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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 16.11.2009
Aktenzeichen: 4 BV 07.1902
Rechtsgebiete: VwGO, BauGB, BayVwVfG, AGBGB


Vorschriften:

VwGO § 130 a
BauGB § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3
BauGB § 11 Abs. 2
BayVwVfG Art. 56 Abs. 1
BayVwVfG Art. 59 Abs. 2 Nr. 4
BayVwVfG Art. 59 Abs. 3
AGBGB Art. 71
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes

4 BV 07.1902

In der Verwaltungsstreitsache

wegen städtebaulichen Vertrags; Rückforderung von Geldleistungen;

hier: Berufung der Kläger gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 13. Februar 2007,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 4. Senat, durch

die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgerichtshof Dr. Motyl, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Greve-Decker, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Peitek

ohne mündliche Verhandlung

am 16. November 2009

folgenden Beschluss:

Tenor:

I. In Abänderung des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 13. Februar 2007 wird die Beklagte verurteilt, an die Kläger einen Betrag in Höhe von 67.769 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 1. Februar 2005 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

II. Von den Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen tragen die Kläger gesamtverbindlich sieben Achtel, die Beklagte ein Achtel.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Schuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Gegenstand der Verwaltungsstreitsache ist der von den Klägern geltend gemachte Anspruch auf Rückzahlung von insgesamt 481.547,29 Euro, die sie zur Erfüllung der mit der Beklagten am 29. Juli 1999, 18./19. Februar 2003 und am 6. August 2003 geschlossenen Folgelastenverträge geleistet haben.

1. Mit Bebauungsplan Nr. 3 "Gewerbegebiet Eching-Ost" vom 30.5.1979/29.7.1980 hatte die Beklagte das Plangebiet überwiegend als Gewerbegebiet festgesetzt.

Nachdem es im Laufe der Entwicklung zu erheblichen Verkehrsproblemen, insbesondere im Bereich des Anschlusses an die Bundesautobahn (BAB) A 9 gekommen war, holte die Gemeinde ein verkehrswissenschaftliches Gutachten ein. In diesem Gutachten vom 2. Dezember 1996 kam Prof. Dr. K. zu dem Ergebnis, dass die zusätzliche Anbindung des Gewerbegebietes an die BAB A 92 und der Bau eines neuen Autobahnzubringers bis zur Staatsstraße (St) 2053 eine so hohe Entlastungswirkung für die überlastete Anschlussstelle Eching an der A 9 und für die maßgebenden Knotenpunkte im Gewerbegebiet habe, dass eine Nutzungsverdichtung im Gewerbegebiet möglich wäre.

Mit der zweiten Änderung des Bebauungsplans Nr. 3 vom 21.4.1998 hat die Beklagte unter Hinweis auf die Überlastung der straßenverkehrlichen Anbindung des Baugebiets an die Staatsstraße 2053 und an die A 9 sowie die Aus- und Überlastung der inneren Straßenerschließung das Maß der baulichen Nutzung im Plangebiet im Wesentlichen auf den vorgefundenen Bestand festgeschrieben. Zu diesem Zeitpunkt war das nach dem Bebauungsplan Nr. 3 mögliche Baurecht etwa zur Hälfte ausgenutzt.

Nach Inkrafttreten dieser zweiten Änderung des Bebauungsplans beschloss die Beklagte, neues Bau- und Nutzungsrecht nur noch insoweit durch weitere Änderungen des Bebauungsplans Nr. 3 zu begründen, als eine Erweiterung der Verkehrskapazität des Baugebiets durch die Schaffung neuer Anbindungen an das überörtliche Straßennetz (St 2053 und A 92) dies möglich machen würde. Da die Gemeinde diese Anschließung nicht allein aus eigenen Mitteln tragen könne, werde weiteres Baurecht nur geschaffen, wenn die Bauwilligen zum Abschluss städtebaulicher Verträge bereit seien, mit denen sie sich an der Finanzierung beteiligten.

Im November 2001 wurden der neue Autobahnzubringer sowie die Autobahnanschlussstelle dem Verkehr übergeben.

2. Die Kläger sind Eigentümer mehrerer Grundstücke im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 3 (Fl.Nrn. 1230, 1230/1, 1230/2, 1230/3, 1180/1 sowie 1181/6). Die Grundstücke waren bereits bei Erlass des Bebauungsplans Nr. 3 im Jahr 1980 mit Verkaufs- und Ausstellungsgebäuden sowie mit gewerblich genutzten Hallen bebaut.

Das Grundstück Fl.Nr. 1230 lag in dem durch den Bebauungsplan festgesetzten Sondergebiet SO 3, in dem höchstens 5.200 qm Verkaufs- und Ausstellungsflächen für Einzelhandelsgroßprojekte für Möbel- und Inneneinrichtungsgegenstände, im Übrigen allgemein gewerbliche Nutzung, jedoch ohne Einzelhandel zulässig waren. Für die übrigen Grundstücke der Kläger war in den textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 3 bestimmt, dass Betriebe mit Verkauf an Endverbraucher nicht zulässig sind, jedoch Ausnahmen hiervon gewährt werden können, wenn der geplante Betrieb eine wesentliche Beeinträchtigung der Versorgungsfunktion des Echinger Ortskerns und eine Verschlechterung der Verkehrssituation nicht erwarten lasse.

2.1 Am 29. Juli 1999 schlossen die Kläger mit der Beklagten einen ersten städtebaulichen Vertrag. Nach Erläuterung der ortsplanerischen Situation in der Vorbemerkung verpflichteten sich die Kläger in § 1, von den Kosten der gutachterlichen Vorbereitung, der Planung, der Unterhaltung und Herstellung des Straßenanschlusses an die BAB A 92 sowie der Straßenverbindung zwischen Dieselstraße und BAB A 92 einen einmaligen Betrag in Höhe von 800.000 DM (entspricht 409.033,50 Euro) an die Beklagte für den Fall zu zahlen, dass diese für das Grundstück Fl.Nr. 1230 nach Zumessung je einer nördlichen Teilfläche von Fl.Nr. 1230/1 und 1230/2 die Erweiterung der Nutzung als Einzelhandelsgroßprojekt Möbel- und Inneneinrichtungsgegenstände von 5.200 m² auf 8.200 m² Verkaufsfläche, der Geschossfläche auf 11.925 m² und der Grundfläche auf 11.786 m² unter gleichzeitiger Reduzierung der Geschoss- und Grundflächen auf den Grundstücken Fl.Nrn. 1230/1 und 1230/2 festsetzt.

Im Rahmen der vierten Änderung des Bebauungsplans Nr. 3 vom 15.12.1999 setzte die Beklagte die Nutzung auf den genannten klägerischen Grundstücken wie vereinbart fest. Mit Teilzahlungen vom 19.9.2000 (240.000 DM = 122.710,05 Euro), vom 13.12.2000 (160.000 DM = 81.806,70 Euro), vom 23.4.2001 (160.000 DM = 81.806,70 Euro) und vom 21.8.2001 (240.000 DM = 122.710,05 Euro) überwiesen die Kläger den vereinbarten Betrag an die Beklagte. Bereits am 15. September 1999 hatten die Kläger entsprechend der von ihnen vertraglich übernommenen Verpflichtung die der Beklagten entstandenen Anwaltskosten i.H.v. 9.280,- DM (entspricht 4.744,79 €) bezahlt.

2.2 Am 18./19. Februar 2003 schlossen die Parteien einen zweiten städtebaulichen Vertrag. Darin verpflichteten sich die Kläger zur Zahlung eines einmaligen Betrages in Höhe von 33.643 Euro an die Beklagte für den Fall, dass diese der Erteilung einer Ausnahme von der Festsetzung des Bebauungsplans Nr. 3, wonach der Verkauf an Endverbraucher auf dem Grundstück 1180/1 unzulässig ist, zum Zwecke des Betriebes eines Küchenfachmarktes mit Verkauf an Endverbraucher zustimmt.

Nachdem die Beklagte die entsprechende Zustimmung erteilt hatte und das Landratsamt Freising den Klägern daraufhin die Genehmigung zur Nutzungsänderung erteilt hatte, bezahlten die Kläger am 26. Februar 2003 den vereinbarten Betrag.

2.3 Am 6. August 2003 schlossen die Parteien einen weiteren städtebaulichen Vertrag, in dem sich die Kläger zur Zahlung von 33.140 Euro an die Beklagte verpflichtete, wenn diese der Erteilung einer Ausnahme vom Verbot des Verkaufs an Endverbraucher auch hinsichtlich der Nutzung des Grundstücks 1181/6 zustimmt.

Nachdem die Beklagte auch diese Zustimmung erteilt und das Landratsamt die entsprechende Genehmigung ausgesprochen hatte, überwiesen die Kläger am 19. August 2003 den vereinbarten Betrag. Am 23. Oktober 2003 erstatteten die Kläger der Beklagten vereinbarungsgemäß die der Beklagten entstandenen Anwaltskosten i.H.v. 986,- €.

3. Mit Urteil vom 23. August 2002 (Az. 15 N 99.1340), berichtigt durch Beschluss vom 25. September 2002, erklärte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof die Satzung zur zweiten Änderung des Bebauungsplans Nr. 3 für nichtig. Mit der Festschreibung des Maßes der baulichen Nutzung auf den vorhandenen Bau- und Nutzungszustand habe die Beklagte einzig den Zweck verfolgt, einen Anreiz für bauwillige Gewerbetreibende zu schaffen, die von ihr bereitgehaltenen städtebaulichen Verträge zur Mitfinanzierung der geplanten Erschließungsmaßnahmen abzuschließen. Der wahre Wille der Gemeinde sei auf eine grundlegende Verbesserung der Erschließung des Gewerbegebietes gerichtet gewesen. Sie habe demgegenüber die Festschreibung der Bau- und Nutzungsrechte nicht als Mittel zur Ordnung der städtebaulichen Entwicklung gewollt. Die Festsetzungen dienten lediglich zur Finanzierung der Erschließungsmaßnahmen und hätten demgemäß eine Zielsetzung, zu deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuches nicht bestimmt seien. Dieser Verstoß gegen § 1 Abs. 3 BauGB führe zur Nichtigkeit der gesamten Planänderung (UA S. 15).

Das Urteil ist seit dem 20. Januar 2004 rechtskräftig (BVerwG vom 11. Dezember 2003 Az. 4 BN 56.2).

Mit Beschlüssen vom 18. Juli 2005 erklärte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof die dritte und vierte Änderung des Bebauungsplans Nr. 3 für unwirksam (Az. 2 N 01.2705, 2 N 01.2706, 2 N 04.2308); die zur Nichtigkeit der zweiten Änderungssatzung führenden Gründe hafteten in gleicher Weise der dritten und vierten Änderungssatzung an.

4. Mit Schriftsatz vom 20.12.2004 erklärten die Kläger gegenüber der Beklagten die Anfechtung der städtebaulichen Verträge wegen Irrtums, arglistiger Täuschung und wegen Drohung. Sie machten geltend, die Verträge seien nichtig, da sich die Beklagte eine nach Art. 56 VwVfG unzulässige Gegenleistung habe versprechen lassen. Gleichzeitig forderten die Kläger die Beklagte auf, die von den Klägern erbrachten Leistungen bis 1. Februar 2005 zurückzugewähren.

5. Am 12. Januar 2005 erhoben die Kläger beim Verwaltungsgericht München Klage mit dem Ziel, die Beklagte zur Rückzahlung der von ihnen in Vollzug der oben genannten städtebaulichen Verträge geleisteten Zahlungen zu verpflichten. Die Kläger machten geltend, die Beklagte habe sich in rechtswidriger und rechtsmissbräuchlicher Weise mit den in den Verträgen vereinbarten Geldleistungen zur Finanzierung von "erschließungsverbessernden Maßnahmen" Baurecht bezahlen lassen. Hätten die Kläger die vorbezeichneten Verträge nicht geschlossen, hätten sie weder das gemeindliche Einvernehmen nach § 36 BauGB noch die Erteilung der Ausnahmen zum Verkauf an Endverbraucher erhalten. Die Kläger seien durch die Androhung der Beklagten, nur dann das gewünschte Einvernehmen zu erteilen bzw. die Änderung des Bebauungsplans vorzunehmen, wenn die Kläger anteilig die Kosten für den Autobahnanschluss übernehmen, in die Zwangslage versetzt worden, die Verträge abzuschließen. Sie seien dazu erpresst worden, da sie wirtschaftlich ruiniert gewesen wären, wenn sie sich dem Diktat der Beklagten nicht unterworfen hätten.

Die Beklagte trat der Klage entgegen. Die Kläger hätten die von ihnen begehrten Nutzungsrechte aufgrund des Bebauungsplans Nr. 3 nicht gehabt. Damit seien die Voraussetzungen des § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 und § 2 BauGB erfüllt gewesen. Spätestens 1995/1996 seien die Verkehrsverhältnisse insbesondere bei der äußeren Erschließung des Gewerbegebietes "Eching-Ost" durch Überlastung unzumutbar und unerträglich geworden. Das dazu eingeholte Gutachten des Verkehrssachverständigen Prof. Dr. K. vom 2. Dezember 1996 habe ergeben, dass deshalb eine weitere Nutzungsverdichtung ohne Bau eines Autobahnzubringers zur BAB A 92 zur Verbesserung der Erschließung des Gewerbegebietes nicht mehr zugelassen werden dürfe. Daher wäre weder die Erweiterung des Sondergebietes SO 3 noch die Gewährung der beiden Ausnahmen vom Verbot des Verkaufs an Endverbraucher vor Inbetriebnahme des Zubringers möglich gewesen. Die in den Verträgen vereinbarten Beträge seien auch angemessen gewesen.

Mit Urteil vom 13. Februar 2007 wies das Verwaltungsgericht die Klage ab. Die den Zahlungen zugrunde liegenden städtebaulichen Verträge seien rechtmäßig und auch nicht nachträglich durch Kündigung oder Anfechtung entfallen.

Bei den Verträgen handele es sich um Folgekostenverträge im Sinne von § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BauGB, dessen Voraussetzungen erfüllt seien. Die Leistung der Beklagten und die Gegenleistung der Kläger stünden in einem sachlichen und kausalen Zusammenhang. Der Finanzierungsbeitrag der Klägerin sei ein Ersatz für Aufwendungen der Beklagten. Nach dem Willen der Parteien sei der Zahlungsbetrag als Gegenleistung für die im einzelnen beschriebene Änderung des Bebauungsplans Nr. 3, soweit er die Grundstücke der Kläger betreffe, bzw. Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens nach § 36 BauGB vereinbart worden. Den Parteien sei bei Vertragsschluss bekannt gewesen, dass die angestrebte Nutzungsverdichtung nur bei einem weiteren Anschluss an das überörtliche Verkehrsnetz vertretbar gewesen sei. Daher bestehe zwischen der Kostenübernahme und der Leistungen der Beklagten ein sachlicher Zusammenhang. Die Übernahme bereits entstandener Kosten sei nach § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BauGB möglich. Der vereinbarte Zahlungsbetrag sei ein bloßer Aufwendungsersatz, denn nach den getätigten Aufwendungen der Gemeinde, den staatlichen Zuschüssen und den maximal über Folgekostenverträge zu erzielenden Kostenbeiträgen verbliebe der Beklagten immer noch ein Eigenanteil zwischen 10 und 12 Millionen DM. Die von der Klägerin übernommenen Kosten dienten öffentlichen Aufgaben im Sinne von Art. 56 Abs. 1 BayVwVfG, auch seien sie im Sinne von § 11 Abs. 2 BauGB angemessen.

Der vereinbarte Zahlungsbetrag verstoße nach den Umständen des Einzelfalls auch nicht gegen das Übermaßverbot. Durch die erweiterten Nutzungsmöglichkeiten auf den klägerischen Grundstücken erhöhe sich deren Rentabilität. Auch die Verteilung der Kostenbeiträge auf die einzelnen bauwilligen Grundstückseigentümer sei rechtlich unbedenklich. Der Umstand, dass zu den Aufwendungen für den Zubringer nur die Grundstückseigentümer herangezogen würden, die die bauliche Nutzung erweitern wollten, verstoße nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Die anderen Grundstückseigentümer, deren Baubestand bzw. Nutzung unverändert geblieben sei, trügen weder zur Verkehrszunahme bei noch bestehe eine rechtliche Möglichkeit, sie an den Kosten zu beteiligen.

Den Klägern stünden auch keine Rückzahlungsansprüche aufgrund ihrer Anfechtung bzw. Kündigung der Verträge zu, da diese nicht wirksam seien. Soweit man überhaupt eine an die Klägerin gerichtete Drohung der Beklagten annehmen wollte, wäre sie nicht widerrechtlich gewesen.

6. Gegen das Urteil haben die Kläger die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt.

Das angefochtene Urteil verkenne, dass die Nichtigkeit der städtebaulichen Verträge im Wesentlichen auf der vom Verwaltungsgerichtshof in seinen Normenkontrollentscheidungen vom 23. August 2002 und 18. Juli 2005 beanstandeten Änderungen des Bebauungsplans Nr. 3 fußten. Die Beklagte habe den "wahren Willen" gehabt, mit dem Anschluss an die BAB A 92 mit Zubringer zum Gewerbegebiet "Eching-Ost" die Erschließung des Gebietes grundlegend zu verbessern. Ein solches Vorhaben hätte die Beklagte jedoch nach dem Kommunalabgabengesetz über Beiträge finanzieren müssen. Da die Kläger, die im Gewerbegebiet die Vermietung eigener Immobilien betrieben, wirtschaftlich ruiniert gewesen wären, wenn sie die Ausnahme bzw. das Einvernehmen der Beklagten nicht erhalten hätten, hätten sie sich dem erpresserischen Zwang der Beklagten gebeugt. Der Autobahnzubringer sei aber nicht durch die Vorhaben der Klägerin verursacht worden. Darüber hinaus hätten sämtliche Grundeigentümer einen "besonderen Vorteil aus der Möglichkeit der Inanspruchnahme" des neuen Zubringers.

Die Kläger beantragen,

die Beklagte unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils entsprechend dem zuletzt gestellten Antrag zu verurteilen, an die Klägerin 481.547,29 Euro nebst jährlichen Zinsen von 5 % über dem Basiszinssatz ab 1. Februar 2005 zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Wünsche der Kläger nach Nutzungsänderung eines Teils der auf ihren Grundstücken Fl.Nrn. 1230/1 und 1230/2 bestehenden Hallen von Lagerhallen in Sondergebiete für großflächigen Einzelhandel sowie nach Gewährung je einer Ausnahme vom bestehenden Verbot des Verkaufs an Endverbraucher für die Nutzung auf den Grundstücken Fl.Nrn. 1181/6 und 1180/1 seien wegen der totalen Überlastung der inneren und äußeren Erschließung des Gewerbegebietes "Eching-Ost" im Jahr 1996 ohne vorherige Inbetriebnahme eines neuen Autobahnzubringers zur BAB A 92 städtebaulich nicht vertretbar gewesen. Die Kausalität zwischen der städtebaulichen Maßnahme und der Kostenübernahme sei damit eindeutig gegeben.

Mit Schreiben vom 19. Januar 2009 wurden die Beteiligten zu der Absicht des Senates gehört, gemäß § 130a VwGO über die Berufung durch Beschluss zu entscheiden. Hingewiesen wurden die Beteiligten in diesem Zusammenhang auf das in einem Parallelverfahren ergangene, zwischenzeitlich rechtskräftige Urteil des Senats vom 18. Dezember 2008 (Az. 4 BV 07.3067), in dem festgestellt wurde, dass der zwischen der dortigen Klägerin und der Beklagten geschlossene städtebauliche Vertrag, der einen verbleichbaren Inhalt wie die streitgegenständlichen Verträge hatte, nichtig ist. Darüber hinaus wurde den Beteiligten mitgeteilt, dass nach Ansicht des Senates der geltend gemachte Erstattungsanspruch in Höhe von 409.033,50 Euro nach Art. 71 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AGBGB erloschen sei. Auf die diesbezüglichen Ausführungen des Verwaltungsgerichts im angefochtenen Urteil vom 13. März 2007 wurde hingewiesen.

In der Stellungnahme hierzu teilten die Bevollmächtigten der Beklagten mit, die Beklagte sei nach wie vor der Auffassung, dass ein Erstattungsanspruch der Klägerin nie entstanden sei. Sie berufe sich daher nur höchst vorsorglich auf dessen Erlöschen nach Art. 71 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AGBGB. Die Beklagte habe den Autobahnzubringer nur zur Herstellung derjenigen zusätzlichen Verkehrskapazität errichten wollen und auch errichtet, die für die Zulassung von Vorhaben der Neunutzer erforderlich gewesen sei. Die Beklagte habe diesen Zubringer eben nicht primär, sondern überhaupt nicht für die Bewältigung des den Altnutzern zuzurechnenden Verkehrs bauen wollen bzw. gebaut. Ohne die städtebaulichen Beiträge von Neunutzern in Höhe von mindestens 12 Mio. DM und nur für den Verkehr aus den bisherigen baulichen Nutzungen des Gewerbegebietes habe die Beklagte den Zubringer niemals bauen wollen und auch nicht gebaut. Der von den Altnutzern verursachte Verkehr sei daher nicht in irgendeiner Weise kausal für die Entscheidung der Beklagten zum Bau des Zubringers gewesen. Die Beklagte beantragte zum Beweis dafür, dass sie mit dem Anschluss an die BAB A 92 nicht auf die bestehende Überlastungssituation habe reagieren wollen, die Vernehmung von zwei ihrer Mitarbeiter. Die Beklagte habe niemals die Absicht gehabt, den Zubringer zur Bewältigung der schon bestehenden Belastungen durch den von den Altnutzern veranlassten Verkehr zu bauen, sondern nur zur Ausnutzung der Kapazitätsreserve des Gewerbegebietes. Zum Beweis dieser Behauptung bot sie ferner die Vernehmung des Gutachters Herrn Prof. Dr. K. an. Die Frage, ob ein Vorhaben eine Folgeeinrichtung erfordere und damit kausal für diese sei, beantworte sich nicht objektiv, sondern auf Grund einer subjektiv-planenden Bewertung der Gemeinde. Der Senat habe in seinem Urteil vom 18. Dezember 2008 der Gemeinde dem Wortlaut der städtebaulichen Verträge zuwider unterstellt, den Zubringer primär zur Bewältigung des vorhandenen Verkehrs bauen zu wollen. Die tragenden Gründe des genannten Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs könnten also der Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits nicht zu Grunde gelegt werden.

Der Bevollmächtigte der Kläger führt im Schriftsatz vom 9. Februar 2009 aus, die für den Beginn der dreijährigen Erlöschensfrist des Art. 71 Abs. 1 Satz 2 AGBGB erforderliche Kenntnis der anspruchsbegründenden Tatsachen hätten die Kläger erst mit den Urteilen des Verwaltungsgerichtshofs vom 23. August 2002 bzw. vom 18. Dezember 2008 gehabt. Ab dem Tage des Vertragsabschlusses am 29. Juli 1999 hätten die Kläger zwar Kenntnis von den "Umständen" der Anfechtbarkeit des städtebaulichen Vertrages vom 29. Juli 1999 wegen der Erpressung durch die Beklagte gehabt, nicht aber Kenntnis der "Umstände" der Nichtigkeit dieses Vertrages, die der erkennende Senat erst im Urteil vom 18. Dezember 2008 vollständig dargelegt habe. Auch von den rechtskräftigen Normenkontrollurteilen des Verwaltungsgerichtshofs vom 23. August 2002 hätten die Kläger erst zufällig in einem Gerichtstermin vor dem Verwaltungsgericht München am 23. November 2004 Kenntnis erlangt. Erst an diesem Tag seien die Kläger in die Lage versetzt worden, die Umstände der Nichtigkeit des städtebaulichen Vertrages vom 29. Juli 1999 rechtlich zu würdigen und die erforderlichen Konsequenzen zu ziehen. Die vollständige Tatbestandsaufklärung der Kläger sei aber erst durch den Tatbestand des Urteils des erkennenden Senats vom 18. Dezember 2008 erfolgt, der den Klägern erst mit Schreiben des erkennenden Senats vom 19. Januar 2009 zugereicht worden sei. Erst danach hätten die Kläger den zugrundeliegenden Tatbestand und die Nichtigkeit der städtebaulichen Verträge vollständig zur Kenntnis nehmen und rechtlich werten können.

Nachdem die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Senats vom 18. Dezember 2008 (Az. 4 BV 07.3067) mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. Juni 2009 (Az. 4 B 20.09) zurückgewiesen worden war und auch die hiergegen erhobene Anhörungsrüge und Gegenvorstellung der Beklagten keinen Erfolg hatte (Beschluss des BVerwG v. 4.8.2009 Az. 4 B 45.09), teilte der Senat den Beteiligten unter dem 21. Juli 2009 mit, er halte an seiner Absicht fest, nach § 130 a VwGO durch Beschluss zu entscheiden.

In seiner abschließenden Stellungnahme führte der Bevollmächtigte der Kläger weiter aus, der von diesen geltend gemachte Rückzahlungsanspruch aus dem nichtigen städtebaulichen Vertrag vom 29. Juli 1999 stütze sich auf einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch. Dieser unterliege den Verjährungsvorschriften des BGB (Art. 62 Satz 2 VwVwfG) und nicht den Erlöschensvorschriften des Art. 71 Abs. 1 AGBGB. Die Kläger hätten erst mit dem Urteil vom 18. Dezember 2008 Kenntnis von den "anspruchsbegründenden Tatsachen" erhalten.

Auch die Bevollmächtigten der Beklagten äußerten sich abschließend. Der Anspruch der Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs würde durch eine Entscheidung nach § 130a VwGO verletzt, da über die Beweisanträge der Beklagten in diesem Falle nicht nach § 86 Abs. 2 VwGO entschieden werden würde. Ausführlich führten die Bevollmächtigten der Beklagten nochmals unter Beweisantritt aus, dass es der Beklagten nicht um die Verbesserung des Straßennetzes als solche gegangen sei, sondern nur und ausschließlich um den Bau des Zubringers zu dem Zweck, dass die Errichtung neuer Bauvorhaben und Nutzungsvorhaben im Gewerbegebiet rechtlich und tatsächlich möglich gemacht würde. Der Vorteil, den die Neunutzer von der Errichtung des Autobahnzubringers hätten, und den die Altnutzer eben gerade nicht hätten, liege nicht in irgendwelchen prognostizierten Verkehrsströmen, sondern darin, dass durch den Zubringer die Voraussetzung für die Bebaubarkeit und Nutzbarkeit der Grundstücke der Neunutzer erst geschaffen worden sei.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat kann nach entsprechender Anhörung der Beteiligten gemäß § 130a VwGO über die Berufung durch Beschluss entscheiden, da er sie einstimmig nur hinsichtlich des geltend gemachten Erstattungsanspruches in Höhe von 67.069 Euro für begründet (s. unter 1.), im Übrigen jedoch für unbegründet hält (s. unter 3.). Eine mündliche Verhandlung ist nicht erforderlich, weil der erkennende Senat die hier inmitten stehenden Rechtsfragen hinsichtlich der Nichtigkeit der städtebaulichen Verträge bereits im - rechtskräftigen - Urteil vom 18. Dezember 2008 (Az. 4 BV 07.3067), das den Beteiligten vorliegt, beantwortet hat und eine mündliche Verhandlung auch im Hinblick auf die schriftsätzlich formulierten Beweisanregungen der Beklagten nicht erforderlich ist (s. unter 2.). Die daran anschließende Frage, inwieweit der Erstattungsanspruch der Kläger gemäß Art. 71 AGBGB erloschen ist, stellt eine reine Rechtsfrage dar, für deren Beantwortung eine mündliche Verhandlung ebenfalls nicht erforderlich ist.

1. Die zwischen den Parteien geschlossenen städtebaulichen Verträge vom 29. Juli 1999, 17./18. Februar 2003 sowie vom 6. August 2003 sind nichtig, weil es zum einen an der erforderlichen Kausalität zwischen den Änderungs- und Erweiterungsvorhaben der Kläger und der vertraglich auferlegten Kostenbeteiligung an der Straßenbaumaßnahme fehlt und zum anderen der Kostenbeitrag der Kläger gegen das Angemessenheitsgebot und den Gleichbehandlungsgrundsatz verstößt.

Der Senat hält an seiner im zwischenzeitlich rechtskräftigen Urteil vom 18. Dezember 2008 dargelegten Rechtsauffassung vollumfänglich fest.

Wiederholend sei nochmals ausgeführt, dass es sich bei den Kosten für den Bau der Verbindungsstraße zwischen dem Gewerbegebiet "Eching-Ost" und dessen Anbindung an die BAB A 92 zwar um Aufwendungen für eine städtebauliche Maßnahme im Sinne von § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BauGB handelt, die Gegenstand eines städtebaulichen Vertrages sein können. Die Kosten dieser städtebaulichen Maßnahme können aber nur dann auf Private überwälzt werden, wenn die städtebauliche Maßnahme "Voraussetzung oder Folge" für das von dem Privaten geplante Bauvorhaben ist. Mit diesem in § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BauGB ausdrücklich geregelten Erfordernis knüpft die Regelung an Art. 56 Abs. 1 Satz 1 und 2 BayVwVfG an, wonach die Gegenleistung für einen bestimmten Zweck vereinbart und als Ausprägung des sog. Koppelungsverbots in einem sachlichen Zusammenhang mit der vertraglichen Leistung der Gemeinde stehen muss (Krautzberger in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, RdNr. 164 zu § 11). Voraussetzung für die Wirksamkeit eines Folgekostenvertrages ist daher, dass die Gemeinde die kausale Verknüpfung zwischen dem Vorhaben und den ihr entstehenden Kosten für die Herstellung der der Allgemeinheit dienenden Einrichtungen belegen kann. Nicht zulässig sind beispielsweise die Deckung eines Nachholbedarfs für bereits zuvor verwirklichte Planungen (vgl. BVerwG v. 29.1.2009 Az. 4 C 15/07 in juris, RdNr.31).

Die vom Gesetzgeber geforderte Kausalität ist vorliegend nicht gegeben. Dazu hat der Senat in seinem Urteil vom 18. Dezember 2008 festgestellt:

"a) Mit der Straßenbaumaßnahme verfolgte die Beklagte zwei Ziele: Zum einen sollten die im Laufe der Zeit angewachsenen erheblichen Verkehrsprobleme im Gewerbegebiet Eching-Ost beseitigt werden; insoweit handelt es sich also um eine Reaktion auf bereits entstandenen Bedarf an einer Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur. Zudem sollte die Verwirklichung neuer gewerblicher Bauvorhaben ermöglicht werden. Diese zweifache Zielrichtung ergibt sich eindeutig aus der Aufgabenbeschreibung für das von der Beklagten eingeholte Verkehrsgutachten vom 2.12.1996. Danach sollte mit der Untersuchung "die Frage beantwortet werden, ob die zusätzliche Anbindung an die A 92 und eine darauf abgestimmte innere Erschließung des Gewerbegebietes die bestehende Situation an der Einmündung Liebigstraße/Dieselstraße sowie vor allem die Anschlussstelle Eching an der A 9 deutlich entlasten kann". Das Gutachten hebt einleitend hervor, dass die Gemeinde "wegen der z.T. schwierigen Verkehrssituation im Gewerbegebiet Eching-Ost sowie der bisher erst zur Hälfte ausgenutzten Bebauungskapazität des Gewerbegebiets" plant, das Gewerbegebiet zusätzlich direkt von der A 92 aus zu erschließen. Dass mit dem neuen Anschluss an die A 92 primär auf die bereits bestehende Überlastungssituation reagiert werden sollte, ergibt sich eindeutig aus dem Vergleich der Ausführungen des Gutachters zum erwarteten Verkehrsaufkommen durch die vorhandene Nutzung im Gewerbegebiet Eching-Ost (Gutachten unter Nr. 4.1. und Plan 3) mit dem prognostizierten Verkehrsaufkommen bei voller Ausschöpfung des noch nicht genutzten Baurechts (Gutachten unter Nr. 4.2 und Plan 4). Hiernach ergibt sich für den ersten Fall, also allein bezogen auf den bereits im Jahr 1996 (!) bestehenden Zustand, ein erwartetes Verkehrsaufkommen auf dem geplanten neuen Autobahnzubringer von 12.300 Fahrzeugen pro Tag und bei voller Ausnutzung des Baurechts im fraglichen Bereich ein Verkehrsaufkommen von 16.500 Fahrzeugen pro Tag. Dies zeigt deutlich, dass das Verkehrsaufkommen auf dem geplanten Zubringer nach der damaligen Prognose ganz überwiegend, nämlich zu knapp 3/4 von den bereits ansässigen Gewerbebetrieben verursacht wird und sich die Steigerung bei voller Ausnutzung des Baurechts auf "nur" 4.200 Fahrzeuge pro Tag beläuft. Angesichts dieser zahlenmäßigen Verteilung besteht kein objektiver Anhaltspunkt dafür, dass der neue Autobahnzubringer primär deshalb gebaut wurde, um die von den "Neunutzern" ausgelöste künftige Verkehrsbelastung auffangen zu können (so Schriftsatz der Beklagten vom 28.11.2008). Tatsächlich sollte mit der städtebaulichen Maßnahme jedenfalls in einem nicht unerheblichen Umfang die bereits bestehende Überlastung des innerörtlichen Straßennetzes mit den offensichtlichen negativen Auswirkungen auf die A 9 - teilweise beachtlicher Rückstau auf die Autobahn im Bereich der Anschlussstelle Eching - beseitigt werden. Auf die hierauf bezogene Darstellung im Normenkontrollurteil vom 23.8.2002 wird verwiesen (UA S. 6 f.).

Dass dabei zugleich auch die künftige Entwicklung bei Ausnutzung des noch nicht ausgeschöpften Baurechts berücksichtigt wurde, entspricht zwar dem Gebot sachgerechter Planung, kann aber nicht einen für die Kostenüberwälzung erforderlichen unmittelbaren Zurechnungszusammenhang begründen. Unter Nr. 3 seines Gutachtens trifft der Gutachter die Feststellung, dass bei der bereits im Jahr 1996 bestehenden Überlastung der Anschlussstelle Eching an der A 9 keine weitere Nutzungsverdichtung im Gewerbegebiet Eching-Ost zugelassen werden könne und diese nur bei einem zusätzlichen Anschluss an die A 92 möglich sei (Gutachten unter Nr. 3 am Ende); diese Feststellung hat sich die Beklagte im Rahmen ihres insoweit bestehenden Einschätzungsspielraums zueigen gemacht. Insoweit kann der Ausbau des Straßennetzes als Voraussetzung für die Zulässigkeit des klägerischen Vorhabens betrachtet werden. Der Autobahnzubringer an die A 92 ist indes nicht teilbar (siehe dazu Quaas/Kukk in Schrödter, BauGB, 7. Aufl. 2006, RdNr. 32 zu § 11). Die bereits verwirklichte Straßenbaumaßnahme kann damit nicht in einem feststellbaren Umfang dem Bebauungsplan, der die Voraussetzung für das Bauvorhaben der Firma S. schaffen soll, konkret und real zugeordnet werden. Dies führt zur Nichtigkeit des städtebaulichen Vertrages (Art. 59 Abs. 2 Nr. 4 BayVwVfG).

b) Die vertragliche Überwälzung der Kosten für den Autobahnzubringer allein auf die Klägerin und die übrigen Neunutzer widerspricht zugleich dem Angemessenheitsgebot und dem Gleichbehandlungsgrundsatz.

Nach § 11 Abs. 2 Satz 1 BauGB, Art. 56 Abs. 1 Satz 2 BayVwVfG müssen die vereinbarten Leistungen den gesamten Umständen nach angemessen sein. Das Gebot der Angemessenheit verlangt, dass bei wirtschaftlicher Betrachtung des Gesamtvorgangs die Gegenleistung des Vertragspartners der Behörde nicht außer Verhältnis zum wirtschaftlichen Wert der von der Behörde zu erbringenden Leistung stehen darf und dass auch sonst keine Anhaltspunkte dafür gegeben sind, dass die Gegenleistung eine unzumutbare Belastung bedeutet (BVerwG vom 25.11.2005, a.a.O., Rz. 22; BVerwG vom 6.7.1973, a.a.O., S. 345). Das Angemessenheitsgebot umfasst hiernach objektive und subjektive Gesichtspunkte (vgl. Löhr in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 10. Aufl. 2007, RdNr. 21 zu § 11; Quaas, NVwZ 1995, 840/844; Krautzberger, a.a.O., RdNr. 167 zu § 11). Objektiv angemessen sind Maßnahmen und deren Kosten, wenn sie kausal auf das Vorhaben zurückzuführen sind.

Zur Beurteilung der Angemessenheit verweist der Gesetzgeber auf die gesamten Umstände des Einzelfalles. Hierzu zählt insbesondere die Bewertung, ob die städtebauliche Maßnahme etwa nur dem geplanten Vorhaben des Bauwilligen oder auch anderen zukünftigen Bauvorhaben zugute kommt oder ob zugleich durch die bereits verwirklichte Infrastrukturmaßnahme die bestehenden Gewerbebetriebe begünstigt werden (vgl. Oerder, BauR 1998, 22/33). Wie bereits dargelegt, wurde mit der Verbesserung des Straßennetzes ein zweifacher Zweck verfolgt. Alt- und Neunutzer sollten durch die städtebauliche Maßnahme gleichermaßen begünstigt werden. Objektiv angemessen wäre es daher gewesen, Alt- und Neunutzer einheitlich zu den Kosten für die weitere Erschließungsmaßnahme heranzuziehen, denn die städtebauliche Maßnahme war nicht in dem Sinne teilbar, dass sie anteilig einer bestimmten Nutzergruppe zugeordnet werden könnte (Birk, Städtebauliche Verträge, 4. Aufl. 2002, RdNrn. 522 f.; Neuhausen in Brügelmann, BauGB, RdNr. 42 zu § 11). Da die anteilige Überwälzung der angefallenen Kosten auf die bereits ansässigen Gewerbebetriebe ohne Expansionsinteresse oder -möglichkeit rechtlich nicht möglich war, hat sich die Beklagte dafür entschieden, zu den Aufwendungen für die Straßenbaumaßnahmen nur die Neunutzer heranzuziehen. Diese Verteilungsentscheidung ist im Ansatzpunkt fehlerhaft und mit dem Gleichbehandlungsgebot nicht vereinbar. Die Unteilbarkeit der städtebaulichen Maßnahme steht der Heranziehung nur einer Nutzergruppe entgegen.

Selbst im Fall einer - unterstellten - Teilbarkeit wäre im Übrigen ihre Heranziehung nur dann unschädlich, wenn die Gemeinde eindeutig nachvollziehbar den auf die Alt- und Neunutzer jeweils entfallenen Anteil nebst einem etwaigen Eigenbehalt für das Allgemeininteresse aufgelistet und bei den Neunutzern den auf sie entfallenden Anteil entsprechend dem Verteilungsschlüssel nach § 7 StV umgelegt hätte. Aber auch daran fehlt es.

Eine anteilsmäßige Festlegung muss zwar nicht in der Vertragsurkunde selbst geregelt sein, sondern kann auch in sonstigen Unterlagen, die im sachlichen Zusammenhang mit der vertraglichen Vereinbarung stehen, vorgenommen werden (Neuhausen, a.a.O., RdNr. 42 zu § 11). Indes konnte die Beklagte eine solche Unterlage nicht vorlegen. Die Beklagte hat lediglich allgemeine Angaben zur Finanzierung des Autobahnzubringers, zur vorläufigen Höhe der Gesamtaufwendungen, zur Höhe der Einnahmen über städtebauliche Verträge und zur (vorläufigen) Tragung eines Gemeindeanteils gemacht; dem Gemeindeanteil in Höhe von ca. 13,1 Mio. DM stehen ca. 22,7 Mio. DM aus städtebaulichen Verträgen gegenüber (Schriftsatz vom 13.3.2007). Diese sehr allgemeinen Angaben sind nicht geeignet, die notwendige anteilige Auflistung nach Gemeindeanteil, Anteil für Altnutzer und Anteil für Neunutzer nachvollziehbar zu machen (zur Notwendigkeit klarer Zuordnung bei mehreren Begünstigten siehe Birk, RdNr. 513). Bei städtebaulichen Maßnahmen, die der Erschließung im weiteren Sinne dienen, ist ein gemeindlicher Mindestbehalt für das Allgemeininteresse gesetzlich nicht vorgeschrieben und die Gemeinde könnte daher grundsätzlich alle damit zusammenhängenden Aufwendungen auf die durch die städtebauliche Maßnahme begünstigten Privaten abwälzen. Selbst wenn man zu Gunsten der Beklagten davon ausgehen wollte, der von ihr getragene Anteil (vorläufig ca.13,1 Mio. DM) stelle die Übernahme des auf die Altnutzer entfallenden Anteils dar, ergäbe sich bei einem unterstellten gleichen Vorteil für Alt- und Neunutzer ein Missverhältnis zu Lasten der Neunutzer (ca. 13,1 Mio. DM zu ca. 22,7 Mio. DM). Dies gilt erst recht, wenn man darauf abstellt, dass gemessen an den prognostizierten Verkehrsströmen die Altnutzer zu 3/4 begünstigt werden.

Daher ist der auf die Neunutzer entfallende Anteil und darauf basierend der Anteil der Klägerin objektiv unangemessen und stellt zugleich eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes dar (vgl. Birk, a.a.O., RdNr. 522 f.). Die objektive Unangemessenheit kann auch nicht dadurch beseitigt werden, dass die Klägerin ihren Kostenbeitrag in § 6 StV als angemessen anerkannt hat (sog. Angstklausel), da die subjektive Beurteilung der Vertragsparteien eine objektiv bestehende Unausgewogenheit nicht beseitigen kann (Krautzberger, a.a.O., RdNr. 167 zu § 11). Der Verstoß gegen das Gebot der Angemessenheit nach § 11 Abs. 2 Satz 1 BauGB, Art. 56 Abs. 2 Satz 2 BayVwVfG führt gemäß Art. 59 Abs. 2 Nr. 4 BayVwVfG ebenfalls zur Nichtigkeit des städtebaulichen Vertrages".

An dieser Rechtsauffassung hält der Senat vollumfänglich fest. Mit der Berufungserwiderung zeigt die Beklagte keine Gesichtspunkte auf, die zu einer anderen Beurteilung führen würde. Insbesondere ist der Einwand der Beklagten, die vom Senat in Bezug genommenen Ausführungen von Birk (in "Städtebauliche Verträge", 4. Aufl. RdNr. 522) zu den Anforderungen an die Kausalität für schon entstandene Kosten könnten auf den vorliegenden Fall nicht angewendet werden, nicht zutreffend. Die vorliegende Situation ist durchaus in den entscheidenden Punkten mit der von Birk in seinem Beispielsfall 2 geschilderten vergleichbar:

Zwar datiert der erste Vertrag zwischen den Klägern und der Beklagten vor dem Bau bzw. der Fertigstellung des Zubringers. Für die weiteren, zeitlich später abgeschlossenen Verträge gilt das jedoch bereits nicht mehr. Darauf kommt es aber aus Sicht des Senats nicht an, da das Gesetz selbst festlegt, dass auch Kosten weitergegeben werden können, die schon entstanden sind. Die vertragliche Weitergabe der Kosten an die Nutzer des später ausgewiesenen Baugebietes scheiterte daher im Beispielsfall 2 bei Birk nicht daran, dass die gemeindliche Einrichtung bereits vor Ausweisung des weiteren Baugebietes fertiggestellt war, sondern an der fehlenden Angemessenheit und einem Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, da die Eigentümer des ersten Baugebietes mit den Kosten dieser Infrastruktureinrichtung nicht belastet wurden, obwohl sie davon in gleicher Weise wie die Eigentümer des weiteren Baugebietes begünstigt wurden.

Ebenso liegt der Fall hier: Obwohl der neue Zubringer objektiv gesehen sowohl die Alt- als auch die Neunutzer begünstigt, hat die Beklagte nur letztere mit den Kosten für dessen Errichtung belastet. Der vom Bevollmächtigten der Beklagten hervorgehobene Umstand, dass der Bau des Zubringers unabdingbare Voraussetzung für die Schaffung weiterer baulicher Nutzungsrechte war, mag für die Frage von Bedeutung sein, in welchem Verhältnis die zu refinanzierenden Kosten auf die Gruppen der Begünstigten aufzuteilen wären. Er kann aber unter dem Gesichtspunkt der Angemessenheit und unter Beachtung des Gleichheitsgebotes nicht dazu führen, ausschließlich die Neunutzer zu den Kosten der Errichtung des Zubringers heranzuziehen.

2. Die Anhörung der seitens der Beklagten angebotenen Zeugen Dr. *****, Herrn **********, Herrn ******** sowie Prof. Dr. ****** zu der Behauptung, die Beklagte habe niemals die Absicht gehabt, den Zubringer zur Bewältigung der schon bestehenden Belastungen durch den von den Altnutzern veranlassten Verkehr zu bauen, sondern nur zur Ausnutzung der Kapazitätsreserve des Gewerbegebietes "Eching-Ost" durch künftige Vorhaben, ist nicht erforderlich. Entgegen der Auffassung des Beklagtenbevollmächtigten kommt es für die Frage, ob die Folgekosten, die durch Vertrag auf Private überwälzt werden dürfen, von einem bestimmten Bauvorhaben ausgelöst wurden, auf die jeweiligen objektiven Gegebenheiten und nicht auf die subjektive Zielrichtung der Beklagten an. Entscheidend kann daher nicht sein, ob die Beklagte den Zubringer allein zur Beseitigung der auch ohne neue Nutzer bereits bestehenden Verkehrsprobleme gebaut hätte oder nicht. Dass die Beklagte die Altnutzer aus Rechtsgründen finanziell nicht an der Maßnahme beteiligen konnte, rechtfertigt es nicht, unter Außerachtlassung der bestehenden Verkehrsprobleme den Entschluss zu fassen, einen neuen Zubringer "nur" für sog. Neunutzer zu bauen. Sonst hätte es eine Gemeinde in der Hand, nach Belieben aufgrund ihres "inneren Willens" zu bestimmen, wen sie zu einem finanziellen Beitrag zu Infrastruktureinrichtungen heranziehen kann. Ein Abstellen auf eine "Absicht" des Hoheitsträgers würde der Willkür Tür und Tor öffnen. Entscheidend kann vielmehr nur sein, dass objektiv gesehen ein Bedarf an einer Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur bestanden hatte, da die Beklagte der Planung des Gewerbegebietes "Eching-Ost" von Anfang an eine offensichtlich völlig unterdimensionierte straßenmäßige Erschließung zugrundegelegt hatte, und der Bau des weiteren Zubringers daher objektiv gesehen sowohl von den Altnutzern als auch den (potentiellen) Neunutzern veranlasst worden ist.

Dass dies der Fall war, ergibt sich auch ganz eindeutig aus den Aussagen der Beklagten selbst, die vorgetragen hatte, spätestens 1995/1996 seien die Verkehrsverhältnisse im Gewerbegebiet "Eching-Ost" unerträglich und durch Überlastung unzumutbar geworden (s. Schriftsatz vom 24.3.2006). Der Senat verkennt nicht, dass eine solche Überlastung der bestehenden Verkehrswege die Genehmigung weiterer Vorhaben im Gewerbegebiet wohl nicht zugelassen hätte. Insofern ist der Beklagten einzuräumen, dass die Baukosten durchaus - auch - den Neunutzern zuzurechnen sind. Allerdings räumt die Beklagte selbst ein, die Verkehrssituation habe auch ohne Neunutzer die Grenze der Belastbarkeit erreicht und zum Teil bereits überschritten (s. Schriftsatz vom 14.10.1997). Die Behauptung der Beklagten, der von den Altnutzern verursachte Verkehr sei für die Entscheidung zum Bau des Zubringers in keiner Weise kausal gewesen, ist daher gerade auch unter Berücksichtigung ihres eigenen früheren Vorbringens nicht nachvollziehbar und verkennt erneut, dass die vom Gesetzgeber geforderte Kausalität zwischen dem Vorhaben (der Neunutzer) und der vertraglich auferlegten Kostenbeteiligung der Kläger an den Straßenbaumaßnahmen nicht vom inneren Willen oder der Absicht der Beklagten abhängt, sondern von objektiven Kriterien. Die Frage der "wertenden Zurechnung" der Folgekostenmaßnahme zum einzelnen Vorhaben ist anhand objektiver Kriterien zu beantworten und nicht anhand des - inneren - Willens der Behörde. Denn dieser ändert nichts daran, dass mit dem Bau des weiteren Autobahnzubringers objektiv gesehen in nicht unerheblicher Weise auch die bereits bestehende Überlastung des innerörtlichen Straßennetzes sowie der teilweise beachtliche Rückstau auf die A 9 im Bereich der Anschlussstelle Eching beseitigt wurden.

Die Einvernahme der Zeugen Dr. *****, Herrn **********, Herrn ******** und Prof. Dr. ****** zum Beweis der Behauptung, die Beklagte habe den Zubringer nicht bauen wollen, um den von den Altnutzern veranlassten Verkehr zu bewältigen, ist darüber hinaus auch aus dem Grund unbehelflich, weil diese die Rechtsauffassung des Senats von der nicht möglichen Teilbarkeit der Maßnahme nicht erschüttern kann. Die Beweisanregung ziel insoweit nicht auf Tatsachen, sondern auf eine rechtliche Bewertung ab, die einer Beweiserhebung nicht zugänglich ist.

Die Behauptung der Beklagten, der Zuschuss des Freistaates Bayern zu den Errichtungskosten sei der staatliche Beitrag zur Lösung der bereits 1996 bestehenden Verkehrsprobleme, kann als wahr unterstellt werden. Daraus kann aber nicht geschlossen werden, dass dieser Zuschuss (allein) den Altnutzern "gutgeschrieben" werden müßte, denn die Lösung der bereits bestehenden erheblichen Verkehrsprobleme bringt offensichtlich neben diesen auch den Neunutzern Vorteile: wie das Gutachten von Prof. Dr. ****** ergeben hat, wäre eine Verdichtung im Gewerbegebiet "Eching-Ost" ohne Lösung dieser Verkehrsprobleme durch eine weitere Autobahnanbindung nicht möglich gewesen. Aus diesem Grund können die von der öffentlichen Hand getragenen Kosten gerade nicht allein den sog. Altnutzern "gutgeschrieben" werden; angesichts dessen, dass beide Nutzergruppen von der Maßnahme Vorteile hatten, verbietet sich die Zuordnung der von der öffentlichen Hand getragenen Kosten zu einer der beiden Gruppen.

Das Vorbringen der Beklagten bekräftigt nur nochmals, dass der Bau des Zubringers objektiv gesehen nicht ausschließlich der Verwirklichung neuer gewerblicher Bauvorhaben diente, sondern eben auch der Lösung der im Laufe der Zeit angewachsenen erheblichen Verkehrsprobleme.

Soweit die Beklagte einwendet, im Jahre 1998 habe ihr zwangsläufig nur eine grobe Kostenschätzung vorgelegen, so dass es zum damaligen Zeitpunkt unmöglich gewesen sei, die Kosten genauer zu beziffern, räumt dies den Vorhalt des Senats, die Beklagte habe den auf die Alt- und Neunutzer sowie die Allgemeinheit jeweils entfallenden Anteil nicht eindeutig nachvollziehbar aufgelistet, nicht aus. Hierfür ist es gerade nicht ausreichend, dass die Beklagte - wie geschehen - allgemeine Angaben zur Finanzierung des Autobahnzubringers macht. Vielmehr wären klare Angaben dazu erforderlich, in welcher Weise die Kosten vorteilsgerecht verteilt werden sollen, das heißt es wäre darzustellen, wem welcher Vorteil durch die Maßnahme erwachsen und wie dieser bewertet wird. Diese Angaben sind nicht von der Kenntnis davon abhängig, wie hoch die Herstellungskosten letztendlich sein werden.

Dass die Neunutzer im Vergleich untereinander streng nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz behandelt werden sollten, braucht ebenfalls nicht durch Zeugenaussagen belegt zu werden. Das wurde nicht bestritten und kann ebenfalls als wahr unterstellt werden. Auch die übrigen, im Schriftsatz vom 6. Februar 2009 angebotenen Zeugenbeweise berühren in keiner Weise die Kernthese von der Unteilbarkeit der Maßnahme. Diese Kernthese des Senats wird auch nicht durch die weiteren Ausführungen der Beklagten in Frage gestellt.

Nach alledem war die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zum Zwecke einer Beweisaufnahme nicht erforderlich.

3. Aufgrund der Nichtigkeit der zwischen den Parteien geschlossenen städtebaulichen Verträge haben die Kläger dem Grunde nach einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch hinsichtlich der ohne Rechtsgrund geleisteten Zahlungen. Allerdings ist der auf Rückzahlung gerichtete Anspruch der Kläger in Höhe von 413.778,29 Euro gemäß Art. 71 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AGBGB erloschen, so dass die Berufung insoweit zurückzuweisen war.

3.1 Die Erlöschensregelung des Art. 71 Abs. 1 AGBGB ist auf den vorliegenden Fall anzuwenden. Nach dieser Vorschrift erlöschen die auf eine Geldzahlung gerichteten öffentlich-rechtlichen Ansprüche gegen eine bayerische Gemeinde, soweit nichts anderes bestimmt ist, in drei Jahren. Bei den streitgegenständlichen Erstattungsansprüchen handelt es sich um solche öffentlich-rechtlichen Ansprüche, da sie einem Rechtsverhältnis des öffentlichen Rechts entspringen. Sie haben ihre Grundlage in der Nichtigkeit der dem öffentlichen Recht zuzuordnenden städtebaulichen Verträge zwischen den Parteien, in denen sich die Kläger zur Zahlung von Geldleistungen zur Finanzierung der Straßenbaumaßnahme sowie zur Übernahme der der Beklagten insoweit entstandenen Anwaltskosten für den Fall verpflichtet hatten, dass die Beklagte den Bebauungsplan Nr. 3 ändert und zusätzliche Grundstücksflächen als Sondergebiet für Einzelhandelsgroßprojekte Möbelmarkt ausweist bzw. Ausnahmen von den textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 3 erteilt. Ist die Leistung damit dem öffentlichen Recht zuzuordnen, ist auch deren Rückforderung als öffentlich-rechtlich einzustufen (vgl. auch Palandt, BGB, 67. Auflage 2008, Einführung vor § 812, RdNr. 22; Rennert in Eyermann, VwGO, 12. Auflage 2006, RdNr. 77 zu § 40; BVerwG v. 16.5.2000, BVerwGE 111/162/164).

3.2 Die 3-jährige Erlöschensfrist nach Art. 71 Abs. 1 AGBGB beginnt mit dem Schluss des Kalenderjahres, in dem der Berechtigte von den anspruchsbegründenden Tatsachen und der Person des Verpflichteten Kenntnis erlangt. Nur die Kenntnis dieser Umstände ist für den Fristbeginn entscheidend, hingegen kommt es auf die Einschätzung der Rechtslage durch den Berechtigten grundsätzlich nicht an (vgl. BayVGH v. 26.3.1980, BayVBl 1980, 660). Dies entspricht auch Sinn und Zweck der Erlöschensvorschrift. Wollte man nicht auf die Kenntnis von Tatsachen, sondern auf die Kenntnis der - richtigen - rechtlichen Beurteilung abstellen, so würde der Beginn des Erlöschens in einer Weise von den persönlichen Verhältnissen des Einzelfalles (z.B. Bildungsstand; Kenntnisse im öffentlichen Recht etc.) abhängig gemacht, die mit dem Gedanken der Rechtssicherheit - der dem Erlöschen ebenso wie der Verjährung zugrunde liegt - schlechterdings nicht zu vereinbaren wäre. Daher gehört die rechtliche Bewertung der dem geltend gemachten Erstattungsanspruch zugrundeliegenden Vorgänge nach ständiger Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs gerade nicht zu den anspruchsbegründenden Tatsachen im Sinne von Art. 71 Abs. 1 AGBGB (vgl. z.B. BayVGH v. 19.7.2005 Az. 4 ZB 04.3528; v. 17.8.2006 Az. 4 ZB 05.2771).

Aus dem Umstand, dass normative Schlussfolgerungen aus den "anspruchsbegründenden Tatsachen" ausgeblendet werden, folgt, dass das Risiko einer möglicherweise unrichtigen rechtlichen Beurteilung dieser Tatsachen zu Lasten des Berechtigten geht (so auch BFH v. 19.2.1971 Az. VI R 97/68 in juris RdNr. 18).

3.3 Die Anwendung dieser Grundsätze ergibt hier folgendes:

Anspruchsbegründende Tatsache im Sinne des Art. 71 Abs. 1 AGBGB ist hinsichtlich des Erstattungsanspruchs der Klägerin in Höhe von 413.778,29 Euro die Zahlung der letzten zur Erfüllung des Vertrages vom 29. Juli 1999 geleisteten Rate im August 2001. Denn nur diese kann als das Ereignis angesehen werden, das im Falle der Nichtigkeit des Vertrages einen Erstattungsanspruch begründet hat, nachdem es für den Beginn der Dreijahresfrist unerheblich ist, wann die Kläger die normativen Schlussfolgerungen aus den vorliegenden Umständen gezogen haben.

Soweit die Kläger vortragen lassen, sie hätten erst mit den Urteilen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 23. August 2002 und vom 18. Dezember 2008 Kenntnis der maßgebenden anspruchsbegründenden Tatsachen gehabt, verkennen sie zum einen, dass - wie oben ausgeführt - die rechtliche Bewertung der zu Grunde liegenden Vorgänge gerade nicht zu den anspruchsbegründenden Tatsachen im Sinne von Art. 71 Abs. 1 AGBGB gehört. Zum anderen hat die Entscheidung über die Frage der Wirksamkeit der 2. und 3. Änderung des Bebauungsplans Nr. 3 nichts mit der Wirksamkeit der streitgegenständlichen städtebaulichen Verträge zwischen den Klägern und der Beklagten zu tun. Auch das Urteil des Senats vom 18. Dezember 2008 in einem Parallelfall stellt keine "anspruchsbegründende Tatsache" für die Kläger dar. Einen Erstattungsanspruch der Kläger konnte dieses Urteil nicht begründen. Es erleichtert den Klägern lediglich die Rechtsverfolgung und zeigt, dass die Rechtsauffassung des Senats sich hinsichtlich der geltend gemachten Nichtigkeit der streitgegenständlichen städtebaulichen Verträge mit der der Kläger deckt. Eine "anspruchsbegründende Tatsache" ist das aber nicht.

Da das Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 71 Abs. 1 Satz 1 AGBGB von Amts wegen zu beachten ist, kommt es nicht darauf an, ob die Prozessbeteiligten darauf hinweisen (vgl. BayVGH v. 26.9.2005 Az. 14 B 02.3160). Liegen die Voraussetzungen des Art. 71 AGBGB vor, ist der Erstattungsanspruch mithin erloschen, kann eine Zahlungsklage insoweit keinen Erfolg haben.

Zwar ist auch gegenüber der Frist des Art. 71 Abs. 1 AGBGB der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung möglich. Dieser Einwand greift aber nur dann durch, wenn der Berechtigte nach dem Verlauf der Verhandlungen darauf vertrauen durfte, der Schuldner werde dem Anspruch nur sachliche Einwände entgegenhalten und sei mit einer Zurückstellung der gerichtlichen Geltendmachung einverstanden. Dies wird aber nur dann anzunehmen sein, wenn der Verpflichtete den Berechtigten durch sein Verhalten von der rechtzeitigen Klageerhebung abgehalten oder ihn - möglicherweise unbeabsichtigt - nach objektiven Maßstäben zu der Annahme veranlasst hat, es werde auch ohne Rechtsstreit eine vollständige Befriedigung seines Anspruchs zu erzielen sein. Davon kann vorliegend aber keine Rede sein.

Mit Zahlung der letzten Rate im August 2001 waren die Voraussetzungen des Art. 71 Abs. 1 AGBGB erfüllt. Daher begann die Verjährungsfrist mit Ende des Jahres 2001 und endete mit Ablauf von drei Jahren, also mit Ende des Jahres 2004. Eine Hemmung oder Unterbrechung der Erlöschensfrist ist nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich. Die Klage auf Rückzahlung dieses Betrages ist erst am 12. Januar 2006 beim Verwaltungsgericht München eingegangen. Somit war der Erstattungsanspruch der Kläger in Höhe von 413.778,29 Euro im Zeitpunkt der Klageerhebung bereits erloschen und die Klage insoweit mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

3.4 Die Klage auf Rückzahlung der in Erfüllung der Verträge vom 18./19. Februar 2003 sowie vom 6. August 2003 geleisteten Zahlungen in Höhe von insgesamt 67.769 Euro ist dagegen begründet. Insbesondere steht dem Erstattungsanspruch der Kläger nicht der in § 814 BGB enthaltene Rechtsgedanke entgegen, wonach das zum Zweck der Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete nicht zurückgefordert werden kann, wenn der Leistende gewusst hat, dass er zur Leistung nicht verpflichtet war (zur Anwendbarkeit des § 814 BGB auf den öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch s. BVerwG v. 20.3.2003 Az. 2 C 23/02 in juris RdNr. 27; OVG Lüneburg v. 10.7.2007 Az. 1 LC 200/05 in juris RdNr. 69 f.). Der Regelung liegt der Rechtsgedanke zugrunde, dass widersprüchliches Verhalten die Rückforderung ausschließen soll. Der Senat neigt der Rechtsauffassung zu, wonach die Gesetzesbindung der öffentlichen Verwaltung einer analogen Anwendung des § 814 BGB grundsätzlich nicht entgegenstehen dürfte, weil jedenfalls bei freiwilliger Leistung nicht ersichtlich ist, warum der Bürger davon profitieren soll, dass er sein widersprüchliches Verhalten gerade gegenüber der öffentlichen Verwaltung an den Tag legt. Vorliegend bedarf es keiner Vertiefung dieser Rechtsfrage, da bereits die tatbestandlichen Voraussetzungen nicht vorliegen. Der Rückgriff auf den Rechtsgedanken des § 814 BGB setzt nämlich voraus, dass der Leistende positive Kenntnis von der fehlenden Leistungsverpflichtung hatte, bloße Zweifel reichen nicht aus (vgl. BayVGH v. 18.12.2008, a.a.O., RdNrn. 68 m.w.N.). Zwar tragen die Kläger selbst vor, dass sie sich zum Vertragsabschluss durch die Beklagte "erpresst" gefühlt hätten, da sie davon ausgingen, einen Anspruch auf die "Gegenleistungen" der Beklagten zu haben und aus einer "wirtschaftlichen Zwangslage" heraus die Verträge abgeschlossen hätten. Eine positive Kenntnis von der Nichtigkeit der städtebaulichen Verträge ist damit aber noch nicht gegeben. Vielmehr hatten die Kläger lediglich "begründete Zweifel" an der Wirksamkeit der Verträge, so dass ihrem Rückerstattungsbegehren widersprüchliches Verhalten im Sinne des § 814 BGB nicht entgegengehalten werden kann.

3.5 Der Erstattungsanspruch der Kläger ist auch nicht nach dem Grundsatz von Treu und Glauben, der zu den allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsrechts zählt (BVerwG v. 16.5.2000 Az. 4 C 4/99 in juris RdNr. 31 m.w.N.), ausgeschlossen. Allein der Umstand, dass die Beklagte sowohl die Ausweitung des Sondergebietes SO 3 als auch die Zustimmung zur Erteilung der Ausnahmen vom Verkaufsverbot an Endverbraucher zwischenzeitlich erteilt hat, schließt das Erstattungsbegehren wegen der Unvereinbarkeit mit Treu und Glauben nicht aus. Dieser Grundsatz steht der einseitigen Rückabwicklung eines nichtigen Austauschvertrages nicht entgegen, vielmehr müssen besondere Umstände im Verhalten des Erstattungsberechtigten hinzutreten, um eine unzulässige Rechtsausübung zu begründen. Allein die Tatsache, dass die Kläger erst nach Realisierung ihrer Vorhaben die Rückabwicklung der Verträge betrieben haben, begründet kein treuwidriges Erstattungsverlangen (BVerwG v. 16.5.2000, a.a.O., RdNr. 37). Die Zahlung der Kläger diente auch dem Zweck, sich die mit dem städtebaulichen Vertrag verbundenen Vorteile zu sichern, um möglichst schnell die Vorhaben realisieren zu können; zugleich sollte eine Klage der Gemeinde auf Leistung des Kostenbeitrags vermieden werden. Vor diesem Hintergrund erweist sich das später rechtshängig gemachte Erstattungsbegehren nicht als unzulässige Rechtsausübung.

4. Der geltend gemachte Zinsanspruch ergibt sich aus § 291 Satz 1 BGB, der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren entsprechend anwendbar ist. Hiernach hat der Schuldner eine Geldschuld vom Zeitpunkt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen. Die Höhe des Zinsanspruchs folgt aus § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO, soweit die Berufung erfolgreich war, im Übrigen aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 Abs. 2, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da kein Zulassungsgrund nach § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Beschluss:

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 481,547 Euro festgesetzt (§ 52 Abs. 3, § 47 Abs. 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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