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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 10.07.2008
Aktenzeichen: 3 ZB 07.1793
Rechtsgebiete: BBesG


Vorschriften:

BBesG § 40 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1
BBesG § 40 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

3 ZB 07.1793

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Rückforderung eines Familienzuschlags;

hier: Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 18. Juni 2007,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 3. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Läpple, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Dr. Burger-Veigl, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Weber

ohne mündliche Verhandlung

am 10. Juli 2008

folgenden Beschluss:

Tenor:

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Antragsverfahrens.

III. Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 2.287,28 Euro festgesetzt.

Gründe:

Der auf die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils), § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (besondere rechtliche Schwierigkeiten) und des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache) gestützte Antrag bleibt erfolglos.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Ersturteils bestehen nicht. Das Erstgericht hat zutreffend die Zahlungen des unterhaltspflichtigen Vaters für die private Krankenversicherung des bei der Klägerin in ihre Wohnung aufgenommenen Sohnes bei der Prüfung der Eigenmittelgrenze berücksichtigt. Nach § 40 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 BBesG entfällt der Familienzuschlag Stufe 1, wenn für den Unterhalt der aufgenommenen Person Mittel zur Verfügung stehen, die, bei einem Kind einschließlich des gewährten Kindergeldes und des kinderbezogenen Teils des Familienzuschlages, das sechsfache des Betrages der Stufe 1 übersteigen. Im konkreten Fall wird die Eigenmittelgrenze allein durch den Krankenversicherungsbeitrag, den der Vater des Kindes zusätzlich zu dem festgelegten Unterhalt zahlt, überschritten. Grundsätzlich gehören auch die Kosten einer privaten Krankenversicherung zum Unterhaltsbedarf eines Kindes (vgl. Palandt, 67. Aufl. 2008, BGB, RdNr. 10 zu § 1610). Auch wenn diese Mittel zweckgebunden sind, sind sie Unterhaltsbestandteil. Aus dem zwischen der Klägerin und ihrem geschiedenen Ehemann getroffenen Unterhaltsvergleich im Jahr 2001 kann nichts Gegenteiliges gefolgert werden. Die Tabellensätze der Düsseldorfer Tabelle enthalten keine Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge für das Kind, wenn dieses nicht in einer gesetzlichen Familienversicherung mitversichert ist. Wenn sich der Vater des Kindes in Ziff. 1 des Unterhaltsvergleichs zu einer Zahlung von Kindesunterhalt in Höhe von 170 % der Düsseldorfer Tabelle verpflichtete, musste - wie in Ziff. 2 des Vergleichs erfolgt - die Zahlung der Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung noch gesondert geregelt werden. Daraus lässt sich jedoch nicht herleiten, dass es sich nicht um Unterhaltszahlungen handelt.

Die Klägerin kann sich auch nicht auf eine entsprechende Anwendung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 11. Januar 2005 (Az. 2 BvR 167/02) berufen, wonach die Einbeziehung von Sozialversicherungsbeiträgen des Kindes in die Bemessungsgröße für den Jahresgrenzbetrag des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG verfassungswidrig sei mit der Folge, dass die privaten Krankenversicherungsbeiträge im Rahmen der Berechnung der zur Verfügung stehenden Mittel i.S.v. § 40 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 BBesG unberücksichtigt bleiben. Der Bundesfinanzhof hat zwar weitergehend in der Entscheidung vom 16. November 2006 (Az. III R 74/05) auch Beiträge des Kindes zur freiwilligen gesetzlichen Krankenversicherung bzw. in der Entscheidung vom 14. Dezember 2006 (Az. III R 24/06) Beiträge zu einer privaten Krankenversicherung nicht in die Bemessungsgröße für den Jahresgrenzbetrag i.S.d. § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG einbezogen. Entgegen der Ansicht der Klägerin gelten jedoch im Rahmen der Ermittlung der Eigenmittelgrenze des § 40 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 BBesG nicht die gleichen Grundsätze wie für den kinderbezogenen Anteil des Familienzuschlags der Stufe 2 (§ 40 Abs. 2 BBesG). Während es für den kinderbezogenen Anteil im Familienzuschlag entscheidend auf die Einkünfte und Bezüge des Kindes im Sinne des steuerrechtlichen Einkünftebegriffs des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG ankommt, stellt der Gesetzgeber im Zusammenhang mit dem Anteil im Familienzuschlag nach § 40 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 BBesG auf die "zur Verfügung stehenden Mittel" ab.

Bei der Berechnung der Einkünfte des in die Wohnung aufgenommenen Kindes, die zu seinem Unterhalt zur Verfügung stehen, ist vom Bruttoprinzip auszugehen (vgl. BVerwG vom 9.5.2006 NVwZ-RR 2006, 627). Da § 40 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 BBesG nicht bestimmt, dass Eigenmittel der aufgenommenen Person nach dem Nettoprinzip, also nach Abzug der Werbungskosten, zu berücksichtigen sind, gilt - schon nach dem Wortlaut - der besoldungs- und versorgungsrechtliche Grundsatz des Bruttoprinzips. (BVerwG vom 9.5.2006 a.a.O.). Soweit nach dem Entwurf einer BBesGVwV unter Nr. 40.1.13 die "Einnahmen" der in die Wohnung aufgenommenen Person mit dem Nettobetrag (nach Abzug der gesetzlichen Abgaben) zu berücksichtigen sind, findet die Verwaltungsvorschrift im Gesetz weder nach Wortlaut noch nach Sinn und Zweck eine Stütze. Daher stellt das Bundesverwaltungsgericht in der oben zitierten Entscheidung auf das Bruttoprinzip ab. Demgegenüber ist das Verwaltungsgericht Lüneburg in der davor ergangenen Entscheidung vom 22. März 2005 (Az. 1 A 359/04) vom Nettoprinzip ausgegangen, d.h. von dem Bruttoeinkommen abzüglich eventuell darauf entfallender gesetzlicher Abzüge wie Steuern und Sozialversicherungsbeiträge, wobei es die Frage der Abzugsfähigkeit der privaten Krankenversicherungsbeiträge mangels Entscheidungserheblichkeit offen gelassen hat. Der Anwendung des Nettoprinzips ist jedoch die nachfolgende Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der der Senat folgt, entgegengetreten. Geht man jedoch vom Bruttoprinzip aus, so stellt sich auch nicht die Frage, ob Sozialversicherungsbeiträge (Beiträge an die gesetzlichen Krankenversicherungen bzw. erweitert durch die Rechtsprechung auf private Krankenversicherungsbeiträge) abgezogen werden können. Bei Anwendung des Bruttoprinzips verbietet sich das.

Die Sache weist auch keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO), da der Sachverhalt, soweit entscheidungserheblich, überschaubar ist und die Rechtsfragen wie geschehen eindeutig zu beurteilen sind. Damit entfällt auch die grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.

Ende der Entscheidung

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