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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 29.09.2006
Aktenzeichen: 26 N 01.1038
Rechtsgebiete: BauGB


Vorschriften:

BauGB § 1 Abs. 3 a.F.
BauGB § 1 Abs. 6 a.F.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes

26 N 01.1038

In der Normenkontrollsache

wegen Ungültigkeit des Bebauungsplans Nr. ** "** **********".

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 26. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Renk, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Fießelmann, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Greve - Decker,

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 21. September 2006

am 29. September 2006

folgendes Urteil:

Tenor:

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Antragsteller darf eine Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Antragsgegnerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger ist Vollerwerbslandwirt, der Schweinemast betreibt. Ihm gehören die im Außenbereich zwischen den Ortsteilen Hörmannsberg und Ried gelegenen Grundstücke FlNrn. 1611 und 1620 der Gemarkung Hörmannsberg. Das ebenfalls im Außenbereich gelegene Grundstück FlNr. 1619 hat er gepachtet.

Auf dem Grundstück FlNr. 1620 befindet sich ein Schweinemaststall mit 1216 Mastplätzen und zwei Güllegruben.

Unter dem 12. Dezember 1997 wurden Bauanträge zur Errichtung von zwei Schweinemastställen mit jeweils 1992 Mastplätzen und zwei Güllegruben auf dem Grundstück FlNr. 1620 (Bauantrag Nr. A9701388) und auf dem Grundstück FlNr. 1611 (Bauantrag Nr. A701391) eingereicht. Die beiden Bauanträge wurden mit Bescheid des Landratsamts vom 24. Juli 1998 abgelehnt. Über die hiergegen gerichteten Anfechtungsklagen ist noch nicht entschieden. Die Antragsgegnerin und die Behörden befürchten eine unzumutbare Geruchsbelästigung der mit Bebauungsplan Nr. 9 "Ried West" festgesetzten Wohnnutzung.

Der Gemeinderat der Antragsgegnerin beschloss am 25. Februar 1998 die Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 12 "Am Kirchenweg". Der Geltungsbereich des am 6. März 2001 als Satzung beschlossenen Bebauungsplans umfasst die Grundstücke FlNrn. 1611, 1619 und einen Teil des Grundstücks FlNr. 1620. Der Bebauungsplan setzt für einen Teilbereich ein Sondergebiet mit der Zweckbestimmung "intensive Tierhaltung" fest. Allgemein zulässig sind nach Ziffer 2.2 der textlichen Festsetzungen "Anlagen zur Tierhaltung"; ausnahmsweise zulässig sind nach Ziffer 2.3 "sonstige landwirtschaftliche Nutzungen im Sinne des § 35 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 BauGB soweit sie nicht zu einer Erhöhung der nach Ziffer 2.2 zulässigen Emissionen beitragen." Im Sondergebiet ist ein Baufenster durch Baugrenzen festgesetzt. Die übrigen Flächen sind als Flächen für die Landwirtschaft und zugleich als Flächen, die von Bebauung freizuhalten sind, festgesetzt.

Planungsziele sind nach der Begründung des Bebauungsplans die ökologische Aufwertung entsprechend den Vorgaben der Regionalplanung, des Flächennutzungsplanes sowie des Arten- und Biotopschutzprogramms, die Erhaltung der bäuerlichen Kulturlandschaft, die Sicherung einer nachhaltigen städtebaulichen Entwicklung, dabei auch der Schutz der in Hörmannsberg und Ried wohnenden und arbeitenden Menschen vor Emissionsbeeinträchtigungen und der Schutz des Orts- und Landschaftsbildes. Die landschaftliche Trennung der Ortsteile Ried und Hörmannsberg soll erhalten bleiben. In den Zwischenräumen soll keine erhebliche weitere Bebauung stattfinden.

Zweck der Festsetzung des Sondergebietes sei es, den Bestand mit notwendigen Erweiterungen zu sichern, Möglichkeiten für Nutzungsänderungen zu schaffen, sowie zusätzliche Nutzungen im direkten Umfeld des derzeitigen Schweinestalles unterzubringen. Dazu seien die Baugrenzen deutlich über den genehmigten Bestand hinaus erweitert worden. Die Festsetzung diene dem Ziel, dem landwirtschaftlichen Betrieb einerseits Bestandssicherung und Erweiterungsmöglichkeiten zu bieten, andererseits eine Zersiedlung der Landschaft und eine Erhöhung der Emissionen zu verhindern.

Mit seinem Normenkontrollantrag vom 20. April 2001 macht der Kläger geltend, die Planung sei als "Negativ-Planung" unzulässig und im Übrigen nicht erforderlich. Die Regelungen des §§ 35 BauGB reichten aus, um eine geordnete städtebauliche Entwicklung sicherzustellen. Letztlich bedeute die Planung eine Entprivilegierung seines vorhandenen Betriebs. Die Antragsgegnerin habe bei der Entscheidung über den Inhalt des Bebauungsplans gegen das Abwägungsgebot verstoßen. Seine betrieblichen Erweiterungsabsichten seien nicht ausreichend berücksichtigt worden.

Der Antragsteller beantragt,

den Bebauungsplan Nr. 12 "Am Kirchenweg" der Antragsgegnerin vom 6. März 2001 für unwirksam zu erklären.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie ist der Auffassung, dass der Bebauungsplan materiell rechtmäßig sei. Eine unzulässige Negativplanung sei nicht anzunehmen. Sie verfolge mit der Planung positive städtebauliche Ziele. Danach solle der unbebaute Bereich zwischen den beiden Ortsteile von einer weiteren Bebauung freigehalten und nachhaltig ökologisch aufgewertet werden. Weiter solle eine zusätzliche Emissionsbeeinträchtigung der vorhandenen Wohnbaugebiete verhindert werden. Eine Verletzung des Abwägungsgebots liege nicht vor. Der Gemeinderat habe die Interessen des Antragstellers an einer betrieblichen Erweiterung gesehen. Seine Entscheidung, diese nicht in dem vom Antragsteller beabsichtigten Umfang zuzulassen, sei planerisch nicht zu beanstanden. Auf Grund ihrer Planungshoheit könne sie bestimmten Belangen den Vorrang einräumen. Sie habe im Sondergebiet durch die Festsetzung von Baugrenzen ausreichend Möglichkeit geschaffen, den vorhandenen Schweinemastbetrieb zu erweitern.

Zu der Frage, ob eine Erweiterung des bestehenden Mastschweinebetriebs durch die Errichtung eines oder weiterer Ställe auf der im angegriffenen Bebauungsplan als Sondergebiet mit der Zweckbestimmung "intensive Tierhaltung" festgesetzten und durch Baugrenzen beschränkten Fläche möglich ist, welche Möglichkeiten der Erweiterung bestehen und wie diese nach den betrieblichen Gegebenheiten zu bewerten sind, hat das Gericht Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens vom 29. Oktober 2004 sowie eines ergänzenden Gutachtens vom 4. August 2006 des Instituts für Landtechnik, Bauwesen und Umwelttechnik der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft in Freising. Diese Gutachten wurden jeweils in der mündlichen Verhandlung erläutert.

Wegen der übrigen Einzelheiten wird auf den Bebauungsplan sowie auf die vorgelegten Aufstellungsakten der Antragsgegnerin und die beiden Gutachten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der zulässige Antrag ist unbegründet. Ein rechtlich erheblicher Verstoß gegen Verfahrens- oder Formvorschriften liegt nicht vor. Der Bebauungsplan verstößt auch nicht gegen materielles Recht.

1. Der vom Antragsteller geltend gemachte Verstoß gegen das Erforderlichkeitsprinzip des § 1 Abs. 3 des Baugesetzbuches (hier anzuwenden gemäß § 244 Abs. 2 Satz 1 BauGB 2004 in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. August 1997 - BauGB 1997) ist nicht gegeben.

Der Bebauungsplan erfüllt die Anforderungen des § 1 Abs. 3 BauGB a.F. Danach haben die Gemeinden die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist.

Aus dem Erforderlichkeitsmerkmal lässt sich nicht ableiten, dass bauplanerische Festsetzungen nur zulässig sind, wenn sie zur Bewältigung einer bauplanungsrechtlichen Problemlage unentbehrlich oder gar zwingend geboten sind; vielmehr ist die Gemeinde schon dann zur Planung befugt, wenn sie hierfür hinreichend gewichtige städtebauliche Allgemeinbelange ins Feld führen kann (BVerwG, Beschluss vom 11.05.1999 - 4 BN 15.99 -, BauR 1999, 1136). Eine Planung ist nur dann nicht im Sinne dieser Vorschrift erforderlich, wenn sie von keiner erkennbaren Konzeption der Gemeinde getragen ist. An der Erforderlichkeit fehlt es in aller Regel erst bei groben oder einigermaßen offensichtlichen, von keiner nachvollziehbaren planerischen Konzeption getragenen Missgriffen (vgl. BVerwG, v. 22.1.1993, BauR 1993, 585, 587). Diese engen Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Der angegriffenen Planung liegt die städtebauliche Konzeption zugrunde, wonach zum einen das Zusammenwachsen der beiden Ortsteile Ried und Hörmannsberg verhindert, die landwirtschaftliche Bodennutzung erhalten und zum anderen Geruchsimmissionen aus der Intensivtierhaltung in den Baugebieten der Antragsgegnerin so gering wie möglich gehalten werden sollen.

Es fehlt an der Erforderlichkeit der Planung nicht wegen einer damit verfolgten unzulässigen Negativplanung. Festsetzungen in einem Bebauungsplan, insbesondere die Festsetzung von Flächen für die Landwirtschaft- wie hier -, sind nicht schon dann als Negativplanung wegen Verstoßes gegen § 1 Abs. 3 BauGB nichtig, wenn ihr Hauptzweck in der Verhinderung bestimmter städtebaulich relevanter Nutzungen besteht. Sie sind vielmehr nur dann unzulässig, wenn sie nicht dem planerischen Willen der Gemeinde entsprechen, sondern nur vorgeschoben sind, um eine andere Nutzung zu verhindern (BVerwG, Beschluss vom 18.12.1990, NVwZ 1991, 875ff). Eine Planung darf daher nicht nur das vorgeschobene Mittel sein, um einen Bauwunsch zu durchkreuzen. Auch eine Planung, die eine - aus der Sicht der Gemeinde drohende - Fehlentwicklung verhindern soll, kann einen Inhalt haben, der rechtlich nicht zu beanstanden ist. So liegt der Fall hier.

Der Antragsgegnerin ging es mit der Aufstellung des Bebauungsplans zwar im Wesentlichen darum, das gesamte Plangebiet wegen des ausgewiesenen Wohngebietes von weiteren Schweinemastställen freizuhalten und künftige Bauwünsche in dieser Richtung zu durchkreuzen. Der Bebauungsplan soll aber auch den Erhalt der bisher unbebauten, landwirtschaftlich genutzten Freiräume zwischen den beiden Ortsteilen sichern, die Intensivtierhaltung auf einen durch die Planung festgelegten Raum begrenzen und die Immissionen aus dieser Tierhaltung in den angrenzenden Baugebieten gering halten. Der Bebauungsplan verfolgt damit auch eine positive Zielrichtung.

Der erkennende Senat hat in diesem Zusammenhang in seinem Urteil vom 31. März 1999 (Az. 26 N 98.3297), mit welchem er über einen Normenkontrollantrag gegen die Veränderungssperre zur Sicherung der streitgegenständlichen Planung entschieden hat, u.a. folgendes ausgeführt:

"Dass nach der Stellungnahme des technischen Immissionsschutzes beim Landratsamt Aichach-Friedberg vom 28. Januar 1997 zwischen der mit dem Bebauungsplan Nr. 9 zugelassenen Wohnbebauung und dem vorhandenen Betrieb des Antragstellers keine nennenswerten Immissionskonflikte bestehen, und dass auch in Bezug auf den auf dem Grundstück FlNr. 1611 geplanten Stall der nach der VDI-Richtlinie 3471 erforderliche Abstand von 320 m nur um 15 m unterschritten wird, lässt ein durch die streitgegenständliche Veränderungssperre zu sicherndes Planungsbedürfnis im Sinne von § 1 Abs. 3 BauGB nicht entfallen. Es steht der Antragsgegnerin frei, in Ausübung ihres planerischen Ermessens Immissionsschutz für die im Ortsteil Ried vorhandene und - durch den Bebauungsplan Nr. 9 geplante - Wohnbebauung in einem über die Anforderungen der erwähnten Richtlinie hinausgehendem Maß vorzusehen. Dass sie hierzu Anlass sehen konnte, belegt die starke Ablehnung, auf die die Vorhaben des Antragstellers in der Bevölkerung gestoßen waren. In den Gründen der Bescheide vom 27. Juni 1998, in denen die Stallbauvorhaben des Antragstellers abgelehnt wurden, ist nämlich von rund 360 Einwendungen gegen die öffentlich bekanntgemachten Pläne die Rede."

An dieser Auffassung wird auch unter Berücksichtigung des Vorbringens des Antragstellers im Normenkontrollverfahren festgehalten.

Dem kann der Antragsteller nicht mit Erfolg entgegenhalten, für privilegierte Vorhaben i.S.d. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB habe der Gesetzgeber "sozusagen generell geplant", weshalb es eines zusätzlichen Bebauungsplans für solche Vorhaben nicht bedürfe. Weiter geht der Antragsteller zu Unrecht davon aus, dass eine dennoch durchgeführte Planung nicht zur "Entprivilegierung" führen dürfe. Denn die gesetzgeberische "Ersatzplanung" in § 35 BauGB gilt für solche Vorhaben nur für den Außenbereich und damit nur solange, als die Gemeinden nicht eigene verbindliche Planvorstellungen vorgeben.

Auch die Verbindung der Festsetzung von Flächen für die Landwirtschaft (§ 9 Abs. 1 Nr. 18 Buchst. a BauGB) mit der Festsetzung von nicht überbaubaren Flächen (§ 9 Abs. 1 Nr. 10 BauGB) ist erforderlich im Sinne von § 1 Abs. 3 BauGB. Die Antragsgegnerin wollte im Planbereich, mit Ausnahme der besonders festgesetzten Baufläche, die Errichtung von Gebäuden aller Art, also auch von solchen, die an sich im Außenbereich gemäß § 35 Abs. 1 BauGB privilegiert zulässig sind, verhindern. Mit einer Festsetzung nach § 9 Abs. 1 Nr. 18 Buchst. a BauGB allein ist dieses Ziel nicht zu erreichen. Denn diese Vorschrift enthält für sich kein allgemeines Bauverbot. Sie ermächtigt nicht auch dazu, die Zulässigkeit von Gebäuden, die der Landwirtschaft dienen, auf den für die Landwirtschaft festgesetzten Flächen auszuschließen. Bei der Festsetzung einer Fläche für die Landwirtschaft gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 18 Buchst. a BauGB kann die Gemeinde aber aufgrund des § 9 Abs. 1 Nr. 10 BauGB die zusätzliche Festsetzung treffen, dass die Fläche von einer Bebauung, und zwar (auch) mit landwirtschaftlichen Gebäuden, freizuhalten ist (vgl. BVerwG v. 27. Januar 1999 - Az: 4 B 129/98 - NVwZ 1999, 878 = BayVBl 1999, 410 und v. 17. Dezember 1998 - Az: 4 NB 4/97 - NVwZ 1999, 984 = DVBl 1999, 780 = BauR 1999, 608). Die Möglichkeit, nach § 9 Abs. 1 Nr. 10 BauGB von der Bebauung freizuhaltende Flächen festzusetzen, ist nicht auf Flächen innerhalb der Baugebiete beschränkt. Sie ist, nach Maßgabe städtebaulicher Erforderlichkeit (§ 1 Abs. 3 BauGB), allgemein gegeben. Die für diese (zusätzliche) Festsetzung erforderlichen städtebaulichen Gründe liegen vor.

2. Die Antragsgegnerin hat das in § 1 Abs. 6 geregelte Abwägungsgebot beachtet. Danach sind bei der Aufstellung der Bauleitpläne die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

Die Antragsgegnerin hat die Folgen ihrer Planung für die abwägungsbeachtlichen Interessen und Belange des Antragstellers gesehen. Der Gemeinderat war sich bewusst, dass dem Antragsteller als Eigentümer der im Plangebiet gelegenen Flächen durch den Bebauungsplan erhebliche Beschränkungen auferlegt werden. Denn die Festsetzung von Flächen, auf denen bauliche Anlagen nicht errichtet werden dürfen, ist eine besonders einschneidende Bestimmung von Inhalt und Schranken des Grundeigentums im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG. Das gilt auch für Flächen im Außenbereich, die grundsätzlich nur mit nach § 35 BauGB privilegierten Vorhaben bebaut werden dürfen. Der Gemeinderat hat nicht verkannt, dass er Festsetzungen trifft, die von der nach § 35 Abs. 1 BauGB geltenden Rechtslage abweichen. Er hat nicht übersehen, dass er mit der Festsetzung von Baugrenzen den ihm bekannten betrieblichen Erweiterungsinteressen des Antragstellers nicht im vollen Umfang Rechnung trägt.

Die Antragsgegnerin hat den Belangen des Antragstellers nicht zu wenig Gewicht beigemessen. Sie wollte, wie sich aus der Begründung des Bebauungsplans (unter § 2) und den Erläuterungen des Bürgermeisters in der mündlichen Verhandlung ergibt, den im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses vorhandenen Bestand des landwirtschaftlichen Betriebs des Antragstellers sichern und angemessene Erweiterungsmöglichkeiten schaffen. Um dieses Ziel zu erreichen, hat die Antragsgegnerin im Bebauungsplan Baugrenzen festgesetzt, die einerseits eine angemessene Erweiterung des Betriebes zulassen, die aber andererseits dem Wachstum des Betriebes Grenzen setzen. Diese Entscheidung ist nicht zu beanstanden. Die Antragsgegnerin war nicht gehalten, den Erweiterungswünschen des Antragstellers im vollen Umfang Rechnung zu tragen. Es ist unter Abwägungsgesichtspunkten zulässig, dass sie bei ihrer planerischen Entscheidung den Interessen des Antragstellers an der Erweiterung seines Betriebes über eine Bestandssicherung mit gewissen Erweiterungsmöglichkeiten hinaus eine Absage erteilt, weil für diese Entscheidung gewichtige andere, ebenfalls abwägungsbeachtliche Gründe sprechen.

Für die Antragsgegnerin war von erheblicher Bedeutung, die angrenzenden Gemeindeteile vor Geruchsbelästigungen aus der Schweinemast zu schützen. Ihr war bekannt, dass sich die Bewohner vorhandener Baugebiete über die Immissionen aus der vorhandenen Tierhaltung beschwert und sich im Aufstellungsverfahren vehement gegen eine Erweiterung der Intensivtierhaltung ausgesprochen hatten. Ihr oblag es gemäß § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB, bei der Entscheidung über den Inhalt des Bebauungsplans auch die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse zu berücksichtigen; hierzu gehört auch der Schutz vor Geruchsbelästigungen. Die Antragsgegnerin verstößt somit nicht gegen das Abwägungsgebot, wenn sie in dem Bereich zwischen den beiden Ortsteilen keine weiteren Schweinemastbetriebe zulassen und den Betrieb des Antragstellers auf eine gewisse Größenordnung beschränken will.

Zu Unrecht meint der Antragsteller, die (Planungs-) Entscheidung der Antragsgegnerin beruhe auf fehlerhaften Grundlagen. Der Antragsgegnerin kann nicht mit Erfolg vorgeworfen werden, sie habe die Geruchsbelästigungen aus dem geplanten Betrieb des Antragstellers überbewertet oder fehlerhaft prognostiziert. Möglicherweise hätte die vom Antragsteller beabsichtigte Erweiterung seines Betriebes nicht dazu geführt, dass die sich aus der VDI-Richtlinie 3471 ergebenden Abstände vom geplanten Emissionsschwerpunkt zur vorhandenen Wohnbebauung überschritten worden wären, wie der Antragsteller unter Hinweis auf das Gutachten vom 29. Oktober 2004 meint. Darauf kommt es jedoch nicht an. Die Antragsgegnerin durfte im Rahmen ihrer Planungsentscheidung den sich abzeichnenden Immissionskonflikt dadurch entschärfen, dass sie mit den Regelungen des Bebauungsplans einen größeren Schutz vor Geruchsbelästigungen anstrebt als der, der den sogen. Abstandsrichtlinien zugrunde liegt. Diese streben den Schutz geruchsempfindlicher Nutzungen vor ihnen nicht zumutbaren Belästigungen an. Eine legitime städtebaulich sinnvolle Planung kann aber schon vor der Schwelle der Unzumutbarkeit durch entsprechende Festsetzungen steuernd eingreifen, jedenfalls dann, wenn - wie hier - in Anbetracht der gegebenen Entfernungen der Spielraum bis zu spürbaren Geruchsbelästigungen verhältnismäßig gering ist.

Die Annahme der Antragsgegnerin, innerhalb der festgesetzten Baugrenzen sei eine angemessene Betriebserweiterung möglich, ist richtig. Das ergibt sich insbesondere aus dem ergänzenden Gutachten vom 4. August 2006 und dessen Erläuterung durch den Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung. Danach kann der Antragsteller, wenn er entsprechende Funktionsgebäude an der bestehenden Hofstelle nutzt, seinen Betrieb in dem vom Bebauungsplan dafür vorgesehenen Bereich um 2.600 Mastplätze erweitern. Maximal könnten Stallanlagen mit 3.400 bis 4.100 Schweinemastplätzen realisiert werden. Bei der Bewertung hat der Sachverständige den Betrieb des Antragstellers mit dem Durchschnitt der Spitzenbetriebe der Region Süd verglichen. Die Antragsgegnerin ist somit bei ihrer Entscheidung über die Festsetzung der Baugrenzen im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass bei Verwirklichung des Bebauungsplans eine mit Spitzenbetrieben vergleichbare Sicherung und Entwicklung des Betriebs des Antragstellers möglich ist.

Das Abwägungsergebnis ist auch nicht deshalb zu beanstanden, weil die Erweiterungsmöglichkeiten des Betriebs unter Berücksichtigung der gegenwärtigen Wachstumsdynamik erfolgreicher Schweinemastbetriebe an dem im Bebauungsplan zugelassenen Standort und geregelten Grenzen in etwa 10 bis 15 Jahren ausgeschöpft sein wird, wie der Sachverständige in dem ergänzenden Gutachten abschließend feststellt. Es mag durchaus zutreffen, dass ein Landwirt für die Planung von Betriebserweiterungen unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten eine Planungssicherheit über einen längeren Zeitraum als 10 Jahren braucht, u. a. um die mit der Erweiterung verbundenen Kosten durch entsprechende Finanzierungen und Zuschüsse oder anderen Subventionen abzusichern, wie der Bevollmächtigte des Antragsteller nachvollziehbar dargelegt hat. Dabei darf aber nicht übersehen werden, dass bei der Bauleitplanung allgemein ein Planungshorizont von etwa 10 bis 15 Jahren angenommen wird. Denn eine Gemeinde muss und darf in aller Regel bei der Aufstellung von Bauleitplänen Regelungen nur für einen überschaubaren Zeitraum treffen. Hier gilt nichts anderes. Sollte dem Antragsteller diese zeitliche Perspektive für seine Investitionsentscheidungen nicht ausreichen, so müsste er dies bei der Auswahl des Standortes für seinen Betrieb berücksichtigen.

3. Der Bebauungsplan ist mit den Anforderungen vereinbar, die § 11 BauNVO an die Festsetzung "sonstiger Sondergebiete" stellt.

Die Antragsgegnerin hat eine Teilfläche des Planbereichs als sonstiges Sondergebiet mit der Zweckbestimmung "intensive Tierhaltung" auf der Grundlage des § 11 Abs. 1 BauNVO festgesetzt. Danach können als sonstige Sondergebiete solche Gebiete festgesetzt werden, die sich von den Baugebieten nach den §§ 2 bis 10 BauNVO wesentlich unterscheiden. Das Plangebiet weist ein derartiges Unterscheidungsmerkmal auf. Es ist durch einen Festsetzungsgehalt gekennzeichnet, der sich keinem der in den §§ 2 ff. BauNVO geregelten Gebietstypen zuordnen lässt. Nach seiner Zweckbestimmung hebt sich das Sondergebiet deutlich von den klassifizierten Baugebieten ab. Anders als in einem Dorfgebiet, das nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BauNVO neben der Unterbringung der Wirtschaftsstellen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe auch dem Wohnen und der Unterbringung näher bezeichneter Gewerbe- und Handwerksbetriebe dient, sind nur landwirtschaftliche Nutzungen zulässig (zur Zulässigkeit der Festsetzung eines Sondergebietes für Tierhaltung vgl. BVerwG v. 28. Februar 2002 - Az: 4 CN 5/01 - DVBl 2002, 1121 = BauR 2002, 1348, Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg v. 26. Juni 1997- Az: 8 S 967/97 - NuR 1997, 599 = BRS 59 Nr. 4).

Da die Art der zulässigen Nutzung sich bei einem sonstigen Sondergebiet im Sinne des § 11 Abs. 1 BauNVO nicht wie bei den Baugebieten nach den §§ 2 bis 10 BauNVO aus einem normativ festgelegten Nutzungskatalog ergibt, muss die Gemeinde sie nach § 11 Abs. 2 BauNVO gesondert regeln. Dies ist in den Ziffern 2.2 und 2.3 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans geschehen. Danach sind Anlagen zur Tierhaltung allgemein und landwirtschaftliche Nutzungen im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 BauGB ausnahmsweise zulässig, "soweit sie nicht zu einer Erhöhung der nach Ziffer 2.2 zulässigen Emissionen beitragen". Diese Regelungen sind nicht zu beanstanden. Im Rahmen des § 11 BauNVO ist die Gemeinde weder an die in den §§ 2 bis 9 BauNVO aufgeführten Nutzungsarten noch an die in § 1 Abs. 4 bis 10 BauNVO für die normativ ausgestalteten Baugebiete eröffneten Differenzierungsmöglichkeiten gebunden. Vielmehr liegt die Definitionsmacht darüber, welche Anlagen zulässig oder ausnahmsweise zulassungsfähig sind, bei ihr. Sie kann die Art der baulichen Nutzung über die Möglichkeiten hinaus, die § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 9 BauNVO eröffnet, näher konkretisieren und zu diesem Zweck die Merkmale bestimmen, die ihr am besten geeignet erscheinen, um das von ihr verfolgte Planungsziel zu erreichen. Die Grundlage hierfür findet sich unmittelbar in § 11 BauNVO.

Nach den Festsetzungen des Bebauungsplans sind im Sondergebiet allgemein Anlagen zur Tierhaltung, also nicht nur landwirtschaftliche Tierhaltungen, sondern auch solche Tierhaltungen zulässig, die als Gewerbetriebe anzusehen sind. Das eröffnet dem Eigentümer die Möglichkeit, eine Intensivtierhaltung zu betreiben, deren Zulässigkeit sich im Einzelnen nach den Bestimmungen des Bundesimmissionsschutzgesetzes bemisst. Die Antragsgegnerin hat darauf verzichtet, im Bebauungsplan Festsetzungen zur Immissionsminderung zu treffen (zu den Festsetzungsmöglichkeiten bei Sondergebieten für emittierende Tierhaltungsbetriebe vgl. BVerwG v. 28. Februar 2002 - Az. 4 CN 5/01 - UPR 2002, 313= DVBl 2002, 1121 = ZfBR 2002, 574, Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg v. 7. Januar 1998 - Az. 8 S 1337/97 - DVBl 1998, 601 LS). Das erscheint unter Abwägungsgesichtspunkten unschädlich. Nach Lage der Dinge durfte sie die Problematik der Geruchsimmissionen dem jeweiligen Genehmigungsverfahren überlassen. Denn auf Grund der Stellungnahmen des Sachgebiets Immissionsschutz des Landratsamts zu den beiden Baugesuchen bezüglich weiterer Schweinemastställe steht fest, dass sich die Geruchsbelästigungen aus einer Intensivtierhaltung, wie sie nach den Festsetzungen im Sondergebiet zulässig ist, in den Baugebieten "in den Griff" bekommen lassen wird.

Andere Gründe, die zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans führen können, sind weder dargetan noch ersichtlich. Der Antrag ist daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO abzulehnen. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision sind nicht gegeben.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 60.000 EUR festgesetzt.

Gründe:

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 72 Nr. 1 Halbsatz 1 GKG n. F., § 13 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 6 GKG a. F.

Ende der Entscheidung

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