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Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 28.01.2004
Aktenzeichen: 4 B 00.2397
Rechtsgebiete: KAG, Gebührensatzung
Vorschriften:
KAG Art. 2 Abs. 1 Satz 2 | |
KAG Art. 8 Abs. 1 Satz 1 | |
Gebührensatzung für die öffentliche Abfallentsorgung des Landkreises Kitzingen vom 3. Juli 1991/19.4.1999 |
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes
In der Verwaltungsstreitsache
wegen Abfallbeseitigungsgebühren;
hier: Berufung des Beigeladenen gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg vom 31. Mai 2000,
erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 4. Senat,
durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dillmann, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Schmitz, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Kraft
aufgrund mündlicher Verhandlung vom 28. Januar 2004
am 28. Januar 2004
folgendes Urteil:
Tenor:
I. Auf die Berufung des Beigeladenen wird das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg vom 31. Mai 2000 geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen einschließlich der außergerichtlichen Aufwendungen des Beigeladenen zu tragen.
III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, sofern nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Nachforderung von Abfallentsorgungsgebühren für zusätzliche Leerungen eines Müllgroßbehälters im Jahr 1993.
1. Der klagende Landkreis entsorgt die in seinem Gebiet anfallenden Abfälle durch eine öffentliche Einrichtung, für die er den Anschluss- und Überlassungszwang angeordnet hat. Für deren Benutzung erhebt er Gebühren, die sich nach der Zahl und dem Fassungsvermögen der Restmüllbehältnisse und der Zahl der Abfuhren bemessen. Gebührenschuldner ist der Benutzer der Einrichtung; bei der Abfallentsorgung im Bring- und im Holsystem gilt der Eigentümer oder der dinglich Nutzungsberechtigte der an die Abfallentsorgung angeschlossenen Grundstücke als Benutzer. Zur Gebührenbemessung heißt es in § 4 der Gebührensatzung für die öffentliche Abfallentsorgung des Klägers vom 3. Juli 1991 (AbfGS 1991):
(1) Die Gebühr für die Abfallentsorgung im Bring- und im Holsystem unter Verwendung eigener Restmüllbehältnisse beträgt bei wöchentlicher Abfuhr der Restmüllbehältnisse in Gemeinden, in denen die Biomüllsammlung noch nicht eingeführt ist, bzw. bei 14-tägiger Abfuhr der Restmüllbehältnisse in Gemeinden, in denen die Biomüllsammlung eingeführt ist, jährlich für
1. eine Müllnormtonne ( 120 l) 324,60 DM
2. eine Müllnormtonne ( 240 l) 580,80 DM
3. einen Müllgroßbehälter ( 770 l) 2.102,40 DM
4. einen Müllgroßbehälter ( 1.100 l) 2.787,00 DM
5. einen Müllgroßbehälter ( 5.000 l) 12.018,60 DM.
(2) Die Gebühr für die Abfallentsorgung im Bring- und Holsystem unter Verwendung der vom Landkreis zur Verfügung gestellten Restmüllbehältnisse (Mietgefäße) beträgt bei wöchentlicher Abfuhr der Restmüllbehältnisse in Gemeinden, in denen die Biomüllsammlung noch nicht eingeführt ist, bzw. bei 14-tägiger Abfuhr der Restmüllbehältnisse in Gemeinden, in den die Biomüllsammlung eingeführt ist, jährlich für
1. eine Müllnormtonne ( 120 l) 348,60 DM
2. eine Müllnormtonne ( 240 l) 611,40 DM
3. einen Müllgroßbehälter ( 770 l) 2.384,40 DM
4. einen Müllgroßbehälter ( 1.100 l) 3.077,40 DM
5. einen Müllgroßbehälter ( 5.000 l) 12.636,00 DM.
(3) Bei wöchentlich mehrmaliger Abfuhr der in Abs. 1 und Abs. 2 genannten Müllgroßbehälter werden die in Abs. 1 Ziff. 3 bis 4 geregelten Gebühren entsprechend vervielfacht. Bei der Abfuhr im 14-tägigen Turnus in Gemeinden, in denen die Biomüllsammlung noch nicht eingeführt ist, beträgt die Gebühr für die in Abs. 1 und Abs. 2 genannten Müllgroßbehälter jährlich
1. 770 l - Eigentum: 1.201,20 DM - Miete: 1.474,20 DM
2. 1.100 l - Eigentum: 1.534,80 DM - Miete: 1.860,60 DM
3. 5.000 l - Eigentum: 6.670,20 DM - Miete: 7.357,20 DM.
Bei der Abfuhr im 14-tägigen Turnus in Gemeinden, in denen die Biomüllsammlung eingeführt ist, gelten für Müllgroßbehälter die in Abs. 1 und Abs. 2 genannten Gebühren.
...
Der Beigeladene ist Pächter einer Bundesautobahn-Tankstelle. Er erhält aufgrund einer Absprache zwischen der Grundstückseigentümerin und dem Kläger aus dem Jahre 1986 die Bescheide über die Abfallentsorgungsgebühren für das Betriebsgrundstück und zahlt die Gebühren unmittelbar an den Kläger. Auf dem Betriebsgrundstück wird ein gemieteter Müllgroßbehälter mit einem Fassungsvermögen von 5.000 l bereitgehalten. Bis März 1992 war dieser Behälter zweimal wöchentlich abgefahren worden, woraus sich zuletzt eine jährliche Abfallentsorgungsgebühr in Höhe von 24.654,60 DM errechnet hatte. Im März 1992 beantragte der Beigeladene, den Müllgroßbehälter ab April 1992 nur noch einmal wöchentlich zu leeren und die Abfallentsorgungsgebühren entsprechend zu ermäßigen. Der Kläger gab diese Bitte an das von ihm mit der Abfuhr beauftragte Unternehmen weiter und setzte mit Bescheid vom 20. April 1992 die Jahresgebühr für 1992 dem Beigeladenen gegenüber auf 15.640,65 DM (12.636,00 DM zuzüglich des Gebührenzuschlags für die erhöhte Leerungshäufigkeit in der Zeit von Januar bis März) und für die Folgejahre auf 12.636,00 DM fest.
Im Juli 1992 führte der Kläger im betreffenden Gebiet die Biomüllsammlung ein. Er unterrichtete den Beigeladenen mit Schreiben vom 4. Juni 1992 über die damit verbundenen Änderungen; insbesondere wies der Kläger darauf hin, dass dem Beigeladenen grundsätzlich die gleiche Anzahl und Gefäßgröße an Biomüllbehältnissen zustehe, wie für den Restmüll bereits registriert seien, dass künftig die Restmüll- und Biomüllbehältnisse im wöchentlichen Wechsel geleert würden und dass für die Biomüllbehältnisse keine zusätzlichen Gebühren anfielen. Ferner wies er den Beigeladenen mit einem weiteren Schreiben vom 24. Juni 1992 auf den Umfang des Überlassungszwangs und die Satzungsbestimmungen über die zugelassenen Restmüll- und Biomüllbehältnisse sowie die jeweiligen Gebührensätze des § 4 AbfGS 1991 hin. Weiter ist in dem Schreiben ausgeführt, dass "bei wöchentlich mehrmaliger Abfuhr der Müllgroßbehälter (770 l, 1.100 l und 5.000 l Füllraum) ... die Gebühren entsprechend Abs. 3 Satz 1 der Gebührensatzung vervielfacht" würden.
Auf dem beigefügten Anmeldeformular teilte der Beigeladene daraufhin dem Kläger die gewünschte Anzahl an Biomüllbehältern mit; Änderungen hinsichtlich des Restmüllbehältnisses, insbesondere zusätzliche Leerungen, beantragte er nicht. Dementsprechend ging der Kläger in den folgenden Jahren bei der Gebührenbemessung im Anschluss an den Gebührenbescheid vom 20. April 1992 davon aus, dass Restmüll- und Biomüllgefäße in wöchentlichem Wechsel abgefahren würden. Tatsächlich aber wurde der Restmüllgroßbehälter von dem Abfuhrunternehmen weiterhin einmal wöchentlich geleert. Der Kläger erfuhr hiervon erst, als der Beigeladene im Oktober 1997 darum bat, die Restmüllabfuhr für die nächsten fünf Monate nur noch 14-tägig durchzuführen.
2. Mit Bescheid vom 12. November 1997 forderte der Kläger den Beigeladenen auf, die noch ausstehenden Abfallentsorgungsgebühren für die zusätzliche wöchentliche Leerung für die Zeit vom 1. Januar 1993 bis 30. Oktober 1997 in Höhe von 70.000,60 DM zu zahlen. Für das Jahr 1993 wurde dabei die nachzuentrichtende Gebühr auf 12.018,60 DM beziffert.
Der Beigeladene erhob hiergegen Widerspruch und führte aus, dass es für die Nachforderung keine Rechtsgrundlage gebe. Die Gebührensatzung schreibe nur bei "wöchentlich mehrmaliger Abfuhr" eine Vervielfachung der Gebühren nach § 4 Abs. 1 Ziff. 3 bis 4 vor, also ausdrücklich nicht der Gebühr nach Ziff. 5, die für seinen Müllgroßbehälter gelte. Im Übrigen habe er, der Beigeladene, im März 1992 gerade zur Vermeidung der für ihn wirtschaftlich nicht mehr tragbaren hohen Müllgebühren eine Änderung der Leerungshäufigkeit beantragt. Dass sie sich mit Einführung der Biotonne wieder verdoppeln könnten, sei ihm nicht mitgeteilt worden. Mit einer Nachforderung habe er jedenfalls nicht rechnen können und müssen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13. Januar 1999 änderte die Regierung von Unterfranken den Bescheid des Klägers vom 12. November 1997 ab und setzte die vom Beigeladenen zu zahlende Abfallentsorgungsgebühr - unter Zurückweisung des Widerspruchs im Übrigen - auf 57.983 DM fest. Zur Begründung heißt es, dass eine Nachveranlagung für das Jahr 1993 ausscheide, weil für den 5.000 l-Müllgroßbehälter eine Gebührenerhöhung bei einer mehrmaligen Abfuhr in § 4 Abs. 3 AbfGS 1991 nicht vorgesehen sei. Ein etwaiges Versehen des Satzungsgebers könne nicht durch eine erweiternde Auslegung der dem Wortlaut nach eindeutigen Bestimmung korrigiert werden. Für die Jahre 1994 bis 1997 hingegen gebe es eine ausreichende Rechtsgrundlage aufgrund einer Änderungssatzung. Der Widerspruchsbescheid ist hinsichtlich seines zurückweisenden Teils bestandskräftig geworden.
Der Kläger hat mit Änderungssatzung vom 19. April 1999 dem § 4 Abs. 3 Satz 1 AbfGS 1991 für die Zeit vom 1. Juli 1991 bis 31. Dezember 1993 folgende Fassung gegeben: "Bei wöchentlich mehrmaliger Abfuhr der in Abs. 1 und Abs. 2 genannten Müllgroßbehälter werden die in Abs. 1 Ziff. 3 bis 5 geregelten Gebühren entsprechend vervielfacht."
3. Das Verwaltungsgericht hat auf die Klage des Landkreises mit Urteil vom 31. Mai 2000 den Widerspruchsbescheid insoweit aufgehoben, als er dem Widerspruch des Beigeladenen für das Jahr 1993 stattgegeben hat. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Gebührensatzung ordne entgegen der Meinung der Widerspruchsbehörde bereits in ihrer ursprünglichen Fassung vom 3. Juli 1991 eine Vervielfachung der Gebührensätze bei mehrmaliger Abfuhr auch eines Müllgroßbehälters mit 5.000 l Volumen an. Der Wortsinn des § 4 Abs. 3 Satz 1 sei nicht eindeutig, weil es "Ziff. 3 bis 4" und nicht "Ziff. 3 und 4" heiße. Die demnach auslegungsfähige Bestimmung erfasse sowohl mit Blick auf ihre Entstehungsgeschichte als auch wegen des mit ihr verfolgten Zwecks alle Müllgroßbehälter, also auch den nach Ziff. 5. Ein solches Verständnis sei schon wegen des Äquivalenzprinzips und des Gleichheitsgrundsatzes geboten, weil ansonsten die Benutzer solcher Gefäße in ungerechtfertigter Weise bevorzugt würden. Aus der gleichen Überlegung heraus sei auch das ebenfalls auslegungsbedürftige Tatbestandsmerkmal "wöchentlich mehrmalige Abfuhr" erfüllt. Denn gegenüber dem Normalfall der wöchentlich alternierenden Abfuhr von Rest- und Biomüll ziehe derjenige, bei dem der Restmüll jede Woche abgefahren werde, einen "doppelten" Vorteil aus der öffentlichen Abfallentsorgungseinrichtung.
4. Mit seiner vom Senat zugelassenen Berufung macht der Beigeladene geltend, dass § 4 Abs. 3 Satz 1 AbfGS 1991 seinem Wortlaut nach eindeutig und nicht weiter auslegungsfähig sei. Er erfasse den Fall der wöchentlichen Leerung eines 5.000 l-Müllgroßbehälters ersichtlich nicht. Die vom Verwaltungsgericht in zweifacher Hinsicht über den Wortlaut hinausgehende Ausdehnung der Gebührenregelung sei keineswegs zwingend, jedenfalls aber mit dem Bestimmtheitsgrundsatz nicht zu vereinbaren. Die Änderungssatzung vom 19. April 1999 sei nichtig, weil sie eine verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigende echte Rückwirkung anordne.
Der Beigeladene beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 31. Mai 2000 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger verteidigt die angegriffene Entscheidung und beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte stellt keinen Antrag.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vom Kläger und der Widerspruchsbehörde vorgelegten Verwaltungsvorgänge sowie die Gerichtsakten beider Instanzen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Beigeladenen ist zulässig und begründet.
Der Widerspruchsbescheid ist in seinem stattgebenden Teil, der den Gegenstand dieses Rechtsstreits bildet, rechtmäßig und kann den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten verletzen (§§ 115, 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Kläger durfte den Beigeladenen nicht zu weiteren Abfallentsorgungsgebühren für die zusätzliche wöchentliche Abfuhr des Müllgroßbehälters im Jahr 1993 heranziehen. Die Widerspruchsbehörde hat deshalb die entsprechende Nachforderung im Bescheid des Klägers vom 12. November 1997 - im Ergebnis - zu Recht aufgehoben. Die dagegen gerichtete Klage war mithin abzuweisen.
Ist eine entstandene Abfallgebührenforderung durch den Ausgangsbescheid nicht vollständig ausgeschöpft, kann die noch bestehende Restforderung grundsätzlich durch einen weiteren Bescheid geltend gemacht werden. Rechtsgrundlage für eine solche Nachforderung ist diejenige Vorschrift, die zur Erhebung der Gebühr (insgesamt) befugt und regelmäßig auch verpflichtet. Es bedarf daneben keiner Änderung des Ausgangsbescheids, weil dieser durch die Nachforderung nicht in seinem Bestand berührt wird. Die Vorschriften der §§ 172 ff. AO über die Bestandskraft von Steuerbescheiden finden gemäß Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 KAG keine entsprechende Anwendung (vgl. BayVGH vom 23.9.1992 Az. 4 B 90.2286 S. 6 f. AU m.w.N., s. auch VGH BW vom 23.11.1995 NVwZ-RR 1997, 120). Ihre Grenzen findet die Nachforderung insbesondere in den Bestimmungen über die Verjährung und Verwirkung sowie im (verfassungsrechtlichen) Grundsatz des Vertrauensschutzes. Gemessen an diesem Maßstab durfte der Beigeladene für das allein in Streit stehende Jahr 1993 aus mehreren - jeweils für sich tragenden - Gründen nicht zu weiteren Abfallentsorgungsgebühren herangezogen werden:
1. Es besteht keine noch offene Gebührenforderung.
Die Voraussetzungen des § 4 Abs. 3 Satz 1 AbfGS 1991 für den vom Kläger nachgeforderten Gebührenzuschlag wegen zusätzlicher Abfuhren liegen nicht vor, obwohl der Restmüllbehälter des Beigeladenen - unstreitig - wöchentlich geleert worden ist, und nicht 14-tägig, wie es der satzungsrechtlichen Regel entsprochen hätte (vgl. § 4 Abs. 1 und 2 der Gebührensatzung für die öffentliche Abfallentsorgung des Klägers vom 3. Juli 1991 - AbfGS 1991 - sowie § 16 Abs. 1 Satz 2 der Abfallwirtschaftsatzung vom 18.1.1991 - AbfWS 1991). Dabei kann dahin stehen, ob § 4 Abs. 3 Satz 1 AbfGS 1991 in seiner ursprünglichen Fassung oder in Gestalt der mit Rückwirkung auf den entscheidungserheblichen Zeitraum erlassenen Änderungssatzung vom 19. April 1999 Anwendung findet. In beiden Fassungen wird eine "wöchentlich mehrmalige Abfuhr der in Abs. 1 und Abs. 2 genannten Müllgroßbehälter" vorausgesetzt. Daran aber fehlt es entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts.
Der Wortlaut der Vorschrift ist eindeutig: Die in § 4 Abs. 1 und Abs. 2 (jeweils Nrn. 3 bis 5) AbfGS 1991 genannten Müllgroßbehälter, deren wöchentlich mehrmalige Abfuhr die Gebühren entsprechend vervielfacht, sind nur diejenigen für Restmüll (§ 13 Abs. 2 Nr. 4 AbfWS 1991), nicht hingegen die Behältnisse für Biomüll (§ 13 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a, § 1 Abs. 5 AbfWS 1991; vgl. § 14 Abs. 1 Satz 5 Nr. 3 AbfWS 1991: "Biomüllgroßbehälter"). Das entspricht der Grundkonzeption der Gebührensatzung, nach der es für die Gebührenbemessung im Holsystem auch bei gesonderter Sammlung des Biomülls allein auf Zahl, Größe und Abfuhrhäufigkeit der Restmüllbehälter ankommt (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 und 2 AbfGS 1991); mit der so berechneten Abfallentsorgungsgebühr ist zugleich die Abfuhr des Biomülls abgegolten. Eine "wöchentlich mehrmalige Abfuhr" kann demnach nicht darin erblickt werden, dass beim Beigeladenen in jeder zweiten Woche sowohl der Restmüllgroßbehälter, als auch die Biomüllbehälter geleert worden sind. Entscheidend ist allein ersterer; dieser ist aber nur einmal und nicht mehrmals pro Woche abgefahren worden.
Die Satzungsbestimmung kann nicht über ihren Wortlaut hinaus in dem Sinn verstanden oder gar analog angewendet werden, dass bereits die (einmal) wöchentliche Abfuhr des Restmüllbehälters zu einer Gebührenerhöhung führt. Dabei bleiben die besonderen Umstände im Zusammenhang mit der schrittweisen Einführung der Biomüllsammlung im Kreisgebiet während des fraglichen Zeitraums, denen die Abfallwirtschafts- und Gebührensatzung Rechnung zu tragen suchen, keineswegs außer Betracht: Dieselbe Abfallart wird in Gebieten ohne Biomüllsammlung ungetrennt als Restmüll wöchentlich abgefahren, in Gebieten mit Biomüllsammlung getrennt als Rest- und Biomüll jeweils 14-tägig (§ 16 Abs. 1 AbfWS 1991); von dieser Regel kann der Landkreis abweichen und im Einzelfall oder generell kürzere oder längere Abfuhrfolgen festlegen (§ 16 Abs. 2 AbfWS 1991). Die Gebührensatzung sieht für beide Varianten der "Regelabfuhrfolge" bei ansonsten gleichen Bemessungsgrößen denselben Gebührensatz vor (§ 4 Abs. 1 und 2 AbfGS 1991). Daraus kann aber gleichwohl nicht gefolgert werden, der Satzungsgeber wolle in Gebieten mit Biomüllsammlung für eine Verkürzung der Abfuhrfolge von 14-tägig auf wöchentlich ebenso eine Gebührenerhöhung vorsehen und müsse das mit Blick auf den Gleichheitsgrundsatz auch, wie er es für Gebiete ohne Biomüllsammlung bei einer Verkürzung von wöchentlich auf "wöchentlich mehrmalig" ausdrücklich anordne. Für einen derartigen (objektivierten) Willen des Satzungsgebers ist nichts ersichtlich. Im Gegenteil spricht bereits die sorgfältige Unterscheidung der jeweiligen Gebiete in allen übrigen Bestimmungen des § 14 Abs. 1 bis Abs. 3 AbfGS 1991 dafür, dass diese Differenzierung bei Abs. 3 Satz 1 nicht etwa übersehen wurde, sondern ausnahmsweise gerade keine Rolle spielen sollte. Das wird dadurch bestätigt, dass § 14 Abs. 3 AbfGS 1991 im umgekehrten Fall, nämlich der Verlängerung der Abfuhrfolge, einen Gebührenabschlag ausdrücklich nur für die Gebiete einräumt, in denen die Biomüllsammlung noch nicht eingeführt ist (Satz 2); für die Gebiete mit Biomüllsammlung fehlt hingegen eine derartige Vergünstigung (vgl. Satz 3). Sieht aber die Gebührensatzung bei einer Verlängerung der Abfuhrfolge nicht für beide Vergleichsgruppen Ermäßigungstatbestände vor, kann nicht für den Fall einer Verkürzung der Abfuhrfolge aus Gründen einer vermeintlichen Systemgerechtigkeit in Überdehnung des Wortlauts ein Gleichklang bei der Gebührenerhöhung erzwungen werden. Im Übrigen ist dem Gebührensatzungsgeber gerade im Zusammenhang mit der schrittweisen Einführung einer getrennten Biomüllsammlung ein weiter Spielraum für die Wahl des Gebührenmaßstabs eingeräumt (vgl. BayVGH vom 15.9.2000 NVwZ-RR 2001, 130), der hier auch bei einer am Wortlaut orientierten Auslegung des § 4 Abs. 3 Satz 1 AbfGS nicht überschritten ist.
2. Die vom Kläger beanspruchte Nachforderung ist aber auch deshalb rechtswidrig, weil der Beigeladene als Pächter der Tankstelle die Abfallentsorgungsgebühren nicht schuldet.
a) Aus der Gebührensatzung des Klägers kann die Gebührenpflicht des Beigeladenen nicht hergeleitet werden.
Nach § 2 Abs. 1 AbfGS 1991 ist Gebührenschuldner, wer die Abfallentsorgungseinrichtung des Landkreises benutzt. Bei der Abfallentsorgung im Bring- und Holsystem gilt gemäß § 2 Abs. 2 AbfGS 1991 der Eigentümer oder der dinglich Nutzungsberechtigte der an die Abfallentsorgung angeschlossenen Grundstücke als Benutzer. Mit der zuletzt genannten Regelung wird der Kreis der Gebührenschuldner insoweit abschließend bestimmt. Mieter und Pächter zählen als bloß schuldrechtlich am Grundstück Berechtigte nicht dazu. Die vom Verwaltungsgericht im Eilverfahren geäußerte Ansicht, Mieter und Pächter seien unmittelbare Benutzer der Einrichtung und deshalb nach § 2 Abs. 1 AbfGS 1991 gebührenpflichtig, überzeugt nicht:
§ 2 Abs. 1 AbfGS 1991 greift lediglich den in Art. 8 Abs. 1 Satz 1 KAG verankerten Grundsatz auf, dass Gebühren für die Benutzung der öffentlichen Einrichtung erhoben werden. Benutzer der Abfallbeseitigungseinrichtung ist sowohl derjenige, der den Abfall in die Tonne wirft und diese zur Entleerung bereitstellt (z.B. der Mieter oder Pächter), als auch derjenige, der dem Anschlusszwang unterliegt, der also verpflichtet ist, eine Abfalltonne auf seinem Grundstück für die dort anfallenden Abfälle bereit zu halten (d.h. der Grundstückseigentümer, vgl. § 1 Abs. 4, § 6 Abs. 1, §§ 14 ff. AbfWS 1991). Dem Satzungsgeber steht ein Gestaltungsspielraum zu, wen er als Gebührenschuldner bestimmen will. Der Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt entschieden, dass die Grundstückseigentümer und sonstige dinglich Nutzungsberechtigten als Gebührenschuldner festgelegt werden können und dass der Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) es nicht gebietet, zugleich auch den unmittelbaren Benutzern eine Gebührenpflicht aufzuerlegen. Gründe der Praktikabilität sprechen dafür, eher den Grundstückseigentümer als den auf dem Grundstück Wohnenden als Gebührenschuldner zu bestimmen. Denn die Bewohner wechseln häufig und sind deshalb gebührenrechtlich schwieriger zu erfassen als der Grundstückseigentümer. Vor diesem Hintergrund ist dem § 2 Abs. 2 AbfGS 1991 eine abschließende Beschränkung der Gebührenpflicht bei der Abfallentsorgung im Bring- und Holsystem auf den Eigentümer und dinglich Berechtigten zu entnehmen (vgl. BayVGH vom 8.5.1998 Az. 4 N 97.273 und vom 14.4.1998 BayVBl 1999, 375 zu wortgleichen Satzungsbestimmungen).
b) Eine Gebührenpflicht des Beigeladenen ist auch nicht durch die Vereinbarung begründet worden, die der Kläger mit der Grundstückseigentümerin im Jahr 1986 getroffen und der Beigeladene stillschweigend akzeptiert hat. Die Schreiben des Klägers vom 24. Juni und 27. August 1986 und der Grundstückseigentümerin vom 22. August 1986 geben inhaltlich nichts für eine derartige Annahme her. Vereinbart wurde lediglich, dass der Kläger die Gebührenbescheide künftig nicht mehr an die Grundstückseigentümerin, sondern an den Beigeladenen zustellt und dieser die Gebühren unmittelbar an den Kläger zahlt. Damit sollte in die Abwicklung des öffentlich-rechtlichen Gebührenschuldverhältnis zur Vereinfachung derjenige eingebunden werden, der im zivilrechtlichen (Innen-)Verhältnis mit der Grundstückseigentümerin die Abfallentsorgungsgebühren wirtschaftlich letztlich zu tragen hat und dem Kläger als Ansprechpartner vor Ort zur Verfügung steht. Diese - sinnvolle und rechtlich unbedenkliche - Abrede sollte aber am Grundverhältnis zwischen dem Landkreis als Gebührengläubiger und der Grundstückseigentümerin als Gebührenschuldnerin nichts ändern, insbesondere nicht eine eigene (zusätzliche) Gebührenschuld des Beigeladenen begründen. Zutreffend heißt es im Schreiben des Klägers vom 24. Juni 1986, dass "bei Zahlungsverzug der Landkreis auf den Grundstückseigentümer als den Gebührenschuldner im Sinne der Satzung und nicht auf den Pächter zurückgreifen" müsse. Letzterer sollte mit anderen Worten nur Bekanntgabe-, nicht aber Inhaltsadressat künftiger Gebührenbescheide werden.
Im Übrigen wäre eine Vereinbarung, durch die eine Gebührenpflicht des Beigeladenen an Stelle oder neben der Grundstückseigentümerin begründet werden soll, nichtig. Denn die Bestimmung des Kreises der Gebührenschuldner in § 2 Abs. 2 Satz 1 AbfGS 1991, die gemäß Art. 2 Abs. 1 Satz 2 KAG zum notwendigen Inhalt der Gebührensatzung gehört, ist zwingend und verbietet eine vertragliche Abänderung.
3. Die Nachforderung scheitert schließlich aufgrund besonderer Umstände auch am verfassungsrechtlichen Gebot des Vertrauensschutzes.
Anknüpfungspunkt für ein verfassungsrechtlich geschütztes Vertrauen ist allerdings nicht der Ausgangsbescheid, mit dem die Abfallentsorgungsgebühr für 1993 auf 12.636 DM veranschlagt worden war. Ein Bescheid, mit dem eine Gebühr zu niedrig festgesetzt wird, ist dennoch ein ausschließlich belastender Verwaltungsakt. Er enthält regelmäßig - und so auch hier - nicht zugleich die begünstigende Aussage, dass keine weiteren Gebühren erhoben werden sollen. Ein entsprechendes Vertrauen ist beim Beigeladenen jedoch durch die Informationsschreiben des Klägers vom 4. und 21. Juni 1992 begründet worden, in denen er über die Modalitäten und gebührenrechtlichen Folgen der bevorstehenden Einführung der Biomüllsammlung informiert worden ist. Unter dem 4. Juni 1992 heißt es, dass "die Bio-Tonne ... keine zusätzlichen Gebühren" koste. Im Schreiben vom 24. Juni 1992 wird im Anschluss an eine Aufstellung der zugelassenen Restmüll- und Biomüllbehälter und die jeweiligen Gebührensätze ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Gebühren "bei wöchentlich mehrmaliger Abfuhr" der Restmüllbehältnisse entsprechend vervielfacht würden. Dem musste - aus dem Blickwinkel eines durchschnittlichen Empfängers - nicht nur entnommen werden, dass die Einführung der Biomüllsammlung für sich betrachtet keine Gebührenerhöhung bewirkt, sondern insbesondere auch, dass auch nach Einführung der Biomüllsammlung ein Gebührenzuschlag (nach § 4 Abs. 3 Satz 1 AbfGS 1991) nur bei einer "wöchentlich mehrmaligen" Abfuhr des Restmüllgroßbehälters eintritt. Der Beigeladene durfte deshalb annehmen, dass in seinem Fall weiterhin nur die "einfache" Gebühr (nach § 4 Abs. 2 Nr. 5 AbfGS 1991) anfällt, auch wenn sein Müllgroßbehälter nach Einführung der Biomüllsammlung weiterhin (nur) einmal pro Woche entleert wird. Das dadurch entstandene Vertrauen hat der Beigeladene betätigt, indem er von einer Umgestaltung seines Geschäftsbetriebs zur "Kompensation" eines jährlichen Gebührenzuschlags in nicht unerheblicher Höhe von ca. 12.000 DM abgesehen hat. Das gilt umso mehr, als er nur wenige Monate zuvor gerade zur Kosteneinsparung eine Umstellung der Abfuhrhäufigkeit auf den satzungsrechtlichen Regelfall herbeigeführt und im Zusammenhang mit der Einführung der Biomüllsammlung keine erneute Änderung beantragt hatte. Das Vertrauen des Beigeladenen, bei wöchentlicher Entleerung des Restmüllbehälters keinen Gebührenzuschlag zahlen zu müssen, ist auch unter Berücksichtigung des öffentlichen Interesses an einer vollständigen Gebührenerhebung schutzwürdig. Dabei kommt dem Umstand erhebliches Gewicht zu, dass der Beigeladene die wöchentliche Abfuhr nicht etwa veranlasst, sondern allenfalls hingenommen hat. Die Abfuhrfolge wurde vielmehr (ohne entsprechende abfallwirtschaftsrechtliche Anordnung) von dem Unternehmen verändert, das der Kläger mit der Einsammlung des Abfalls beauftragt hat. Der Mangel im Informationsfluss zwischen Abfuhrunternehmen und Gebühren erhebender Stelle fällt in den Risikobereich des Klägers und kann nicht dem Beigeladenen angelastet werden.
4. Der Kläger hat als Unterlegener die Verfahrenskosten beider Rechtszüge zu tragen (§ 154 Abs. 1 VwGO). Es entspricht der Billigkeit, ihm die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen aufzuerlegen, weil dieser nicht nur Berufung eingelegt, sondern auch vor dem Verwaltungsgericht einen Antrag gestellt hat und damit in beiden Instanzen ein Kostenrisiko eingegangen ist (§ 162 Abs. 3, § 154 Abs. 3 VwGO). Über die Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren durch den Beigeladenen (§ 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO) braucht nicht entschieden zu werden; denn der entsprechende Ausspruch im Widerspruchsbescheid lebt mit der Rechtskraft dieses Urteils wieder auf.
Der Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 und § 711 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
Beschluss:
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 6.145 Euro (entspricht 12.018,60 DM) festgesetzt (§ 13 Abs. 2, § 14 und § 73 Abs. 1 GKG).
Ende der Entscheidung
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