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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 07.08.2008
Aktenzeichen: 3 ZB 07.2938
Rechtsgebiete: GVG, DRiG


Vorschriften:

GVG § 176
GVG § 177
DRiG § 26 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

3 ZB 07.2938

In der Verwaltungsstreitsache

wegen dienstaufsichtlicher Maßnahme;

hier: Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 31. Juli 2007,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 3. Senat,

durch die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Dr. Burger-Veigl als Vorsitzende, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Dr. Weber, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Priegl

ohne mündliche Verhandlung

am 7. August 2008

folgenden Beschluss:

Tenor:

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.

III. Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe:

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt, weil die Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO nicht vorliegen.

Es fehlt bereits an der Erfüllung des Darlegungserfordernisses nach § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO, denn der Kläger hat keine der Verallgemeinerung fähige grundsätzliche Fragestellung herausgearbeitet, die in einem Berufungsverfahren entscheidungserheblich zu klären wäre.

Namentlich gibt der Fall keinen Anlass zur weiteren Erörterung der aus der Antragsbegründung des Klägers ermittelbaren, von ihm für klärungsbedürftig gehaltenen Frage, wann - also nach welchem Zeitraum - nach der Unterbrechung einer Gerichtsverhandlung der "Sitzungszusammenhang" und mit ihm die dem Vorsitzenden aus der Wahrnehmung der Sitzungspolizei erwachsenden Rechte entfallen, mit der Folge, dass die zugunsten des nach §§ 177, 178 GVG gegenüber sitzungspolizeilichen Maßnahmen privilegierten Rechtsanwalts bestehende Sperrwirkung aufgehoben wird und der Rechtsanwalt ohne Einschränkung dem allgemeinen Hausrecht im Gerichtsgebäude unterliegt, das ggf. auch die Entfernung aus dem Sitzungszimmer beinhalten kann.

Einerseits hat der Kläger zwar seine Behauptung, durch Vorhalt und Ermahnung im Bescheid des Präsidenten des Landgerichts München II vom 14. März 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Präsidenten des Oberlandesgerichts München vom 22. Mai 2006 und somit eine Maßnahme der Dienstaufsicht gemäß § 26 Abs. 3 DRiG in seiner richterlichen Unabhängigkeit beeinträchtigt worden zu sein, durch die Rücknahme seines beim Bayerischen Dienstgericht für Richter - München - bei dem Landgericht München I am 24. Juli 2006 eingereichten Antrags (VG-Akt Bl. 18) in dessen Sitzung am 8. Februar 2007 zurückgenommen (VG-Akt Bl. 82 ff.). Das dortige Verfahren ist daraufhin eingestellt worden.

Damit konzentriert sich der Kläger in dem daraufhin fortgeführten vorliegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren auf den von ihm so vertretenen rechtlichen Gesichtspunkt, er habe die Rechtsanwältin in rechtmäßiger Ausübung des von ihm außerhalb einer von ihm geleiteten Sitzung zustehenden Hausrechts durch einen Gerichtswachtmeister aus dem Sitzungssaal entfernen lassen.

Andererseits ist das Verwaltungsgericht aber dieser Auffassung des Klägers nicht gefolgt und hat - insofern ausdrücklich in Übereinstimmung mit der ausweislich des Verhandlungsprotokolls vom 8. Februar 2007 dezidiert geäußerten Auffassung des Bayerischen Dienstgerichts für Richter - die Klage abgewiesen, weil die Maßnahme des Klägers gerade nicht der Ausübung des Hausrechts, sondern der Sitzungspolizei zuzuordnen sei, der gegenüber das Hausrecht zurücktrete.

Die Ausführungen der Antragsbegründung lassen nicht erkennen, inwiefern ein zugelassenes Berufungsverfahren geeignet sein sollte, zur weiteren Konkretisierung und Klärung der vom Kläger aufgeworfenen Rechtsfrage beizutragen. Das Verwaltungsgericht hat seine rechtliche Bewertung dahingehend, die ca 10-minütige Unterbrechung der Sitzung habe den zeitlichen Zusammenhang der Hauptverhandlung in der Strafsache nicht aufgehoben, ausführlich und in Übereinstimmung mit der einschlägigen Rechtsprechung und Kommentarliteratur (vgl. BGH, Beschluss vom 11.2.1998, Az. StB 3/93 u.a., NJW 1998, 1420; Schäfer/Wickern in Löwe/Rosenberg, StPO, 24. Aufl. 1996, RdNr. 8 zu § 176 GVG [worauf sich der BGH a.a.O unter anderem ausdrücklich beruft]; Meyer-Goßner, StPO, 51. Aufl. 2008, RdNr. 2 zu § 176 GVG; Kissel/Mayer, GVG, 5. Aufl. 2008, RdNr. 9 zu § 176; Pfeiffer, StPO, 3. Aufl. 2001, RdNr. 2 zu § 176 GVG, jeweils m.w.N.) getroffen. Der Begriff der "Sitzung" im Sinn des § 176 GVG umfasst danach in zeitlicher Hinsicht auch die kurzen Sitzungspausen, nicht aber längere Unterbrechungen (z.B. mehrstündige Mittagspausen). Die damit gegebene und - soweit ersichtlich - einhellige Definition grenzt den Begriff der eine "Sitzung" nicht unterbrechenden "Sitzungspause" von zwei Seiten her ein, nämlich von "kurz" einerseits und "länger" andererseits, wobei eine "mehrstündige Mittagspause" als Beispiel für eine jenseits der Bandbreite einer kurzen Sitzungspause gelegene Sitzungsunterbrechung genannt wird. Die vorliegend vom Verwaltungsgericht getroffene Zuordnung einer 10-minütigen Pause erfolgte klar ersichtlich innerhalb dieses Rahmens einzelfallbezogen. Eine Überprüfung durch den Senat wäre nicht geeignet, zur Aufstellung weiterer -abstrakter - Kriterien oder im Wege der Bildung von Fallgruppen über den konkreten Einzelfall hinaus zu einer allgemeinen Klärung der Problematik beizutragen. So wären insbesondere die vom Kläger formulierten, den konkreten Fall nicht erfassenden Fragestellungen, z.B. ob der Kläger als Vorsitzender eine entsprechende Maßnahme hätte anordnen können, falls die Unterbrechung " - außerhalb einer Mittagspause - 30 Minuten, eine oder auch mehrere Stunden (?) angedauert hätte", mangels Entscheidungserheblichkeit nicht zu thematisieren.

Für den Annex, den der Kläger seiner Frage nach der erforderlichen Ausdehnung einer die Sitzung im Sinn des § 176 GVG unterbrechenden größeren Pause beigefügt hat, nämlich ab wann ein Rechtsanwalt ohne Einschränkung dem allgemeinen Hausrecht im Gerichtsgebäude unterliege, das ggf. auch die Entfernung aus dem Sitzungszimmer beinhalten könne, gilt in der zeitlichen Dimension (als einer tatbestandsmäßigen Voraussetzung) das soeben Dargelegte. Hinsichtlich der Rechtsfolge ist die Rechtsfrage dahingehend geklärt, dass während der Sitzung (im dargelegten Sinn) das Hausrecht seine Grenze an der Sitzungspolizei findet und nicht gewissermaßen ergänzend herangezogen werden kann. Dieser Gesichtspunkt ist somit in einem Berufungsverfahren nicht mehr grundsätzlich klärungsbedürftig (vgl. BGH, Beschlüsse vom 13.4.1972, Az. 4 StR 71/72, NJW 1972, 1144; vom 19.1.1982, Az. 5 StR 166/81, NJW 1982, 947; Schäfer/Wickern in Löwe/Rosenberg, a.a.O., RdNr. 3 zu § 176 GVG; Meyer-Goßner, a.a.O., RdNr. 3 zu § 176 GVG; Kissel/Mayer, a.a.O., RdNr. 3 zu § 176, Pfeiffer, a.a.O., RdNr. 4 zu § 176 GVG, jeweils m.w.N.).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Der Streitwert ergibt sich aus § 52 Abs. 2, § 47 Abs. 3 GKG.

Hinweis:

Von einer weiteren Begründung dieses Beschlusses wird abgesehen. Mit der Ablehnung des Antrags wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a VwGO).

Ende der Entscheidung

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