklagten angeforderten Unterlagen beigebracht (Bl. 89 ff. der VG-Akte).

Der Kläger hat weiterhin bereits bei seiner Asylantragstellung einen Personalausweis vorgelegt (Bl. 13 der Behördenakte), der sich später als echtes Dokument erwiesen hat. Mit Schriftsatz vom 8. Juni 2006 an das Verwaltungsgericht Regensburg teilte die Beklagte hierzu mit, die Identität und Herkunft des Klägers habe sich bestätigt.

Der Kläger hat schließlich belegbar auch nichts unternommen, was darauf hinweisen könnte, dass er Passbeschaffungsmaßnahmen boykottiert hätte. Letztlich hat er zu keinem Zeitpunkt nachweisbar im ausländerrechtlichen Verfahren über seine Identität getäuscht. Entsprechendes wurde substantiiert von der Beklagten auch nicht vorgetragen.

Der entscheidende Hintergrund für die Passlosigkeit des Klägers ist somit nicht seine fehlende Mitwirkung, sondern die Untätigkeit der pakistanischen Vertretung, wenn es darum geht, Papiere für den Kläger auszustellen.

(2) Der Kläger hat - soweit geboten - auch die ihm obliegenden Initiativpflichten erfüllt, wobei auch insoweit auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (vor dem Senat) abzustellen ist.

Dabei kann der Beklagten durchaus hinsichtlich der Aussage zugestimmt werden, dass der Kläger zunächst über einige Jahre hinweg keine besonderen Aktivitäten an den Tag gelegt hat, um Heimreisepapiere zu erhalten.

Zum jetzigen Zeitpunkt ist aber dennoch davon auszugehen, dass er letztlich alles unternommen hat, was ihm zumutbar war, um Heimreisepapiere zu erhalten. Zugrundezulegen ist dabei immer die Tatsache, dass der Kläger bei der pakistanischen Botschaft bereits unter Hinweis auf seinen Personalausweis mehrfach die Ausstellung von Heimreisedokumenten beantragt hat. Es bestanden für ihn somit kaum noch sinnvolle Möglichkeiten, weitere Schritte zur Beseitigung des Ausreisehindernisses zu ergreifen. Es ist für den Senat nicht erkennbar, welche weiteren Initiativen der Kläger an den Tag hätte legen sollen, um die pakistanische Botschaft dazu zu bewegen, für ihn einen Pass oder andere die Heimreise ermöglichende Dokumente auszustellen.

Auch die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat mitgeteilt, dass von dem Kläger allein noch erwartet wird, die Vertretung seines Heimatlandes zu verklagen. Auf ausdrückliche Frage des Gerichts erklärte die Vertreterin der Beklagten, dass vom Kläger noch eine Klage gegen das pakistanische Generalkonsulat in Pakistan erwartet werden könne. Andere Hindernisse stünden der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis an den Kläger nicht entgegen.

Die Beklagte hat ihre zunächst vertretene Auffassung, der Kläger müsse ständig bei seiner Botschaft nachfragen, warum er keine Papiere erhalte, aufgegeben. Bereits im Beschluss über die Gewährung von Prozesskostenhilfe vom 19. Dezember 2005 (Az. 24 C 05.2856) hat der Senat darauf hingewiesen, dass es unbeachtlich bleiben muss, dass der Kläger sich nicht ständig bei seiner Botschaft nach dem Stand des Verfahrens erkundigt hat. Es sei nämlich nicht erkennbar, welcher Vorteil damit für den Gang des Verfahrens verbunden gewesen wäre. Die bislang erfolglosen Bemühungen der Behörden, die pakistanische Vertretung zur Mitwirkung anzuhalten, würden deutlich belegen, dass diese nicht gewillt sei, zeitnah Heimreisedokumente anzustellen. Es sei nicht erkennbar, wie der Kläger positiv Einfluss auf den Gang des Verfahrens hätte nehmen können. Hieran wird festgehalten.

In gleicher Weise spielt es auch keine Rolle, ob der Kläger selbst ein besonderes Interesse an einer Rückkehr in sein Heimatland hat. Dies wird tatbestandlich von § 25 Abs. 5 AufenthG nicht vorausgesetzt. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts Regensburg hierzu in der angegriffenen Entscheidung (Seiten 13 und 14) geht an der rechtlichen Fragestellung bzw. den gesetzlich normierten Voraussetzungen der Vorschrift vorbei. Es spielt keine Rolle, ob der Kläger ein erhebliches Desinteresse an der Ausreise zeigt oder nicht.

Der Kläger hat zuletzt im April 2006 Kontakt zu seinem Bruder aufgenommen und mit diesem telefoniert. Er hat ihm im Juni 2006 einen Brief geschrieben und um die Übersendung von Dokumenten gebeten (Bl. 132 der VG-Akte). Der Kläger hat somit weitere Initiativen ergriffen, die allerdings nach Auffassung des Senats nicht zielführend sein konnten. Es ist nach wie vor nicht erkennbar, welche Unterlagen aus der Heimat angesichts der feststehenden Herkunft und Identität des Klägers noch dazu hätten beitragen können, Heimreisepapiere zu beschaffen.

Zusammenfassend geht der Senat damit davon aus, dass der Kläger sämtliche ihm zuletzt offen stehenden Initiativen ergriffen hat. Auch von Seiten der Beklagten wurde - abgesehen von der zu erhebenden Klage - nichts vorgetragen, was dem Kläger noch abverlangt hätte werden können. Auch aus der angegriffenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts Regensburg ergibt sich nichts, was der Kläger weiter hätte in die Wege leiten können. Der bloße Hinweis des Gerichts darauf, dass nicht ersichtlich sei, dass ernsthafte und nennenswerte Anstrengungen unternommen worden sind, ist nicht ausreichend, wenn es darum geht, die Frage zu beantworten, ob ein Ausländer das Bestehen eines Ausreisehindernisses zu vertreten hat.

In diesem Zusammenhang spielt es auch keine Rolle, ob es anderen Ausländern "in aller Regel durchaus möglich" ist, in kurzer Zeit Identitätspapiere zu erhalten (Seite 14 der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung). Bei der Frage, ob ein Ausländer nach § 25 Abs. 5 Satz 3 AufenthG unverschuldet an der Ausreise gehindert ist, ist allein darauf abzustellen, ob der Einzelne zumutbare Anforderungen erfüllt hat oder nicht.

(3) Die Tatsache, dass der Kläger bislang seinen Heimatstaat nicht verklagt hat, ist nicht geeignet, eine Pflichtverletzung im hier maßgeblichen Sinn zu begründen.

Im angegriffenen Bescheid vom 11. Juli 2005 führt die Beklagte auf der Seite 5 aus, es wäre dem Kläger möglich und zumutbar, die pakistanische Botschaft auf ihr rechtswidriges Verhalten hinzuweisen oder auch gegebenenfalls rechtliche Schritte in die Wege zu leiten. In gleicher Weise geht das Verwaltungsgericht Regensburg auf Seite 15 der angegriffenen Entscheidung davon aus, es sei dem Kläger nach wie vor vorzuhalten, dass er sich nicht um Rechtsschutzmöglichkeiten gegen die unterlassene Passausstellung bemüht habe. Es komme dabei sogar nicht einmal darauf an, ob es solche Möglichkeiten objektiv überhaupt gäbe und ob sie dem Kläger subjektiv zugänglich seien. Diese Auffassung teilt der Senat nicht. Es kann vom Kläger nicht verlangt werden, dass er Rechtsschutzmöglichkeiten ergreift, die objektiv gar nicht bestehen oder die ihm subjektiv nicht bekannt sind. Zum Zeitpunkt der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung lagen somit keinerlei Anhaltspunkte für eine Pflichtverletzung vor.

Mit Schreiben vom 21. November 2006 teilte die Beklagte dann mit, dass eine bestimmte Möglichkeit bestehe, das pakistanische Außenministerium und den pakistanischen Botschafter in Berlin mittels einer so genannten "Writ" vor dem zuständigen High Court in Rawalpindi auf Ausstellung eines Reisepasses zu verklagen. Sie bezieht sich dabei allein auf eine E-Mail vom 30. Oktober 2006 (Bl. 60 der VGH-Akte), in welcher sehr knapp und äußerst ungenau mitgeteilt wird, "es bestehe die Möglichkeit". In der mündlichen Verhandlung wurde deshalb auch von der Vertreterin der Beklagten geltend gemacht, die Tatsache, dass der Kläger diese Möglichkeit nicht ergriffen habe, stehe der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis entgegen.

Auch diese Auffassung teilt der Senat nicht. Es kann von einem Ausländer im Regelfall nicht erwartet werden, dass er eine völlig unbekannte, unsichere und mit nicht kalkulierbaren Aufwendungen bzw. Kosten verbundene Rechtsschutzmöglichkeit im Ausland ergreift, wenn es darum geht, bei der Beschaffung von Heimreisedokumenten mitzuwirken. So liegt der Fall hier aber. Selbst die Beklagtenvertreterin hat in der mündlichen Verhandlung mitgeteilt, dass der von ihr vorgeschlagene Weg nach ihrer eigenen Kenntnis noch nie ergriffen worden sei. Wesentliche Voraussetzungen und Verfahrensfragen sind ungeklärt. Offen ist zunächst, wer überhaupt verklagt werden soll. Einerseits wird das pakistanische Außenministerium genannt, andererseits der pakistanische Botschafter in Berlin. Welche Kosten mit einem solchen Verfahren verbunden sind, wird nicht erwähnt. Auch ist vollkommen unklar, ob das Rechtsbehelfsverfahren überhaupt von Deutschland aus in die Wege geleitet werden kann. Es wird nirgends auch nur erwähnt, welcher zeitliche Rahmen mit einem solchen Verfahren verbunden ist. Es bestehen letztlich keinerlei Erfahrungen mit dieser Vorgehensweise. Richtigerweise hat die Beklagte deshalb auch weitere Beratungsmaßnahmen zum Verfahren angeboten. Sie geht - wie auch der Senat - erkennbar davon aus, dass es dem Kläger allein wohl kaum möglich ist, die für eine Klage gegen sein Heimatland erforderlichen Schritte in die Wege zu leiten. Dies belegt aber, dass der Kläger derzeit nicht vorwerfbar handelt, wenn er die von der Beklagten "angebotene" Klagemöglichkeit bis zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht ergriffen hat.

Zusammenfassend ist der Senat der Auffassung, dass dem Kläger derzeit die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nicht mit der Begründung versagt werden darf, er habe es bislang unterlassen, sein Außenministerium bzw. seine Vertretung in Deutschland zu verklagen. Es handelt sich hier um einen Weg, der vollkommen offen ist, letztlich von der Beklagten auch nur in groben Zügen beschrieben werden konnte und über dessen Verlauf und Ausgang keiner der Beteiligten auch nur annähernd eine verlässliche Aussage machen kann. Es mag durchaus Fälle gegen, in welchen es dem Ausländer unter bestimmten Bedingungen zugemutet werden kann, rechtliche Schritte gegen Behörden seines Heimatstaates zu ergreifen. Dies setzt aber voraus, dass ihm dieser Weg hinreichend genau aufgezeigt worden ist und ihm auch die Mittel hierfür zur Verfügung stehen. Vorliegend kann hiervon derzeit noch nicht ausgegangen werden.

(4) Die Beklagte hat ihrerseits die ihr obliegende Hinweispflicht in ausreichendem Umfang erfüllt. Sie hat den Kläger vielfach aufgefordert, Heimreisedokumente zu beantragen und bei der Vertretung seines Heimatlandes vorzusprechen.

Die Beklagte hat auch die ihr obliegende Anstoßpflicht nicht verletzt. Sie hat jedenfalls zum hier maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat den Kläger auf alle denkbaren Möglichkeiten hingewiesen, die noch hilfreich sein könnten, um die Beschaffung von Heimreisepapieren in die Wege zu leiten. Auch ihr kann nicht angelastet werden, dass derzeit letztlich keine weiteren Alternativen mehr zur Verfügung stehen, um die pakistanische Botschaft dazu zu bewegen, dem Kläger Heimreisedokumente auszustellen. Auch wenn, wie im Beschluss des Senats vom 19. Dezember 2005 (Az. 24 C 05.2856) ausgeführt, die Beklagte den Kläger zunächst nicht ergänzend angehalten hat, weitere Schritte zu unternehmen und selbst im Bescheid vom 1. Juli 2005 offen bleibt, was der Kläger weiterhin noch hätte unternehmen können, so hat die Beklagte im Lauf des Verfahrens doch mittlerweile sämtliche Schritte angestoßen, die vom Kläger hätten erbracht werden können. Sie hat insbesondere auch über die deutsche Botschaft in Islamabad weitere Ermittlungen zu den Angaben des Klägers sowie zur Beschaffung von Personenstandsdokumenten in die Wege geleitet (Schriftsatz vom 27.2.2006 an das VG Regensburg, Bl. 80 der VG-Akte). Sie hat dadurch wesentlich dazu beigetragen, dass zumindest die Identität und Herkunft des Klägers verlässlich geklärt werden konnte. Allein dies belegt, dass es vielfach doch der Ausländerbehörde eher möglich ist als dem betroffenen Ausländer, an der Beschaffung von Heimreisepapieren mitzuwirken.

(5) Zusammenfassend ist nach Auffassung des Senats vorliegend davon auszugehen, dass sowohl der Kläger wie auch die Beklagte derzeit alles getan haben, um das bestehende Ausreisehindernis zu beseitigen. In einem solchen Fall kann nicht vom Verschulden der einen oder anderen Seite gesprochen werden. Weder hat die Beklagte ihre Pflichten verletzt, noch ist dies dem Kläger vorzuwerfen.

Unbeachtlich ist in diesem Zusammenhang, worauf der Senat ergänzend hinweist, ob es andere Fälle gibt, in denen pakistanische Staatsangehörige in der Lage sind, Reisepapiere zu beschaffen. Für die Frage des Verschuldens eines konkreten Ausländers kann dies keine Rolle spielen. Auch wenn die Beklagte hier möglicherweise nachvollziehbare und plausible Vermutungen angestellt hat, so kann dies dem Kläger nicht vorgeworfen werden. Auch die im Schreiben vom 8. Juni 2006 an das Verwaltungsgericht Regensburg (Bl. 115 der VG-Akte) dargelegten jahrelangen Erfahrungen der Ausländerbehörde, die belegen sollen, dass es pakistanischen Staatsangehörigen immer möglich gewesen sei, einen Pass zu erhalten, sind nicht geeignet, dem Kläger subjektiv eine Pflichtverletzung vorzuwerfen.

Es spielt auch keine Rolle, ob der Kläger mit oder ohne Pass eingereist ist. Das Verwaltungsgericht hat die Frage, ob dies bereits ein Verschulden begründen kann, auf Seite 9 der angegriffenen Entscheidung dahingestellt sein lassen. Im Beschluss des Senats vom 19. Dezember 2005 (Az. 24 C 05.2856) wurde hierzu ausgeführt, dass es unbeachtlich sei, dass der Kläger illegal eingereist sei. Es handle sich um ein "Vergehen", welches sich vor mehr als zehn Jahren ereignet habe. Vieles spreche dafür, dass dies nicht gleichzeitig auch ein Verschulden im Sinne des § 25 Abs. 5 AufenthG darstelle. Hieran wird festgehalten. Andernfalls würde man den Anwendungsbereich des § 25 Abs. 5 AufenthG auf solche Ausländer beschränken, die legal mit einem Pass nach Deutschland eingereist sind. Hierfür besteht keine Veranlassung oder Rechtfertigung.

Unerheblich ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Pflicht zur Ausreise nach § 50 Abs. 1 AufenthG naturgemäß nur den Ausländer selbst trifft (so das VG Regensburg auf Seite 10 der angegriffenen Entscheidung). Es ist selbstverständlich so, dass nur der Ausländer selbst ausreisen kann, nicht die Ausländerbehörde. Für die Beantwortung der hier entscheidungserheblichen Fragestellung können sich hieraus aber keine verwertbaren Folgerungen ableiten lassen.

In der Summe kann somit keinem der Beteiligten, auch nicht dem Kläger, ein schuldhaftes Handeln angelastet werden. Er ist mithin, wie dies tatbestandliche Voraussetzung des § 25 Abs. 5 Satz 3 AufenthG ist "unverschuldet" an der Ausreise gehindert. Es spielt keine Rolle, ob er alle nur erdenklichen, hypothetischen Möglichkeiten ausgeschöpft hat (auch solche, die objektiv gar nicht zur Verfügung stehen), oder ob er sonst nicht zumutbare Schritte in die Wege geleitet hat. Solange ihn ein Verschulden nicht trifft, sind die Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 Satz 3 AufenthG nicht erfüllt.

Deshalb stellt sich hier auch nicht die Frage der materiellen Beweislast. Wenn sich trotz aller Aufklärung nicht feststellen lässt, welche Möglichkeiten zur Beschaffung von Dokumenten noch bestehen, so geht dies grundsätzlich weder zu Lasten der Behörde, noch zu Lasten des Ausländers. Auch kommt der Ausländerbehörde hier keine "Beweisführungserleichterung zu Gute", wie das Verwaltungsgericht Regensburg im Urteil vom 13. Juli 2006 auf Seite 13 meint. Die Behörde darf gerade nicht unterstellen, dass einem Andauern eines Ausreisehindernisses die Weigerungshaltung des betreffenden Ausländers zugrunde liegt. Vielmehr geht es hier um die Frage, ob das Tatbestandsmerkmal "unverschuldet" erfüllt ist oder nicht. Hiervon kann - wie vorliegend - eben nicht ausgegangen werden, wenn der Ausländer die ihm obliegenden Pflichten erfüllt und alle bestehenden Möglichkeiten ausgeschöpft hat.

4. Der Beklagten steht hinsichtlich der Frage, ob sie dem Kläger eine Aufenthaltserlaubnis erteilt, auch kein weiteres Ermessen zu.

Nach § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn, wie hier, die tatbestandlichen Voraussetzungen hierfür vorliegen.

Dieser "Soll-Anspruch" bedeutet, dass das Ermessen sich bei Vorliegen der Voraussetzungen des Abs. 1 zu einem Regelausspruch wandelt, sofern nicht ein atypischer Ausnahmefall vorliegt (siehe hierzu Hailbronner, Kommentar zum Ausländerrecht, RdNr. 103 zu § 25 AufenthG; ebenso Renner, Ausländerrecht, RdNr. 22 zu § 25 AufenthG).

Solche Besonderheiten des Einzelfalls sind vorliegend weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Weder dem Bescheid der Beklagten noch den Ausführungen im Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg oder dem Vorbringen im Berufungsverfahren lässt sich etwas entnehmen, was hier eine besondere Atypik rechtfertigen könnte.

5. Hinsichtlich der Frage, für welchen Zeitraum dem Kläger eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird, ist der Beklagten allerdings Ermessen eingeräumt. Insoweit ist die Sache auch nicht spruchreif (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).

Der Senat weist allerdings darauf hin, dass sich die Frist sachgerecht danach zu richten hat, wann bei verständiger Würdigung mit dem Wegfall des Ausreisehindernisses beim Kläger frühestens zu rechnen ist. Der Senat geht davon aus, dass ein Zeitraum von einem Jahr sich hier als den Umständen des Einzelfalls angemessen erweisen dürfte.

III.

Die Kostenentscheidung für das verwaltungsgerichtliche Verfahren sowie das Berufungsverfahren folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Als unterlegener Teil hat die Beklagte die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 ff. ZPO.

Die Zulassung der Revision kommt vorliegend nicht in Betracht, da Revisionsgründe nach § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

Rechtsmittelbelehrung:

Nach § 133 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden. Die Beschwerde ist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung schriftlich einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. In der Beschwerdebegründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht muss sich jeder Beteiligte durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Das gilt auch für die Einlegung der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision. Abweichend davon können sich juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000 € festgesetzt (§§ 47 und 52 Abs. 2 GKG).



Ende der Entscheidung

Zurück