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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 07.05.2009
Aktenzeichen: 4 B 06.3354
Rechtsgebiete: VwGO, BayAbwAG, AbwAG, BayVwVfG


Vorschriften:

VwGO § 91
VwGO § 125 Abs. 1 Satz 1
BayAbwAG Art. 19 Abs. 2
BayAbwAG Art. 16 Abs. 1 Satz 2
AbwAG § 10 Abs. 4
BayVwVfG Art. 49a
Die Übergangsregelung des Art. 19 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 BayAbwAG zum (Teil-)Widerruf von Zuwendungs- und Bewilligungsbescheiden für Zuführungsanlagen wegen Verrechnung von Investitionskosten mit geschuldeter Abwasserabgabe nach § 10 Abs. 4 AbwAG begegnet trotz ihrer Rückwirkung auf abgeschlossene Fördersachverhalte keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes

4 B 06.3354

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Widerrufs einer Zuwendung;

hier: Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 12. Oktober 2006,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 4. Senat,

durch die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgerichtshof Dr. Motyl, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Schmitz, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Wagner

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 6. Mai 2009

am 7. Mai 2009

folgendes Urteil:

Tenor:

I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 12. Oktober 2006 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.

III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, sofern nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die klagende Stadt wendet sich gegen die Rückforderung von staatlichen Zuwendungen für die Erweiterung ihrer Entwässerungseinrichtung (Bauabschnitt 38) wegen Verrechnung von Aufwendungen mit geschuldeter Abwasserabgabe.

1. Mit dem geförderten und im Januar 2004 in Betrieb genommenen Vorhaben schloss die Klägerin die Stadtteile Oberhambach und Unterhambach an die bestehende zentrale Kläranlage an. Das Wasserwirtschaftsamt Ansbach hatte mit Zuwendungsbescheid vom 18. Oktober 2001 staatliche Förderung in Höhe von 1.021.000 DM (entspricht 522.029 €) nach Maßgabe folgender Verwaltungsvorschriften in Aussicht gestellt: Richtlinien für Zuwendungen zu wasserwirtschaftlichen Vorhaben (RZWas 2000), Allgemeine Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung an kommunale Körperschaften (Anlage 3a zu den VV zu Art. 44 BayHO - ANBest-K) und Nebenbestimmungen für Zuwendungen zu wasserwirtschaftlichen Vorhaben (NBest-Was 2000). Mit Schlussbescheid vom 11. Januar 2005 setzte das Wasserwirtschaftsamt aufgrund des Verwendungsnachweises die Zuweisungen auf 608.795,18 € fest und ordnete an, dass die im Zuwendungsbescheid vom 18. Oktober 2001 festgelegten Nebenbestimmungen weiterhin gelten.

In Art. 16 Abs. 1 Satz 2 des Bayerischen Gesetzes zur Ausführung des Abwasserabgabengesetzes (BayAbwAG) ist bestimmt, dass keine staatlichen Zuwendungen für Aufwendungen gewährt werden dürfen, die nach § 10 Abs. 3 und 4 des Abwasserabgabengesetzes (AbwAG) oder nach Art. 9 BayAbwAG mit geschuldeter Abwasserabgabe verrechnet werden. Dieser Förderausschluss ist nach Nr. 5.4 Abs. 4 RZWas 2000 durch Umfang und Höhe der in Anlage 2 b festgelegten Kostenrichtwerte pauschal berücksichtigt. Das Bundesverwaltungsgericht entschied mit Urteil vom 20. Januar 2004 (BVerwGE 120, 27 ff.), dass Aufwendungen für Entwässerungskanäle, die das Abwasser vorhandener Einleitungen im Sinne von § 10 Abs. 4 AbwAG einer Abwasserbehandlungsanlage zuführen, nicht nur mit der Abwasserabgabe für die wegfallenden Einleitungen verrechnet werden dürfen, sondern entgegen der bayerischen Vollzugspraxis auch mit der Abwasserabgabe für Einleitungen der bestehenden Abwasserbehandlungsanlage, an die zugeführt wird.

Vor diesem Hintergrund erklärte die Klägerin mit Schreiben vom 9. August 2004 gegenüber dem zuständigen Landratsamt, dass sie die Kosten der geförderten Gesamtmaßnahme in Höhe von 1.324.092 € gemäß § 10 Abs. 4 AbwAG mit den Abwasserabgaben der Jahre 2001 bis 2003 für die aufgelassenen Kläranlagen Ober- und Unterhambach sowie für die aufnehmende zentrale Kläranlage Gunzenhausen verrechne; das Landratsamt setzte dementsprechend mit Bescheid vom 16. September 2004 hinsichtlich der bereits entrichteten Abwasserabgabe für die zentrale Kläranlage einen Rückerstattungsbetrag in Höhe von 259.719,49 € fest. Mit Bescheid vom 9. März 2006 widerrief das Wasserwirtschaftsamt den Schlussbescheid vom 11. Januar 2005. Die erweiterte Verrechnung im Anschluss an die neue Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei in den Kostenrichtwerten zur Bemessung der Zuwendung nicht berücksichtigt. Somit sei nachträglich gegen den Förderausschluss des Art. 16 Abs. 1 Satz 2 BayAbwAG verstoßen worden. Bei früherer Vornahme und Kenntnis der erweiterten Verrechnung wäre eine geringere Zuwendung festgesetzt worden. Es liege nach Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BayVwVfG im behördlichen Ermessen, den Schlussbescheid zu widerrufen. Das Wasserwirtschaftsamt wies ferner darauf hin, dass der Widerruf zu einer Rückforderung von Zuwendungen bis zur Höhe des vollen Verrechnungsbetrages führen könne und die neue Festsetzung der Zuwendung sowie die Rückforderung von Zuwendungen zu gegebener Zeit durch einen neuen Schlussbescheid erfolgten.

2. Auf die Anfechtungsklage der Klägerin hin hat das Verwaltungsgericht Ansbach mit Urteil vom 12. Oktober 2006 den Widerrufsbescheid des Wasserwirtschaftsamtes vom 9. März 2006 aufgehoben und zur Begründung ausgeführt: Der vom Wasserwirtschaftsamt als Rechtsgrundlage herangezogene Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BayVwVfG könne den Widerruf von vornherein nicht tragen; denn er regele nur einen Widerruf mit Wirkung für die Zukunft, während es im vorliegenden Fall um den Widerruf eines eine Geldleistung gewährenden rechtmäßigen Verwaltungsaktes auch mit Wirkung für die Vergangenheit gehe, der in den Anwendungsbereich von Art. 49 Abs. 2a Satz 1 BayVwVfG falle. Eine Umdeutung in einen Widerruf nach dieser Bestimmung komme nicht in Betracht, weil deren Tatbestandsvoraussetzungen nicht vorlägen. Im Übrigen sei der streitige Widerruf jedenfalls deswegen rechtswidrig, weil er nur dem Grunde nach erklärt worden sei, nämlich ohne Aussage zum Ausmaß des Widerrufs der Höhe nach; das lasse Art. 49 BayVwVfG nicht zu.

3. Der Beklagte macht mit seiner vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Berufung geltend: Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts sei Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BayVwVfG einschlägig und trage den angefochtenen Widerruf. Wie sich aus dem Bescheid hinreichend deutlich ergebe, habe das Wasserwirtschaftsamt auch keinen Widerruf lediglich dem Grunde nach verfügt; denn der Widerruf und damit auch die Rückforderung von Zuwendungen seien auf den Verrechnungsbetrag begrenzt worden. Im Übrigen werde die Rechtmäßigkeit des Widerrufs durch das am 1. Januar 2007 in Kraft getretene Gesetz zur Änderung des Bayerischen Gesetzes zur Ausführung des Abwasserabgabengesetzes vom 8. Dezember 2006 (GVBl S. 1007) bestätigt. Die neu geschaffene Übergangsregelung des Art. 19 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 BayAbwAG bestimme nunmehr ausdrücklich, dass erteilte Zuwendungs- und Bewilligungsbescheide im Umfang des Verrechnungsbetrages zu widerrufen seien.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 12. Oktober 2006 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Im Hinblick auf die Gesetzesänderung zum 1. Januar 2007 hat das Wasserwirtschaftsamt mit Bescheid vom 4. Dezember 2007 den streitigen Widerrufsbescheid vom 9. März 2006 geändert und den Schlussbescheid vom 11. Januar 2005 "nach Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BayVwVfG und hilfsweise nach Art. 19 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 BayAbwAG im Umfang der verrechneten Abwasserabgabe in Höhe von 259.719,49 € widerrufen" sowie die Zuweisung von 608.795,18 € auf 349.075,69 € herabgesetzt (Nr. 1 des Tenors). Ferner hat es die Erstattung bereits ausgezahlte Zuweisungen von 259.719,49 € verlangt (Nr. 3 des Tenors) und bestimmt, dass der Erstattungsbetrag vom Tage der Auszahlung der Zuwendung, frühestens jedoch vom 16. Januar 2008 an mit 6% jährlich zu verzinsen ist (Nr. 4 des Tenors).

Die Klägerin hat daraufhin mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 2. Januar 2008 erklärt, dass sie ihre Klage auf den Änderungsbescheid vom 4. Dezember 2007 erweitert. Sie beantragt,

die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass der Bescheid des Wasserwirtschaftsamtes Ansbach vom 9. März 2006 und der Änderungsbescheid vom 4. Dezember 2007 aufgehoben werden.

Zur Begründung führte die Klägerin aus: Soweit der Änderungsbescheid auf die Rechtsgrundlage des Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BayVwVfG zurückgreife, scheitere der Widerruf nunmehr auch an dem Ablauf der Jahresfrist des Art. 49 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Art. 48 Abs. 4 BayVwVfG. Im Übrigen gehe der Beklagte zu Unrecht davon aus, dass die Verrechnung nachträglich vorgenommen worden sei. Der Schlussbescheid vom 11. Januar 2005 sei nämlich erst nach der Verrechnung und in deren Kenntnis erlassen worden.

Auf die neuen gesetzlichen Regelungen in Art. 19 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 BayAbwAG dürfe der Widerruf ebenfalls nicht gestützt werden. Zum einen würden sie den Fall nicht erfassen, dass die Verrechnung bereits vor Erlass des Schlussbescheids vorgenommen worden sei. Zum anderen greife der Gesetzgeber mit diesen Bestimmungen in verfassungsrechtlich unzulässiger Weise in einen bereits abgeschlossenen Sachverhalt ein und verletze das schutzwürdige Vertrauen der betroffenen Gemeinden. Die strittige Verrechnungsmöglichkeit von Investitionskosten mit geschuldeter Abwasserabgabe sei seit 1994 bundesrechtlich durch § 10 Abs. 4 AbwAG vorgegeben und vom Bundesverwaltungsgericht in dem Urteil vom 20. Januar 2004 zwar in Widerspruch zur Vollzugspraxis in Bayern, aber in Übereinstimmung mit der Zielsetzung des Bundesgesetzgebers festgestellt worden. Trotz des grundsätzlichen Verbotes in Art. 16 Abs. 1 Satz 2 BayAbwAG, staatliche Zuwendungen für verrechnete Aufwendungen zu gewähren, habe es entsprechende staatliche Förderung auf der Grundlage der RZWas 2000 gegeben. Daran habe die RZWas 2005, die erst am 14. Oktober 2004 und mithin nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts bekannt gemacht worden sei, nichts geändert. Im Gegenteil sei die pauschale Berücksichtigung der Verrechnungsmöglichkeit bestätigt und insoweit keine Veränderung der Situation herbeigeführt worden. Das habe nur so verstanden werden können, dass an der bisherigen Förderungspraxis trotz des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts habe festgehalten werden sollen. Damit habe sich bei den betroffenen Gemeinden ein entsprechendes schutzwürdiges Vertrauen gebildet. Das gelte umso mehr, als der bayerische Änderungsgesetzgeber nicht auf eine geänderte Bundesrechtslage reagiert habe, sondern darauf, dass die bayerische Vollzugspraxis als rechtswidrig erkannt worden sei. Es sei bereits fraglich, ob die bayerische Neuregelung gegen § 10 Abs. 3 und 4 AbwAG verstoße. Jedenfalls aber verletzte sie das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot. Art. 19 Abs. 2 BayAbwAG enthalte eine echte Rückwirkung, die grundsätzlich verboten sei. Einer der in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts anerkannten Ausnahmefälle liege nicht vor. Weder hätten die Betroffenen mit der Gesetzesänderung rechnen müssen, noch sei das zuvor geltende Recht unklar oder verworren gewesen.

Der Beklagte hält die Klageänderung für sachdienlich, die geänderte Klage aber für unbegründet. Er ist der Ansicht, dass durch Art. 19 Abs. 2 BayAbwAG nicht in schutzwürdiges Vertrauen der betroffenen Gemeinden eingegriffen werde. Die Übergangsregelung stelle nur den Zustand her, der von Anfang an Grundlage der Investitionsentscheidung gewesen sei. Denn die aufgrund der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eröffnete zusätzliche Verrechnungsmöglichkeit habe für die Kommunen jedenfalls in Bezug auf die Vergangenheit eine unerwartete zusätzliche Einnahme dargestellt. Die Finanzierung der geförderten Maßnahme werde durch die Übergangsbestimmung nur in der Weise geändert, dass der Zuwendungsbetrag um genau den gleichen Betrag kleiner werde, um den sich der Verrechnungsvorteil erhöht habe. Die Kommunen hätten weder erwarten noch darauf vertrauen können, dass ihre Verrechnungsansprüche erweitert und die bereits abgeschlossenen Finanzierungen nachträglich verbessert würden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die vom Beklagten vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Beklagten hat Erfolg. Die im Berufungsverfahren geänderte Klage ist unbegründet und deshalb unter Aufhebung des verwaltungsgerichtlichen Urteils abzuweisen.

1. Gegenstand des Anfechtungsbegehrens ist der Widerrufsbescheid vom 9. März 2006 in der Gestalt, die er durch den im Verlauf des Berufungsverfahrens "nachgeschobenen" Änderungsbescheid vom 4. Dezember 2007 erhalten hat. Die Erweiterung der Klage auf den Änderungsbescheid ist nach § 125 Abs. 1 Satz 1, § 91 Abs. 1 VwGO zulässig. Denn der Beklagte hat eingewilligt, indem er sich ohne Widerspruch auf die geänderte Klage eingelassen hat (§ 91 Abs. 2 VwGO). Im Übrigen wäre die Klageänderung auch ohne Einwilligung zulässig, weil sie sachdienlich ist.

2. Die (geänderte) Klage ist zulässig. Eines Vorverfahrens bedurfte es nicht (§ 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO i.V.m. Art. 15 Abs. 2 AGVwGO). Die Klägerin hat den Änderungsbescheid innerhalb eines Monats nach seiner Bekanntgabe in ihre Klage einbezogen und damit die Klagefrist des § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO gewahrt.

3. Die (geänderte) Klage gegen den Teilwiderruf des Schlussbescheids vom 11. Januar 2005, gegen die Festsetzung der zu erstattenden Leistung auf 259.719,49 € und gegen die Entscheidung zur Verzinsungspflicht ist unbegründet. Denn die angefochtenen Verwaltungsakte sind rechtmäßig und können daher die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

a) Der streitige Teilwiderruf des Schlussbescheids vom 11. Januar 2005 findet seine Rechtsgrundlage in der Übergangsbestimmung des Art. 19 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 BayAbwAG, die durch das Änderungsgesetz vom 8. Dezember 2006 (GVBl S. 1007) in das Bayerische Gesetz zur Ausführung des Abwasserabgabengesetzes aufgenommen wurde und für den hier zu beurteilenden Zuwendungssachverhalt Rückwirkung beansprucht.

(1) Die Übergangsbestimmung des Art. 19 Abs. 2 BayAbwAG wurde durch das Änderungsgesetz vom 8. Dezember 2006 (GVBl S. 1007) in das Bayerische Gesetz zur Ausführung des Abwasserabgabengesetzes aufgenommen. Anlass für die Gesetzesänderung war das Grundsatzurteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. Januar 2004 (BVerwGE 120, 27 ff.) zum Umfang der Verrechnung von Aufwendungen für Anlagen, die das Abwasser vorhandener Einleitungen einer Abwasserbehandlungsanlage zuführen (insbes. Anschlusskanäle zu bestehenden gemeindlichen Kläranlagen), mit geschuldeter Abwasserabgabe nach § 10 Abs. 4 AbwAG. Während die bayerische Verwaltungspraxis zuvor davon ausgegangen war, dass die Aufwendungen für Zuführungsanlagen nur mit den Abwasserabgaben für die dadurch wegfallenden Kläranlagen oder Kleineinleitungen verrechnet werden dürften, entschied das Bundesverwaltungsgericht, dass § 10 Abs. 4 AbwAG auch eine Verrechnung mit den für die aufnehmende Anlage anfallenden Abwasserabgaben zulässt. Da aufgrund dieser weitreichenden Verrechnungsmöglichkeit in erheblichem Umfang auch noch rückwirkend Ansprüche auf Abgabenminderung oder auf Rückzahlung bereits entrichteter Abgaben geltend gemacht werden können (vgl. § 10 Abs. 3 Satz 3 AbwAG), ist das Aufkommen aus der Abwasserabgabe in Bayern im Vergleich zur früheren Verrechnungspraxis deutlich zurückgegangen. Der Einnahmeausfall wird auf etwa 10,5 Mio. Euro jährlich geschätzt (LT-Drs 15/5659 S. 2). Damit hat sich zugleich das Finanzvolumen verringert, das im Rahmen der Zweckbindung nach § 13 AbwAG und Art. 16 BayAbwAG für die staatliche Förderung kommunaler Abwasserbehandlungsanlagen zur Verfügung steht.

Mit Blick auf diese Entwicklung hat der Gesetzgeber das schon bislang in Art. 16 Abs. 1 Satz 2 BayAbwAG normierte allgemeine Verbot der Gewährung von staatlichen Zuwendungen für Aufwendungen, die nach § 10 Abs. 3 und 4 AbwAG oder nach Art. 9 BayAbwAG mit geschuldeter Abwasserabgabe verrechnet werden, erheblich erweitert. Art. 16 Abs. 1 Satz 3 BayAbwAG bestimmt in der seit 1. Januar 2007 geltenden Fassung: Werden Aufwendungen für Anlagen, die das Abwasser vorhandener Einleitungen einer Abwasserbehandlungsanlage zuführen (Zuführungsanlagen), ganz oder teilweise nach § 10 Abs. 4 AbwAG mit geschuldeter Abwasserabgabe verrechnet, dürfen für diese Zuführungsanlagen insgesamt keine staatlichen Zuwendungen zugesagt oder bewilligt werden, wenn die Verrechnung nach dem 1. Januar 2007 erklärt wird; erteilte Zuwendungs- und Bewilligungsbescheide sind zu widerrufen. Damit wird jedes Nebeneinander von Verrechnung und staatlicher Förderung für das gesamte Investitionsvorhaben ausgeschlossen. Im Unterschied zum allgemeinen Zuwendungsverbot des Art. 16 Abs. 1 Satz 2 BayAbwAG gilt das spezielle Zuwendungsverbot für Zuführungsanlagen mithin anlagenbezogen, nicht aufwendungsbezogen (Zöllner in Sieder/Zeitler/Dahme, Bayerisches Wassergesetz, Stand 1.11.2008, RdNr. 7 zu Art. 16 BayAbwAG).

Wie bei vor dem 1. Januar 2007 abgegebenen Verrechnungserklärungen nach § 10 Abs. 4 AbwAG zu verfahren ist, regelt die Übergangsvorschrift des Art. 19 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BayAbwAG. Danach mindern sich die für die Zuführungsanlage insgesamt gewährten Zuwendungen um den durch die Verrechnung mit der Abwasserabgabe für die aufnehmende Einleitung erlangten Verrechnungsbetrag, wenn die Verrechnung zwischen dem 1. Januar 2004 und dem 1. Januar 2007 erklärt wurde. Erteilte Zuwendungs- und Bewilligungsbescheide sind gemäß Art. 19 Abs. 2 Satz 2 BayAbwAG im Umfang der Minderung zu widerrufen. Weitere Voraussetzungen für den Widerruf sieht Art. 19 Abs. 2 Satz 2 BayAbwAG nicht vor. Er enthält eine spezielle und abschließende Regelung, die einen Rückgriff auf die allgemeine Widerrufsvorschrift des Art. 49 BayVwVfG ausschließt. Im Unterschied zu dieser räumt Art. 19 Abs. 2 Satz 2 BayAbwAG der Behörde bei ihrer Entscheidung kein Ermessen ein, sondern verpflichtet sie ausnahmslos zum (Teil-)Widerruf.

(2) Die Widerrufsvoraussetzungen des Art. 19 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BayAbwAG sind erfüllt. Bei dem geförderten Vorhaben, mit dem die Klägerin die Stadtteile Oberhambach und Unterhambach an die zentrale Kläranlage angebunden hat, handelt es sich um eine Zuführungsanlage im Sinn von Art. 16 Abs. 1 Satz 3 BayAbwAG; denn mit ihr wird das Abwasser vorhandener Einleitungen aus den bisherigen Kläranlagen Oberhambach und Unterhambach einer anderen Abwasserbehandlungsanlage, nämlich der aufnehmenden zentralen Kläranlage der Klägerin, zugeführt. Die Klägerin hat mit Schreiben vom 9. August 2004 und mithin innerhalb des maßgeblichen Übergangszeitraums die Verrechnung ihrer Investitionskosten für die Zuführungsanlage nach § 10 Abs. 4 AbwAG (u.a.) mit der Abwasserabgabe erklärt, die sie für das Einleiten von Abwasser aus der aufnehmenden Kläranlage in den drei Jahren vor der Inbetriebnahme der Zuführungsanlage geschuldet hat. Das Landratsamt Weißenburg-Gunzenhausen hat daraufhin mit Bescheid vom 16. September 2004 die Summe der zu erstattenden Abwasserabgabe (insoweit) auf 259.719,49 € festgesetzt. Um diesen Verrechnungsbetrag mindern sich die staatlichen Zuwendungen, die der Klägerin mit Schlussbescheid vom 11. Januar 2005 zugesprochen worden sind. Dem steht nicht entgegen, dass der Schlussbescheid erst nach der Verrechnung und ausweislich der Behördenakte wohl in deren Kenntnis ergangen ist. Denn das Gesetz verlangt weder nach seinem Wortlaut noch nach Sinn und Zweck eine bestimmte zeitliche Reihenfolge zwischen Verrechnung und Zuwendung. Als zwingende Rechtsfolge ordnet Art. 19 Abs. 2 Satz 2 BayAbwAG im Umfang der Minderung den Widerruf der "erteilte(n) Zuwendungs- und Bewilligungsbescheide" an, wozu auch der zugunsten der Klägerin erlassene Schlussbescheid zählt.

Dass im Tenor des (geänderten) Widerrufsbescheids zunächst Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BayVwVfG und lediglich "hilfsweise" Art. 19 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 BayAbwAG als Rechtsgrundlage genannt werden, ist unerheblich. Diese Angaben sind nicht Teil des Entscheidungssatzes, sondern gehören der Sache nach zur Begründung des Bescheids (vgl. Linhart, Schreiben, Bescheide und Vorschriften in der Verwaltung, Stand: 1. Oktober 2008, RdNrn. 19 ff. zu § 19). Die Auswechslung der rechtlichen Grundlage lässt den Wesensgehalt des Widerrufs unberührt, zumal der Sachverhalt, der zur (teilweisen) Beseitigung des Schlussbescheids führt, unverändert bleibt.

(3) An der Verfassungsmäßigkeit des Art. 19 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 BayAbwAG bestehen keine Zweifel. Die Vorschrift lässt die bundesrechtliche Verrechnungsmöglichkeit nach § 10 Abs. 4 AbwAG unberührt; sie hat allein subventionsrechtlichen Inhalt und hält sich damit im Kompetenzbereich des Landes. Art. 19 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 BayAbwAG verstößt weder gegen das rechtsstaatliche Rückwirkungsverbot noch gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.

Das Rückwirkungsverbot enthält für verschiedene Fallgruppen unterschiedliche Anforderungen. Eine unechte Rückwirkung ist verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässig. Sie liegt vor, wenn eine Norm auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt und damit zugleich die betroffene Rechtsposition nachträglich entwertet. Allerdings können sich aus dem Grundsatz des Vertrauensschutzes und dem Verhältnismäßigkeitsprinzip Grenzen der Zulässigkeit ergeben. Eine echte Rückwirkung ist dagegen verfassungsrechtlich grundsätzlich unzulässig. Sie liegt vor, wenn ein Gesetz nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingreift. Auch in diesem Fall gibt es aber Ausnahmen. Das Rückwirkungsverbot, das im Grundsatz des Vertrauensschutzes nicht nur seinen Grund, sondern auch seine Grenze findet, tritt zurück, wenn sich kein schützenswertes Vertrauen auf den Bestand des geltenden Rechts bilden konnte. Ferner kommt ein Vertrauensschutz nicht in Betracht, wenn überragende Belange des Gemeinwohls, die dem Prinzip der Rechtssicherheit vorgehen, eine rückwirkende Beseitigung von Normen erfordern (vgl. BVerfG, U.v. 23.11.1999 - 1 BvF 1/94 - BVerfGE 101, 239/263 f. m.w.N.)

Die Regelung des Art. 19 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 BayAbwAG führt - wohl im Regelfall und so auch hier - zur Minderung bereits ausgezahlter und verwendeter Zuwendungen in Durchbrechung bestandskräftiger Zuwendungs- oder Schlussbescheide wegen einer Verrechnungserklärung, die vom Zuwendungsempfänger bereits vor dem Inkrafttreten der gesetzlichen Bestimmung abgegeben worden ist. Ob damit nachträglich in einen bereits abgewickelten Subventionstatbestand eingegriffen wird und mithin eine echte Rückwirkung vorliegt (so LT-Drs 15/5659 S. 6), ist wegen der Besonderheiten des Zuwendungsverfahrens für kommunale Abwasseranlagen zweifelhaft. Art und Umfang der Förderung stehen grundsätzlich im Ermessen des beklagten Freistaates. Dieser hat sein Ermessen durch verschiedene Verwaltungsvorschriften ausgeformt, darunter die im vorliegenden Fall maßgeblichen Richtlinien für Zuwendungen zu wasserwirtschaftlichen Vorhaben (RZWas 2000) des Bayerischen Staatsministeriums für Landesentwicklung und Umweltfragen vom 10. Juli 2000 (AllMBl S. 441) und die Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung an kommunale Körperschaften (Anlage 3a zu den VV zu Art. 44 BayHO - ANBest-K) des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen (i.d.F. der Bek. v. 22.12.1981, FMBl S. 425/453 ff., zuletzt geändert durch Bek. v. 22.1.1999, FMBl S. 75). Diese ermessenslenkenden Richtlinien sehen für den Schlussbescheid, mit dem die Förderung eigentlich abgeschlossen sein soll (vgl. Nr. 13 Satz 1 RZWas 2000), eine Reihe von Nebenbestimmungen vor, mit denen die Subventionsentscheidung in durchaus weitem Umfang dem Grunde wie der Höhe nach für nachträgliche Änderungen und selbst bloße Neubewertungen "geöffnet" und der Sache nach unter den Vorbehalt der Nachprüfung gestellt wird. Beispielsweise gibt Nr. 2.1 ANBest-K vor, dass sich die Zuwendung ermäßigt, wenn sich nach der Bewilligung die in dem Finanzierungsplan veranschlagten zuwendungsfähigen Ausgaben ermäßigen oder wenn sich die Deckungsmittel erhöhen oder neue Deckungsmittel hinzutreten. Hierbei handelt es sich nach ständiger Rechtsprechung des Senats um auflösende Bedingungen mit der Folge, dass mit ihrem Eintritt auch ein bestandskräftiger Schlussbescheid insoweit seine Wirkung verliert und die mithin ohne Rechtsgrund gewährte Zuwendung zurückzuerstatten ist (vgl. etwa BayVGH, U.v. 28.7.2005 - 4 B 01.2536 - BayVBl 2006, 731 und B.v. 17.9.2007 - 4 ZB 06.686 <juris RdNr. 13> m.w.N.). Werden Investitionskosten, zu denen der Staat bereits Zuschüsse erbracht hat, anschließend mit geschuldeter Abwasserabgabe verrechnet, liegt es nicht fern, die durch diese (Verschonungs-)Subvention erzielten Verrechnungsbeträge bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise als neue Deckungsmittel zu werten mit der Folge, dass der Schlussbescheid insoweit bereits mit der nachträglichen Verrechnung unwirksam würde.

Ob der Förderungssachverhalt trotz dieser Besonderheiten bereits mit der Bewilligung und Auszahlung der Zuwendungen auf der Grundlage eines bestandskräftigen Schlussbescheids abgeschlossen ist und von Art. 19 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 BayAbwAG daher eine echte Rückwirkung ausgeht, kann dahinstehen. Selbst wenn das der Fall sein sollte, bestehen dagegen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Denn die Rechtsposition, in die nachteilig eingegriffen wird, ist nicht schutzwürdig. Bei den Zuwendungsempfängern konnte von Beginn an kein schützenswertes Vertrauen darauf entstehen, dass ihnen dieselben Investitionskosten sowohl mit geschuldeter Abwasserabgabe verrechnet als auch im Subventionswege anteilig bezuschusst werden. Eine solche Doppelförderung ist bereits seit dem Inkrafttreten des Vierten Gesetzes zur Änderung des Bayerischen Gesetzes zur Ausführung des Abwasserabgabengesetzes vom 12. März 1996 (GVBl S.53) gesetzlich ausdrücklich ausgeschlossen. Seitdem verbietet Art. 16 Abs. 1 Satz 2 BayAbwAG, dass staatliche Zuwendungen für Aufwendungen gewährt werden, die nach § 10 Abs. 3 und 4 AbwAG oder nach Art. 9 BayAbwAG mit geschuldeter Abwasserabgabe verrechnet werden. Diese Vorschrift erfasst nach ihrem Wortlaut und Regelungszweck nicht nur die Fälle, in denen die Aufwendungen bei Erlass des Schlussbescheids bereits verrechnet worden sind, sondern auch die Fälle, in denen eine Verrechnung erst in der Zukunft vorgenommen wird (Zöllner, a.a.O., RdNr. 6 zu Art. 16 BayAbwAG). Wenn Zuwendungsempfänger im Anschluss an das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. Januar 2004 von der "erweiterten" Verrechnungsmöglichkeit Gebrauch gemacht haben, so durften sie angesichts dieser Rechtslage nicht darauf vertrauen, dass die ihnen dadurch zufließenden Verrechnungsbeträge in offenkundigem Widerspruch zu Art. 16 Abs. 1 Satz 2 BayAbwAG ohne Auswirkung auf bereits abgeschlossene oder noch laufende staatliche Zuwendungsverfahren bleiben. Dem kann auch nicht entgegen gehalten werden, dass das Zuwendungsverbot des Art. 16 Abs. 1 Satz 2 BayAbwAG von Anfang an nach Nr. 5.4 RZWas 2000 wie auch noch nach Nr. 5.5.1 RZWas 2005 (vom 14.10.2004, AllMBl S. 569) durch Umfang und Höhe der jeweiligen Kostenrichtwerte pauschal berücksichtigt war. Denn diese Pauschalisierung beruhte vor dem Hintergrund der früheren restriktiven Verwaltungspraxis offenkundig auf der - rechtsirrigen - Annahme, dass § 10 Abs. 4 AbwAG bei Zuführungsanlagen nur eine Verrechnung der Investitionskosten mit der für die wegfallenden Einleitungen geschuldeten Abwasserabgabe zulässt, nicht hingegen mit derjenigen für die aufnehmende Anlage. Mit der Übergangsregelung des Art. 19 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 BayAbwAG wird bei den Zuwendungsempfängern lediglich der wirtschaftliche Vorteil abgeschöpft, den sie durch die zusätzliche Verrechnung der bereits staatlich geförderten Investitionskosten mit der Abwasserabgabe entgegen der Intention des Gesetzes erlangt haben. Es tritt keine Rechtsfolge ein, mit der die Zuwendungsempfänger von vornherein nicht zu rechnen brauchten (ebenso Zöllner, a.a.O., RdNr. 5 zu Art. 19 BayAbwAG).

Verfassungsrechtlich ist es auch nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber eine Minderung der Zuwendungen um den vollen Verrechnungsbetrag vorschreibt und sie nicht auf den Anteil des jeweiligen Fördersatz beschränkt; denn mit der uneingeschränkten Minderung stehen die Zuwendungsempfänger, wie die vorliegende Fallgestaltung zeigt, wirtschaftlich so, wie sie subventionsrechtlich vor der (erweiterten) Verrechnung mit geschuldeter Abwasserabgabe für die aufnehmende Anlage gestanden haben.

Die Übergangsbestimmungen des Art. 19 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 BayAbwAG entsprechen dem Verhältnismäßigkeitsprinzip, auch wenn sie den (Teil-)Widerruf der Förderbescheide als zwingende und ausnahmslose Rechtsfolge einer Verrechnung anordnen. Mit ihnen wird das Ziel verfolgt, die staatlichen Zuwendungen für Abwassermaßnahmen um den Betrag rückwirkend zu kürzen, den die betroffenen Gemeinden im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts mit geschuldeter Abwasserabgabe verrechnet haben; damit sollen Einnahmeausfälle ausgeglichen und die Fortführung wichtiger aus dem Abwasserabgabenaufkommen zu finanzierender Maßnahmen sichergestellt werden (LT-Drs 15/5659 S. 2, 3). Der Gesetzgeber durfte den obligatorischen (Teil-)Widerruf für geeignet und erforderlich zur Erreichung dieses Ziels halten. Er steht auch nicht außer Verhältnis zum angestrebten Zweck. Die betroffenen Gemeinden werden nicht unverhältnismäßig belastet. Ihnen entsteht keine nachträgliche Finanzierungslücke bei der geförderten Maßnahme. Im Vergleich zur früheren Vollzugspraxis ist den Gemeinden infolge der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nachträglich eine unerwartete und im Finanzierungsplan unberücksichtigte Mehreinnahme entstanden, die nachträglich durch Zuwendungskürzung ausgeglichen wird. Der Zuwendungsbetrag wird (nur) um genau den gleichen Betrag kleiner, um den sich der Verrechnungsvorteil erhöht. Etwaige Schwierigkeiten bei der Berücksichtigung der Rückforderung im Rahmen der Kalkulation von Entwässerungsbeiträgen und -gebühren wären den betroffenen Gemeinden selbst dann zumutbar, wenn sie zu Abgabenausfällen führen sollten.

b) Die Festsetzung des zu erstattenden Betrags auf 259.719,49 € findet ihre Rechtsgrundlage in Art. 49a Abs. 1 BayVwVfG. Danach sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit ein Verwaltungsakt (u.a.) mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen worden ist; die zu erstattende Leistung ist durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen. Die gesetzlichen Voraussetzungen für den geltend gemachten Erstattungsanspruch liegen vor. Zu Recht ist das Wasserwirtschaftsamt davon ausgegangen, dass der Teilwiderruf nach Art. 19 Abs. 2 Satz 2 BayAbwAG mit Wirkung für die Vergangenheit erfolgt ist, nämlich bezogen auf den Zeitpunkt der Verrechnung mit der für das Einleiten von Abwasser aus der aufnehmenden Abwasserbehandlungsanlage geschuldeten Abwasserabgabe nach § 10 Abs. 4 AbwAG.

Auf den Wegfall der Bereicherung gemäß Art. 49a Abs. 2 Satz 1 BayVwVfG in Verbindung mit § 818 Abs. 3 BGB kann sich eine Gemeinde gegen den Anspruch auf Erstattung ihr zu Unrecht - hier in Widerspruch zu Art. 16 Abs. 1 Satz 2 BayAbwAG - ausbezahlter öffentlicher staatlicher Mittel grundsätzlich nicht berufen (vgl. BayVGH, U.v. 6.4.2001 - 4 B 00.334 - BayVBl 2002, 80/82; Sachs in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl. 2008, RdNr. 6 zu § 49a). Abgesehen davon sind die Voraussetzungen des § 818 Abs. 3 BGB für die Klägerin nicht gegeben, weil sie die Zuwendungen für die Errichtung des geförderten Vorhabens verbraucht und damit Aufwendungen erspart hat.

c) Die Pflicht der Klägerin, den zu erstattenden Betrag mit sechs v.H. jährlich zu verzinsen, folgt aus Art. 49a Abs. 3 BayVwVfG. Ob die Verzinsungspflicht bereits gemäß Art. 49a Abs. 3 Satz 1 BayVwVfG mit der Verrechnung als dem Zeitpunkt für das teilweise Unwirksamwerden des widerrufenen Schlussbescheids beginnt oder erst mit dem Inkrafttreten des Art. 19 Abs. 2 BayAbwAG einsetzt, kann dahinstehen. Denn das Wasserwirtschaftsamt hat zu Gunsten der Klägerin von seinem Ermessen nach Art. 49a Abs. 3 Satz 2 BayVwVfG Gebrauch gemacht und von der Geltendmachung eines Zinsanspruches für die Vergangenheit vollständig abgesehen. Es hat im Änderungsbescheid vom 4. Dezember 2007 der Klägerin eine Zahlungsfrist gesetzt (vgl. Nr. 3 Satz 2 des Tenors) und bestimmt, dass die Pflicht zur Verzinsung frühestens nach deren fruchtlosem Ablauf besteht (Nr. 4 des Tenors).

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 und § 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

Nach § 133 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden. Die Beschwerde ist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung schriftlich einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. In der Beschwerdebegründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an einer deutschen Hochschule im Sinn des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen.

Beschluss:

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren und - insoweit unter Änderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 12. Oktober 2006 - für das erstinstanzliche Verfahren auf jeweils 259.719,49 € festgesetzt.

Gründe:

Der Streitwert bemisst sich für das gesamte Verfahren nach dem Erstattungsbetrag, den der Beklagte mit dem angefochtenen (Änderungs-)Bescheid von der Klägerin verlangt.

Für die Zeit ab Erweiterung der Klage auf diesen Bescheid folgt das aus § 47 i.V.m. § 52 Abs. 3 GKG. Für die davor liegenden Verfahrensabschnitte führt § 52 Abs. 1 GKG zum selben Ergebnis. Auch wenn der ursprünglich angefochtene Widerrufsbescheid den Schlussbescheid vom 12. November 2003 insgesamt erfasst hat, ist die sich aus dem Antrag der Klägerin für sie ergebende Bedeutung der Sache nicht nach der gesamten Zuweisungssumme von 608.795,18 € zu bemessen; denn mit Blick auf die Bescheidsbegründung stand von Anfang an außer Streit, dass der Beklagte auf der Grundlage des Widerrufs lediglich eine Rückforderung bis zur Höhe des Verrechnungsbetrages von 259.719,49 € beabsichtigt. Dieser Rückforderungsbetrag bildet das von der Klägerin mit ihrer Klage von Anfang an verfolgte wirtschaftliche Interesse angemessen ab und bedarf entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts keiner weiteren Kürzung. Die Festsetzung des Streitwerts für das erstinstanzliche Verfahren wird daher von Amts wegen entsprechend geändert (§ 63 Abs. 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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