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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 18.11.2009
Aktenzeichen: 4 B 08.1652
Rechtsgebiete: KAG


Vorschriften:

KAG Art. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes

4 B 08.1652

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Zweitwohnungsteuer (Bescheid vom 3.8.2005)

hier: Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 14. März 2007,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 4. Senat, durch

die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgerichtshof Dr. Motyl, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Wagner, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Peitek

aufgrund mündlicher Verhandlung

am 18. November 2009

folgendes Urteil:

Tenor:

I. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 14.3.2007 wird aufgehoben und die Klage abgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht zuvor der Beklagte Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen ihre Heranziehung zur Zweitwohnungsteuer für eine 42 m² große Ferienwohnung im Gebiet der beklagten Gemeinde (Appartementhaus ********, Appartement Nr. **).

Die von der Klägerin im Wege der Erbfolge erworbene Wohnung stand früher im Eigentum ihrer Mutter. Die Klägerin bietet diese Wohnung zur Anmietung durch Feriengäste an. Die Vermietung erfolgt über die Klägerin selbst.

Aufgrund seiner Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungsteuer (Zweitwohnungsteuersatzung - ZwStS) vom 16. Dezember 2004 zog der Beklagte die Klägerin mit Bescheid vom 3. August 2005 für die Wohnung zu einer Zweitwohnungsteuer für das Jahr 2005 in Höhe von 300 Euro heran. Hiergegen wandte sich die Klägerin mit Schreiben vom 1. September 2005 und 24. Oktober 2005. Die Kurverwaltung der Beklagten könne die Wohnung ganzjährig und uneingeschränkt vermieten. Daher bestehe keine Zweitwohnungsteuerpflicht, weil eine solche Steuer nur zu erheben sei, wenn die Wohnung zu ihrer oder der Lebensführung ihrer Familie diene. Dies sei jedoch nicht der Fall, eine Eigennutzung finde nicht statt.

Das Landratsamt Lindau wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 19. Juli 2006 zurück. Die Art des Erwerbs der Wohnung (Kauf oder Erbschaft) sei hinsichtlich der Zweitwohnungsteuerpflicht unerheblich. Es handle sich bei der Wohnung auch nicht um eine bloße Kapitalanlage, weil die Klägerin die Wohnung unter Umständen innehabe, die darauf schließen ließen, dass die Zweitwohnung auch für Zwecke der eigenen Erholung oder der Erholung von Angehörigen vorgehalten werde. Die Möglichkeit der Eigennutzung durch die Klägerin sei nämlich nicht ausgeschlossen. Weder liege ein langfristiger Mietvertrag vor, noch sei die Nutzung der Wohnung durch die Klägerin in anderer Weise rechtlich ausgeschlossen. Auch der Umstand, dass die Klägerin im nahegelegenen Tettnang wohne, rechtfertige kein Absehen von der Zweitwohnungsteuerpflicht.

Das Verwaltungsgericht Augsburg hat der hiergegen erhobenen Anfechtungsklage mit Urteil vom 14. März 2007 stattgegeben und den Zweitwohnungsteuerbescheid vom 3. August 2005 sowie den Widerspruchsbescheid vom 19. Juli 2006 aufgehoben. Das Innehaben der Wohnung sei nur dann zulässiger Steuergegenstand, wenn die Wohnung nicht ausschließlich der Kapitalanlage diene. Wie sich im Begriff des "Innehabens" zeige, genüge es für die Steuererhebung, dass die Wohnung vom Inhaber für den eigenen oder den Lebensbedarf seiner Angehörigen vorgehalten werde, d. h., dass die Möglichkeit der Eigennutzung offengehalten werde. Ob ein derartiges Vorhalten der Wohnung gegeben sei, sei jedoch alleine eine Frage der subjektiven Zielrichtung des Wohnungsinhabers und könne damit von außen nicht überprüft werden. Für die steuererhebende Gemeinde sei eine Nachprüfbarkeit der inneren Absicht der Klägerin nur gegeben, wenn objektive, nach außen in Erscheinung tretende, verfestigte Umstände vorlägen, aus denen sich ergebe, zu welchem Zweck die Wohnungsinhaberin die Zweitwohnung verwende. Dabei dürfe die steuererhebende Gemeinde zunächst ohne weitere Prüfung von der tatsächlichen Vermutung des Vorhaltens der Wohnung für Zwecke des persönlichen Bedarfs ausgehen. Es obliege dem Wohnungsinhaber, Umstände vorzutragen, die diese tatsächliche Vermutung erschüttern würden. Nur wenn der Zweitwohnungsinhaber derartige Umstände vortrage, müsse die Gemeinde ihrerseits für die Steuererhebung darlegen, aufgrund welcher Umstände das Vorhalten der Wohnung zu Zwecken der persönlichen Lebensführung gerechtfertigt sei. Die Klägerin habe vorliegend eine Eigennutzungsmöglichkeit nicht durch entsprechende vertragliche Bindungen ausgeschlossen, sie vermiete die Wohnung an wechselnde Feriengäste selbst. Ihre Mitteilung an die Kurverwaltung des Beklagten, dass die Wohnung ganzjährig zur Vermietung zur Verfügung stehe, stelle keinen derartigen dauerhaften rechtlichen Ausschluss der Eigennutzungsmöglichkeit dar, denn die Klägerin entscheide nach wie vor alleine, ob und an wen die Wohnung vermietet werde. Es ergebe sich jedoch aus dem Umstand der Nähe des Hauptwohnsitzes der Klägerin zum Ort der mit der Steuerpflicht belegten Wohnung ein objektives Kriterium, das die Vermutung des Vorhaltens der Wohnung zu Zwecken der persönlichen Lebensführung erschüttere. Es sei für das Gericht objektiv nachvollziehbar, dass die Klägerin - wie von ihr vorgetragen - von ihrem Hauptwohnsitz aus nicht in das nur etwa 25 km entfernte Gemeindegebiet des Beklagten fahre, um sich dort in der Zweitwohnung aufzuhalten. Die von der Beklagten vorgetragene Vermutung, dass die Klägerin in der Zweitwohnung einen persönlichen Rückzugsraum vorfinden könne, erscheine nach Auffassung des Gerichts konstruiert. Vielmehr sei wegen der räumlichen Nähe und der Art des Erwerbs der Wohnung durch Erbschaft nach außen erkennbar und nachvollziehbar, dass die Klägerin nach dem Erbfall die Wohnung zum Zwecke der Weitervermietung behalten habe, um damit Einnahmen zu erzielen. Es sei auch plausibel und nachvollziehbar vorgetragen, dass bei entsprechender Nachfrage durch Urlaubsgäste die Wohnung unbeschränkt zur Vermietung zur Verfügung stehe. Habe die Klägerin damit nachvollziehbare Umstände dargelegt, die die tatsächliche Vermutung des Vorhaltens der Wohnung zum Zweck der persönlichen Lebensführung erschütterten, obliege es dem Beklagten, seinerseits diese Einwände zu entkräften und dadurch die ursprüngliche tatsächliche Vermutung zugunsten des Steuertatbestandes wiederherzustellen. Der Beklagte müsse dazu Umstände darlegen, die trotzdem das Innehaben der Wohnung zum Zweck der persönlichen Lebensführung begründen würden. Dies sei jedoch nicht erfolgt.

Mit seiner vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Berufung beantragte der Beklagte,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 14. März 2007 zu ändern und die Klage abzuweisen.

Das Verwaltungsgericht habe zunächst zutreffend darauf abgestellt, dass die Klägerin die Möglichkeit zur Eigennutzung der Wohnung eben nicht durch entsprechende vertragliche Bindungen ausgeschlossen und es vielmehr jederzeit in der Hand habe, die Möglichkeit der Eigennutzung über den Abschluss von Mietverträgen mit wechselnden Feriengästen zu beeinflussen. Durch die bloße Nähe der Hauptwohnung der Klägerin zur Ferienwohnung im Bereich des Beklagten werde jedoch die Vermutung der Eigennutzung der Ferienwohnung nicht erschüttert. Es könne nämlich keine Rede davon sein, dass sich der Hauptwohnsitz der Klägerin im selben Feriengebiet befände. Die Klägerin wohne in Tettnang im unmittelbaren Hinterland des Bodensees, während Scheidegg sich zwar ebenfalls unweit des Bodensees befinde, jedoch in der deutlich höher gelegenen Ferienregion Allgäu im unmittelbaren Vorfeld der Allgäuer Alpen. Dies seien zwei völlig verschiedene Bereiche mit unterschiedlichem Angebot, die vom Publikum auch alternativ und gerade nicht im Wettbewerb zueinander empfunden würden. Dass das Innehaben einer Zweitwohnung im Allgäu auch für einen Tettnanger Bürger Sinn mache, belege schon die von der Klägerin geschilderte Tatsache, dass ihre Eltern die Wohnung in Scheidegg zunächst genau für diesen Zweck der persönlichen Lebenshaltung angeschafft und genutzt hätten, bevor die den Vater überlebende Mutter gänzlich dorthin gezogen sei. Dass dies kein Einzelfall gewesen sei, zeige auch die vom Beklagten erstellte Liste von Zweitwohnungsinhabern, deren Hauptwohnsitz maximal 80 km von Scheidegg entfernt liege. Es sei alles andere als abwegig, sich auch in relativer Nähe zum Heimatort eine Zweitwohnung für persönliche Zwecke zu halten, wenn sich die dortigen Gegebenheiten, wie hier, nur hinreichend von den heimischen Verhältnissen unterschieden bzw. eine eigenständige Attraktivität entfalteten. Dass die Wohnung ständig (unverbindlich) im örtlichen Fremdenverkehrsprospekt der Gemeinde angeboten werde, hindere den Eigentümer nicht daran, Interessenten damit zu bescheiden, dass die Wohnung während des gewünschten Zeitraums bereits belegt sei, gleichgültig ob durch Dritte oder durch den Eigentümer selbst. Das Verwaltungsgericht verkenne mit seiner Entscheidung die Anforderungen, die vom Bundesverwaltungsgericht und hierauf fußend von den Oberverwaltungsgerichten an das Gewicht solcher Umstände gestellt würden, die geeignet seien, die zunächst bestehende tatsächliche Vermutung für den Steuertatbestand zu erschüttern. Es sei ersichtlich, dass das Bundesverwaltungsgericht entweder eine gesteigerte Unwahrscheinlichkeit der Eigennutzung aufgrund der Lage der für den Eigentümer schlechterdings uninteressanten Zweitwohnung fordere oder aber den effektiven Ausschluss der Eigennutzung durch entsprechende vertragliche Vereinbarungen. Keiner dieser Fälle liege hier vor.

Die Klägerin beantragte,

die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 14. März 2007 zurückzuweisen.

Das Verwaltungsgericht habe zutreffend nicht nur auf die räumliche Nähe zum Hauptwohnsitz der Klägerin abgestellt, sondern auch auf die Art des Erwerbs der Wohnung durch Erbschaft. Darin lägen objektive Umstände, die zeigten, dass die Klägerin die geerbte Wohnung nicht zum Zwecke der persönlichen Lebensführung vorhalte, sondern ausschließlich als Kapitalanlage und Alternative zu einer Veräußerung. Die Klägerin und ihre Familie hätten die Wohnung mit Ausnahme von Renovierungsarbeiten und Putzarbeiten nach Verlassen der Wohnung durch Feriengäste zu keinem Zeitpunkt selbst genutzt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Beklagten ist begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 3.8.2005, mit dem für das Jahr 2005 eine Zweitwohnungsteuer in Höhe von 300 Euro festgesetzt worden ist, ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klage war daher unter Aufhebung der Entscheidung des Verwaltungsgerichts abzuweisen.

Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheids der Beklagten ist Art. 3 Abs. 1 Kommunalabgabengesetz (KAG) i.V.m. den §§ 1 und 2 der Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungsteuer (Zweitwohnungsteuersatzung - ZwStS) des Beklagten vom 16. Dezember 2004. Danach wird im Gebiet des Beklagten eine Zweitwohnungsteuer erhoben. Steuergegenstand ist jede Wohnung im Gemeindegebiet, die eine Person, die in einem anderen Gebäude ihre Hauptwohnung hat, zu ihrer persönlichen Lebensführung oder der ihrer Familienangehörigen innehat. Wegen dieser Anknüpfung an die "persönliche Lebensführung" kommt eine Steuerpflicht für diese Wohnung nicht in Frage, wenn die Wohnung ausschließlich als Kapitalanlage dient.

Für die Einordnung als Kapitalanlage ist die Art des Erwerbs der Wohnung nicht von Bedeutung. Denn besteuert wird nur die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen, die im Innehaben der Wohnung zum Ausdruck kommt, nicht jedoch der Erwerbsvorgang. Das Verwaltungsgericht hat hierzu zutreffend ausgeführt, dass auch nach einem Erwerb durch Erbfall das weitere Aufrechterhalten des Eigentums an der Wohnung neben einer vorhandenen Hauptwohnung eine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Klägerin dokumentiert. Die Anforderungen des Zweitwohnungsteuerrechts gelten daher in gleicher Weise für solche Zweitwohnungsinhaber, die im Wege des Erbfalls Eigentümer geworden sind (so BVerwG vom 7.1.1998, Az. 8 B 253/97, ZKF 1998, 204).

Weil das "Innehaben" einer Zweitwohnung nicht voraussetzt, dass die Zweitwohnung auch tatsächlich vom Eigentümer benutzt wird, kommt es auf den Einwand der Klägerin, sie habe die Wohnung nicht selbst bewohnt, sondern allenfalls für Putzarbeiten betreten, nicht entscheidend an. Auch wer eine Wohnung inne hat und diese beispielsweise leer stehen lässt, ist zweitwohnungsteuerpflichtig, weil Zeiten des Wohnungsleerstandes grundsätzlich den Zeiten des Vorhaltens der Wohnung für den persönlichen Lebensbedarf zuzurechnen sind (vgl. BVerwG vom 27.10.2004, Az. 10 C 2/04, NVwZ 2005, S. 828 ff.; BayVGH vom 18.12.2008, Az. 4 ZB 07.2329 in juris m.w.N. zur Rechtsprechung des Senats). Auch und gerade die Nichtbenutzung einer Wohnung trotz rechtlich bestehender Nutzungsmöglichkeit kann die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Wohnungsinhabers belegen.

Zur Frage, ob die Zweitwohnung der Klägerin als reine Kapitalanlage anzusehen ist, die ausschließlich zur Einkommenserzielung gehalten wird, hat das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt, dass eine solche Nutzungsabsicht zunächst eine subjektive Zielrichtung des Wohnungsinhabers ist, die als solche vom Beklagten nicht überprüft werden kann. Es ist deshalb eine auf die umfassende Würdigung des gesamten Sachverhaltes abstellende Beurteilung maßgeblich, die sich auf objektive, nach außen in Erscheinung tretende, verfestigte und von Dritten nachprüfbare Umstände gründet (vgl. BVerwG vom 10.10.1995, BVerwGE 99,303; BVerwG vom 2.6.1997, Az. 8 B 113/97 in juris). Aus dem Innehaben der Wohnung und einer Möglichkeit zur Eigennutzung kann daher zunächst von der tatsächlichen Vermutung des Vorhaltens der Wohnung für Zwecke des persönlichen Lebensbedarfs ausgegangen werden. Es obliegt dem Zweitwohnungsinhaber, Umstände vorzutragen, die diese tatsächliche Vermutung erschüttern. Nur wenn der Zweitwohnungsinhaber derartige Umstände vorträgt und damit die tatsächlichen Grundlagen der Vermutung hinreichend erschüttert, muss die steuererhebende Gemeinde ihrerseits darlegen, aufgrund welcher Umstände die Annahme des Vorhaltens der Wohnung zu Zwecken der persönlichen Lebensführung gerechtfertigt sein soll.

Für die Vermutung des Vorhaltens der Wohnung zum Zwecke der persönlichen Lebensführung spricht vorliegend die Tatsache, dass die Klägerin die Eigennutzungsmöglichkeit nicht durch entsprechende vertragliche Bindungen (etwa Dauervermietung oder die dauerhafte Einschaltung einer Vermietungsagentur bei gleichzeitigem rechtlichem Ausschluss der Selbstnutzung) ausgeschlossen hat. Die Art der Vermietung hat im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung indiziellen Charakter (BVerwG vom 2.6.1997 a.a.O.; BVerwG vom 19.12.2008, Az. 9 C 16.07 in juris). In der mündlichen Verhandlung vom 18. November 2009 hat die Klägerin erklärt, dass sich der Vermietungsmodus der Wohnung nicht geändert habe. Die Wohnung wird also an wechselnde Feriengäste vermietet, wobei die Klägerin selbst bestimmt, ob und an wen vermietet wird. Dabei konnte die Wohnung 2008 für insgesamt fünf Monate und 2009 bislang für vier Monate vermietet werden, in der restlichen Zeit stand sie leer. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht betont, dass alleine die Mitteilung an das Fremdenverkehrsamt des Beklagten, dass die Wohnung ganzjährig zur Vermietung zur Verfügung stehe, keinen dauerhaften Ausschluss der Selbstnutzung darstellt. Denn es obliegt weiterhin alleine der Klägerin zu entscheiden, ob und wann sie die Wohnung an mögliche Interessenten vermietet, damit ist die Eigennutzungsmöglichkeit objektiv nicht ausgeschlossen.

Die Klägerin hat hiergegen eingewandt, dass es ausreichen müsse, wenn ein Eigentümer nachweisbar dauerhafte Vermietungsbemühungen entfalte. Sie habe sich bewusst gegen eine gewerbliche Zwischenvermietung entschieden, weil sie es zum Einen im Hinblick auf die gehobene Ausstattung der Wohnung selbst in der Hand haben wolle, wer die Wohnung bekomme. Zum Anderen wäre die Zwischenschaltung einer gewerblichen Vermietungsagentur mit weiteren Kosten verbunden, die den Vermietungsgewinn schmälerten. Der Senat hält diese Einwände aus der Sicht des Vermieters zwar für wirtschaftlich gut nachvollziehbar. Sie führen jedoch nicht dazu, dass vorliegend ohne Hinzutreten weiterer objektiver Umstände von einer reinen Kapitalanlage auszugehen ist. Wie ausgeführt, kommt es nämlich für den Begriff des Innehabens der Wohnung entscheidend auf die Möglichkeit der Eigennutzung an. Diese wird bei dem Vorgehen der Klägerin gerade nicht ausgeschlossen. Zwar ist es das gute Recht des Eigentümers und Vermieters, sich für eine bestimmte Art der Vermietung zu entscheiden und selbstverständlich auch zu entscheiden, an welche Mieter er für welche Zeiträume seine Zweitwohnung vermieten will. Wenn er sich jedoch wie die Klägerin aus Gründen der Einflussnahme auf die Mieterauswahl sowie aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten (Vermeidung von Provisionen für Zwischenvermietung) für einen solchen Vermietungsweg entscheidet, hält er rechtlich auch die Eigennutzungsmöglichkeit offen. Diese beim Eigentümer verbleibende Verfügungsbefugnis hat dann auch die im Zweitwohnungsteuerrecht angelegten steuerlichen Rechtsfolgen, denn anderenfalls würde man das in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts angelegte Abstellen auf objektivierbare Gesichtspunkte verlassen und allein wieder auf das subjektive Wollen des Wohnungseigentümers zurückfallen.

Das Verwaltungsgericht hat in dem Umstand der Nähe des Hauptwohnsitzes der Klägerin zum Zweitwohnsitz ein objektives Kriterium gesehen, das die Vermutung des Vorhaltens der Wohnung zu Zwecken der persönlichen Lebensführung erschüttern soll. Dem schließt sich der Senat für den vorliegenden Einzelfall nicht an. Zwar ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass etwa bei der Lage der Hautwohnung innerhalb desselben Feriengebietes die Vermutung des Vorhaltens für den eigenen Lebensbedarf erschüttert sein kann (vgl. BVerwG vom 26.9.2001, Az. 9 C 1/01, NVwZ 2002, 728). Für die Frage, ob eine Wohnung im selben Feriengebiet liegt, kann es nach Ansicht des Senats aber nicht nur darauf ankommen, dass Haupt- und Zweitwohnung in überschaubarer Entfernung zueinander liegen, denn eine schnelle Erreichbarkeit der Zweitwohnung kann die Nutzung durch den Eigentümer mit dem Wegfall einer langen Anreise bequemer machen und die Nutzungsintensität auch durch kurze Aufenthalte sogar erhöhen. Die beiden Wohnungen der Klägerin liegen etwa 22 km Luftlinie voneinander entfernt, mit dem Auto muss man etwa 34 km zurücklegen. Entscheidend ist nach Auffassung des Senats vielmehr, dass angesichts der geografischen Gegebenheiten vorliegend von einer Lage "im selben Feriengebiet" nicht die Rede sein kann. Die Hauptwohnung der Klägerin befindet sich im baden-württembergischen Bodenseekreis auf etwa 460 m über N.N.. Vom Bodensee aus sind zur Hauptwohnung der Klägerin nur etwa 70 Höhenmeter zu überwinden. Es handelt sich um typisches Bodenseehinterland, in dem Obst- und Hopfenanbau dominiert. Ganz anders stellt sich die Lage im Bereich der Beklagten dar, die zum bayerischen Westallgäu gehört und deren Höhenlage sich von 800 bis 1.000 m über N.N. erstreckt. Der Beklagte ist ein traditioneller Wintersportplatz im Allgäu mit Liften und Loipen sowie ein anerkannter heilklimatischer Kurort, um den herum Milchvieh- und Weidewirtschaft vorherrschen. Er hat damit ein völlig anderes landschaftliches Gepräge, als der noch deutlicher vom Bodensee geprägte Hauptwohnsitz der Klägerin. Vom Bodensee aus muss man, um in den Bereich des Beklagten zu gelangen, über die Passstraße des sogenannten Rohrach einen erheblichen Geländesprung bewältigen, der nicht nur eine deutliche Zäsur in der Landschaft darstellt, sondern auch ihr Gepräge und die klimatischen Bedingungen erheblich verändert. Das unterschiedliche landschaftliche Gepräge zwischen Bodenseehinterland und Allgäu begünstigt unterschiedliche Freizeitaktivitäten wie etwa Radfahren im relativ flachen Bodenseegebiet und Wandern in voralpiner Landschaft und Lang- und Skilaufen im Westallgäu. Aus objektiver Sicht ist daher bei einem Hauptwohnsitz in Tettnang das Vorhalten einer Zweitwohnung im Bereich der Beklagten für eine Eigennutzung keineswegs sinnlos und uninteressant.

Die Vermutung für das Vorhalten der Zweitwohnung auch für den eigenen Lebensbedarf ist daher zusammengefasst weder durch den von der Klägerin vorgetragenen subjektiven Nichtnutzungswillen, noch durch ihre Vermietungsbemühungen, und auch nicht durch eine Lage von Haupt- und Zweitwohnung im selben Feriengebiet erschüttert. Es bleibt daher dabei, wie vom Beklagten und der Widerspruchsbehörde entschieden, dass vorliegend nicht davon auszugehen ist, dass die Zweitwohnung von der Klägerin ausschließlich zum Zwecke der Einkommenserzielung vorgehalten wird. Der angefochtene Bescheid war daher rechtmäßig, so dass das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 14.3.2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit fußt auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil kein Zulassungsgrund gemäß § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Beschluss:

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 300 Euro festgesetzt (§ 52 Abs. 3, 47 Abs. 1 GKG).

Ende der Entscheidung

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