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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 13.06.2007
Aktenzeichen: 3 CE 07.807
Rechtsgebiete: VwGO, BayBG, LbV


Vorschriften:

VwGO § 123
BayBG Art. 12 Abs. 2
LbV § 2
LbV § 3
LbV § 10 Abs. 1
Das anlässlich einer Stellenausschreibung festgelegte Anforderungsprofil eines nach den Grundsätzen der "Bestenauslese" zu besetzenden Dienstpostens bleibt für den Dienstherrn bei der Auswahl der Bewerber verbindlich (im Anschluss an BVerwG vom 16.8.2001 Az 2 A 3.00). Es ist ihm nicht gestattet, während des laufenden Besetzungsverfahrens die Anforderungen durch die Aufnahme zusätzlicher Kriterien zu verschärfen; hierfür ist gegebenenfalls ein Abbruch des Verfahrens und eine neue Stellenausschreibung erforderlich.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

3 CE 07.807

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Stellenbesetzung (Antrag nach § 123 VwGO);

hier: Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 14. März 2007,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 3. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Thomas, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Dr. Burger-Veigl, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Weber

ohne mündliche Verhandlung am 13. Juni 2007

folgenden Beschluss:

Tenor:

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

III. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500 Euro festgesetzt.

Entscheidungsgründe:

I.

Mit Bekanntmachung vom 16. November 2005 Nr. Vl-5 F 5001.1-6.123045 schrieb das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus (StMUK) zum August 2006 u.a. die Stelle des Schulleiters (Besoldungsgruppe A 16) am K.-H.-Gymnasium in G. (KHG) aus. Zum Bewerberkreis enthält die Bekanntmachung folgende Ausführungen: "Es können sich Beamte/Beamtinnen (Besoldungsgruppe A 14 und höher) [...] bewerben."

Die Bewerbung des Antragstellers, der ein Amt der Besoldungsgruppe A 16 innehat, wurde aus diesem Grund nicht berücksichtigt, da bei "Versetzungsbewerbern" nicht nach dem Leistungsgrundsatz entschieden werden müsse. Das Verwaltungsgericht rügte das und untersagte mit Beschluss vom 5. Juli 2006 (Az. Au 2 E 06.621) die Stellenbesetzung bis zur Entscheidung in der Hauptsache. Nach Rücknahme des Absageschreibens an den Antragsteller wurde das Verfahren übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt.

Das StMUK traf daraufhin aufgrund der Ausschreibung und unter erneuter Einbeziehung der auf diese hin eingegangenen insgesamt 12 Bewerbungen eine zweite Auswahlentscheidung. Dazu holte es für den engeren Kreis der für die Übernahme einer Schulleitung in Betracht kommenden Bewerber von den jeweils zuständigen Schulleitern bzw. Ministerialbeauftragten aktuelle Eignungs- und Leistungseinschätzungen (AELE) ein, ließ von der zuständigen Ministerialbeauftragten ferner ein Schulprofil des KHG sowie für dessen künftigen Schulleiter ein Anforderungsprofil erstellen und führte zudem mit dem Kreis der drei Spitzenbewerber (zu denen der Antragsteller und der Beigeladene zählten) Vorstellungsgespräche durch. Seine Entscheidung traf das StMUK auf der Grundlage aller dabei gewonnenen Erkenntnisse.

Die Bewerbung des Antragstellers lehnte es wiederum ab. Dieser ist 1948 geboren, Oberstudiendirektor (A 16) und leitet seit 1989 das L.-Gymnasium in N.-U.. Seine letzte Regelbeurteilung aus dem Jahr 1989 erbrachte das Gesamturteil "sehr tüchtig".

Ausgewählt wurde der Beigeladene. Er ist 1952 geboren, Oberstudiendirektor (A 16) und leitet seit dem Jahr 2000 das M.-Gymnasium in M. Seine letzte Regelbeurteilung aus dem Jahr 1997 führte zu dem Gesamturteil "hervorragend".

Gegen die Negativmitteilung vom 31. Januar 2007 erhob der Antragsteller mit Schreiben vom 14 Februar 2007 Widerspruch. Ferner beantragte er mit Schriftsatz vom selben Tag beim Verwaltungsgericht (sinngemäß),

dem Antragsgegner im Weg einer einstweiligen Anordnung vorläufig bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache zu untersagen, die Stelle des Schulleiters des KHG mit dem Beigeladenen zu besetzen.

Der Antragsgegner beantragte Abweisung des Antrags.

Das Verwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 14. März 2007 dem Antrag stattgegeben und dies im Wesentlichen damit begründet, es sei unzulässig, im Nachhinein ohne neue Ausschreibung ein besonderes Anforderungsprofil festzulegen und die Auswahlentscheidung maßgeblich hierauf zu stützen. Zudem seien die von dem jeweiligen Ministerialbeauftragten erstellten aktuellen Eignungs- und Leistungseinschätzungen keine tragfähige Grundlage für eine Auswahlentscheidung. Sie seien nämlich ihrem Inhalt nach einer periodischen Beurteilung oder Anlassbeurteilung nicht gleichwertig und außerdem sei unzulässig gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen worden, da sie nur teilweise den jeweils Betroffenen - und z.B. nicht dem Antragsteller - bekannt gegeben und erläutert worden seien.

Der Antragsgegner legte mit Schriftsatz vom 27. März 2007 Beschwerde ein und begründete sie im Wesentlichen damit, es sei nicht erforderlich gewesen, das Anforderungsprofil für die neue Stelle ausdrücklich in der Stellenausschreibung festzuschreiben. Der für den Dienstposten bedeutsame Maßstab ergebe sich ohne weiteres aus den typisierenden Merkmalen eines "Schulleiters", wie es auch schon dem ersten Auswahlverfahren zu Grunde gelegen habe. Den Bewerbern sei auch bekannt gewesen, dass es sich beim KHG um eine "MODUS-21-Schule" handele. Auf das Anforderungsprofil sei es entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts auch nicht maßgeblich angekommen, da sich im konkreten Fall der Beigeladene bereits an Hand eines Vergleichs der AELE als der Bestgeeignete erwiesen habe. Allein um den Leistungsvergleich im Hinblick auf die Anforderungen an den Schulleiter für alle Bewerber nachvollziehbar zu machen und gleichmäßig auszugestalten, seien zur Ergänzung das Schul- und Anforderungsprofil herangezogen worden, das die den Anforderungen der ausgeschriebenen Stelle immanenten Merkmale typisierend darstelle. Bei den Vorstellungsgesprächen habe sich der Beigeladene als Schulleiter für eine "MODUS-21-Schule"als besonders geeignet erwiesen und weise auch hinsichtlich des konkreten Schul- und Anforderungsprofils an den Schulleiter deutliche Vorteile gegenüber dem Antragsteller auf. Aufgrund seiner hohen analytischen Fähigkeiten habe er sogar gewisse Problemstellen an der Schule ausmachen und Lösungsansätze entwickeln können. Für die Ausgestaltung der AELE, die gewissermaßen "Momentaufnahmen" darstellten, seien keine ausdrücklichen Regelungen vorhanden; sie seien am Maßstab einer dienstlichen Beurteilung erstellt worden. Für ein Eingehen auf die Unterrichtstätigkeit habe keine Veranlassung bestanden, denn dem Schulleiter oblägen als "Behördenleiter" fast ausschließlich Verwaltungsaufgaben.

Der Antragsgegner beantragt,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 14. März 2007 aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.

Der Antragsteller beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Aus dem Auswahlverfahren und auch aus dem Vortrag des Antragsgegners in der 1. Instanz ergebe sich, dass das geänderte Anforderungsprofil durchaus berücksichtigt worden sei. Die Änderung sei auch in unzulässiger Weise erfolgt. Das Stellenbesetzungsverfahren sei nicht wie geboten abgebrochen, sondern ohne Neuausschreibung fortgesetzt worden. Zusätzlich seien die AELE - unzulässig - auf das geänderte Anforderungsprofil gestützt worden. Die ihn selbst betreffende sei auch inhaltlich unzutreffend, v. a. hinsichtlich behaupteter Defizite hinsichtlich des KHG, mit dessen Eigenarten er als ehemaliger Bürger der Gemeinde G., der dorthin immer noch gute Kontakte habe, bestens vertraut sei. Formal fehle bei seiner eigenen AELE die Angabe des beurteilten Zeitraums. Einbezogen sei aber das Jahr 2001, in dem das von ihm derzeit geleitete Gymnasium eine -mittlerweile auch infolge seiner eigenen Aktivitäten überwundene - tiefe Krise erlebt habe. Dieses Jahr habe bei Mitkonkurrenten erkennbar keine Rolle gespielt. Fehlerhaft unterblieben sei bei den Bewerbern eine Würdigung des von ihnen erteilten Schulunterrichts. Seine AELE sei ihm im Gegensatz zu einigen Mitkonkurrenten nicht eröffnet worden, was ihm unter Verletzung des Gleichheitssatzes die Möglichkeit zu einer angemessenen Reaktion genommen habe.

Der Beigeladene hat sich - ohne Antragstellung - geäußert.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die - zulässige - Beschwerde ist nicht begründet.

Das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zutreffend entschieden. Auch bei Würdigung der nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO in den Blick zu nehmenden Gründe, die der Antragsgegner dargelegt hat, sieht es der Senat als Rechtens an, dem Antragsgegner bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache zu untersagen, die mit Bekanntmachung des StMUK vom 16. November 2005 Nr. Vl-5 F 5001.1-6.123045 ausgeschriebene Stelle des Schulleiters am K.-H.-Gymnasium in G. (KHG) mit dem Beigeladenen zu besetzen.

Der Senat hegt ganz erhebliche Zweifel daran, dass der Antragsgegner, der wohl zu Recht der Entscheidung des Verwaltungsgerichts vom 5. Juli 2006 gefolgt ist, nunmehr bei dem fortgesetzten Stellenbesetzungsverfahren in der Hauptsache obsiegen könnte. Vielmehr spricht sehr viel dafür, dass der Anspruch des Antragstellers auf die Durchführung eines fehlerfreien Auswahlverfahrens erneut verletzt worden ist.

Die im Rahmen der Stellenbesetzung vorzunehmende Auswahlentscheidung ist gemäß dem Verfassungsgrundsatz des Art. 33 Abs. 2 GG und Art. 94 Abs. 2 BV (vgl. auch Art. 12 Abs. 2 BayBG, §§ 2, 10 LbV) nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung zu treffen. Kommen mehrere Bewerber für einen höherwertigen Dienstposten in Betracht, muss der am besten Geeignete ausfindig gemacht werden. Hierbei ist auf die Leistungsanforderungen des zu besetzenden Dienstpostens abzustellen, wobei der Dienstherr im Rahmen seines organisatorischen Ermessens bestimmt, welche besonderen Eignungsvoraussetzungen der künftige Dienstposteninhaber mitbringen muss und welchen Gesichtspunkten innerhalb von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung das größere Gewicht zukommen soll (BVerwGE 68, 109/110; BVerwG v. 10.11.1993 DVBl 1994, 118/119; BayVGH v. 19.1.2000 Az. 3 CE 99.3309). Bei einer im Wesentlichen gleichen Beurteilungslage kann der Dienstherr die Auswahl nach weiteren sachgerechten Merkmalen treffen. Diese Regeln dienen vornehmlich dem öffentlichen Interesse an einer bestmöglichen Besetzung von Beamtenstellen, berücksichtigen aber zugleich das berechtigte Interesse eines Beamten an einem angemessenen beruflichen Fortkommen; ein Bewerber hat daher einen Anspruch auf rechtsfehlerfreie Anwendung (vgl. BVerwGE 80, 123 (124)).

Daran gemessen ist zunächst festzustellen, dass sich der Antragsgegner unzulässiger Weise nicht an die von ihm selbst im Rahmen der Stellenausschreibung - seinerzeit zulässig - gesetzten Vorgaben gehalten hat.

Ist unter mehreren Bewerbern eine Auswahl für die Besetzung eines Beförderungsdienstpostens zu treffen, so sind Feststellungen über Eignung, Befähigung und Leistung in erster Linie auf dienstliche Beurteilungen zu stützen. Erst wenn alle unmittelbar leistungsbezogenen Erkenntnisquellen ausgeschöpft sind und die Bewerber "im wesentlichen gleich" einzustufen sind, sind Hilfskriterien heranzuziehen (ständige Rechtsprechung, vgl. BVerwG Urteil vom 27.2.2003 Az. 2 C 16.02, BayVBl 2003, 693).

Die Auswahl beruht also in erster Linie auf der Bewertung der unmittelbar leistungsbezogenen, durch Art. 33 Abs. 2 GG vorgegebenen persönlichen Merkmale, die in Bezug zu dem "Anforderungsprofil" des jeweiligen Dienstpostens gesetzt werden. Erst dieser Vergleich ermöglicht die Prognose, dass der in Betracht kommende Beamte den nach der Dienstpostenbeschreibung anfallenden Aufgaben besser als andere Interessenten gerecht werden und damit auch - nach Bewährung auf dem höher bewerteten Dienstposten - für ein höherwertiges Statusamt geeignet sein wird.

Durch die Bestimmung des Anforderungsprofils eines Dienstpostens legt der Dienstherr die Kriterien für die Auswahl der Bewerber fest. Diese Dienstpostenbeschreibung bleibt für das Auswahlverfahren verbindlich. Die Funktionsbeschreibung des Dienstpostens bestimmt objektiv die Kriterien, die der Inhaber erfüllen muss. An ihnen werden die Eigenschaften und Fähigkeiten der Bewerber um den Dienstposten gemessen, um eine optimale Besetzung zu gewährleisten. Im Auswahlverfahren ist der Dienstherr an das von ihm entwickelte Anforderungsprofil gebunden, da er andernfalls im Widerspruch zu dem selbst gesteckten Ziel bestmöglicher Aufgabenwahrnehmung gerät (vgl. BVerwG Urteil vom 16.8.2001 Az. 2 A 3.00, NVwZ-RR 2002, 47).

Der Dienstherr löst sich demnach unzulässig von den Anforderungen, die er selbst für die Besetzung des Beförderungsdienstpostens aufgestellt hat, wenn er seine Auswahlentscheidung zu Gunsten eines Bewerbers trifft, der bestimmte, im Anforderungsprofil ausdrücklich geforderte Voraussetzungen nicht erfüllt (BVerwG a.a.O.).

Der Dienstherr verlässt aber auch dann den Kanon der von ihm selbst aufgestellten Anforderungen, wenn er das von ihm in der Stellenausschreibung ursprünglich festgelegte "Anforderungsprofil" im Verlauf des Stellenbesetzungsverfahrens um zusätzliche Kriterien anreichert, die ausschlaggebend sein können. Der Dienstherr ist zwar grundsätzlich (solange dem normative Festlegungen nicht entgegenstehen) berechtigt, den "Zuschnitt" eines Dienstpostens zu ändern und die Anforderungen, die an den Inhaber gestellt werden, zu modifizieren. Dazu steht ihm der Weg des Abbruchs des Auswahlverfahrens und eine entsprechenden Neuausschreibung offen (BVerwG a.a.O.). Die Modifizierung kann auch in der Verengung des Bewerberfeldes durch zusätzliche Anforderungen bestehen (vgl. z. B. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 15.1.2003 Az. 1 B 2230/02, RiA 2004, 152). Der Dienstherr kann hierzu aber nicht den Weg wählen, dass er dem Verlauf eines auf der Grundlage der ursprünglichen Stellenausschreibung eingeleiteten Stellenbesetzungsverfahrens in der Weise eine andere Richtung gibt, dass er nachträglich weitere Kriterien aufstellt, die leistungsbezogen für die Auswahl (mit -) entscheidend sein sollen. Denn auch hier hält sich der Dienstherr nicht mehr an den für ihn verbindlichen Grundsatz, dass die Dienstpostenbeschreibung für das (laufende) Auswahlverfahren verbindlich bleibt und dass die Anforderungen nicht während des Verfahrens modifiziert werden dürfen.

Der Antragsgegner hat gegen diesen Grundsatz verstoßen.

Die Bekanntmachung des StMUK vom 16. November 2005 enthielt nur allgemeine Angaben hinsichtlich der Schule, bei der die Stelle des Leiters zu besetzen sei, und hinsichtlich des Personenkreises, der sich bewerben könne. Wie sich schon aus dem eigenen Vortrag des Antragsgegners ergibt, hatten sich alle Bewerber, die in die zweite Auswahlentscheidung einbezogen wurden, auf Grund dieser Ausschreibung beworben. Das Besetzungsverfahren wurde nach dem Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 5. Juli 2006 nicht abgebrochen, sondern fortgesetzt.

Der Antragsgegner hat für dieses laufende Verfahren sodann weitere, ursprünglich in dieser Art nicht vorhanden gewesene Kriterien eingeführt, die maßgeblich für die Auswahlentscheidung sein sollten und dann - anhand der Akten nachvollziehbar - auch tatsächlich gerade zwischen den einem Spitzenfeld zugerechneten Bewerbern den Ausschlag gegeben haben.

Dabei ging das StMUK so vor, dass es bereits vor der am 2. November 2006 gegenüber dem Antragsteller ausgesprochenen Zurücknahme der Ablehnung seiner Bewerbung mit Schreiben vom 11. Oktober 2006 (Besetzungsakt Bl. 58) die jeweils zuständigen Ministerialbeauftragten bzw. Schulleiter aufforderte, zum Zweck des Auswahlverfahrens zur Besetzung der Stelle des Schulleiters am KHG eine AELE der sechs - für den engeren Kreis der für die Übernahme einer Schulleitung in Betracht kommenden - konkurrierenden Bewerber zu erstellen, die in ihrer Aussagekraft einer periodischen Beurteilung gleichkommen müsse. Es solle insbesondere das konkrete Anforderungsprofil der Position des Schulleiters und - soweit bekannt - das Schulprofil des KHG Beachtung finden. Es werde gebeten, sich dazu mit dem ehemaligen Schulleiter, OStD a.D. Dr. Sch., in Verbindung zu setzen. Die daraufhin von den Angeschriebenen erstellten AELE datierten vom 18., 23. und 24. Oktober 2006, 25. Oktober 2006 (AELE des Beigeladenen), 8. November 2006 sowie vom 24. November 2006 (AELE des Antragstellers).

Sodann teilte das StMUK mit Schreiben vom 2. November 2006 (Besetzungsakt Bl. 60) der zuständigen Ministerialbeauftragten mit, das Auswahlverfahren für die zu besetzende Stelle des Schulleiters am KHG müsse nochmals neu durchgeführt werden. Hierbei würden das Schulprofil des KHG sowie das Anforderungsprofil an den künftigen Schulleiter von besonderer Bedeutung sein. Deshalb werde um eine möglichst detaillierte schriftliche Darstellung der beiden genannten Profile gebeten.

Daraufhin übermittelte die Ministerialbeauftrage mit Schreiben vom 12. November 2006 (beim StMUK eingegangen am 15.11.2006; Besetzungsakt Bl. 60-65) die beiden von ihr erstellten Profile, die demnach zeitlich nach den AELE erstellt worden waren, ausgenommen die AELE des Antragstellers. Bei dieser (Besetzungsakt Bl. 53-55) ergibt sich weder aus der Bezugnahme (dort ist nur das Schreiben des StMUK vom 11. 10. 2006 erwähnt) noch aus dem Inhalt eine Orientierung an den von der Ministerialbeauftragten speziell im Hinblick auf das KHG erstellten Profilen.

Diese Vorgänge bzw. deren Ergebnisse werden im Besetzungsvermerk vom 15. Dezember 2006 (Besetzungsakt Bl. 85 ff.) dargestellt, der dem zuständigen Staatsminister zur Grundlage für die von ihm zu treffende Auswahlentscheidung diente. Dort werden unter den Entscheidungsgrundlagen an den beiden ersten Stellen das aktuelle Schulprofil des KHG und das Anforderungsprofil an dessen künftigen Schulleiter, sodann die AELE, schließlich die Ergebnisse von Vorstellungsgesprächen referiert, die mit den drei zu dem Kreis der Spitzenbewerber zählenden Lehrkräften (darunter der Antragsteller und der Beigeladene) geführt worden waren. Die ausführliche Begründung des - vom Staatsminister gebilligten - konkreten Besetzungsvorschlags bezieht sich über weite Strecken und hinsichtlich der ernsthaft in Betracht gezogenen Bewerber maßgeblich auf diese genannten Grundlagen.

Dieser Geschehensablauf macht zur Überzeugung des Senats deutlich, dass die von Seiten des Antragsgegners im Verlauf des verwaltungsgerichtlichen Eilverfahrens zunehmend betonte Bedeutung allein des bei der Stellenausschreibung bekannt gegebenen Anforderungsprofils und der für die Bewerber erstellten AELE für die Auswahlentscheidung nicht zutrifft. Das Gegenteil davon ist der Fall.

Das im Verwaltungsverfahren nacherhobene, gegenüber dem allgemeinen Profil eines staatlichen Gymnasiums und dem Aufgaben- und Anforderungszuschnitt für den Leiter eines staatlichen Gymnasiums weitaus differenziertere und teilweise auch abweichende Profil des KHG und dem folgend das Anforderungsprofil an dessen künftigen Schulleiter erweisen sich geradezu als die zentralen Gesichtspunkte, welche die Auswahlentscheidung geprägt haben. Bereits aus diesem Grund ist diese Entscheidung fehlerhaft und verletzt den Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers. Der Antragsgegner hätte unter den gegebenen Umständen nur rechtmäßig handeln können, wenn er das laufende Stellenbesetzungsverfahren abgebrochen und ein neues unter Bekanntgabe des maßgeblichen Anforderungsprofils eingeleitet hätte. Dies hätte auch die - im Sinn der Ermittlung des bestgeeigneten Bewerbers positive - Auswirkung gehabt, dass sich möglicherweise ein Personenkreis angesprochen gefühlt hätte, der bisher aufgrund der neutral gehaltenen Ausschreibung kein Interesse an der zu besetzenden Stelle bzw. der sich keine reelle Chancen ausgerechnet hatte.

Hinzu tritt der ebenso schwer wiegende Umstand, dass die AELE ersichtlich nicht auf der Basis der Anforderungen nach dem spezifischen Schulprofil und dem offenbar ganz besonderen Profil der zu besetzende Schulleiterstelle verfasst worden sind. Als maßgebliche Grundlage für eine an den leistungsbezogenen Auswahlkriterien orientierte Auswahl sind sie somit ungeeignet.

Ergänzend ist noch auf folgendes hinzuweisen:

Das - vom Verwaltungsgericht beanstandete - Fehlen von Gesamtprädikaten durch die Verfasser der AELE stellt keinen Mangel dar, der eine Verwertbarkeit dieser Einschätzungen hindern würde. Zwar sind die einzelnen - in der Regel durchaus aussagekräftigen - AELE nicht inhaltlich oder nach besonders formulierten Ergebnissen einer Weise gefasst, nach der sich von vorneherein erkennen ließe, weshalb die betreffenden Bewerber im Vergleich zu den übrigen nicht in einem Gleichstand, sondern in unterschiedlichen Positionen gereiht gesehen werden. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass eine AELE nicht die formalen Anforderungen einer Regelbeurteilung oder Anlassbeurteilung erfüllen muss, dass bei ihrer Erstellung jeweils ein anderer Verfasser tätig werden musste und dass - namentlich bei den anspruchsvollen und auch jeweils in einem unterschiedlichen Umfeld zu erfüllenden Aufgaben, welche die Bewerber auf ihren gegenwärtig bekleideten Dienstposten zu bewältigen haben - die Vergabe zueinander in Beziehung zu setzender Gesamturteile auf Schwierigkeiten stoßen kann. Allerdings muss ein Vergleich der AELE es dennoch erlauben, eine Gleichwertigkeit der Bewerber bzw. deren Fehlen zu erkennen. Dazu ist eine Auswertung durch das StMUK, dem hier ein Überblick von höherer Warte aus möglich ist, geeignet. Sie ist vorliegend erfolgt und ergibt - beruhend auf einer aussagekräftigen tabellarischen Darstellung, die einen Vergleich der wesentlichen Gesichtspunkte gestattet, und eines daraus hergeleiteten "Fazits" - das durchaus differenzierte Bild einer deutlichen qualitativen Abstufung. Allerdings wird das Ergebnis durch den oben dargestellten Umstand des fehlerhaften Beurteilungsmaßstabs entwertet.

Außerdem handelte das StMUK inkonsequent, wenn es trotz der von ihm angenommenen qualitativen Abstufung der AELE dennoch Bewerbergespräche durchgeführt hat. Das Auswahlergebnis ist erkennbar mitentscheidend durch die Eindrücke bestimmt worden, die bei den Vorstellungsgesprächen gewonnen wurden. Als Hilfskriterien dürfen solche Erkenntnisse aber nur dann herangezogen werden, wenn nach den streng leistungsbezogenen Kriterien (dienstlichen Beurteilungen, AELE) ein Gleichstand der Bewerber ermittelt worden ist (vgl. BVerwG Urteil vom 27.2.2003 Az. 2 C 16.02, BayVBl 2003, 693). Dies ist vorliegend nach Auffassung des StMUK gerade nicht der Fall gewesen. Diese rechtlich unzulässige (an sich für den Beigeladenen nachteilige) Vorgehensweise kommt vorliegend allerdings nicht zum Tragen, da die Auswahlentscheidung aus den dargestellten anderen Gründen (zum Nachteil des Antragstellers) fehlerhaft zustande gekommen ist.

Somit zeigt sich, dass die Auswahlentscheidung aufgrund schwer wiegender rechtlicher Mängel den Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers verletzt und in einem Hauptsacheverfahren voraussichtlich keinen Bestand haben könnte. Dem Antrag des Antragstellers wurde demnach zu Recht stattgegeben; die Beschwerde muss ohne Erfolg bleiben.

Kostenentscheidung: §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO.

Streitwert: § 53 Abs. 3 Nr. 1, § 52 Abs. 1 und 2 GKG; dem vorläufigen Charakter des Antragsverfahrens ist Rechnung zu tragen.

Ende der Entscheidung

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