Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 03.11.2006
Aktenzeichen: 24 CS 06.2930
Rechtsgebiete: VwGO, VersG, GG, StGB


Vorschriften:

VwGO § 80 Abs. 5
VwGO § 146 Abs. 4 Satz 6
VersG § 15 Abs. 1
GG Art. 8 Abs. 1
StGB § 130 Abs. 4
Zum Verbot einer getarnten rechtsextremen Versammlung am Tag der Einweihung des Jüdischen Gemeindezentrums in München.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

24 CS 06.2930

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Versammlungsrecht (Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO);

hier: Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 27. Oktober 2006,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 24. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Kersten, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Simmon, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Eich

ohne mündliche Verhandlung am 3. November 2006

folgenden Beschluss:

Tenor:

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Antragsteller meldete am 11. November 2004 für den 9. November 2006 in der Zeit von 14.00 Uhr bis 22.00 Uhr eine Versammlung zum Thema "17. Jahrestag des Mauerfalls" auf dem Marienplatz in München an. Als Kundgebungsmittel nannte er dabei unter anderem Flugblätter, schwarze Fahnen, schwarz-weiß-rote Fahnen, Fackeln, Lautsprecheranlage, Musik- und Scheinwerfer. Zur Teilnehmerzahl machte der Antragsteller keine Angaben.

Mit Bescheid vom 19. Oktober 2006 verbot die Antragsgegnerin die angemeldete Versammlung (Nr. 1) sowie jede Form von Ersatzveranstaltungen am 9. November 2006 sowohl unter freiem Himmel als auch in geschlossenen Räumen im Bereich des Stadtgebiets München (Nr. 2) und ordnete die sofortige Vollziehung an (Nr. 3). Es handle sich bei der angemeldeten Versammlung um eine Tarnveranstaltung mit dem tatsächlichen Inhalt eines verherrlichenden Gedenkens an die Hitler-Putschisten, bei der mit der Realisierung von Straftaten nach § 130 Abs. 4 StGB gerechnet werden müsse. Darauf lasse das Verhalten des Antragstellers in den Vorjahren schließen, insbesondere die Erfahrungen mit der von ihm am 9. November 2005 auf dem Karlsplatz durchgeführten Versammlung. Die Gesamtumstände dieser Versammlung - d.h. die rechtsextremen Teilnehmer/-innen, die rechtsextreme Aufschrift auf einem Transparent ("Wenn alle untreu werden, so bleiben wir doch treu - für die Ehre unserer Väter"), das späte Entzünden der Fackeln, das Verlesen der Namen der Hitler-Putschisten von 1923 durch den Antragsteller - seien offensichtlich nicht zufällig, sondern bewusst am 9. November 2005 in Szene gesetzt worden. Aufgrund des Ablaufs müsse konkret davon ausgegangen werden, dass die Verlesung der Namen der "Hitler-Putschisten" durch den Antragsteller als zentraler Inhalt und Höhepunkt der Versammlung des 9. November 2005 für die Rechtsextremen geplant worden sei. Das Thema Mauerfall sei lediglich vorgeschoben und instrumentalisiert worden, um einen Datumsbezug abzuleiten. Bei Durchführung einer Kundgebung am 9. November 2006 zum Gedenken an die "Opfer der 16 getöteten Hitler-Putschisten" bestehe die konkrete Gefahr der Verwirklichung von Straftaten gemäß § 130 Abs. 4 StGB durch Verherrlichung oder zumindest Billigung der nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft. Der Antragsteller und Versammlungsleiter sei als Rechtsextremist und Schlüsselfigur in der südbayerischen Szene hinreichend bekannt. Durch das Verherrlichen und Billigen würde die Würde der Opfer verletzt, da der Nationalsozialismus und seine Repräsentanten für vielfachen Mord, willkürliche Gewaltherrschaft, Menschenverachtung und Verbrechen gegen die Menschlichkeit stünden. Zudem bestehe eine hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass der öffentliche Friede gestört würde. Eine derartige Versammlung werde in der öffentlichen Wahrnehmung - bereits unabhängig von der Art und Weise der Durchführung - als direkte und unverhohlene Fortsetzung der Ideologie der nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft verstanden und sei offensichtlich auch so beabsichtigt. Keine versammlungsrechtliche Beschränkung wäre somit geeignet, eine Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung auszuschließen. Die Wiederholung von - den nationalsozialistischen Veranstaltungen in den Jahren 1933 bis 1945 - vergleichbaren Kundgebungen rufe in der Öffentlichkeit mit hinreichender Wahrscheinlichkeit Empörung und Unverständnis darüber hervor, dass es nicht möglich (gewesen) sei, eine Versammlung mit der einzigen Absicht, wichtige Symbolfiguren der Naziherrschaft ("Blutzeugen" bzw. "Parteiheilige") nun erneut ehren zu wollen, zu verbieten. Die Öffentlichkeit sei deutschlandweit wegen der Vorkommnisse der vergangenen Jahre, wie etwa des geplanten Bombenanschlags rechter Gruppierungen im Zusammenhang mit dem 9. November, in erheblicher Weise sensibilisiert. Ferner erregten Versammlungen rechter Gruppierungen in München als ehemaliger "Hauptstadt der Bewegung" - insbesondere am Tag der Einweihung des Jüdischen Zentrums Jakobsplatz - eine einzigartige öffentliche Empörung, die sich in entsprechenden Medienberichten und Meinungskundgaben (wie etwa Gegenversammlungen) widerspiegelten. Es dürfe auch nicht verkannt werden, dass Angehörige der "Kameradschaft München" es gewesen seien, die ein Sprengstoffattentat auf die Veranstaltung zur Grundsteinlegung des Jüdischen Zentrums auf dem Sankt-Jakobs-Platz geplant hätten. Einer Versammlung aus dem Umfeld der rechten Kameradschaften komme am 9. November - während der Einweihung des Jüdischen Zentrums - eine einzigartige Provokationswirkung in der öffentlichen Wahrnehmung zu. Daher sei konkret eine Störung des öffentlichen Friedens zu erwarten.

Des weiteren würde die Versammlung zu Ehren der Hitler-Putschisten, der sog. "Blutzeugen" bzw. "Parteiheiligen", eine konkrete Gefährdung der verfassungsmäßigen Ordnung, insbesondere der freiheitlich demokratischen Grundordnung als Bestandteil der öffentlichen Sicherheit im Sinne des § 15 Abs. 1 VersG darstellen. Schließlich scheide auch die öffentliche Ordnung nicht als weiterer Verbotsgrund für eine Einschränkung des Versammlungsrechts aus. Der 9. November sei im Bewusstsein der deutschen Bevölkerung wie auch der Weltöffentlichkeit mit der antisemitischen Hetzrede von Propagandaminister Goebbels (9. November 1938 im alten Rathaussaal) untrennbar verbunden; der Beginn des reichsweiten Pogroms habe zu einer allgemeinen Jagd auf jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger geführt. Speziell in München am Sitz des ehemaligen Hauptquartiers der NSDAP und der durch die Nationalsozialisten bezeichneten "Hauptstadt der Bewegung" komme dem 9. November eine einzigartige Bedeutung und Symbolkraft zu. Die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung nehme den 9. November zum Anlass, um an dem Schicksal der Opfer des Holocausts Anteil zu nehmen. Eben aus diesem Grunde sei als das Einweihungsdatum für das Jüdische Zentrum Jakobsplatz, welches im Münchner Stadtbild jüdischem Leben wieder einen würdigen Platz geben solle, der 9. November gewählt. Daneben sei von besonderer Bedeutung, dass der 9. November, das Datum des "Hitler-Putsches", im Dritten Reich zum Staatsfeiertag unter dem Motto: "Und ihr habt doch gesiegt!" für die "Blutzeugen der Bewegung" erklärt worden sei. Vor diesem Hintergrund messe die Versammlungsbehörde der Durchführung einer Versammlung am 9. November durch Personen aus dem Umfeld der rechtsextremen "Kameradschaften" an diesem einzigartigen geschichtsträchtigen Datum eine erhebliche Provokationswirkung in der Öffentlichkeit bei und bewerte dies als Gefahr einer massiven Beeinträchtigung des sittlichen und moralischen Empfindens der Bürgerinnen und Bürger. Die Provokation der Rechtsextremisten werde durch die gezielte zeitliche Nähe zu der Einweihung des Jüdischen Zentrums Jakobsplatz und einer Gedenkveranstaltung zur Namensverlesung der Opfer der Reichspogromnacht weiter unerträglich verstärkt. Deshalb sei bei Durchführung der Versammlung (auch) die öffentliche Ordnung nicht mehr gewährleistet. Die Bemühungen der Versammlungsbehörde, eine optimale Entfaltung der Grundrechtsgewährleistung des Anmelders im Wege der Kooperation zu erreichen, seien an der nicht erfolgten Kooperation des Antragstellers gescheitert. Das Versammlungsverbot sei verhältnismäßig. Es sei nicht möglich, den unmittelbaren und engen inneren Zusammenhang zwischen dem verherrlichenden Gedanken an die Hitler-Putschisten, den durch diese Versammlung zu erwartenden Verstößen gegen § 130 Abs. 4 StGB und der Bekämpfung der freiheitlich demokratischen Grundordnung durch die Verbreitung nationalsozialistischen Gedankenguts durch Auflagen aufzulösen; diese würden im Ergebnis letztendlich einem Versammlungsverbot gleichkommen.

Der Antragsteller ließ gegen diesen Bescheid vom 19. Oktober 2006 am 25. Oktober 2006 Widerspruch einlegen und beim Bayerischen Verwaltungsgericht München beantragen, die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs wiederherzustellen. Es handle sich nicht um eine Tarnversammlung. Zudem sei die Verbotsbegründung wegen der Verlesung der 16 Namen unverhältnismäßig. Der Nationalsozialismus werde weder verherrlicht noch gebilligt. Die Versammlung stelle keine Gefährdung der öffentlichen Ordnung dar, weil sie mit den nationalsozialistischen Aufmärschen und Feiern zum Gedenken an den 9. November 1923 nicht vergleichbar sei. Die Einweihungsfeier des Jüdischen Zentrums werde mangels räumlicher und zeitlicher Überschneidung nicht provoziert.

Das Verwaltungsgericht München lehnte den Antrag mit Beschluss vom 27. Oktober 2006 ab. Die Versammlung vom 9. November 2005 mit dem angemeldeten Thema "16. Jahrestag des Mauerfalls" sei eine Tarnveranstaltung gewesen, bei der tatsächlich der am 9. November 1923 getöteten Nationalsozialisten als "Terroropfer" gedacht worden sei. Soweit die Namen der an der innerdeutschen Grenze Getöteten verlesen worden seien, sei dies einerseits tarnendes Beiwerk gewesen und habe andererseits dazu gedient, die am 9. November 1923 getöteten Nationalsozialisten gleichermaßen als Opfer eines Terrorregimes darzustellen. Durch das Inszenesetzen der Namensverlesung der am 9. November 1923 Getöteten mit Fackelbeleuchtung sei des Nationalsozialismus und des Naziregimes glorifizierend gedacht worden. Die am 9. November 2005 abgehaltene Versammlung habe gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung verstoßen. Eine Prognose ergebe daher, dass die für den 9. November 2006 vom selben Anmelder angemeldete Versammlung ebenfalls als Tarnveranstaltung geplant sei. Eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung liege vor. Mit Straftaten, die den Tatbestand der Volksverhetzung erfüllten, sei zu rechnen.

Gegen diesen Beschluss wendet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde. Das Verlesen der 16 Namen der am 9. November 1923 getöteten Personen bei der Vorjahresversammlung sei neben den ebenfalls verlesenen 227 Namen der an der innerdeutschen Grenze Ermordeten nur ein veschwindend kleiner Anteil. Zudem habe keiner der Anwesenden bemerkt, dass es sich bei den 16 Namen um die des Hitler-Putsches gehandelt habe. Ferner werde damit nicht der Nationalsozialismus glorifiziert, sondern es werde dieser heute vergessenen Opfer gedacht. Die Versammlung des Antragstellers sei nationalsozialistischen Aufmärschen nicht vergleichbar und umfasse nur eine Handvoll Menschen. Diese seien weder uniformiert noch bewegten sie sich in gleichförmiger und militärischer Art und Weise. Die Einweihungsfeier des Jüdischen Zentrums werde nicht provoziert. Vermutlich ergebe sich gar keine Überschneidung in zeitlicher Hinsicht, zudem finde die Einweihungsfeier in größerer Entfernung vom Marienplatz statt. Der Antragsteller habe seine Versammlung bereits am 9. November 2004 angemeldet. Weder die umfangreiche Berichterstattung der Medien noch die Ablehnung des Großteils der Münchner Bevölkerung noch die Person des Antragstellers stellten einen Verbotsgrund für die Versammlung dar. Eine Kooperationspflicht bestehe nicht. Nach einem Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln dürfe auch ein sog. "Neonazi" am 9. November eine Versammlung abhalten. Der Antragsteller lässt beantragen,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 27. Oktober 2006 abzuändern und anzuordnen, dass die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen die Verbotsverfügung der Antragsgegnerin vom 19. Oktober 2006, die Versammlung des Antragstellers am 9. November 2006 in München betreffend, wieder hergestellt wird.

Die Antragsgegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Bei der Versammlung am 9. November 2005 seien erst über 100 Personennamen, die mutmaßlich mit dem Mauerfall im Zusammenhang standen, von anderer Seite verlesen worden. Die Namen der Hitler-Putschisten seien erst danach, quasi als "Höhepunkt" der Inszenierung vom Antragsteller selbst verlesen worden. Die dramaturgische Ausgestaltung der Versammlung 2005 verdeutliche die Tarnabsicht. Zu weiteren Veranstaltungen am 9. November 2006 teilte die Antragsgegnerin mit, dass eine rechtsextreme Versammlung zum Thema "Ruhm und Ehre den 16 toten Helden vom 9.11.1923" am Richard-Strauß-Brunnen angemeldet, aber verboten worden sei. In der Zeit von 13.30 Uhr bis 21.00 Uhr finde ein Aufzug von der Herzog-Max-Straße/Ecke Maxburgstraße zum Marienplatz zum Thema "Lesung zur Erinnerung an den 68. Jahrestag der Reichspogromnacht vom 9.11.1938" statt (Teilnehmerzahl 250 bis 1.000 Personen). Auf dem Odeonsplatz (Platz vor der Feldherrnhalle) finde von 9.00 Uhr bis 19.00 Uhr eine stationäre Versammlung zum Thema "Mahnwache für Demokratie - gegen Rechts" mit 300 Teilnehmern statt. Auf dem Sendlinger-Tor-Platz sei in der Zeit von 15.00 Uhr bis 20.00 Uhr eine stationäre Versammlung zum Thema "Antirassistisch leben - antifaschistisch handeln!" mit 50 Teilnehmern vorgesehen. Ferner finde ein Aufzug zum Thema "Antifaschistisches Gedenken an die Reichspogromnacht" vom Geschwister-Scholl-Platz zum Sendlinger-Tor-Platz mit 80 Teilnehmern statt. Die zur Eröffnung der neuen Synagoge und des Jüdischen Gemeindezentrums am Sankt-Jakobs-Platz geplante Prozession von der alten Synagoge in der Reichenbachstraße zum Sankt-Jakobs-Platz starte um 13.15 Uhr. Der Sankt-Jakobs-Platz liege im übrigen mit ca. 400 m wesentlich näher zum Marienplatz als der Karlsplatz/Stachus (ca. 800 m). Der feierliche Festakt in der Synagoge werde um 15.10 Uhr beginnen. Die Eröffnung der neuen Hauptsynagoge stelle für die jüdische Gemeinde München vermutlich das herausragendste Ereignis der Nachkriegszeit dar.

Die Landesanwaltschaft Bayern beteiligt sich als Vertreter des öffentlichen Interesses am Verfahren und hält die Beschwerde für unbegründet. Es werde zu Recht von einer Tarnveranstaltung ausgegangen, die in Wirklichkeit dem Gedenken an den Hitler-Putsch dienen solle. Dem unbestrittenen Verhalten des Beschwerdeführers, der seit Anfang 2006 Landesvorsitzender der "Jungen Nationaldemokraten" in Bayern sei, bei der im Vorjahr durchgeführten Veranstaltung zum gleichen Versammlungsthema komme besondere Bedeutung zu. Die Verlesung der Namen der Hitler-Putschisten und das Transparent mit der Aufschrift "Wenn alle untreu werden, so bleiben wir doch treu - für die Ehre unserer Väter" hätten keinerlei Zusammenhang mit dem Jahrestag des Mauerfalls; es bestehe aber ein vor allem für die eingeweihten Versammlungsteilnehmer unmittelbarer Bezug zur nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft. Ein weiterer Hinweis auf die wahre Absicht des Beschwerdeführers sei ein Grußwort, das er am 14. Oktober 2006 bei einer Demonstration in Nürnberg mit dem Motto "Recht statt Rache - Revision der Nürnberger Prozesse" verlesen habe; in dem Grußwort habe es unter anderem geheißen, die "Sieger von 1945 und ihre Handlanger" hätten zwar "die Besten unseres Volkes ermorden und Heldentaten zu Verbrechen erklären", aber "den unbedingten Überlebenswillen unseres Volkes, den Glauben an Deutschland" nicht brechen können. Der Anmelder dieser Veranstaltung berichte im Internet von der "Ermordung der nationalsozialistischen Führung des Deutschen Reiches durch das Rachetribunal der Siegermächte" und der "Ehrung der Gefallenen unseres Volkes". Dadurch, dass der Beschwerdeführer auf dieser Veranstaltung als Redner aufgetreten sei und sich dadurch mit der Ehrung für die "ermordete" nationalsozialistische Führung identifiziert habe, liege auf der Hand, welcher Zweck mit der Verlesung der Namen der Hitler-Putschisten verfolgt werde. Die beabsichtigte Versammlung würde sowohl räumlich als auch zeitlich mit der Eröffnung der Hauptsynagoge des Jüdischen Gemeindezentrums kollidieren. Die Feierlichkeiten zur Eröffnung der Synagoge begännen bereits am Abend des 8. November 2006. Am 9. November würden die Thora-Rollen aus der bisherigen Synagoge in der Reichenbachstraße gegen 13.30 Uhr mit einem Umzug zum Jakobsplatz verbracht und während des Festakts in den Schrein gehoben. Von 17.30 Uhr an würden der Freistaat Bayern, die Landeshauptstadt München und das Kuratorium zur Errichtung des neuen Jüdischen Gemeindezentrums zu einem Empfang in den Großen Saal des Gemeindezentrums einladen. Eine Gedenkveranstaltung zur Ehrung der getöteten Hitler-Putschisten würde, wenn sie zeitgleich in unmittelbarer Nähe zur Eröffnung der Hauptsynagoge des Jüdischen Gemeindezentrums stattfinden würde, eine Straftat nach § 130 Abs. 4 StGB darstellen. Die Eröffnungsfeierlichkeiten, an denen unter anderem der Bundespräsident, der Bayerische Ministerpräsident und der Vorsitzende des Jewish World Congresses teilnähmen, würden im In- und Ausland mit großer Aufmerksamkeit verfolgt und im Fernsehen live übertragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der vorgelegten Behördenakte Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.

Das Verwaltungsgericht München hat den Antrag des Antragstellers gemäß § 80 Abs. 5 VwGO im Ergebnis zu Recht abgelehnt. Die dargelegten und vom Senat geprüften Beschwerdegründe (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) rechtfertigen keine andere Entscheidung.

Das Verwaltungsgericht hatte bei seiner Entscheidung die Interessen des Antragstellers und der Allgemeinheit abzuwägen. Besondere Bedeutung kam dabei den Erfolgsaussichten der Hauptsache zu, soweit sie sich nach intensiver summarischer Prüfung bereits beurteilen lassen. Auch der Senat geht davon aus, dass sich das Versammlungsverbot im Bescheid der Antragsgegnerin vom 19. Oktober 2006 als rechtmäßig erweisen und damit der Widerspruch des Antragstellers erfolglos bleiben wird (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO analog). Dies ist ausschlaggebend für die Interessenabwägung zugunsten der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Bescheids. Darüber hinaus geht der Senat aber davon aus, dass das öffentliche Interesse im Sinne des § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO angesichts der besonderen Umstände des vorliegenden Einzelfalls auch dann überwiegen würde, wenn die Erfolgsaussichten des Widerspruchs des Antragstellers noch offen wären.

1. Rechtsgrundlage des Versammlungsverbots ist § 15 Abs. 1 Versammlungsgesetz (VersG). Danach kann die zuständige Behörde eine Versammlung oder einen Aufzug verbieten oder von bestimmten Auflagen abhängig machen, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit und Ordnung bei Durchführung der Versammlung oder des Aufzugs unmittelbar gefährdet ist.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts darf ein Versammlungsverbot nur zum Schutz elementarer Rechtsgüter, die der Bedeutung des Grundrechts der Versammlungsfreiheit aus Art. 8 Abs. 1 GG zumindest gleichwertig sind, und nur bei einer unmittelbaren, aus erkennbaren Umständen herleitbaren Gefährdung dieser Rechtsgüter erfolgen. Eine bloße Gefährdung der öffentlichen Ordnung, d.h. von ungeschriebenen Regeln, deren Befolgung nach den jeweils herrschenden sozialen und ethischen Anschauungen als unerlässliche Voraussetzung eines geordneten menschlichen Zusammenlebens innerhalb eines bestimmten Gebiets angesehen wird, rechtfertigt demgegenüber im allgemeinen ein Versammlungsverbot nicht (BVerfG vom 26.1.2001 NJW 2001, 1409/1410; BVerfG vom 14.5.1985 = BVerfGE 69, 315/352 f.).

a) Die Antragsgegnerin hat das Versammlungsverbot zutreffend darauf gestützt, dass es sich bei der angemeldeten Versammlung um eine Tarnveranstaltung handelt, bei der mit einer konkreten Gefährdung der öffentlichen Sicherheit durch Verwirklichung von Straftaten nach § 130 Abs. 4 StGB zu rechnen ist. Der Begriff der öffentlichen Sicherheit umfasst den Schutz zentraler Rechtsgüter wie Leben, Gesundheit, Freiheit, Ehre, Eigentum und Vermögen des Einzelnen sowie die Unversehrtheit der Rechtsordnung und der staatlichen Einrichtungen. Eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit wird in der Regel angenommen, wenn eine strafbare Verletzung dieser Schutzgüter droht (BVerfGE 69, 315/352).

aa) Die Antragsgegnerin geht zu Recht davon aus, dass es sich bei der angemeldeten Versammlung um eine Tarnveranstaltung handelt, deren Thema "Jahrestag des Mauerfalls" nur vorgeschoben wurde, um einen thematisch sich hieraus ergebenden Datumsbezug für den 9. November zu nutzen und in Wirklichkeit der Hitler-Putschisten verherrlichend zu gedenken.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 18.8.2000 NJW 2000, 3053/3055) kann die Annahme einer getarnten Veranstaltung nur zur Grundlage eines Versammlungsverbots genommen werden, wenn die Versammlungsbehörde konkrete, auf diese Versammlung bezogene Indizien der Tarnabsicht hat und unter Berücksichtigung möglicher Gegenindizien begründet, warum diesen kein maßgebendes Gewicht beizumessen ist. Bei der Deutung des geplanten inhaltlichen Anliegens muss das Selbstbestimmungsrecht des Veranstalters über Art und Inhalt der Veranstaltung berücksichtigt werden. Die Beweislast für die Tarnung eines das Verbot rechtfertigenden Inhalts und damit eine täuschende Anmeldung liegt bei der Verwaltung. Die Tatsachenfeststellung fehlender Glaubwürdigkeit bedarf auch im Eilverfahren konkreter Anhaltspunkte, etwa des Hinweises auf frühere Täuschungen durch die Antragstellerseite (vgl. auch BayVGH vom 19.8.2005 Az. 24 CS 05.2217).

Die von der Antragsgegnerin im angefochtenen Bescheid angeführten konkreten Indizien genügen diesen Anforderungen. Insbesondere aus dem Ablauf der Veranstaltung des Antragstellers im Vorjahr am 9. November 2005 werden Gesinnung und Absicht des Antragstellers hinreichend deutlich. Diese Veranstaltung war mit ihrer rechtsextremen Teilnehmerschaft, der Transparentaufschrift "Wenn alle untreu werden, so bleiben wir doch treu! Für die Ehre unserer Väter", dem späten Entzünden von Fackeln und dem abschließenden Verlesen der Namen der Hitler-Putschisten durch den Antragsteller dramaturgisch so aufgebaut, dass diese Verlesung den zentralen Inhalt und Höhepunkt dieser Versammlung darstellen sollte. Die Prognose, dass die angemeldete Versammlung im Jahr 2006 ähnlich verlaufen solle und der Antragsteller mit dieser Inszenierung erneut seine rechtsextreme Gesinnung nach außen tragen werde, ist nach alldem nicht zu beanstanden. Einen konkreten Hinweis auf die wahre Absicht des Antragstellers bietet zusätzlich sein vom Vertreter des öffentlichen Interesses dargelegtes Verhalten bei einer Demonstration am 14. Oktober 2006 in Nürnberg anlässlich des 60. Jahrestags der Nürnberger Prozesse mit dem Motto "Recht statt Rache - Revision der Nürnberger Prozesse". Darüber hinaus spielt es für den Senat eine wesentliche Rolle, dass sich der Antragsteller bis heute in keiner Weise vom Ablauf der Versammlung am 9. November 2005 und der damaligen Verlesung der Namen der Hitler-Putschisten distanziert hat. Er hat auch nicht etwa von sich aus angeboten, in diesem Jahr auf eine derartige Verlesung zu verzichten. Die Bevollmächtigte des Antragstellers hat lediglich angedeutet, dass der Antragsteller einer entsprechenden Auflage Folge leisten, deren Rechtmäßigkeit aber in einem Hauptsacheverfahren überprüfen lassen werde. Auch diese Einlassung lässt auf die wahren Absichten des Antragstellers schließen. Den Schlussfolgerungen aus dem Verlesen der Namen der Hitler-Putschisten kann auch nicht dadurch entgegengetreten werden, dass diese Namen zahlenmäßig aufgerechnet werden mit der höheren Zahl der ebenfalls verlesenen Namen von Maueropfern. Die von der Antragstellerseite versuchte prozentuale Gewichtung der beiden Namensgruppen zueinander wird dem inhaltlichen Gewicht entsprechender Äußerungen nicht gerecht und vermag die Prognose über die wahre Intention des Antragstellers nicht zu entkräften. Vielmehr liegt es nahe, die Verlesung der Namen der Maueropfer - ebenso wie das vorgeschobene Versammlungsmotto - als bloße Tarnung und Kaschierung der wahren Absichten der Versammlung anzusehen.

bb) Der angefochtene Bescheid geht zutreffend davon aus, dass bei der - entgegen dem vorgeschobenen Motto - in Wirklichkeit zu erwartenden Versammlung hinreichend konkret Straftaten nach § 130 Abs. 4 StGB zu erwarten sind.

Nach dieser Vorschrift macht sich strafbar, wer den öffentlichen Frieden in einer die Würde der Opfer verletzenden Weise dadurch stört, dass er die nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft billigt, verherrlicht oder rechtfertigt. Trotz gegen die Verfassungsmäßigkeit dieser Vorschrift erhobener Bedenken (vgl. hierzu BVerfG vom 16.8.2005 DVBl 2005, 1262) geht der Senat im Eilverfahren nach wie vor von der Gültigkeit dieser Vorschrift aus (vgl. auch BayVGH vom 10.8.2005 BayVBl 2005, 755/756).

Die Strafnorm des § 130 Abs. 4 StGB ist als sog. Erfolgsdelikt mit drei Tatbestandsmerkmalen ausgestaltet (vgl. BVerfG vom 16.4.2005 BayVBl 2005, 594). Die Antragsgegnerin hat im angefochtenen Bescheid zutreffend ausgeführt, dass mit der Erfüllung aller drei Tatbestandsmerkmale zu rechnen ist.

Was die Billigung oder Verherrlichung der nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft angeht, wird auf die Ausführungen im angefochtenen Bescheid Bezug genommen. Der Antragsteller tritt dem in der Beschwerde zwar mit dem Argument entgegen, der "heute vergessenen Opfer" werde als toter Menschen gedacht werden, ungeachtet dessen, was die Toten vorher getan und welche Ziele sie verfolgt hätten, auch wenn sie Anhänger des Nationalsozialismus gewesen seien. Die Namen der Hitler-Putschisten können jedoch nicht aus ihrem historischen Kontext und ihrer besonderen symbolischen Bedeutung herausgelöst werden. Insoweit hat die Antragsgegnerin zutreffend darauf hingewiesen, dass der getöteten Hitler-Putschisten im Dritten Reich regelmäßig und in vielfältiger Weise jedes Jahr am 9. November, dem Staatsfeiertag "Und ihr habt doch gesiegt!", glorifizierend gedacht wurde. Anknüpfend daran wäre auch in diesem Jahr mit der Verlesung der Namen die Abgabe positiver Werturteile verbunden; die Personen würden in einen positiven Bewertungszusammenhang mit positiver Akzentuierung zum Schreckensregime des Dritten Reichs gestellt (vgl. Lenckner/Sternberg-Lieben in Schönke/Schröder, StGB, 27. Aufl. 2006, RdNr. 22 b zu § 130). Ein davon losgelöstes, anonymes Totengedenken würde demgegenüber völlig in den Hintergrund treten.

Ferner würde die Würde der Opfer verletzt. Da der Nationalsozialismus und seine Repräsentanten für vielfachen Mord, willkürliche Gewaltherrschaft, Menschenverachtung und Verbrechen gegen die Menschlichkeit stehen, ist in der Regel davon auszugehen, dass das Billigen, Verherrlichen oder Rechtfertigen der die NS-Gewaltherrschaft kennzeichnenden Menschenrechtsverletzungen den Achtungsanspruch sowie die Menschenwürde der Opfer verletzt (vgl. BayVGH vom 10.8.2005 a.a.O. S. 757; vgl. auch Lenckner/Sternberg-Lieben, a.a.O. RdNr. 22 d).

Schließlich ist konkret zu erwarten, dass der öffentliche Friede gestört würde.

Gestört ist der öffentliche Friede unter anderem dann, wenn das Vertrauen der Bevölkerung in die öffentliche Rechtssicherheit erschüttert wird, die Äußerung "auf die Betroffenen als Ausdruck unerträglicher Missachtung wirkt". Geeignetheit zur Friedensstörung liegt nach dem Sinn des Gesetzes aber nur dann vor, wenn die Äußerung vernünftigerweise eine der angeführten Reaktionen erwarten lassen muss (BGH vom 22.12.2004 NJW 2005, 689/691). Im vorliegenden Fall ist eine derartige Friedensstörung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit (vgl. dazu BayVGH vom 10.8.2005 a.a.O. S. 756) in erster Linie deshalb zu erwarten, weil die geplante Versammlung des Antragstellers zeitgleich unweit der feierlichen Einweihung der neuen Synagoge und des Jüdischen Gemeindezentrums am Sankt-Jakobs-Platz stattfinden würde. Das seit vielen Jahren geplante und nun vor der Eröffnung stehende Jüdische Zentrum soll jüdischem Leben im Münchner Stadtbild wieder einen würdigen Platz geben. Das Jüdische Zentrum war bereits durch das vereitelte rechtsextreme Sprengstoffattentat anlässlich der Grundsteinlegung besonders in den Fokus der Aufmerksamkeit gerückt worden. Die Eröffnung am historischen Datum des 9. November unter Teilnahme höchster Repräsentanten und weltweiter Aufmerksamkeit führt dazu, dass an diesem Tage der öffentliche Friede und das Vertrauen der Bevölkerung in die öffentliche Rechtssicherheit in besonderer Weise sensibilisiert sind und durch eine provokative, rechtsextreme Veranstaltung wie die des Antragstellers besonders intensiv beeinträchtigt und schneller als sonst gestört werden können. Es mag dahinstehen, ob die negative Berichterstattung über rechtsextreme Versammlungen und die Ablehnung derartiger Veranstaltungen in München als ehemaliger "Hauptstadt der Bewegung" - noch dazu am 9. November - durch die überwältigende Mehrheit der Münchner Bevölkerung für sich allein bereits eine derartige Friedensstörung mit sich bringen würden. Jedenfalls im Kontext mit der Eröffnung des Jüdischen Gemeindezentrums und der dadurch am 9. November 2006 entstehenden einmaligen Situation für München wäre eine derartige Störung des öffentlichen Friedens gegeben.

Im Ergebnis wäre also mit hinreichender Wahrscheinlichkeit mit der Erfüllung aller Tatbestandsmerkmale des § 130 Abs. 4 StGB und der Begehung entsprechender Straftaten zu rechnen.

Soweit der Antragsteller dem - wenn auch im Hinblick auf eine von der Antragsgegnerin ebenfalls angenommene Gefährdung der öffentlichen Ordnung - entgegenhält, dass seine Versammlung anders geartet sowie viel kleiner als die nationalsozialistischen Aufmärsche sei und nur eine Handvoll Menschen umfasse, ist dem schon entgegenzuhalten, dass der Antragsteller in der Anmeldung seiner Versammlung keine Teilnehmerzahl angegeben hat und entsprechende Angaben mangels seiner Teilnahme an einem Kooperationsgespräch auch nicht zu erhalten waren. Zudem würde eine nationalsozialistischen Aufmärschen gleichende äußere Ausgestaltung der Versammlung (z.B. Uniformierung etc.) zwangsläufig zu weiteren Straftaten (etwa gemäß § 86 a StGB und § 130 StGB) führen. Aus dem Unterlassen weiterer Straftaten kann der Antragsteller jedoch keinen rechtlichen Vorteil ziehen. Der Antragsteller wendet ferner zu Unrecht ein, seine Versammlung komme zeitlich und räumlich nicht in Konflikt mit der Einweihung des Jüdischen Zentrums. Da die Feierlichkeiten zur Einweihung des Jüdischen Zentrums bereits am Abend des 8. November beginnen und sich letztlich bis zum Abend des 9. November 2006 hinziehen, wäre eine vollständige zeitliche Überschneidung gegeben. Auch räumlich ist festzustellen, dass sich der Sankt-Jakobs-Platz (nicht wie der Antragsteller meint, die Jakobsstraße) nur wenige 100 m vom Marienplatz entfernt befindet und zum Marienplatz im übrigen auch deutlich näher liegt als zum Karlsplatz.

Der Antragsteller kann dem Versammlungsverbot ferner nicht entgegenhalten, dass er seine Versammlung bereits am 9. November 2004, also zu einem Zeitpunkt, als die Einweihung des Jüdischen Zentrums noch nicht feststand, angemeldet habe. Zum einen handelte es sich dabei um eine stereotype Sammelanmeldung für Versammlungen in den Jahren 2005 bis 2015. Zum anderen kann der grundsätzlich zu beachtende Vorrang für den Erstanmelder einer Versammlung - im Falle mehrerer in Konflikt stehender gegenläufiger Versammlungen - dann vernachlässigt werden, wenn - wie im vorliegenden Fall - wichtige Gründe dagegen sprechen (vgl. BVerfG vom 6.5.2005 NVwZ 2005, 1055).

b) Angesichts der zu erwartenden Gefährdung der öffentlichen Sicherheit kann dahingestellt bleiben, ob die von der Antragsgegnerin zur Begründung des Versammlungsverbots zusätzlich herangezogene Gefährdung der öffentlichen Ordnung hier ausnahmsweise ebenfalls ein Versammlungsverbot tragen würde. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist es nicht ausgeschlossen, ein Versammlungsverbot im Einzelfall auch auf eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung zu stützen (vgl. BVerfG vom 24.3.2001 NJW 2001, 2069/2071; BVerfG vom 23.6.2004 = BVerfGE 111, 147/157).

c) Das von der Antragsgegnerin ausgesprochene Versammlungsverbot ist auch verhältnismäßig, insbesondere kann die drohende Gefährdung der öffentlichen Sicherheit nicht durch geeignete Auflagen unterhalb der Schwelle des Versammlungsverbots verhindert werden. Um die zu erwartenden Straftaten zu verhindern, wäre schon räumlich und zeitlich eine so weit gehende Trennung der Versammlung des Antragstellers von der Einweihung des Jüdischen Gemeindezentrums erforderlich, dass die Veranstaltung des Antragstellers ein völlig neues Gepräge bekäme. Die Antragsgegnerin hat in ihrem Bescheid (S. 28) bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass eine so weitgehende Modifikation der angemeldeten Versammlung die Möglichkeiten von Auflagen überschreite und im Ergebnis letztendlich einem Versammlungsverbot gleichkäme. Darüber hinaus finden, wie von der Antragsgegnerin bereits im angefochtenen Bescheid und näher im Beschwerdeverfahren dargelegt wurde, am 9. November 2006 eine Reihe weiterer Veranstaltungen statt, mit denen die des Antragstellers bei einer zeitlichen und räumlichen Verlegung ebenfalls in Konflikt käme. Zudem hat der Antragsteller jegliche Kooperationsbereitschaft fehlen lassen, die es der Versammlungsbehörde überhaupt erst ermöglicht hätte, mögliche Alternativen für den Antragsteller auszuloten. Dabei verkennt der Senat nicht, dass der Grundsatz vertrauensvoller Kooperation im Versammlungsrecht nicht als Rechtspflicht zur Kooperation ausgestaltet ist (vgl. z.B. BVerfG vom 1.3.2002 NVwZ 2002, 982). Jedoch geht mangelnde Kooperationsbereitschaft des Veranstalters im Zweifel zu seinen Lasten (BVerfGE 69, 315/359).

Aus der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln vom 8. November 2004 (Az. 20 L 3046/04) lässt sich zugunsten des Antragstellers nichts herleiten, da der dieser Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt mit dem vorliegenden nicht vergleichbar ist.

d) Soweit sich der Antragsteller mit seinem Widerspruch und dem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO auch gegen das Verbot jeglicher Ersatzveranstaltungen am 9. November 2006 (Nr. 2 des Bescheids vom 19. Oktober 2006) wendet, ist er dem in seiner Beschwerde nicht im einzelnen entgegengetreten (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO).

2. Wegen der mangelnden Erfolgsaussichten des Widerspruchs des Antragstellers musste die Interessenabwägung im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO zu seinen Lasten ausgehen. Selbst wenn man aber im Hinblick auf die oben bereits erwähnten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen § 130 Abs. 4 StGB die Erfolgsaussichten seines Widerspruchs als offen ansehen wollte, müsste die Interessenabwägung nach Auffassung des Senats hier angesichts der besonderen Umstände des Einzelfalls zulasten des Antragstellers ausgehen. Dabei ist zwar der hohe Rang des Versammlungsgrundrechts in Art. 8 Abs. 1 GG zugunsten des Antragstellers zu berücksichtigen. Andererseits ist jedoch zugunsten der Allgemeininteressen die am 9. November 2006 in München aufgrund der Eröffnung des Jüdischen Gemeindezentrums gegebene besondere Ausnahmesituation zu berücksichtigen. Insoweit schließt sich der Senat der Argumentation der Antragsgegnerin im angefochtenen Bescheid (S. 24 f.) zur Gefährdung der öffentlichen Ordnung an. Dort ist die Entwicklung der jüdischen Gemeinde in München und die Entwicklung des neuen Jüdischen Zentrums im einzelnen dargestellt. Angesichts der überragenden Bedeutung dieses Zentrums für die Allgemeinheit und der einmaligen, sich nicht wiederholenden Situation der feierlichen Einweihung des Jüdischen Zentrums müsste ausnahmsweise sogar das Versammlungsgrundrecht des Antragstellers demgegenüber zurücktreten.

3. Die Beschwerde war deshalb mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren ergibt sich aus § 47 i.V.m. § 53 Abs. 3 Nr. 2, § 52 Abs. 2 GKG.

Diese Entscheidung ist nicht anfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO.

Ende der Entscheidung

Zurück