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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 13.10.2004
Aktenzeichen: 3 ZB 04.2171
Rechtsgebiete: VwGO


Vorschriften:

VwGO § 60
VwGO § 124 a Abs. 4 Satz 5 (in der ab 1. September 2004 geltenden Fassung des Art. 6 Nr. 2a. des Ersten Gesetzes zur Modernisierung der Justiz (1. Justizmodernisierungsgesetz) vom 24. August 2004 (BGBl I S. 2198))
Zur Wiedereinsetzung wegen Versäumung der Frist zur Einreichung der Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung mit Blick auf die ohne Übergangsfrist erfolgte Rechtsänderung zum 1. September 2004 (1. Justizmodernisierungsgesetz) vom 24. August 2004, BGBl I vom 30.8.2004 S. 2198.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

3 ZB 04.2171

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Stellenbesetzungsverfahren;

hier: Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 22. Juni 2004,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 3. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Thomas, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Dr. Burger-Veigl, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Weber

ohne mündliche Verhandlung am 13. Oktober 2004

folgenden Beschluss:

Tenor:

Dem Antrag der Klägerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Frist zur Einreichung der Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird stattgegeben.

Gründe:

Die Klägerin hat den Antrag auf Zulassung der Berufung vom 29. Juli 2004 nicht fristgemäß begründet. Gemäß § 124 a Abs. 4 Satz 5 VwGO in der ab 1. September 2004 geltenden Fassung ist die Begründung nämlich, soweit sie - wie hier - nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht (hier: bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof) einzureichen. Die angefochtene Entscheidung vom 22. Juni 2004 wurde der Klägerin am 6. Juli 2004 zugestellt. Damit hat die Frist für die Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung am Montag, den 6. September 2004 geendet (§ 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO). Der die Antragsbegründung enthaltende Schriftsatz vom 31. August 2004 ist am 2. September 2004 bei dem Verwaltungsgericht eingegangen. Von dort wurde er an den Verwaltungsgerichtshof weitergeleitet und ist hier am 7. September 2004 eingegangen. Somit ist die Antragsbegründung nicht in der vorgeschriebenen Form erfolgt; die entsprechende Frist kann nicht mehr eingehalten werden.

Die Klägerin hat sich bei der Einreichung der Antragsbegründungsschrift an das Verwaltungsgericht jedoch an die der angefochtenen Entscheidung beigefügte - der damaligen Rechtslage entsprechende - Rechtsmittelbelehrung gehalten. Diese ist durch Gesetzesänderung während des Laufs der Frist für die Einreichung der Begründung des Berufungszulassungsantrags unzutreffend geworden. § 124 a Abs. 4 Satz 5 VwGO wurde nämlich zwischenzeitlich durch Art. 6 Nr. 2a. des Ersten Gesetzes zur Modernisierung der Justiz (1. Justizmodernisierungsgesetz) vom 24. August 2004 (BGBl I vom 30. August 2004 S. 2198) wie folgt gefasst: "Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen." Diese Regelung trat am 1. September 2004 in Kraft (Art. 14 Satz 1 1. Justizmodernisierungsgesetz), d.h. ab diesem Tag ist die Begründungsschrift beim Verwaltungsgerichtshof einzureichen. Eine Übergangsfrist hat der Gesetzgeber nicht vorgesehen.

Der Senat hat den Prozessbevollmächtigten der Klägerin auf diese Umstände hingewiesen; das entsprechende Schreiben ist dort am 13. September 2004 eingegangen. Der daraufhin unter Darlegung von Gründen gestellte Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist beim Verwaltungsgerichtshof am 21. September 2004 eingegangen. Die Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung mit Adressierung an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof unter dem Datum vom 11. Oktober 2004 ging dort am selben Tag ein.

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist zulässig. Er ist innerhalb der Monatsfrist, die § 60 Abs. 2 Satz 1 VwGO in der Fassung des Art. 6 Nr. 0a. des Justizmodernisierungsgesetzes (in Kraft seit 1.9.2004) nunmehr für Fallgestaltungen wie der vorliegenden vorschreibt, eingegangen. Die Frist begann zu laufen, als das Hindernis für die Einhaltung der gesetzlichen Frist des § 124 a Abs. 4 Satz 5 VwGO, nämlich das Vertrauen auf die formal richtig erteilte und später durch Gesetzesänderung unrichtig gewordene Rechtsmittelbelehrung, mit Kenntnis des Hinweises durch den Senat weggefallen war. Innerhalb der Monatsfrist wurde auch gemäß § 60 Abs. 2 Satz 3 VwGO die versäumte Rechtshandlung nachgeholt.

Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist auch stattzugeben. Die Klägerin hat in ihrer Antragsbegründung (auf die im Einzelnen verwiesen wird) glaubhaft gemacht, dass sie bei den gegebenen Umständen ohne Verschulden verhindert war, die gesetzliche Frist einzuhalten. Damit, dass der Gesetzgeber ganz kurzfristig -ohne Übergangsfrist - die formalen Anforderungen an die Begründung eines -hier noch dazu bereits eingelegten - Rechtsmittels ändert, brauchte der Bevollmächtigte der Klägerin vor dem Hintergrund des rechtsstaatlichen Gebots zur fairen Verfahrensgestaltung (siehe hierzu BVerfG vom 30.4.2003, DVBl 2003, 932 m.w. Nachweisen) nicht zu rechnen (s. hierzu auch BVerwG vom 22.6.1999, BVerwGE 109, 148).

Ende der Entscheidung

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