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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 17.11.2006
Aktenzeichen: 3 ZB 06.2928
Rechtsgebiete: BayBG


Vorschriften:

BayBG Art. 34
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

3 ZB 06.2928

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Versetzung;

hier: Antrag des Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 25. Juli 2006,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 3. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Thomas, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Dr. Burger-Veigl, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Weber

ohne mündliche Verhandlung am 17. November 2006

folgenden Beschluss:

Tenor:

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt, weil die Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 Nrn. 1 und 5 VwGO nicht vorliegen.

Der Beklagte hat keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils dargelegt (§ 124 Abs. 2 Nr. 1, § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO). Nach der Rechtsprechung des Senats sind ernstliche Zweifel am Ergebnis der Entscheidung und nicht an deren Begründung zu fordern (vgl. BayVGH vom 31.10.2006, Az. 3 ZB 06.231, Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl., 2005, § 124 RdNr. 7 a; Happ in: Eyermann, VwGO, 12. Aufl. 2006, § 124 a RdNrn. 62 ff.; § 124 RdNrn. 12 ff.). Ernstliche Zweifel an einer Gerichtsentscheidung bestehen dann, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden (BVerfG vom 23.6.2000, DVBl 2000, 1458; BayVGH a.a.O.). Dies ist nicht der Fall. Das angefochtene Urteil erweist sich entscheidungserheblich (auch) auf Gründe gestützt, die eine hinreichende und tragfähige Grundlage für das Ergebnis bilden. Dies gilt nach Maßgabe folgender Ausführungen, die auch durch das Vorbringen des Beklagten in der Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung veranlasst sind:

Das Verwaltungsgericht hat zutreffend der Klage stattgegeben, in der begehrt wird, den Bescheid des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus (StMUK) in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27. Juni 2005 aufzuheben. Mit ihm wurde der Kläger zum 1. März 2005 vom R.-. Gymnasium in L., dessen Leitung er innehatte, an das Staatsinstitut für Bildungsforschung und Schulqualität (ISB) in M. versetzt. Diese Maßnahme ist rechtswidrig erfolgt, da erkennbar wird, dass der Beklagte das dienstliche Bedürfnis für eine Versetzung des Klägers so, wie er es zur Grundlage der angefochtenen Verfügung gemacht hat, rechtsfehlerhaft definiert hat.

Zu Unrecht hat der Beklagte nämlich das - offensichtlich bestehende - dienstliche Bedürfnis, zur Behebung der vielfältigen Spannungen an der Schule auch Veränderungen der personellen Situation am R.-Gymnasium vorzunehmen, nicht allgemein sachbezogen und angesichts der mehrpoligen Spannungsverhältnisse offen für verschiedene Lösungsmöglichkeiten gesehen, sondern von vornherein auf die Person des Klägers fokussiert. Die Möglichkeiten, auf die dringend notwendige Bereinigung der zerrütteten Situation an der Schule ("Grabenbildung", unüberbrückbare Gegensätze bei zerstrittenen Parteien, nachhaltige Störung des Schulfriedens auf allen Ebenen) hinzuarbeiten, wurden nicht sachgerecht mit der Begründung auf die Person des Klägers reduziert, eine vernünftige, konstruktive Zusammenarbeit in der Schule mit dem Kläger sei aufgrund dieser Zerwürfnisse nicht mehr denkbar. Die Vorgänge, die in dem angefochtenen Bescheid (auch in Gestalt des Widerspruchsbescheids) als Tatsachengrundlage angeführt werden, stellten die Konflikte dar, in deren Mittelpunkt die Person des Klägers stehe. Von ihm gingen alle "Gräben" aus, sämtliche Konflikte seien mit seiner Person verbunden.

Diese Einschätzung des Beklagten zeugt von einer unzutreffenden Bewertung der verkürzten Tatsachengrundlagen, wie sie auch in den Bescheiden selbst dargestellt werden. So wird im Hinblick auf die Betroffenheit des Klägers durch eine große Zahl schulinterner Konflikte schon nicht der auf der Hand liegende Aspekt in die Betrachtung einbezogen, wonach es in der Natur der Sache liegt, dass ein seine Pflichten gewissenhaft erfüllender Schulleiter notwendig in die meisten wichtigen Vorkommnisse an seiner Schule involviert ist. Das gilt notwendigerweise auch für Konflikte und Konfrontationen zwischen den verschiedenen Gruppierungen in der "Schulfamilie" (insbesondere Schulleitung, Lehrerschaft, sonstige Verwaltungskräfte, Personalrat, Schüler, Eltern, Elternbeirat), sei es, dass der Schulleiter bei der engagierten Wahrnehmung seiner Dienstaufgaben selbst in die Rolle einer Konfliktpartei geraten ist, sei es, dass er bei zwischen Dritten entstehenden Konflikten eingreift und dabei auch Position bezieht, wie es grundsätzlich seines Amtes ist.

Der Beklagte unterstellt dem Kläger, von allen Konfliktsituationen an der Schule betroffen zu sein. Er stützt allerdings seine Einschätzung, wonach ohne Wegversetzung des Klägers keine Lösungschance bestehe, ausdrücklich nicht auf ein Verschulden des Klägers. Vielmehr sieht er jenseits der Verschuldensfrage eine - ausschlaggebend negative, polarisierende - Wirkung allein in der Situation als solcher, dass der Kläger als Leiter des R.- Gymnasiums tätig ist. Dabei stellt er ausdrücklich nicht auf Vorkommnisse ab, die vor dem Schuljahr 2003/2004 lagen, sondern auf die Entwicklung in den Monaten Oktober bis Dezember des Schuljahres 2004/2005. Diese Zeit wird maßgeblich durch den Umstand geprägt, dass der Beklagte als weiteren Akteur den ehemaligen Ministerialbeauftragen, Ltd. OStD a.D. Dr. H., an die Schule gebracht hat. Der Beklagte sah und sieht dessen Wirken als tendenziell zur Bereinigung der Verhältnisse geeignet an. Er legt unter Einbeziehung der in dessen Abschlussbericht enthaltenen Vorgänge und Bewertungen allein dem Kläger das Scheitern der Mission zur Last. Danach habe der Einsatz des Ltd. OStD a.D. Dr. H. als Vermittler nicht zu dem erhofften Ergebnis geführt, sondern sich während des betreffenden Zeitraums die Situation am Gymnasium im Gegenteil noch ganz erheblich verschärft.

Diese Sichtweise ist entscheidungserheblich fehlerbehaftet.

Aus dem Akteninhalt und dem Vorbringen des Beklagten ergibt sich nämlich, dass durch den Einsatz des Ltd. OStD a.D. Dr. H. eine weitere Verkomplizierung der Lage eingetreten ist. Dieser Einsatz hat es zudem mit sich gebracht, dass sich die Verantwortlichkeit des Klägers an der Entwicklung der Verhältnisse im Bereich der Schule - welchen Grad auch immer sie gehabt haben mag - deutlich reduziert hat.

Der Kläger hatte zuvor als Schulleiter die volle Letztverantwortung für eine positive Entwicklung der Verhältnisse an der Schule und für deren Beitrag zur Befindlichkeit der "Schulfamilie". Bei der Wahrnehmung dieser Aufgabe fiel seiner Stellvertreterin, StDin Sch., eine wichtige unterstützende Rolle zu. Das von allen Beteiligten als sehr schlecht geschilderte persönliche Verhältnis dieser beiden, an der Spitze der Schule stehenden Aufgabenträger wirkte sich - unabhängig von der Frage, wo die Ursachen zu finden sind - sehr negativ auf die Schulleitung und weiter auf die gesamte Situation an der Schule aus. Die Folgen waren umso gravierender, als - wie bereits erwähnt - die Verhältnisse auch der übrigen Gruppierungen innerhalb der "Schulfamilie" zerrüttet waren (oder zumindest vom Beklagten bzw. von anderen Betroffenen so gesehen wurden).

In dieser Situation sollte dem Kläger am Beginn des Schuljahres 2004/2005 die Möglichkeit zu einer Befriedung gegeben werden. Er war damit einverstanden, dass ihm zur Unterstützung ein "Mediator" zur Seite gestellt werde. Wäre dies tatsächlich geschehen, so könnte eine dennoch weiterhin bestehende negative Entwicklung der Verhältnisse an der Schule anders bewertet und vielleicht auch ein dienstliches Bedürfnis des Inhalts, gerade der Kläger sei weg zu versetzen, weil bei seinem Verbleiben an der Schule keine Chance zur Behebung der vielfältigen Spannungen bestehe, unter einem anderen Blickwinkel gesehen werden (ohne dass insofern aber vorliegend ein anderes Ergebnis indiziert werden soll).

Bei der konkreten Ausgestaltung der Funktion des Ltd. OStD a.D. Dr. H. in der Führung des R.- Gymnasiums handelte es sich jedoch nicht um die Einsetzung eines Mediators, sondern um die rechtlich äußerst fragwürdige Installierung einer Neben-Schulleitung mit unklar abgegrenzten Aufgaben, diffus formulierten Befugnissen und einer Handlungsweise, die von Kläger- und Beklagtenseite und auch von sonstigen Betroffenen durchaus unterschiedlich wahrgenommen wurde.

Bei Vorgängen mit einer rechtlichen Dimension (und um solche handelte es sich vorliegend, da im Vorfeld einer möglichen beamtenrechtlichen Versetzung angesiedelt), sodann auch in einem Rechtsstreit, bezeichnet der Begriff des Mediators einen Vermittler (nicht: einen Streitschlichter). Mediatoren lenken nur das Verfahren und den Kommunikationsprozess, entscheiden aber nicht in der Sache und schlagen auch keine Lösungen vor. Die Mediation dient der gütlichen Einigung zwischen den Parteien, fragt nicht nach der "Schuld", sondern danach, wie die Parteien in Zukunft miteinander umgehen wollen (lösungs- und zukunftsorientiert). Dabei entscheiden nicht der Mediator, sondern ausschließlich die Parteien, worüber sie verhandeln und wie sie ihren Konflikt lösen wollen. Die Freiwilligkeit der Parteien ist unbedingte Voraussetzung einer Mediation (vgl. zu den Begriffsinhalten etwa die Darstellung im Internet bei "Wikipedia", http://de.wikipedia.org/wiki/mediator bzw. /mediation).

Von diesem Bild eines Mediators bzw. einer Mediation unterscheidet sich grundlegend die Stellung von Ltd. OStD a.D. Dr. H.. Seine Entsendung wurde dem Kläger mit Schreiben des StMUK vom 12.10.2004 wie folgt angekündigt:

"Sehr geehrter Herr Oberstudiendirektor ....,

aus Sicht des Staatsministeriums bedarf es erheblicher Anstrengungen, um den Schulfrieden am R.- Gymnasium wieder herzustellen. Um dieses Anliegen zum Erfolg zu führen, wird Herr Leitender Oberstudiendirektor a.D. Dr. H. ab 15.10.2004 in diesem Schuljahr eine entsprechende Aufgabe im Staatsministerium übernehmen.

Herr Dr. H. ist beauftragt, alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um den Schulfrieden am R.- Gymnasium dauerhaft wiederherzustellen und notwendige Entwicklungen anzustoßen. Insbesondere hat Herr Dr. H. die Aufgabe, Ursachen des Schülerrückgangs am R.- Gymnasium festzustellen und die Angemessenheit von Unterrichts- und Leistungsanforderungen der Lehrkräfte zu überprüfen. Er überprüft die Schulverwaltung auf Optimierungsmöglichkeiten.

Dieses Verfahren wurde in Absprache mit Herrn MB Dr. Z. im Hinblick auf die Notwendigkeit der häufigen Ortspräsenz und die hohe zeitliche Beanspruchung gewählt.

In Wahrnehmung dieser Aufgaben übt Herr Dr. H. die erforderlichen Weisungsbefugnisse, auch gegenüber der Schulleitung, aus. Herr Dr. H. ist berechtigt, Befragungen auf Dienstpflicht durchzuführen sowie alle Unterlagen der Schulverwaltung einzusehen und zu überprüfen.

Die Schule wird gebeten, Herrn Dr. H. im ureigenen Interesse mit größtmöglicher Kooperationsbereitschaft zu begegnen und ihn bei der Erfüllung seiner Aufgaben zu unterstützen."

Dementsprechend beginnt auch der Abschlussbericht des Ltd. OStD a.D. Dr. H (ohne Datum, eingegangen beim StMUK am 30.12.2004) mit dem Satz:

"Gemäß meines Vertrages mit dem StMUK vom 12. 10. 2004 war ich vom 15.10. bis zum 16.12.2004 an 25 Tagen insgesamt 336 Stunden als Vermittler -mit voller Weisungsbefugnis auch gegenüber der Schulleitung - am R.- Gymnasium in L. tätig. ...".

Auch in den angefochtenen Bescheiden wird bestätigt, dass Dr. H. "mit vollen Weisungsbefugnissen ausgestattet" gewesen ist; der Kläger habe sich gegen eine solche Weisungsbefugnis ausgesprochen.

Dieser Zuschnitt der Funktion des Dr. H. entspricht nicht der behutsam lenkenden Vorgehensweise und der Zurückhaltung in der Sache, die das Verhalten eines Mediators prägen müssen, will er seiner Aufgabe mit einer realistischen Aussicht auf Erfolg gerecht werden.

Der Beklagte verkennt offenbar selbst das Wesen einer solchen Institution. Dies lässt besonders deutlich seine Rüge in der Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung erkennen, wonach das Erstgericht die Beteiligung des Dr. H. an den Konflikten in der Schule verkannt habe. Es sei nämlich davon ausgegangen, dass es sich bei ihm lediglich um einen Mediator gehandelt habe, und habe die umfassendere Aufgabenstellung des ehemaligen Ministerialbeauftragten nicht gewürdigt. Hier verkennt der Beklagte seinerseits, dass es schon nach der Definition der Tätigkeit eines Mediators nicht möglich ist, dass ein und dieselbe Person abwechselnd oder womöglich sogar gleichzeitig einmal als Mediator auftritt, dann als Ermittler mit der Befugnis, Befragungen auf Dienstpflicht durchzuführen, ein anderes Mal wiederum als in Sachfragen weisungsbefugter, für die Wiederherstellung der schulischen Ordnung eingesetzter Vertreter des Ministeriums. Ein derartiges, bereits in der Aufgabenstellung angelegtes Changieren zwischen verschiedenen Funktionen musste von vorneherein verhindern, dass jenes Mindestvertrauen aufgebaut werden konnte, das für eine echte Befriedungsfunktion unter Einbeziehung aller, sich ja gegenseitig mit hohem Misstrauen begegnender Beteiligter unerlässlich ist.

Hinzu tritt die völlig unklare Fassung des Auftrags, alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um den Schulfrieden am R.- Gymnasium dauerhaft wiederherzustellen und notwendige Entwicklungen anzustoßen. Da diese Aufgabe an sich dem Schulleiter obliegt, bleibt offen, ob dieser hiermit von seinen Aufgaben (wenn ja, inwieweit?) entbunden werden sollte. Konflikte zwischen Ltd. OStD a.D. Dr. H. und dem Kläger, aber auch zwischen diesem und den übrigen Schulangehörigen erscheinen auf diese Weise vorprogrammiert. Diese unbefriedigende Situation wird dadurch besonders brisant, dass Dr. H. die Ausübung der in Wahrnehmung dieser ungenügend definierten Aufgaben "erforderlichen Weisungsbefugnisse" übertragen wurden und zwar auch gegenüber der Schulleitung. Damit war eine handhabbare Verteilung von Kompetenzen und Befugnissen an der Schule nicht gegeben.

Die aus den Akten und dem Vorbringen des Beklagten zu entnehmende Praxis bestätigt diese Bedenken.

Ltd. OStD a.D. Dr. H. berichtet zum einen von umfangreichen Gesprächen mit vielen Beteiligten im Bereich der Schule, in denen er sich um die Beilegung von Konflikten bemüht habe.

Offensichtlich hat er aber auch von seinen Befugnissen außerhalb des Rahmens einer Mediation umfangreich Gebrach gemacht, so z. B. in der durchaus heiklen Situation der Festlegung des Termins für die Wahl des neuen Elternbeirats. Solche Termine festzulegen, obliegt nach § 117 Abs. 3 Sätze 2 und 3 der Gymnasialschulordnung vom 16. Juni 1983 (GVBl S. 681) - in der maßgeblichen Fassung - dem Schulleiter im Einvernehmen mit dem Vorsitzenden des Elternbeirats. An dieser Veranstaltung hat Dr. H. dann auch nicht nur beobachtend oder "mäßigend", sondern aktiv auffordernd teilgenommen. Im Bewusstsein, dass zwischen dem für die vorangegangene Wahlperiode bestellten Elternbeirat und dem Kläger ganz massive Zerwürfnisse bestanden haben, nahm er auf das Geschehen in der Weise Einfluss, dass er Mitglieder dieses Gremiums, die nicht wieder kandidieren wollten, zur erneuten Kandidatur aufforderte. Vier von ihnen wurden dann auch gewählt. Eine solche Verhaltensweise hat mit der eines "Mediators" nichts gemein. Sie mag - für sich betrachtet - durchaus im Sinn der Förderung einer lebendigen Demokratie innerhalb des Schulorganismus gelegen haben. Dies ist aber vorliegend ohne Bedeutung. Von Belang ist hingegen, dass Ltd. OStD a.D. Dr. H. die Gewichte am Anfang einer möglicherweise beginnenden Entwicklung in der Schule aktiv und auch für alle Beteiligten erkennbar zulasten des Klägers verschoben hat. Lastet man diesem dann letztlich die darauf folgende Eskalierung der Situation - wenn auch ohne den Vorwurf eines Verschuldens - an, wie sich aus einer Gesamtsicht der Argumentation des Beklagten ergibt, so ist diese Bewertung fehlerhaft, weil sie auf einer rechtlich nicht tragfähigen Grundlage basiert.

Ltd. OStD a.D. Dr. H. hat von seinen Befugnissen des weiteren u. a. in der Weise Gebrauch gemacht, dass er "Vorgaben" z. B. hinsichtlich der Trennung der Doppelfunktion eines Lehrers am Kollegium des R.- Gymnasiums oder betreffend die Einsetzung einer Steuergruppe zur Fortentwicklung von G 8-Maßnahmen am R.- Gymnasium gemacht hat. Sehr negativ wird dann gegenüber dem Kläger bewertet, dass dieser sich darüber hinweggesetzt habe, indem er die Weisungen nicht mit dem gebotenen Engagement umgesetzt habe. Im Widerspruchsbescheid (S. 5) wird dies dahingehend gewürdigt, der Kläger habe sich den Versuchen der externen Konfliktbeilegung "verwehrt". Unerörtert bleibt, welche sachliche Verbindung die Zielrichtung solcher "Weisungen" mit der beabsichtigten Wiederherstellung des Schulfriedens gehabt haben könnte. Sichtbar wird jedoch, in welcher Weise dem Kläger die Führung am R.-Gymnasium aus der Hand genommen wurde.

Der Kläger selbst schildert, er habe die Situation in der Weise wahrgenommen, dass Dr. H. seine Tätigkeit in L. (also dem Ort, an dem sich das R.-Gymnasium befindet) mit der stellvertretenden Schulleiterin, Frau StDin Sch., aber nicht mit ihm geplant habe. Die darin liegende Ausgrenzung des Klägers und insbesondere die Mitbeteiligung von Frau StDin Sch. am Entstehen bzw. Aufrechterhalten von Konfliktstoff wird zwar von dem Beklagten pauschal in Abrede gestellt, aber nicht substantiiert bestritten.

Wie die Art und Weise, in der Dr. H seine umfangreichen Befugnisse eingesetzt hat, auch durch andere an der Schule eingesetzte Bedienstete wahrgenommen worden ist, spiegelt sich etwa in der Äußerung dreier Mitglieder des Personalrats vom 16. Dezember 2004. Auf das - auch von Seiten des Beklagten nicht bestrittene - Zitat im angefochtenen Urteil wird insofern Bezug genommen. Es kulminiert (sinngemäß) in der Feststellung, man fühle sich in seinen Anliegen durch Dr. H. nicht ernst genommen und erlebe ihn als Interessenvertreter der Eltern und des Kultusministeriums, deren Wünschen und Ansichten alle übrigen Belange untergeordnet würden. Es liegt in der Natur der Sache, dass es sich hier um eine Meinung unter anderen, auch gegensätzlichen, handelt. Ein Aufklärungsdefizit bei der Vorinstanz hinsichtlich der Tatsachen, auf die sich diese Meinung gründen könnte - etwa hinsichtlich einer unterlassenen Einvernahme des Dr. H., wie dies der Beklagte geltend machen will - besteht insofern nicht. Doch wird hier der Wahrheitsgehalt des grundsätzlichen Standpunkts des Beklagten, alle Versuche des Staatsministeriums zu einer gütlichen Konfliktbereinigung seien fehlgeschlagen und dies liege letztlich nur an der Person des Klägers, deutlich relativiert.

Es liegt auf der Hand, dass unter solchen Umständen von einer echten Chance des Klägers, in der ersten Hälfte des Schuljahrs 2004/2005 den Schulfrieden wieder herzustellen, keine Rede sein kann. Dies ergibt sich aus den vorgelegten Akten und insbesondere auch aus den von Beklagtenseite gefertigten Dokumenten und Äußerungen. Damit kann nicht davon ausgegangen werden, dass die - rechtlich relevante - tatsächliche Situation zur Zeit des Ergehens des Versetzungsbescheids in Gestalt des Widerspruchsbescheids so war, wie sie in diesen Bescheiden dargestellt, bewertet und zur Grundlage der Entscheidung gemacht worden ist. Es fehlt deshalb an einer tragfähigen Begründung des dienstlichen Bedürfnisses, das für die Verfügung, den Kläger vom R.-Gymnasium in L. wegzuversetzen, Rechtsvoraussetzung ist.

Das Vorbringen des Beklagten im Verlauf des Verwaltungsstreitverfahrens kann dieses Ergebnis nicht durchgreifend in Frage stellen.

Der Beklagte bringt als zweite Komponente des dienstlichen Bedürfnisses für die angefochtene Versetzung des Klägers den dringenden dienstlichen Bedarf an der ISB. Wegen der spezifischen Anforderungen sei der Kreis der in Frage kommenden Beamten klein; der Kläger könne sie gut erfüllen.

Auch insoweit bringt der Beklagte keine hinreichenden Gründe für ein dienstliches Bedürfnis vor, das auf die Versetzung gerade des Klägers von seinem bisherigen Dienstposten weg fixiert ist.

Dabei unterstellt das Gericht - auch angesichts der vom Beklagten speziell zu dieser Frage vorgelegten Unterlagen - sowohl das Vorhandensein eines einschlägigen dringenden Bedarfs an der ISB als auch die Eignung des Klägers, den Anforderungen gerecht zu werden, und den Umstand, dass geeignete Fachleute rar sind.

In den Blick zu nehmen ist der gesamte Geschehensablauf, wie er aus den Akten und auch aus dem Vorbringen der Beteiligten deutlich wird. Er trägt die Argumentation des Beklagten nicht.

Grundlage der Entscheidung, den Kläger von seinem bisherigen Dienstposten zu versetzen, ist zwar nach der eindeutigen Aussage in den Bescheiden die Entwicklung im ersten Halbjahr des Schuljahres 2004/2005. Doch ist dies vor dem Hintergrund zu sehen, dass der Kläger ursprünglich zum Beginn dieses Schuljahres an das S.-Gymnasium in A. versetzt werden sollte. Dem Kläger war im Rahmen der Gewährung des rechtlichen Gehörs mitgeteilt worden, dass der Grund in den Spannungen am R.-Gymnasium in L. lag, deren Ursachen man in ganz erheblichem Umfang dem Kläger anlastete und mit dessen Versetzung beheben wollte. Von dieser Versetzung wurde dann nicht nur deshalb abgesehen, weil für das S.-Gymnasium ein anderer geeigneter Leiter gefunden worden war. Ersichtlich als der im Vordergrund stehende Gesichtspunkt wurde angegeben, dass man dem Kläger die Chance einräumen wollte, den Schulfrieden am R.-Gymnasium wieder herzustellen. Das wird besonders deutlich aus dem Schreiben des StMUK vom 9. September 2004, in dem ihm mitgeteilt wird, dass seine Wegversetzung zum Schuljahr 2004/2005 nicht mehr beabsichtigt sei... Ihm solle nämlich angesichts von Einwänden der Eltern mit der Wahl des neuen Elternbeirats die Chance eingeräumt werden, den Schulfrieden wiederherzustellen. Der Kläger war bis 30. September 2004 arbeitsunfähig erkrankt, Dr. H. wurde zum 15. Oktober 2004 bestellt, der neue Elternbeirat wurde am 1. Dezember 2004 gewählt, nach dem Bericht des Dr. H. ist der Vermittlungsversuch am 15./16. Dezember 2004 "endgültig gescheitert". Unter den gegebenen Umständen wurde dem Kläger damit entgegen der Ankündigung des StMUK (9.9.2004) keine wirkliche Chance zur Wiederherstellung des Schulfriedens gegeben. Hinzu kommt, dass bei Erlass des Widerspruchsbescheids (vom 27.6.2005) der Weggang der stellvertretenden Schulleitung zum Schuljahresende bereits feststand. Damit war ein wesentliches Element für den prognostizierten Fortbestand der Spannungen behoben. Nach allem steht fest, dass sich die grundlegenden Erwägungen hinsichtlich einer Versetzung des Klägers allein auf die Komponente der Wegversetzung bezogen haben und rechtlich nicht tragfähig waren.

Demgegenüber hat der Aspekt der Hinzuversetzung des Klägers zur ISB aus den Akten nachvollziehbar erst dann Bedeutung erlangt, als sich abzeichnete, dass der Kläger nun endgültig vom R-Gymnasium wegversetzt werden sollte. Der Verwendung des Klägers bei der ISB ist kein eigenständiges Gewicht in einem Maß beizumessen, dass sich als dessen Folge das dienstliche Bedürfnis der Versetzung gerade des Klägers ergeben würde. Vielmehr handelt es sich hier ersichtlich in erster Linie darum, dass dem bei jeder Wegversetzung notwendigen dienstlichen Bedürfnis ein die Hinzuversetzung rechtfertigendes dienstliches Interesse korrespondieren muss.

Diese Sichtweise wird bestärkt durch den im StMUK erstellten Entscheidungsvorschlag vom 3. Januar 2005. Dort ist unter Gld.Nr. 2 "Lösung" ausgeführt, es sei beabsichtigt, den Kläger spätestens zum 1. März 2005 an eine noch zu schaffende Koordinierungsstelle SINUS am ISB zu versetzen (Fettdruck wie im Original). Das erforderliche dienstliche Bedürfnis bestehe insofern in zweierlei Hinsicht - einmal als einzige Möglichkeit, am R.-Gymnasium den Schulfrieden wieder herzustellen, zum anderen wegen der nötigen Erweiterung der bisher von einem Studiendirektor wahrgenommenen Koordinationsstelle auf ein zweiköpfiges Team. Der Kläger verfüge nach Prüfungsdaten und Beurteilungen über die notwendigen hervorragenden Fähigkeiten in den entsprechenden Fächern. Im Rahmen der verfahrensleitenden Verfügungen und der dabei erfolgten Mitzeichnungen findet sich der handschriftliche Vermerk, bei SINUS-Transfer seien bisher nur Personen eingesetzt, die über langjährige Erfahrungen bei SINUS verfügten, trotzdem "o. E.". Eine einschränkende Bewertung der vorgesehenen Übertragung der Aufgaben auf den Kläger findet sich auch in einem handschriftlichen Aktenvermerk auf der Rückseite des Dokuments.

Aus all dem wird deutlich, dass beim Beklagten das dienstliche Bedürfnis an einer Versetzung des Klägers zur ISB im Sinn einer tatbestandsmäßigen Voraussetzung gemäß Art. 34 BayBG zwar bejaht wurde, aber nicht in dem Sinn einer Ausschließlichkeit, die das vom Beklagten behauptete, aber nicht belegte dienstliche Bedürfnis einer auf den Kläger fixierten Wegversetzung vom R.-Gymnasium ergänzen bzw. ersetzen könnte.

Somit ergibt sich, dass es an der vom Beklagten zur Grundlage seiner Versetzungsentscheidung gemachten tatbestandsmäßigen Voraussetzung gefehlt hat, gerade der Kläger sei vom R.-Gymnasium weg und zu der ISB-Stelle hinzuversetzen.

Infolgedessen kann es dahingestellt bleiben, ob die vom Verwaltungsgericht gerügten Defizite in allen dargelegten Einzelheiten tatsächlich festzustellen sind.

Die Berufung ist aus den genannten Gründen auch nicht wegen des Vorliegens eines der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegenden Verfahrensmangels, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) zuzulassen.

Namentlich hat das Verwaltungsgericht nicht seine Verpflichtung, den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären (§ 86 VwGO), verletzt. Die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Versetzungsbescheids konnte vom Verwaltungsgericht und kann vom Senat auch festgestellt werden, ohne dass es auf Umstände ankäme, die etwa durch die Einvernahme der Zeugen StDin Sch. oder Ltd. OStD a.D. Dr. H zu verifizieren gewesen wären.

II. Der Beklagte trägt die Kosten des Antragsverfahrens (§ 154 Abs. 2 VwGO).

III. Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 5.000 € festgesetzt (§ 52 Abs 2, § 47 Abs. 3 GKG).

Hinweis:

Von einer weiteren Begründung dieses Beschlusses wird abgesehen. Mit der Ablehnung des Antrags wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a VwGO).

Ende der Entscheidung

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