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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 25.09.2008
Aktenzeichen: 3 AE 08.2500
Rechtsgebiete: VwGO, BayBG


Vorschriften:

VwGO § 123
BayBG Art. 55 Abs. 6
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

3 AE 08.2500

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Hinausschiebens des Eintritts in den Ruhestand (Antrag nach § 123 VwGO);

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 3. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Läpple, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Dr. Burger-Veigl, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Weber

ohne mündliche Verhandlung am 25. September 2008

folgenden Beschluss:

Tenor:

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert wird für das Antragsverfahren auf 13.124,15 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Der am 1. Oktober 1948 geborene Antragsteller, Erster Polizeihauptkommissar (Besoldungsgruppe A 13), steht als Leiter der PI R********* im Dienst des Antragsgegners.

Mit Gerichtsbescheid vom 31. Juli 2008 wies das Verwaltungsgericht Regensburg die Klage des Antragstellers ab, die darauf gerichtet war, unter Aufhebung des ablehnenden Bescheids des Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom 10. April 2008 in Gestalt des Bescheides vom 8. Mai 2008 den Antragsgegner zu verpflichten, den Eintritt des Antragstellers in den Ruhestand gemäß seinem Antrag vom 25. Februar 2008 um zwölf Monate hinauszuschieben.

Die Voraussetzungen des Art. 55 Abs. 6 BayBG, nämlich dass die Fortführung der Dienstgeschäfte im dienstlichen Interesse liege, sei nicht erfüllt. Zur Begründung stellte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen auf die im sog. "Negativkatalog" des Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom 9. März 1999 enthaltenen Negativkriterien (hier: schlechte Beurteilung sowie konkret belegbare Anhaltspunkte für eine Störung des Betriebsfriedens) ab, durch die der Rechtsbegriff des dienstlichen Interesses im Hinblick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz ausgefüllt werde. Außerdem sei der Dienstposten des Antragstellers gut geeignet, Beamte unterzubringen, die von einer Auflösung von Polizeidirektionen betroffen seien.

Der Antragsteller hat beantragt, die Berufung gegen den Gerichtsbescheid zuzulassen (Az.: 3 ZB 08.2386).

Mit Schriftsatz vom 9. September 2008 beantragte er gemäß § 123 VwGO,

unter Aufhebung des Bescheids vom 10. April 2008 in Gestalt des Bescheids vom 8. Mai 2008 den Eintritt des Antragstellers in den Ruhestand vorläufig bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache hinauszuschieben. Er habe einen Anspruch auf Hinausschieben des Ruhestands, wenigstens aber auf eine erneute fehlerfreie Ermessensentscheidung. Der Eintritt in den Ruhestand stehe mit Ablauf des 30. September 2008 unmittelbar bevor. Die Regelung des Art. 55 Abs. 6 BayBG diene auch den rechtlichen Interessen des Beamten, weil sich das Hinausschieben des Ruhestands auf nahezu sämtliche rechtliche Verhältnisse des Antragstellers (familiäres Umfeld, freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, dienstliches Wirken) auswirke. Zumindest bestehe ein Recht auf ermessensfehlerfreie Entscheidung. Bei der Feststellung eines dienstlichen Interesses müsse eine Einzelfallprüfung erfolgen. Negativkriterien lägen nicht vor. Die überdurchschnittlich geringen Fehlzeiten des Antragstellers und der Rückgang der Kriminalität im Bereich der Polizeiinspektion seien als Positivkriterien zu werten. Zumindest läge ein sog. "Mischfall" vor. Ermessensfehlerhaft habe der Antragsgegner die Ablehnung des Antrags allein mit der Beurteilung des Antragstellers begründet.

Der Antragsgegner hat beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Art. 55 Abs. 6 Satz 1 BayBG verleihe dem Beamten kein subjektiv öffentliches Recht auf Verlängerung der Lebensarbeitszeit. Maßstab für die Entscheidung über die Verlängerung sei allein, ob diese im dienstlichen Interesse liege. Das Negativkriterium der schlechten Beurteilung richte sich nicht abstrakt nach der vergebenen Gesamtpunktzahl, sondern orientiere sich an der Vergleichsgruppe der beurteilten Beamten, wo der Antragsteller unter 135 Beamten der Besoldungsgruppe A 13 auf dem 132. Platz eingereiht worden sei. Die für die Tätigkeit eines Inspektionsleiters maßgeblichen Einzelmerkmale wie Teamverhalten und Motivation und Förderung der Mitarbeiter seien lediglich mit sechs Punkten bewertet worden. Das bemängelte Führungsverhalten habe sich auch negativ auf den Betriebsfrieden ausgewirkt. Der freiwerdende Dienstposten werde für andere Beamte benötigt. So werde ab 1. Oktober 2008 ein für den Aufstieg vorgesehener Beamter die PI R********* für sechs Monate zur Erprobung der Führungseignung leiten. Es liege auch im dienstlichen Interesse, Beförderungsbewerbern eine berufliche Perspektive zu bieten, was wiederum gegen eine Verlängerungsoption des Antragstellers spreche.

Die Bescheide vom 10. April 2008 und vom 8. Mai 2008 könnten nur im Rahmen des Hauptsacheverfahrens aufgehoben werden. Ein Rechtsschutzbedürfnis für das Hinausschieben des Ruhestands bestehe auch nur bis 30. September 2009 und nicht bis zur Entscheidung in der Hauptsache.

Hinsichtlich der Einzelheiten des Vorbringens und des Sachverhalts wird auf die vorgelegten Behörden- sowie die Gerichtsakten einschließlich des erstinstanzlichen Hauptsacheverfahrens Bezug genommen.

II.

Der zulässige Antrag bleibt ohne Erfolg.

Der Antragsteller hat zwar im Hinblick auf seinen regulären Ruhestandsbeginn gemäß Art. 135 Satz 1 BayBG mit Ablauf des 30. September 2008 einen Anordnungsgrund, denn dem Begehren auf Hinausschieben des Ruhestands kann (sowohl im Eil- wie auch im Hauptsacheverfahren) nur stattgegeben werden, solange der Ruhestand noch nicht eingetreten ist (vgl. Weiß/Niedermaier/Summer/Zängl, BayBG, Erläuterung 14 g zu Art. 55; Beschluss des Senats vom 30.8.2007, Az. 3 CE 07.2028).

Der Antragsteller hat jedoch keinen Anordnungsanspruch.

Auf Antrag des Beamten kann gemäß Art. 55 Abs. 6 Satz 1 BayBG der Eintritt in den Ruhestand hinausgeschoben werden, wenn die Fortführung der Dienstgeschäfte im dienstlichen Interesse liegt.

Das dienstliche Interesse ist ein unbestimmter Rechtsbegriff mit Beurteilungsspielraum der Verwaltung. Seitens des Gerichts kann die ablehnende Entscheidung der Behörde folglich nur daraufhin überprüft werden, ob sachfremde Erwägungen angestellt wurden oder ob von der allgemeinen Verwaltungspraxis zum Nachteil des Beamten abgewichen wurde. Das dienstliche Interesse des Hinausschiebens des Eintritts in den Ruhestand liegt in der Optimierung des Personaleinsatzes und des Geschäftsablaufs. Dienstliches Interesse am Hinausschieben des Ruhestands setzt deshalb Personalbedarf der Verwaltung u n d persönliche Geeignetheit des Beamten zur Fortsetzung des Beamtenverhältnisses voraus. Erst wenn dieses dienstliche Interesse zu bejahen ist, ist der Ermessensrahmen für ein Hinausschieben des Ruhestands eröffnet.

Vorliegend ist nach Auffassung des Senats bereits das dienstliche Interesse zu verneinen. Im Rahmen der summarischen Prüfung des Eilverfahrens sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass das Bayerische Staatsministerium des Innern rechtsfehlerhaft von einer Personalsituation ausgegangen wäre, in der der freiwerdende Dienstposten des Dienststellenleiters der PI R********* anderweitig benötigt wird und dies - schlüssig - dahingehend konkretisiert, dass der freiwerdende Dienstellenleiterposten für konkurrierende jüngere Beamte, bzw. für sog. Unterbringungsfälle von Beamten aus Polizeidirektionen, die im Rahmen der Organisationsreform voraussichtlich Mitte 2009 aufgelöst werden, sowie für die Erprobung von Aufstiegsbeamten vorgesehen ist. Ebenfalls rechtsfehlerfrei hat der Antragsgegner die fehlende persönliche Geeignetheit des Antragstellers für eine Verlängerung der Dienstzeit u.a. damit begründet, dass - unter Zugrundelegung der Beurteilungen des Antragstellers - dieser sich von einem Gesamturteil von elf Punkten im Jahr 2003 auf ein Gesamturteil von neun Punkten im Jahr 2006 verschlechtert hat und dass der Antragsteller im Leistungsvergleich von 135 Beamten der Besoldungsgruppe A 13 (gehobener Dienst) den 132. Rang einnimmt. Auch zu berücksichtigen ist bei der Beurteilung der Leistung, dass die - doppelt gewichteten - Einzelmerkmale, die bei einem Inspektionsleiter von besonderer Bedeutung sind ("Teamverhalten", "Anleitung und Aufsicht" sowie "Motivation und Förderung der Mitarbeiter"), in der letzten Beurteilung jeweils nur mit sechs Punkten bewertet worden sind.

Da schon das dienstliche Interesse an der Fortführung der Dienstgeschäfte nicht gegeben ist, war der Ermessensrahmen für die "Kann"-Regelung des Art. 55 Abs. 6 Satz 1 BayBG nicht eröffnet.

Nur hilfsweise ist deshalb anzumerken, dass auch unter Zugrundelegung des sog. "Negativkatalogs" des Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom 9. März 1999, der dazu dient, auf der behördlichen Ebene eine einheitliche Ermessenshandhabung herzustellen, Ermessensfehler im Hinblick auf die - dargestellte - schlechte Beurteilung sowie im Hinblick auf das bestehende ungute Betriebsklima (vgl. hierzu z.B. Stellungnahme des Leiters der PD Landshut vom 18.6.2008, Bl. 77 des VG-Akts Az. RN 1 K 08.988) nicht erkennbar sind. Demgegenüber schlagen die vom Antragsteller geltend gemachten Positivkriterien (unterdurchschnittliche krankheitsbedingte Fehlzeiten, positive Entwicklung der Kriminalstatistik der PI R*********) nicht durch.

Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. Satz 2, § 53 Abs. 3 GKG, wobei im Eilverfahren stets die Hälfte des Hauptsachestreitwerts anzusetzen ist.

Ende der Entscheidung

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