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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 17.01.2008
Aktenzeichen: 3 BV 04.1452
Rechtsgebiete: BBesG, LstuV, HaushaltsG 2003/2004, BayVwVfG


Vorschriften:

BBesG § 27 Abs. 3
Bayerische Leistungsstufenverordnung (LstuV)
HaushaltsG 2003/2004 Art. 12
BayVwVfG Art. 48
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

3 BV 04.1452

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Rücknahme einer Leistungsstufe;

hier: Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 28. April 2004,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 3. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Thomas, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Dr. Burger-Veigl, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Weber

ohne mündliche Verhandlung am 17. Januar 2008

folgenden Beschluss:

Tenor:

I. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 28. April 2004 wird aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der am 29. April 1955 geborene Kläger steht als Lehrer an einer Grund- und Teilhauptschule im Dienst des Beklagten.

Mit Schreiben vom 11. November 2002 teilte das Staatliche Schulamt im Landkreis S.-B. dem Kläger mit, dass er aufgrund seiner herausgehobenen Leistungen für eine Verkürzung der derzeitigen Leistungsstufe ausgewählt worden sei und die zuständige Bezirksfinanzdirektion L. - BFD - die diesbezüglichen besoldungsrelevanten Schritte vornehmen werde. Gleichzeitig bat das Staatliche Schulamt die BFD, dem Kläger gemäß § 2 der Bayerischen Verordnung über das leistungsabhängige Aufsteigen in den Grundgehaltsstufen (Leistungsstufenverordnung - LStuV) vom 20. Februar 1998 (GVBI S. 62), geändert durch § 2 der Verordnung vom 15. Dezember 1998 (GVBI S. 1017) ab 1. Januar 2003 das Grundgehalt der nächsthöheren Stufe zu gewähren.

Durch Art. 12 des Haushaltsgesetzes - HG - 2003/2004 (GVBI 2002 S. 937) erhielt § 7 der LStuV folgenden Absatz 2:

"Die vorstehenden Vorschriften finden für die Beamten des Freistaates Bayern ab dem 1. Januar 2003 keine Anwendung. Für im Dezember 2002 gewährte Leistungsstufen gelten die Vorschriften dieser Verordnung in der bis zum 31. Dezember 2002 geltenden Fassung weiter."

Die BFD teilte der Regierung von N. - Regierung - am 13. Januar 2003 mit, dass die Anordnung der Leistungsstufe zum 1. Januar 2003 nicht vollzogen werde. Die Regierung bat unter dem 22. Januar 2003 das Staatliche Schulamt, den Kläger von der Neuregelung in Kenntnis zu setzen. Das Staatliche Schulamt verständigte den Kläger am 16. Januar 2003 zunächst mündlich und am 10. Februar 2003 schriftlich davon, dass er durch die neue Rechtslage nicht mehr für die Gewährung einer Leistungsstufe berücksichtigt werden könne.

Den Widerspruch des Klägers vom 6. März 2003 wies die Regierung mit Widerspruchsbescheid vom 22. Mai 2003 zurück. Infolge der Änderung der Rechtslage durch das HG 2003/2004 sei der Bescheid der Regierung vom 11. November 2002 rechtswidrig und könne nach Art. 48 BayVwVfG zurückgenommen werden.

Der Kläger erhob dagegen am 20. Juni 2003 Klage zum Verwaltungsgericht und trug zur Begründung insbesondere vor, den Ländern sei es verwehrt, § 27 Abs. 3 BBesG bis auf weiteres durch Nicht-Erlass der Rechtsverordnung auszusetzen. Die Verordnungsgeber hätten nicht die Möglichkeit, über die Frage des "Ob" der Gewährung von Leistungszulagen zu entscheiden, was aber durch Art. 12 HG 2003/2004 geschehen sei. Für den Fall der Aussetzung einer bereits erlassenen Verordnung müsse das Gleiche gelten. Außerdem sei dem Kläger die Leistungsstufe mit Schreiben vom 11. November 2002 ab 1. Januar 2003 gewährt worden. Er falle daher unter die Übergangsregelung des § 7 Abs. 2 Satz 2 LStuV. Ferner stelle die zu einem späteren Zeitpunkt erfolgte Änderung durch das HG 2003/2004 einen Verstoß gegen die im Rechtsstaatsprinzip verankerten Grundsätze von Rechtssicherheit und Vertrauensschutz dar. Es sei von einer unzulässigen echten Rückwirkung auszugehen. Im Übrigen müsse ein nach Art. 48 BayVwVfG zurückzunehmender Verwaltungsakt von Anfang an rechtswidrig sein.

Das Bayer. Staatsministerium der Finanzen - StMF - gehe in einem Schreiben vom 18. Februar 2002 selbst von rechtmäßigen Vergabeentscheidungen aus, die zu widerrufen seien. Nach § 2 Abs. 3 Satz 1 LStuV sei die Festsetzung einer Leistungsstufe aber unwiderruflich.

Der Beklagte begründete seinen Antrag auf Klageabweisung u. a. damit, schon die historische Entwicklung in der Gesetzgebung bestätige seinen Rechtsstandpunkt, denn der Bund sei der Auffassung (gewesen), dass es den Ländern überlassen bleibe, ob und wann sie die Umsetzung der Leistungsstufenregelung verwirklichten. Nur so lasse sich erklären, dass es in einem Teil der Länder überhaupt noch keine Leistungsstufenverordnung gebe und andere Länder zwar Verordnungen erlassen, davon aber den staatlichen Bereich ausgenommen hätten. Für die Frage der Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit des Bescheids vom 11. November 2002 komme es auf den Zeitpunkt der Gewährung der Leistungsstufe (1.1.2003) an. Zu diesem Zeitpunkt sei der Bescheid rechtswidrig und damit nach Art. 48 BayVwVfG rücknehmbar gewesen.

Das Verwaltungsgericht hob mit Urteil vom 28. April 2004 DM den angefochtenen Bescheid vom 10. Februar 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Mai 2003 auf und verpflichtete den Beklagten, dem Kläger ab 1. Januar 2003 Grundgehalt der BesGr. A Stufe 12 zu gewähren und die monatlichen Differenzbeträge zur Stufe 11 für die Zeit vom 1. Januar 2003 bis 31. März 2004 einschließlich der anteiligen Jahressonderzuwendung 2003 nebst Prozesszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus diesen Beträgen ab Rechtshängigkeit bzw. späterer Fälligkeit zu zahlen.

Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht aus, die Festsetzung der Leistungsstufe mit Schreiben des Staatlichen Schulamtes vom 11. November 2002 habe den Rechtscharakter eines begünstigenden Verwaltungsakts. Regelungsgehalt der Festsetzung sei die Gewährung der Leistungsstufe ab 1. Januar 2003, so dass der Kläger nicht unter die Übergangsregelung des § 7 Abs. 2 Satz 2 LStuV falle.

Die Aufhebung dieser Festsetzung durch den Bescheid des Staatlichen Schulamtes vom 10. Februar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids der Regierung vom 22. Mai 2003 sei jedoch rechtswidrig. Der durch Art. 12 HG 2003/2004 in die Leistungsstufenverordnung eingefügte § 7 Abs. 2 Satz 1 sei keine Rechtsgrundlage für die Aufhebung des begünstigenden Verwaltungsakts, denn er verstoße gegen § 27 Abs. 3 BBesG und sei daher nichtig. Nach Satz 5 dieser Norm würden die Bundesregierung und die Landesregierungen ermächtigt, jeweils für ihren Bereich zur Gewährung von Leistungsstufen und zur Hemmung des Aufstiegs in den Stufen nähere Regelungen durch Rechtsverordnung zu treffen. Der Verordnungsgeber habe nicht die Möglichkeit, über die Frage zu entscheiden, ob er die beiden Leistungselemente des Absatzes 3 der Norm einführen wolle oder nicht. Eine derartige Erweiterung der Ermächtigungsnorm ("Die Bundesregierung und die Landesregierungen werden ermächtigt, jeweils für ihren Bereich die Einführung und nähere Ausgestaltung der Gewährung von Leistungsstufen und der Hemmung des Aufstiegs in den Stufen durch Rechtsverordnung zu regeln.") sei vom Bundesrat angestrebt worden, habe aber keinen Eingang in das Gesetz gefunden. Der Bundestag habe die Übernahme dieses Vorschlags abgelehnt und die Fassung des Regierungsentwurfs beibehalten. § 27 Abs. 3 BBesG sei eine Vollregelung und unterscheide sich dadurch von anderen Ermächtigungsnormen des Bundesbesoldungsgesetzes, bei denen ausschließlich der Verordnungsgeber Adressat der Regelung sei, wie etwa § 42 a oder § 72 BBesG. Deswegen sei es den Ländern verwehrt, § 27 Abs. 3 BBesG bis auf weiteres durch Nichterlass der Rechtsverordnung auszusetzen.

Dem Verwaltungsgericht komme insofern auch eine Verwerfungskompetenz zu, ohne dass eine Vorlagepflicht nach Art. 100 GG bestehe, denn in Art. 25 HG 2003/2004 sei u.a. die Rückkehr zum einheitlichen Verordnungsrang angeordnet ("EntsteinerungsklauseI"). Es handle es sich bei § 7 Abs. 2 LStuV also um eine im Rang unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift.

Der Beklagte hat gegen dieses Urteil, das ihm am 4. Mai 2004 zugestellt wurde, am 25. Mai 2004 beim Verwaltungsgericht die von diesem zugelassene Berufung eingelegt und sie mit Schriftsatz vom 16. Juni 2004 begründet.

Er bringt insbesondere vor, die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts werde bereits vom Wortlaut des § 27 Abs. 3 BBesG nicht gedeckt. Eine Verpflichtung, von der Ermächtigungsnorm Gebrauch zu machen, bzw. eine zeitliche Vorgabe dafür seien dort nicht enthalten. Die Regelung sei entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts keine "Vollregelung", sondern ergänzungsbedürftig. Damit entscheide der Verordnungsgeber nicht nur über das "Wie", sondern auch über das "Ob". Die gegenteilige Meinung werde sowohl von der historischen Entwicklung als auch der vom Bund nicht widersprochenen Praxis eines Teiles der Länder bestätigt, in denen es überhaupt keine Leistungsstufenverordnungen gebe bzw. die in den dort bestehenden Verordnungen den staatlichen Bereich ausdrücklich ausgenommen hätten. Auch sei die Aussetzung der Leistungsstufen ein geeignetes Mittel zur Finanzierung eines anders strukturierten Hebungskonzepts, zumal sie seit ihrer Einführung vielfacher Kritik ausgesetzt gewesen seien und die in sie gesetzten Erwartungen nicht erfüllt hätten.

Unter diesen Umständen komme es nicht mehr darauf an, dass - entsprechend der zutreffenden Feststellung des Verwaltungsgerichts - der Kläger nicht unter die Übergangsregelung des § 7 Abs. 2 Satz 2 LStuV falle.

Die Rücknahme bzw. der Widerruf der so genannten Grundentscheidung des Staatlichen Schulamtes sei nicht nach § 2 Abs. 3 LStuV ausgeschlossen. Die Regelung betreffe nämlich nicht den Fall, dass die gesetzliche Grundlage für eine positive Entscheidung weggefallen sei, sondern nur den nachträglichen Wegfall der Fakten (also der Leistung des Beamten) für die Leistungsgewährung.

Die Auffassung des Klägers, wonach der Bescheid vom 11. November 2002 rechtmäßig gewesen sei (so dass keine Rücknahme, sondern lediglich ein Widerruf in Betracht komme), führe nicht zum Erfolg der Klage. Der Kläger werde nämlich durch diesen Bescheid nicht in seinen Rechten verletzt; denn ihm werde nichts genommen, was ihm ab 1. Januar 2003 zustehen würde. Gehe man von der Annahme des Klägers aus, dass der Bescheid rechtmäßig sei, dann komme ein Widerruf nach Art. 49 Abs. 2 Nr. 4 BayVwVfG in Betracht. Insofern bestehe aber ebenso wenig ein Vertrauensschutz des Klägers wie bei der Alternative des Widerrufs nach Art. 48 Abs. 2 BayVwVfG.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er vertritt die Auffassung, die Leistungsstufe sei dem Kläger mit Bescheid vom 11. November 2002 als Grundentscheidung "gewährt" worden, so dass für ihn die Übergangsregelung des § 7 Abs. 2 S. 2 LStuV in der Fassung des HG 2003/20004 zutreffe.

Im Übrigen verteidigt er das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts und wiederholt wesentliche Gesichtspunkte seines erstinstanzlichen Vorbringens unter Hinweisen auf die Entstehungsgeschichte der Ermächtigungsnorm und das Schrifttum. Hilfsweise wird - erneut und vertiefend - vorgetragen, Art. 48 BayVwVfG könne schon deshalb nicht Grundlage für die Rücknahme der Gewährung der Leistungsstufe sein, weil der Rücknahmebescheid zum Zeitpunkt seines Erlasses im Einklang mit dem Gesetz gestanden habe. Dies sei auch die Auffassung des StMF. Dies gehe aus dessen Schreiben vom 18. Dezember 2002 hervor. Nach dieser Anordnung seien Vergabeentscheidungen, wonach Leistungsstufen erstmalig ab Januar 2003 oder einem späteren Zeitpunkt gewährt (bezahlt) werden sollten, nicht möglich. Entsprechende, bereits getroffene Vergabeentscheidungen seien unverzüglich zu widerrufen. Ein solcher Widerruf setze aber nach Art. 49 VwVfG einen rechtmäßigen Verwaltungsakt voraus. Allerdings scheide er nach Auffassung des Klägers aus rechtlichen Gründen aus. Dies folge bereits aus der Spezialregelung des § 2 Abs. 3 Satz 1 LStuV.

Zudem könne der Kläger Vertrauensschutz (sowohl im Sinn des Art. 48 BayVwVfG als auch des Art. 49 BayVwVfG) für sich in Anspruch nehmen. Die Leistungsstufe sei ab dem 1. Januar 2003 gewährt worden, die Rücknahme aber erst mit Schreiben des Staatlichen Schulamtes vom 10. Februar 2003 erfolgt.

Mit Schreiben vom 27. November 2007 wurden die Beteiligten zu der Absicht des Gerichts gehört, gemäß § 130 a VwGO der Berufung durch Beschluss stattzugeben; dabei wurde auf die für den Senat maßgeblichen Erwägungen hingewiesen. Der Kläger hat sich daraufhin nochmals geäußert.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hält die Berufung einstimmig für begründet und eine mündliche Verhandlung für nicht erforderlich; die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen (§ 130 a VwGO). Die Beteiligten sind gemäß § 130 a Satz 2 i.V.m. § 125 Abs. 2 Satz 3 VwGO gehört worden. Eine weitere Anhörungsmitteilung war nach dem Schriftsatz des Klägers vom 3. Januar 2008 nicht erforderlich, weil wesentliche neue Tatsachen oder Gesichtspunkte nicht vorgetragen worden sind (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl. 2007, § 130 a RdNr. 5).

Das Verwaltungsgericht hat rechtsfehlerhaft den Aufhebungsbescheid des Beklagten vom 10. Februar 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Mai 2003 aufgehoben und den Beklagten verpflichtet, dem Kläger ab 1. Januar 2003 Grundgehalt der BesGr. A Stufe 12 zu gewähren sowie die in der Zeit vom 1. Januar 2003 bis 31. März 2004 zwischen Stufe 11 und 12 entstandenen monatlichen Differenzbeträge einschließlich der anteiligen Jahressonderzuwendung 2003 nebst den entsprechenden Prozesszinsen aus diesen Beträgen ab Rechtshängigkeit bzw. späterer Fälligkeit zu zahlen.

Rechtsgrundlage einer solchen Verpflichtung könnte nur die Leistungsstufenverordnung vom 20. Februar 1998 sein. Durch Art. 12 HG 20003/20004 wurde jedoch § 7 LStuV um einen Absatz 2 ergänzt, nach dessen Satz 1 "die vorstehenden Vorschriften für die Beamten des Freistaates Bayern ab dem 1. Januar 2003 keine Anwendung finden". Damit wurde die Anwendung der gesamten Leistungsstufenverordnung ab diesem Datum (abgesehen von den Fällen, in denen sie für Dezember 2002 gewährt worden war) ausgesetzt.

Die Übergangsregelung des § 7 Abs. 2 Satz 1 LStuV ist nicht zugunsten des Klägers anwendbar. Sie soll nämlich nach dem klaren Wortlaut und nach dem erkennbaren Zweck einen Besitzstand wahren, der durch im Dezember 2002 tatsächlich zu leistende Zahlungen bereits realisiert ist. Dem Kläger hingegen ist die Leistungsstufe nicht "im Dezember 2002" gewährt worden. Ist der gewährende Bescheid auch bereits vor dem Dezember 2002 ergangen, so sollte nach dessen eindeutigem Inhalt die Leistungsstufe 12 erst mit Wirkung vom 1. Januar 2003 erfolgen und demnach der Zeitraum der Leistungsgewährung auch erst ab dem 1. Januar 2003, also nach dem Dezember 2002 beginnen.

Für den begünstigenden Bescheid des Staatlichen Schulamtes vom 11. November 2002 ist damit nach seinem Ergehen, aber vor dem Beginn des Zeitraums, in dem er für die Besoldung zu berücksichtigen sein sollte, die Rechtsgrundlage (§ 2 Abs. 1 BBesG) entfallen. Der belastende Ausgangsbescheid vom 10. Februar 2003, in dem das Staatliche Schulamt dem Kläger mitgeteilt hat, dass er bezüglich der Gewährung einer Leistungsstufe nicht mehr berücksichtigt werden könne, und der dies bestätigende Widerspruchsbescheid der Regierung von 22. Mai 2003, der die Rücknahme des gewährenden Verwaltungsakts auf Art. 48 BayVwVfG stützt, entsprechen dieser materiellrechtlichen Rechtslage.

Das Verwaltungsgericht erachtete allerdings in seinem angefochtenen Urteil unter Bejahung der tatbestandsmäßigen Voraussetzungen für die Zuerkennung der Leistungsstufe beim Kläger aufgrund einer Inzidenzprüfung die Aussetzung der Leistungsstufenverordnung in ihrem Vollzug wegen Verstoßes gegen § 27 Abs. 3 BBesG für rechtlich unzulässig und nahm (unter Berücksichtigung der in Art. 25 des Haushaltsgesetzes 2003/20004 angeordneten Rückkehr zum einheitlichen Verordnungsrang - "Entsteinerungsklausel") seine Verwerfungskompetenz für den nachträglich eingefügten § 7 Abs. 2 Satz 1 LStuV an. In Anwendung dieser Kompetenz ging es von einer fortdauernden Anwendbarkeit der Leistungsstufenverordnung über den 31. Dezember 2002 hinaus aus. Daraus folgerte es, dass eine Rechtsgrundlage für den belastenden und angefochtenen Ausgangs- und Widerspruchsbescheid nicht gegeben sei, so dass es bei der ursprünglichen Gewährung der Leistungsstufe verbleiben müsse.

Das Verwaltungsgericht schloss demnach aus dem von ihm gesehenen Verstoß einer im Rang unter einem förmlichen Gesetz stehenden Rechtsnorm gegen deren Ermächtigungsnorm ohne weiteres auf den Wegfall der nachrangigen Norm und weiter auf das Wiederaufleben der Anwendbarkeit der durch sie ab einem bestimmten Zeitpunkt für unanwendbar erklärten Regelungen. Damit ließ es jedoch unter Verstoß gegen materielles Recht außer acht, dass § 27 Abs. 3 BBesG dem Verordnungsgeber zumindest (insoweit unstreitig) einen Gestaltungsspielraum hinsichtlich des "Wie" der näheren Einzelheiten für die Vergabe von Leistungsstufen einräumt (vgl. insoweit die auch vom Verwaltungsgericht als zutreffend zitierte Kommentarliteratur; die zwischen den Beteiligten streitige Frage des "Ob" kann hier auf sich beruhen). Dies macht eine Betrachtung der in §§ 2 und 5 LStuV festgelegten Voraussetzungen und Modalitäten, bei denen durchaus auch andere - sachgerechte - Detailregelungen möglich wären, deutlich. Von einer Situation des Verordnungsgebers, die einer "Ermessensreduzierung auf Null" entspräche, kann demnach nicht ausgegangen werden.

Diese rechtliche Konstellation hat zur Folge, dass ein Gericht seine Kompetenz überschreitet und unzulässig in das dem Verordnungsgeber eröffnete Ermessen eingreift, wenn es den von diesem eindeutig zu erkennen gegeben Willen, die Verordnung ab einem Stichtag nicht anwenden zu wollen, ignoriert, ohne zu berücksichtigen, dass der Verordnungsgeber, wäre ihm die Rechtswidrigkeit der neu eingefügten Nichtanwendungsklausel bekannt (gewesen), möglicherweise eine andere Regelung getroffen hätte (bzw. rückwirkend treffen könnte), die eine Lösung zwischen der vollen Anwendbarkeit der bisherigen Norm und deren vollen Nichtanwendbarkeit beinhaltet. Ein Gericht hat in dieser Situation demnach weder die Möglichkeit, die Nichtanwendungsklausel aufzuheben und somit zu ignorieren (wie das Verwaltungsgericht dies getan hat), noch kann es (z. B. auf Grund einer ein Ermessen des Beklagten eröffnenden Norm - eine solche ist nämlich nicht vorhanden) unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide den Dienstherrn verpflichten, im vorliegenden Verfahren etwa unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

Indem der - gesetzlich zu normierende (§ 2 Abs. 1 BBesG) - Rechtsgrund für die Zuerkennung der Leistungsstufe und die Gewährung der darauf beruhenden Leistungen nach dem Ergehen des Bescheids über die zukünftige Gewährung der Leistungsstufe, aber vor dem Beginn der tatsächlichen Gewährung weggefallen ist, konnte der gewährende Verwaltungsakt, da nachträglich rechtswidrig geworden, nach Art. 48 Abs. 1, Abs. 2 Sätze 1 und 3 BayVwVfG - auch für die Vergangenheit - zurückgenommen werden.

Allerdings ist in der Regel Voraussetzung dafür, dass ein Verwaltungsakt nach Art. 48 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG zurückgenommen werden kann, dass er von Anfang an, also zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung, rechtswidrig ist (vgl. dazu Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl. 2008, RdNr. 56 zu § 48, Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 6. Aufl. 2001 RdNr. 59 zu § 48, jeweils m.w.N.). Dies war am 11. November 2002 nicht der Fall, denn damals war die Leistungsstufenverordnung in vollem Umfang anwendbar und der § 7 LStuV um einen Absatz 2 ergänzende Art. 12 HG 2003/2004 (vom 24.12.2002, GVBl Nr. 29/2002 S. 937) noch nicht erlassen. Auch bleiben Verwaltungsakte, deren Rechtsgrundlagen nachträglich wegfallen, grundsätzlich voll wirksam und werden auch nicht rechtswidrig. Insoweit kommt nur ein Widerruf nach Art. 49 Abs. 2 Nr. 4 BayVwVfG in Betracht. Eine andere rechtliche Situation ergibt sich jedoch, wenn durch Gesetz, etwa durch gesetzliche Überleitungsbestimmungen, etwas anderes bestimmt ist (vgl. zutreffend Kopp/Ramsauer a.a.O.).

Davon ist vorliegend auszugehen. Zwar trat der § 7 Abs. 2 LStuV einfügende Art. 12 HG 2003/2004 nach dessen Art. 27 Abs. 1 Satz 1 (erst) am 1. Januar 2003 in Kraft. Doch enthält der eingefügte § 7 Abs. 2 S. 2 LStuV eine gesetzliche Überleitungsbestimmung, die einen materiellrechtlich rückwirkenden Charakter hat. Denn er normiert hinsichtlich der bisherigen Fassung (also der Anwendbarkeit) der Verordnung ausdrücklich eine Weitergeltung (nur) für im Dezember 2002 gewährte Leistungsstufen. Damit ist - unausgesprochen, aber logisch zwingend - für die Fälle, in denen im Dezember 2002 Leistungsstufen nicht gewährt waren, das Gegenteil vorgeschrieben, also die Unanwendbarkeit der Leistungsstufenverordnung. Dies hat der Verordnungsgeber somit in Kenntnis dessen geregelt, dass sich eine Auswirkung auf bereits erlassene begünstigende Verwaltungsakte ergeben könnte. Er hat diese Rechtsfolge ersichtlich auch beabsichtigt mit dem erkennbaren Ziel, die Unanwendbarkeit der Leistungsstufenverordnung ab dem 1. Januar 2003 hinsichtlich bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht gewährter Leistungsstufen sicherzustellen.

Das bedeutet, dass dem Bescheid vom 11. November 2002 nachträglich die Rechtsgrundlage entzogen worden ist und dass dieser nunmehr bestehende Widerspruch zur materiellen Rechtslage sich so auswirkt, dass der Bescheid als von Anfang an rechtswidrig (geworden) anzusehen und dass auf ihn Art. 48 BayVwVfG anwendbar ist. Untermauernd für dieses rechtliche Ergebnis kann auf die insofern vergleichbare rechtliche Situation hingewiesen werden, dass der Umstand, dass durch Richterspruch mit Gesetzeskraft - etwa des Bundesverfassungsgerichts - eine Rechtsgrundlage für ungültig erklärt worden ist, zwar die Wirksamkeit der ergangenen Verwaltungsakte nicht unmittelbar berührt. Doch sind die betroffenen Verwaltungsakte, die auf die vom Gericht für ungültig oder unwirksam erklärte Norm gestützt werden, wegen fehlender Rechtsgrundlage von Anfang an rechtswidrig gewesen und können daher nach Art. 48 BayVwVfG zurückgenommen werden (vgl. auch hierzu Kopp/Ramsauer a.a.O. m.w.N.).

Der Senat sieht auch nicht in § 2 Satz 1 LStuV einen Hinderungsgrund für die Aussetzung des Vollzugs der Leistungsstufenverordnung und eine Zurücknahme des Gewährungsbescheids nach Art. 48 BayVwVfG. Dahingestellt bleiben kann, ob § 2 Satz 1 LStuV seinerseits im Hinblick auf § 7 Abs. 2 LStuV überhaupt greifen kann. Zumindest kann diese Vorschrift nicht dahingehend verstanden werden, dass sie auch für den Fall der Rechtswidrigkeit der Zuerkennung der Leistungsstufe Geltung beanspruche.

Der Kläger beruft sich im Hinblick darauf, dass die Leistungsstufe im Bescheid vom 11. November 2002 ab dem 1. Januar 2003 habe gewährt werden sollen, die Rücknahme des begünstigenden Verwaltungsakts aber erst mit Schreiben des Staatlichen Schulamtes vom 10. Februar 2003 erfolgt sei, auf Vertrauensschutz. Jedoch trägt er weder substantiiert vor noch ist sonst ersichtlich, inwiefern sein Vertrauen auf den Fortbestand des die Leistungsstufe gewährenden Verwaltungsakts, aufgrund dessen nie eine Auszahlung erfolgt ist, unter Abwägung mit den öffentlichen Interessen an einer Rücknahme im Sinn des Art. 48 Abs. 2 Sätze 1 und 2 BayVwVfG schutzwürdig sein sollte.

Schließlich kann der Kläger auch nicht ein Defizit bei der Ermessensausübung rügen; die Erwägungen im - insoweit maßgeblichen - Widerspruchsbescheid vom 22. Mai 2003 (dort auf S. 3, vorletzter Absatz) sind zwar knapp, aber inhaltlich hinreichend.

Nach alledem erweist sich die Rücknahme der Gewährung einer Leistungsstufe als rechtmäßig. Die Klage kann deshalb keinen Erfolg haben. Der Berufung ist somit unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils stattzugeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 Abs. 2 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Nichtzulassung der Revision: § 132 Abs. 2 VwGO in Verbindung mit § 172 BBG und § 127 BRRG.

Beschluss:

Der Wert des Streitgegenstandes für das Berufungsverfahren wird auf 1.347,10 Euro festgesetzt (§ 53 Abs. 1 GKG).

Ende der Entscheidung

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