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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 17.08.2007
Aktenzeichen: 24 CS 07.2038
Rechtsgebiete: VersG, VwGO, GG


Vorschriften:

VersG § 15
VwGO § 80 Abs. 5
GG Art. 5
GG Art. 8
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

24 CS 07.2038

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Versammlungsrechts; (Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO);

hier: Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 15. August 2007,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 24. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Kersten, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Simmon, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Eich

ohne mündliche Verhandlung am 17. August 2007

folgenden Beschluss:

Tenor:

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Antragsteller meldete beim Landratsamt Forchheim einen Aufzug bzw. eine öffentliche Versammlung unter freiem Himmel in Gräfenberg für den 18. August 2007 mit dem Thema "Denkmäler sind für alle da!" an.

Das Landratsamt Forchheim verbot mit Bescheid vom 10. August 2007 die angemeldete Veranstaltung sowie jede Form von Ersatzveranstaltungen im Zeitraum vom 17. bis 19. August 2007 und ordnete die sofortige Vollziehung der Verbote an. Hilfsweise traf sie für die Veranstaltung verschiedene Auflagen. Unter anderem wurde die Veranstaltung zeitlich auf den 15. September 2007 verlegt und örtlich vom Marktplatz auf den Platz am Aufgang zum Kriegerdenkmal. Eine zeitliche Beschränkung erfolgte auf die Zeit von 14.00 Uhr bis 18.00 Uhr. Außerdem wurde die Aufzugsstrecke neu festgelegt. Weitere Auflagen betrafen die Versammlungsleitung, die Ordner, die Kundgebungsmittel und anderes. Auch für die Auflagen wurde die sofortige Vollziehung angeordnet.

Zur Begründung führte das Landratsamt aus, nach Würdigung aller Tatsachen sei die für Gräfenberg angemeldete Veranstaltung als eine Ersatzveranstaltung der in Wunsiedel mit dem Thema "Gedenken an Rudolf Heß" geplanten und verbotenen Veranstaltung zu werten. Dies ergebe sich daraus, dass u.a. die in Gräfenberg geplante Veranstaltung zeitlich nahezu deckungsgleich sei mit der Anmeldung für Wunsiedel, dass Wunsiedel und Gräfenberg lediglich 120 km voneinander entfernt seien, dass die nunmehr geplante Versammlung wesentlich von den ansonsten monatlich in Gräfenberg durchgeführten Versammlungen sowohl in örtlicher als auch in zeitlicher Hinsicht abweiche, dass mehr Teilnehmer als üblich zu erwarten seien und entgegen der sonstigen Praxis eine hochrangige Rednerliste vorliege. Schließlich seien beim jetzigen stellvertretenden Versammlungsleiter 34 Flugblätter mit Heßbezug sichergestellt worden sowie bei einer bei derselben Person durchgeführten Hausdurchsuchung 600 weitere identische Flugblätter. Das Verbot der Ersatzveranstaltung ergebe sich aus den gleichen Erwägungen wie das Verbot der Veranstaltung in Wunsiedel.

Sollte die Rechtsauffassung des Landratsamts durch die Gerichte nicht bestätigt werden und die Veranstaltung durchgeführt werden dürfen, sei die Festsetzung von Auflagen erforderlich. Die zeitliche Verlegung auf dem 15. September 2007 sei dadurch begründet, dass ansonsten die Gefahr bestehe, dass die angemeldete Versammlung zu einer Ersatzveranstaltung für die in Wunsiedel verbotene Heßkundgebung umfunktioniert werde und der unmittelbare zeitliche Zusammenhang zum 20. Todestag von Rudolf Heß die Gräfenberger Bürger provozieren werde, zumal diese durch die seit Ende 2006 monatlich erfolgenden Aufzüge der NPD oder deren Jugendorganisation ohnehin schon in erheblichem Maße vorbelastet seien. Die örtliche Verlegung vom Marktplatz auf den Aufgang zum Kriegerdenkmal sei zumutbar und verhältnismäßig, nachdem dort bisher immer die Kundgebungen der NPD stattgefunden hätten und dies zum Versammlungsthema passe. Zum anderen finde eine Gegendemonstration mit einer Teilnehmerzahl von ca. 500 Leuten im gleichen Zeitrahmen statt. Nur durch die örtliche Trennung sei die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu gewährleisten. Es sei deshalb verhältnismäßig, die Antragstellerin auf den Platz zu verweisen, wo sie auch sonst in der Vergangenheit demonstriert habe. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Bescheid vom 10. August 2007 Bezug genommen.

Mit Schriftsatz vom 13. August 2007 hat der Antragsteller Klage gegen den Bescheid vom 10. August 2007 erhoben und Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO gestellt mit dem Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners wieder herzustellen. Zur Begründung wurde im wesentlichen vorgebracht, es handle sich keineswegs um eine getarnte Ersatzveranstaltung des verbotenen "Heß-Gedenkmarsches" in Wunsiedel. Das Versammlungsverbot sei offensichtlich rechtswidrig. Aber auch die Auflagen verstießen gegen die Versammlungsfreiheit des Antragstellers.

Mit Beschluss vom 15. August 2007 stellte das Bayer. Verwaltungsgericht München die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen den Bescheid des Landratsamts Forchheim vom 10. August 2007 hinsichtlich dessen Teil B Ziff. I und Ziff. II Nr. 1 Buchst. a), b), c), d) und b) - richtig wohl e) - wieder her mit der Maßgabe, dass bei der Durchführung der Kundgebung in Versammlungsreden und Spruchchören sowie auf Transparenten oder sonstigen Kundgebungsmitteln Aussagen zu Rudolf Heß und insbesondere seinem Tod und Todestag zu unterbleiben haben. Im Übrigen lehnte es den Antrag ab.

Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht aus, es lägen keine hinreichend konkreten Anhaltspunkte dafür vor, dass es sich bei der vom Antragsteller geplanten Veranstaltung um eine Tarnveranstaltung handle. Selbst das Landesamt für Verfassungsschutz nehme nicht an, dass die Versammlung in Gräfenberg bundesweit als Ersatzveranstaltung für die verbotene Kundgebung in Wunsiedel dienen solle. Dafür spreche weder das Argument der räumlichen Nähe von Wunsiedel zu Gräfenberg noch die hochrangige Rednerliste. Zwar stelle der Umstand, dass gegenüber den sonstigen monatlichen Veranstaltungen in Gräfenberg diesmal der Wochentag und der vorgesehene Kundgebungsort etwas anders gewählt wurden, ein gewisses Indiz für eine Umwidmungsabsicht dar, jedoch könne dies auch darauf zurückgeführt werden, dass eine größere Anzahl von Rednern sowie eine Liedermacherin auftreten sollen. Auch eine Verwendungsabsicht der sicher gestellten Flugblätter mit Heß-Bezug für die streitgegenständliche Versammlung vom 18. August 2007 lasse sich den dem Gericht vorgelegten polizeilichen Erkenntnissen direkt nicht entnehmen. Es sei nicht ausgeschlossen, dass die Flugblätter bei einer anderen Kundgebung verwendet werden sollten. Aber auch wenn man die Auffassung vertrete, dass die vorliegenden Fakten für die Annahme einer Umwidmungsabsicht ausreichen, wäre deshalb kein Verbot der angemeldeten Versammlung erforderlich. Vielmehr lasse sich der Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung durch Auflagen hinreichend begegnen. Das Gericht halte es deshalb für angezeigt, die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage von der Auflage abhängig zu machen, bei der Durchführung der Versammlung jegliche Bezugnahme auf Rudolf Heß und seinen Tod bzw. Todestag zu unterlassen.

Aber auch die vom Landratsamt hilfsweise verfügten Auflagen erschienen zum Teil rechtswidrig. Die zeitliche Verlegung der Versammlung auf dem 15. September 2007 komme einem Versammlungsverbot weitgehend gleich. Sie sei nicht das einzig geeignete Mittel zur Beseitigung der angenommenen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Aber auch die örtliche Verlegung vom Marktplatz zum Platz am Aufgang zum Kriegerdenkmal begegne rechtlichen Bedenken. Der Anmelder einer Versammlung könne den Versammlungsort grundsätzlich selbst bestimmen. Er brauche sich nicht auf früher gewählte Veranstaltungsorte verweisen lassen. Hinsichtlich der Gegendemonstration habe die Versammlungsbehörde die Aufgabe, bei konkurrierenden Versammlungen diese nach sachgerechten Kriterien zu trennen. Dies sei hier nicht erfolgt. Den vorgelegten Unterlagen lasse sich die Anmeldung einer Gegendemonstration nicht entnehmen. Eine solche sei erst nach dem Kooparationsgespräch am 7. August 2007 angemeldet worden. Sollte die Gegendemonstration von der Stadt Gräfenberg oder den Stadtratsfraktionen organisiert sein, könnten diese das Grundrecht der Versammlungsfreiheit für sich nicht in Anspruch nehmen. Dass eine natürliche oder juristische Person eine Gegenkundgebung angemeldet habe, sei vom Antragsgegner nicht dargelegt worden. Aus den genannten Erwägungen sei auch die Festlegung der Aufzugstrecke nicht rechtens. Ermessensfehlerhaft erscheine zudem die zeitliche Beschränkung der Versammlung auf die Zeit von 14.00 Uhr bis 18.00 Uhr. Dass bei einer längeren Dauer die Gräfenberger Bürger über Gebühr belastet würden, rechtfertige nicht die Beschneidung der Dauer der Versammlung. Diese erstrecke sich nicht in die Nachtzeit, so dass die Gefahr einer übermäßigen Lärmbeeinträchtigung von Anwohnern nicht bestehe. Im Übrigen werde dieser durch weitere Auflagen Rechnung getragen. Die sonstigen Auflagen erwiesen sich aus Sicht des Gerichts als erforderlich. Insoweit sei der Antrag abzulehnen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragsgegners vom 16. August 2007, mit der dieser beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses den "Sofortvollzug des Bescheides" wiederherzustellen.

Zur Begründung wurde zunächst auf den Bescheid vom "10.7.2007" - gemeint ist wohl vom 10.8.2007 - verwiesen und ergänzend hinzugefügt, dass für den 18. August 2007 zwei weitere Versammlungsanmeldungen für Gräfenberg auf dem Marktplatz vorlägen, nämlich in der Zeit von 14.00 bis 18.00 Uhr die erwähnte Versammlung der Ortsverbände der CSU, FW und SPD sowie für die Zeit von 9.30 Uhr bis 13.45 Uhr eine Anmeldung durch Herrn Y. Z., die der linksautonomen Szene zuzuordnen sei.

Darüber hinaus trug der Antragsteller vor, die sichergestellten Flugblätter mit eindeutigem Bezug zu Rudolf Heß seien ein ganz eindeutiges Indiz dahingehend, dass die Versammlung an diesem Samstag vorbereitet werden sollte und damit eine getarnte Ersatzveranstaltung für Wunsiedel gegeben sei. Dies könne nicht dadurch entkräftet werden, dass in München eine Veranstaltung mit dem Thema Heß angemeldet sei. Das Verwaltungsgericht sei auch nicht auf die Bedeutung des Todestages von Rudolf Heß eingegangen und habe anders als in seiner Entscheidung zur Versammlung am 20. April 2007 nicht ausreichend die politische Bedeutung dieses Tages berücksichtigt. In diesem Zusammenhang werde erneut auf die Provokationswirkung der Versammlung an einem solchen in der öffentlichen Meinung rechtsextremistisch äußerst vorbelasteten Tag erinnert. Wolle die NPD dagegen an diesem Tag nicht Rudolf Heß gedenken, könne die Versammlung auch an einem anderen Tag stattfinden. Auch die Anmeldung der Gegenveranstaltungen mit Teilnehmerzahlen von 500 bzw. 200 Personen spreche für eine zeitliche Verschiebung, da andernfalls eine Begehung von Straftaten zu befürchten sei und die öffentliche Sicherheit damit unmittelbar gefährdet sei. Unabdingbar sei auch die örtliche Auseinanderlegung der Versammlungen. Nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichts müssten derzeit alle Veranstaltungen auf dem Marktplatz stattfinden. So viele Teilnehmer könne der Marktplatz aber faktisch nicht fassen. Der Antragsteller sei daher auf den Jägersberg zu verweisen. Der Argumentation des Verwaltungsgerichts Bayreuth, dass die Stadt Gräfenberg die Gegendemonstration veranstalte und damit nicht Grundrechtträger sei, könne nicht gefolgt werden. Die Gegendemonstration sei von Ortsverbandsparteien angemeldet worden.

Die Landesanwaltschaft Bayern führte ergänzend aus, der Marktplatz der Stadt Gräfenberg sei zu klein, um alle drei Veranstaltungen aufnehmen zu können. Um Auseinandersetzungen zu vermeiden, müsse eine räumliche Trennung der Demonstrationen erfolgen. Die mit 500 Personen größte Demonstrationsgruppe aus der Mitte der Gräfenberger Bürger könne nur am Marktplatz untergebracht werden, da es keinen anderen geeigneten Ersatzplatz gebe. Demzufolge müsse die Gruppierung des Antragstellers auf einen anderen Ort verlegt werden.

Der Antragsteller beantragte die Verwerfung der Beschwerde des Antragsgegners und führte aus, die Gegendemonstrationen seien lediglich dazu da, die Versammlung des Antragstellers zu verhindern. Es sei deshalb ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gestellt worden mit dem Ziel, die konkurrierenden Versammlungen zu verbieten.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsakte Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Der Sachvortrag im Beschwerdeverfahren rechtfertigt weder eine Abänderung noch eine Aufhebung des angefochtenen Beschlusses des Bayer. Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 15. August 2007, wobei sich die Prüfung auf die dargelegten Gründe zu beschränken hat (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO).

Das Verwaltungsgericht Bayreuth hat die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers zu Recht wieder hergestellt, soweit im Bescheid des Antragsgegners vom 27. Juli 2007 die am 18. August 2007 in Gräfenberg geplante Veranstaltung des Antragstellers als Ersatzveranstaltung für die verbotene Heß-Kundgebung in Wunsiedel verboten worden ist (B I. d. Bescheides).

Das Verwaltungsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass von einer Tarnveranstaltung nur dann gesprochen werden kann, wenn hinreichend konkrete Anhaltspunkte für eine Umwidmung der angemeldeten Versammlung mit dem Thema "Denkmäler sind für alle da" in eine Heß-Kundgebung vorliegen. Das Verwaltungsgericht hat im Einzelnen dargelegt, dass keiner der vom Landratsamt angenommenen Umstände mehr als allenfalls ein gewisses Indiz für eine Umwidmungsabsicht darstellt, Vermutungen in dieser Richtung aber nicht ein Verbot der Versammlung rechtfertigen. Hiergegen wird in der Beschwerde lediglich vorgebracht, dass die beim stellvertretenden Versammlungsleiter sichergestellten Flugblätter mit Bezug zu Rudolf Heß ein "ganz eindeutiges Indiz" darstellen. Wie vom Verwaltungsgericht bereits zutreffend ausgeführt, reichen Indizien jedoch nicht aus, vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte für eine Umwidmung vorliegen. Solche sind aber nicht gegeben. Eine Verwendungsabsicht in Gräfenberg lässt sich nicht erkennen. Jedenfalls darf eine solche nicht von vornherein unterstellt werden. Unterstellungen können ein Versammlungsverbot nicht rechtfertigen.

Hinzu kommt für das Beschwerdeverfahren, dass das Verwaltungsgericht Bayreuth die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers nur unter der Maßgabe wieder hergestellt hat, dass bei der Kundgebung am 18. August 2007 keinerlei Aussagen zu Rudolf Heß gemacht werden. Selbst wenn eine versteckte Absicht bestanden hätte, Rudolf Heß doch noch zum Thema der Versammlung in Gräfenberg zu machen, ist dies nunmehr durch die Maßgabe des Verwaltungsgerichts ausgeschlossen. Der Antragsteller fügt sich offensichtlich dem Beschluss des Verwaltungsgerichts, denn von ihm liegt keine Beschwerde im Hinblick auf die angeordnete Maßgabe vor. Zu Recht weist das Verwaltungsgericht auch darauf hin, dass bei einem Verstoß gegen seine Maßgabe sofort die Veranstaltung aufgelöst werden kann. Auch der Senat ist der Auffassung, dass den Befürchtungen des Antragsgegners dadurch hinreichend Rechnung getragen wurde.

Das Verwaltungsgericht hat weiter zu Recht angenommen, dass die zeitliche Verlegung der Versammlung auf den 15. September 2007 weitgehend einem Versammlungsverbot gleichkäme. Da eine Tarnveranstaltung nicht vorliegt und zudem durch die Maßgabe des Verwaltungsgerichts eine Umwidmung der Veranstaltung wohl ausgeschlossen ist, entfällt auch ein Bezug zum Todestag von Rudolf Heß, der im Übrigen nicht der 18. August, sondern der 17. August ist. Eine Provokationswirkung, die über die sonstige Provokation der Bürger Gräfenbergs durch die ständigen Veranstaltungen der NPD in ihrem Ort hinausgeht, lässt sich nicht annehmen. Ob der Geburtstag von Rudolf Heß im Übrigen dem Geburtstag von Adolf Hitler vergleichbar ist, kann offen bleiben. Der Senat muß sich nämlich nicht mit einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts vom 20. April 2007 zur zeitlichen Verlegung einer am Geburtstag von Adolf Hitler geplanten Versammlung befassen, denn die dortige Problematik stellt sich im vorliegenden Fall nicht.

Soweit mit der Beschwerde auf die Gegenveranstaltungen verwiesen und dargelegt wird, dass auf dem Marktplatz nicht alle drei angemeldeten Versammlungen stattfinden könnten, ist zunächst klarzustellen, dass das Verwaltungsgericht lediglich über die im Bescheid des Landratsamtes vom 27. Juli 2007 verfügte Auflage unter II. 1. b zu entscheiden hatte, mit der die Versammlung des Antragstellers örtlich vom Marktplatz auf den Platz vor dem Aufgang zum Kriegerdenkmal verlegt wurde und damit von vornherein ausgeschlossen wurde, dass der Antragsteller Zugang zum zentralen Marktplatz erhält. Abgesehen davon, dass wohl entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts davon auszugehen ist, dass den Organisatoren beider angekündigter Gegendemonstrationen das Grundrecht der Versammlungsfreiheit zusteht, hat sich das Verwaltungsgericht zutreffend mit den vom Landratsamt für die Verlegung herangezogenen Kriterien befasst und diese als nicht sachgerecht angesehen. Dem stimmt der Senat zu. Dem Antragsteller konnte nicht das Recht vollständig abgesprochen werden, auf dem Marktplatz von Gräfenberg eine Versammlung abzuhalten. Andererseits unterliegt auch das Anliegen der Gegendemonstranten dem Schutzbereich der Art. 5 und 8 GG. Auch ihnen ist grundsätzlich, ungeachtet des Zeitpunkts der Anmeldung ihrer Versammlung, das Recht auf Abhaltung der Veranstaltung an einem von ihnen genannten Ort zu ermöglichen. Es ist nachvollziehbar, dass alle Organisatoren der beteiligten Gruppen ihre Veranstaltung auf dem Marktplatz, dem zentralen Platz in Gräfenberg, durchführen wollen und keine der Gruppierungen sich an den Randbereich drängen lassen möchte, zumal der dem Antragsteller zugewiesene Veranstaltungsort Am Jägersberg für die zu erwartende Teilnehmerzahl wohl zu klein ist (vgl. Schriftsatz d. Landesanwaltschaft Bayern vom 16.8.2007). Auch wenn eine örtliche Trennung der unterschiedlichen Gruppierungen aus der Sicht der beteiligten Polizeibehörde angeraten wird (vgl. Schreiben d. Polizeipräsidiums Oberfranken vom 16.8.2007 an die LAB), bedeutet dies nicht von vornherein, dass ausschließlich der Antragsteller auf einen anderen als den gewünschten Ort verwiesen werden darf. Vielmehr ist bei einer derartigen Kollision von grundrechtlich geschützten Rechtspositionen mehrerer Veranstalter die zuständige Versammlungsbehörde verpflichtet, einen gerechten Ausgleich herbeizuführen. In diesem Fall kann, wie das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 6. Mai 2005 (1 BvR 961/05, DVBl 2005, 969/970) zu einer örtlichen Verlegung einer Versammlung ausgeführt hat, das Selbstbestimmungsrecht durch Rechte anderer beschränkt sein: "In diesem Fall ist für die wechselseitige Zuordnung der Rechtsgüter mit dem Ziel ihres jeweils größtmöglichen Schutzes zu sorgen. Wird den gegenwärtigen Interessen Dritter oder der Allgemeinheit bei der Planung der angemeldeten Versammlung nicht hinreichend Rechnung getragen, kann die praktische Konkordanz zwischen den Rechtsgütern durch versammlungsbehördliche Auflagen hergestellt werden" (vgl. a. BayVGH vom 8.11.2005 BayVBl 2006, 185/186). Eine Ausrichtung allein am Prioritätsgrundsatz - nach der zeitlich früheren Anmeldung der Versammlung - wäre nicht zulässig. Der Prioritätsgrundsatz kann aber maßgebend werden, wenn die spätere Anmeldung allein oder überwiegend zu dem Zweck erfolgt, die zuerst angemeldete Versammlung an diesem Ort zu verhindern. Die zeitlich nachrangig angemeldete Veranstaltung hat allerdings nicht schon deshalb zurückzutreten, weil die geplante Versammlung des Erstanmelders einen Anstoß zur Durchführung der später angemeldeten Versammlung gegeben hat (BVerfG a.a.O.). Sollte deshalb die zeitgleiche Durchführung der Veranstaltungen auf dem Marktplatz von Gräfenberg tatsächlich eine Gefahr für die öffentliche Ordnung darstellen, was für den Senat mangels geeigneter Ortskenntnisse nicht feststellbar ist, ist es Pflicht der Versammlungsbehörde, einen sachgerechten Ausgleich zwischen den grundrechtlich geschützten Positionen der Veranstalter zu finden. Dabei ist allerdings zu beachten, dass die bis 13.45 Uhr auf dem Marktplatz angemeldete Veranstaltung des Y. Z. außer Betracht bleiben kann, denn das Versammlungsende dieser Veranstaltung liegt weit vor dem Beginn der Veranstaltung des Antragstellers auf dem Marktplatz, denn dessen Veranstaltung beginnt um 14.00 Uhr erst am Bahnhof. Eine Kollision kann deshalb lediglich zwischen der Veranstaltung des Antragstellers und derjenigen der Ortsverbände der Parteien Gräfenbergs stattfinden. In welcher Weise die zuständige Versammlungsbehörde dem festgestellten Konflikt begegnet, ist nicht Streitgegenstand im vorliegenden Verfahren. Im angefochtenen Bescheid hat sie sich jedenfalls nicht mit der Problematik, die nunmehr von der Polizei aufgegriffen wurde, beschäftigt. Allein das Argument, dass die NPD bisher immer am Aufgang zum Kriegerdenkmal demonstriert hat und die Bürgerinitiative immer auf dem Marktplatz, und dass deshalb ein Verweis des Antragstellers auf seinen bisherigen Veranstaltungsort verhältnismäßig sei, hat das Verwaltungsgericht zu Recht als ermessensfehlerhaft angesehen. Das Landratsamt wird sich nochmals mit dieser Frage befassen und einen gerechten Ausgleich finden müssen, um jeder der Gruppierungen einen zentralen Ort für seine Kundgebung zu sichern, gegebenenfalls durch eine örtliche oder zeitliche Teilung der Inanspruchnahme des Marktplatzes.

Aus den genannten Gründen war die Beschwerde mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.

Die Streitwertentscheidung beruht auf § 47, § 52 Abs. 2 und § 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Ende der Entscheidung

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