Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 05.12.2008
Aktenzeichen: 3 ZB 06.3149
Rechtsgebiete: BBesG, BGB, Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001


Vorschriften:

BBesG § 40 Abs. 2
BGB in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung § 197
BGB in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung § 198
BGB in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung § 201
BGB in der ab 1.1.2002 geltenden Fassung § 195
BGB in der ab 1.1.2002 geltenden Fassung § 199
Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 Art. 2 Nr. 2 Buchst. b
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

3 ZB 06.3149

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Familienzuschlags;

hier: Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 11. Oktober 2006,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 3. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Läpple, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Dr. Burger-Veigl, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Weber

ohne mündliche Verhandlung am 5. Dezember 2008

folgenden Beschluss:

Tenor:

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.

III. Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 421,32 Euro festgesetzt.

Gründe:

Der auf die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils und des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache) gestützte Antrag bleibt erfolglos.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestehen nicht. Das Verwaltungsgericht hat die Klage, die darauf gerichtet ist, der Beklagte solle dazu verurteilt werden, dem Kläger für das dritte Kind für den Zeitraum vom 1. Januar 2000 bis zum 31. Dezember 2001 einen weiteren Familienzuschlag in Höhe von 421,32 Euro sowie hieraus ab Rechtshängigkeit 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz zu zahlen, zu Recht abgewiesen. Die zur Antragsbegründung vorgebrachten Gesichtspunkte geben keinen Anlass zu einer anderen Sichtweise; insofern ist noch folgendes zu ergänzen:

Zu Recht geht das Verwaltungsgericht (in Übereinstimmung mit der von ihm dazu zitierten Rechtsprechung des Senats) davon aus, dass das Schreiben des Klägers ohne Datum, eingegangen bei der Bezirksfinanzdirektion Landshut am 20. März 1997, nach Wortlaut und Sinnzusammenhang und mithin nach dem für den Beklagten als Empfänger maßgeblichen objektiven Erklärungswert des undatierten Einspruchs nur ein Begehren auf höheres Kindergeld für die vier Kinder entnommen werden kann. Dies wird durch die - im Kontext stimmige - Bezugnahme auf den (ausschließlich) diese Rechtsmaterie betreffenden Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 29. Mai 1990 (Az. 1 BvL 20/84, 1 BvL 26/84, 1 BvL 4/84) untermauert. Andererseits ist von der im selben Jahr ergangenen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur familienbezogenen Alimentation (Beschluss vom 22.3.1990, Az. 2 BvL 1/86) weder ausdrücklich die Rede noch lässt sich in irgend einer Weise ein Bezug zu dieser - gegenüber dem Kindergeld völlig anders gelagerten - Rechtsmaterie erkennen. Der Senat verweist ergänzend auf die im Schriftsatz des Landesamts für Finanzen - Dienststelle Landshut - vom 7. September 2006 (dort unter Rz. 2.1 auf Seite 2 f.) angesprochenen und nachvollziehbaren Gesichtspunkte für die Beschränkung des Gegenstands des Schreibens auf die Thematik "Kindergeld" im rechtstechnischen Sinn, zu denen sich der Kläger im Einzelnen im Übrigen auch nicht näher eingelassen hat.

Unter diesen Umständen muss außer Betracht bleiben, dass der Kläger - wie er namentlich in der Klagebegründung vom 28. August 2006 näher darlegt - mit seinem o. g. Schreiben vom März 1997 zum Ausdruck bringen wollte, dass er sich gegen jede Festsetzung des kinderbezogenen Familienzuschlags wende. Diese Motivation könnte unter dem Gesichtspunkt eines Geltendmachens eines Anspruchs nur dann Bedeutung erlangen, wenn sie nach außen hin erkennbar geworden wäre; dem ist aber nicht so.

Da der Kläger (auch unter Berücksichtigung dessen, dass er juristisch nicht vorgebildet ist) von seinem Dienstherrn gerade nicht ein Überdenken der ihm als Familienvater vom Staat zugestandenen finanziellen Leistungen - wie nunmehr vorgetragen und in einem umfassenden Sinn gemeint - begehrt hat, handelte es sich auch nicht um eine "klare und eindeutige Äußerung" in dem ihr vom Kläger nun beigemessenen Sinn, so dass auch kein Anspruch auf Beantwortung zu dieser umfassend zu verstehenden Thematik bestand. Dies wiederum hat zur Folge, dass der Kläger unmittelbar aus dem Unterbleiben einer Antwort des Dienstherrn auf sein Schreiben vom März 1997 Ansprüche gegen den Dienstherrn, etwa aus dem Gesichtspunkt einer Verletzung der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht, nicht herleiten kann. Das gilt ganz abgesehen davon, dass der Kläger sich in seinem Schreiben ausdrücklich mit einem Ruhen des Einspruchsverfahrens gemäß § 363 der (nur für die Frage des Kindergeldes im engen Sinn einschlägigen) Abgabenordnung einverstanden erklärt hat.

Schon aus den genannten Gründen kommt auch ein Anspruch des Klägers auf Verlängerung einer versäumten Frist nicht in Betracht, wie er sie (in seiner Antragsbegründungsschrift vom 11.12.2006 auf Seite 2 unten) für sich reklamiert, wobei - trotz des Literaturzitats - nicht näher substantiiert wird, um die Versäumung welcher Frist und in welcher Weise es sich handeln soll. Da es nach dem Dargelegten auch an einem geeigneten Anknüpfungspunkt dafür fehlt, dass der Beklagte durch eigenes ihm zurechenbares Verhalten einen (vorliegend relevanten) Zeitablauf zu verantworten habe (so aber der Kläger a.a.O. Seite 3), kann auf einen solchen Gesichtspunkt auch nicht der Vorwurf der rechtsmissbräuchlichen Ausübung des Rechts der Berufung auf die Verjährung durch den Beklagten gestützt werden.

Da dem Schreiben des Klägers vom März 1997 hinsichtlich eines besoldungsrechtlichen Mehrbedarfs keine Bedeutung zukommt, kann als zeitlich nächstliegende relevante Handlung erst das Widerspruchsschreiben des Klägers vom 19. Oktober 2005 angesehen werden, in dem er sich gegen die Höhe des kinderbezogenen Familienzuschlags für das dritte Kind gewendet und beantragt hat, entsprechende Nachzahlungen, soweit die für das dritte Kind gewährten Zuschläge nicht einen Abstand von 15 % zum sozialhilferechtlichen Gesamtbetrag des Kindes aufweisen, zu leisten. Damit hat der Kläger auch seinen verfahrensgegenständlichen Anspruch betreffend seine amtsangemessene Alimentation für die Jahre 2000 und 2001 geltend gemacht.

Der Senat lässt dahingestellt, ob das Entstehen dieser Ansprüche nicht schon deshalb verhindert worden ist, weil es der Kläger unterlassen hat, sie zeitnah geltend zu machen. Nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 24. November 1998 (Az. 2 BvL 26/91 u.a., BVerfGE 99, 300 = NJW 1999, 371) war der Gesetzgeber verpflichtet, die Besoldung kinderreicher Beamter bis Ende 1999 in einem bestimmten Umfang zu erhöhen, um eine verfassungsgemäße Rechtslage herzustellen. Für den Fall, dass der Gesetzgeber dem nicht nachkommt, sind die Fachgerichte ab 1. Januar 2000 ermächtigt worden, ergänzende Besoldungsbestandteile zuzusprechen (Vollstreckungsanordnung). Sollte ein solcher Anspruch zeitnah, also während des jeweils laufenden Haushaltsjahres, geltend gemacht werden müssen (wie dies das Bundesverfassungsgericht in seinem den Zeitraum vom 1.1.1977 bis 31.1.1981 betreffenden Beschluss vom 22.3.1990, Az. 2 BvL 1/86 - als Anspruchsvoraussetzung benannt hat und wie dies nunmehr vom Bundesverwaltungsgericht in zwei Entscheidungen vom 13.11.2008 laut der Pressemitteilung Nr. 80/2008 vom selben Tag auch für die nach dem 1.1.2000 liegenden Zeiträume verlangt wird; die schriftlichen Entscheidungsgründe liegen dem erkennenden Senat noch nicht vor), so könnte die Frage auch unter dem Aspekt behandelt werden, ob für die Jahre 2000 und 2001 entsprechende Ansprüche des Klägers überhaupt entstanden sein können. Dies mag aber auf sich beruhen.

Die auf Erfüllung solcher Ansprüche gerichtete Leistungsklage kann nämlich jedenfalls wegen zwischenzeitlich eingetretener Verjährung, auf die sich der Beklagte auch - zulässigerweise - beruft, keinen Erfolg haben.

Die Ansprüche sind - ihre Entstehung unterstellt - in den Jahren 2000 und 2001 entstanden und fällig gewesen. Die Verjährungsfristen begannen am 1. Januar 2001 bzw. am 1. Januar 2002 zu laufen und sind - unter Berücksichtigung der unterdessen wirksam gewordenen Gesetzesänderungen - gleichzeitig am 31. Dezember 2004 abgelaufen (vgl. §§ 197, 198 und 201 BGB in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung - a. F. -, §§ 195 und 199 BGB in der ab 1.1.2002 geltenden Fassung - n.F. - Art. 229 § 6 Abs. 1 und 4 EGBGB in der Fassung des Art. 2 Nr. 2 Buchst. b des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26.11.2001, BGBl I S. 3138). Als der Kläger seine Ansprüche dann am 19. Oktober 2005 geltend machte, war bereits Verjährung eingetreten.

Wegen der hier zu berücksichtigenden rechtlichen Gesichtspunkte und insbesondere der Berechnungen verweist der Senat im Einzelnen zunächst auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts. Zu der Frage des Beginns des Laufs der Verjährungsfrist und der dazu in § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB n.F. formulierten Voraussetzung ergänzt der Senat im Hinblick auf das Vorbringen der Klägerseite: Der Kläger hatte spätestens zu dem anhand der Entstehung der Forderungen bestimmten Beginn des Fristenlaufs -also am 1. Januar 2001 bzw. am 1. Januar 2002 - von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder er hätte davon ohne grobe Fahrlässigkeit Kenntnis erlangen müssen. Bei einem wenig komplizierten Sachverhalt wie dem vorliegenden - nämlich dem Umstand, dass die familienbezogenen Bestandteile des Gehalts den Alimentationsanspruch des Klägers gegen den Beklagten nicht hinreichend abdeckten - setzt diese Kenntnis nicht voraus, dass der Gläubiger alle Einzelheiten der dem Anspruch zugrunde liegenden Umstände überblickt. Es genügt, dass er den Hergang in seinen Grundzügen kennt und weiß, dass der Sachverhalt erhebliche Anhaltspunkte für die Entstehung eines Anspruchs bietet. Aus den Umständen muss für den Gläubiger ferner ersichtlich sein, dass gerade er als Anspruchsinhaber in Betracht kommt. Für die Kenntnis ist nicht entscheidend, dass der Gläubiger die Tatumstände in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zutreffend würdigt (vgl. zutreffend Grothe in: Münchener Kommentar, BGB, Allgemeiner Teil, 5. Aufl. 2006 Rz. 24 bis 26 zu § 199).

Daran gemessen hatte der Kläger - und zwar schon nach seinem eigenen Vortrag -geraume Zeit vor dem 1. Januar 2001 die erforderlichen Kenntnisse bzw. er hatte sie nur deshalb nicht, weil er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in so erheblichem Umfang außer acht gelassen hat, dass ihm grobe Fahrlässigkeit vorzuhalten ist. So macht er in der Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung (Schriftsatz vom 11.12.2006) geltend, er habe mit dem Schreiben vom März 1997 klar und eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass er sich gegen jede Festsetzung des kinderbezogenen Familienzuschlags wende, die nicht den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts entspreche; das Bundesverwaltungsgericht habe seine Auffassung dann im Urteil vom 17. Juni 2004 (Az. 2 C 34.02) bestätigt. Daraus ergibt sich, dass der Kläger sich schon zu jener Zeit dessen bewusst war, dass seiner Meinung nach seine Alimentation hinter dem auf Grund des Beamtenverhältnisses gebotenen Umfang zurückblieb. Dem steht die oben vorgenommene Auslegung des Schreibens vom März 1997, wonach diese Intention darin nicht erkennbar zum Ausdruck komme, nicht entgegen. Bei dem, was der Kläger ausdrücken wollte, und dem, was er für den Empfänger verständlich tatsächlich ausgedrückt hat, handelt es sich um zweierlei Dinge, die durchaus divergieren können. Des Weiteren bestätigt der Kläger diese seine damalige Sichtweise, wenn er - ebenfalls im Zulassungsantrag - ausführt, er habe, zunächst vergeblich, die seiner Auffassung nach gebotene, den Zielvorgaben des Bundesverfassungsgerichts entsprechende, aber zunächst nicht vorgenommene Neuregelung durch den Gesetzgeber abgewartet. Er habe darauf vertrauen dürfen, dass der Beklagte sein Schreiben vom März 1997 zum Anlass nehmen werde, über den geltend gemachten Anspruch auf kinderbezogenen Familienzuschlag entsprechend den Zielvorgaben des Bundesverfassungsgerichts zu entscheiden.

Somit sind die Nachzahlungsansprüche, die der Kläger vorliegend geltend macht, für den Fall, dass sie noch entstehen konnten, zumindest verjährt. Dass der Beklagte sich zulässigerweise darauf berufen durfte, wurde bereits erörtert. Somit ist die Verjährung vorliegend auch zu berücksichtigen.

Damit entfällt auch die grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Die vom Kläger aufgeworfene Frage, ob sich der Dienstherr, der Anfragen des Beamten unbeantwortet lässt, auf Verjährung berufen kann, wenn die Nichtbeantwortung der Anfrage des Beamten offensichtlich rechtswidrig war, würde sich in einem Berufungsverfahren nicht stellen. Denn die Anfrage - es handelt sich ersichtlich um die vom März 1997 - betraf die verfahrensgegenständliche Materie nicht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 3 GKG.

Ende der Entscheidung

Zurück