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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 08.07.2009
Aktenzeichen: 4 BV 08.1220
Rechtsgebiete: WAS des Zweckverbandes zur Wasserversorgung der Irlbachgruppe, TrinkwVO 2001, Richtlinie 80/778 EWG, Richtlinie 98/93 EG


Vorschriften:

WAS des Zweckverbandes zur Wasserversorgung der Irlbachgruppe § 5
WAS des Zweckverbandes zur Wasserversorgung der Irlbachgruppe § 7
TrinkwVO 2001 § 2
TrinkwVO 2001 § 3 Nr. 1
Richtlinie 80/778 EWG
Richtlinie 98/93 EG
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes

4 BV 08.1220

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Teilbefreiung vom Benutzungszwang;

hier: Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 16. April 2008,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 4. Senat, durch

die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgerichtshof Dr. Motyl, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Greve-Decker, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Wagner

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 8. Juli 2009

am 8. Juli 2009

folgendes Urteil:

Tenor:

I. Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 16. April 2008 wird der Beklagte verpflichtet, der Klägerin die beantragte Teilbefreiung des Grundstücks Flurnummer ****** der Gemarkung ********** vom Benutzungszwang für die Zwecke des Wäschewaschens zu erteilen. Der Bescheid des Beklagten vom 25. Oktober 2006 sowie der Widerspruchsbescheid des Landratsamtes Straubing-Bogen vom 25. Oktober 2007 werden aufgehoben, soweit sie dieser Verpflichtung entgegenstehen.

II. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Teilbefreiung ihres mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks FlNr. ****** Gemarkung ********** vom Benutzungszwang für die zentrale Wasserversorgungsanlage des Beklagten hinsichtlich des Brauchwassers zum Betrieb der Waschmaschine.

Mit Antrag vom 14. Juli 2006 zeigte die Klägerin gegenüber dem Beklagten an, dass sie eine Regenwassernutzungsanlage auf ihrem Grundstück betreibe, die entsprechend den technischen Vorschriften von der Trinkwasserversorgung getrennt sei. An diese Anlage sei das Gartenwasser, die Toilettenspülung sowie die Waschmaschine angeschlossen. Insoweit beantragte sie die Befreiung vom Benutzungszwang.

Mit Bescheid vom 25. Oktober 2006 gab der Beklagte diesem Antrag widerruflich und unter Auflagen insoweit statt, als der Klägerin gestattet wurde, das erforderliche Brauchwasser für die Gartenbewässerung und die Toilettenspülung aus der Regenwassernutzungsanlage zu entnehmen. Das gesamte Trinkwasser und sonstige Brauchwasser (auch zum Betrieb der Waschmaschine) sei aus der Anlage des Beklagten zu beziehen.

Ihren Widerspruch vom 7. November 2006 wies das Landratsamt Straubing-Bogen mit Bescheid vom 25. Oktober 2007 zurück.

Die hiergegen erhobene Klage vom 19. November 2007 hatte keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht Regensburg begründete die Abweisung der Klage im Wesentlichen damit, dass einem Anspruch auf Teilbefreiung von der Verpflichtung zur ausschließlichen Deckung des Wasserbedarfs aus der Einrichtung des Beklagten auch zum Wäschewaschen mit § 3 Nr. 1 Trinkwasserverordnung 2001 (TrinkwVO) eine "andere Rechtsvorschrift" im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 Wasserabgabesatzung des Beklagten (WAS) entgegenstehe. Durch die Verschärfung der Trinkwasserverordnung aufgrund der Änderung vom 21. Mai 2001 sei die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs aus dem Jahr 1998 (Urteil vom 22.9.1998 Az. 23 B 97.2120) überholt, wonach Wasser für den Betrieb einer Waschmaschine keine Trinkwasserqualität haben müsse. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 3 Nr. 1 Buchst. a 3. Spiegelstrich TrinkwVO 2001 sei Trinkwasser insbesondere zur Reinigung von Gegenständen bestimmt, die bestimmungsgemäß nicht nur vorübergehend mit dem menschlichen Körper in Kontakt kämen. Daraus sei zu folgern, dass auch für die Waschmaschinenwäsche Trinkwasser zu verwenden sei. Dem stehe auch nicht die amtliche Begründung zu § 3 Nr. 1 TrinkwVO 2001 entgegen. Die darin zum Ausdruck kommenden Regelungsabsichten des Verordnungsgebers hätten im Verordnungswortlaut keinen Niederschlag gefunden und seien, da der Wortlaut der Bestimmung eindeutig und nicht auslegungsbedürftig sei, auch nicht etwa im Wege einer Auslegung in die Bestimmung "hineininterpretierbar".

Auch sei die Anwendbarkeit der Trinkwasserverordnung nicht aufgrund der Regelung in § 2 Abs. 2 TrinkwVO ausgeschlossen. Zwar würden Regenwassernutzungsanlagen grundsätzlich von dieser Vorschrift erfasst, jedoch nur soweit hieraus nicht Wasser für den menschlichen Gebrauch im Sinne von § 2 Abs. 1 und § 3 Nr. 1 TrinkwVO verwendet werde, wie es z.B. bei der Regenwassernutzung für die Gartenbewässerung der Fall sei. Da die Klägerin keinen Nachweis dafür erbracht habe, dass das Regenwasser, das sie zum Wäschewaschen benutzen wolle, der Trinkwasserverordnung 2001 entspreche, stünden deren Vorschriften und auch Gründe der Volksgesundheit einem Anspruch auf Beschränkung der Benutzungspflicht nach § 7 Abs. 1 Satz 2 WAS entgegen.

Mit der vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung verfolgt die Klägerin ihr Ziel weiter. Sie macht insbesondere geltend, die Trinkwasserverordnung wolle nur sicherstellen, dass in jedem Haushalt die Möglichkeit bestehe, Wäsche mit Trinkwasser zu waschen. Jeder Bürger solle jedoch frei sein zu wählen, woher er sein Wasser dafür nehmen möchte.

Die Klägerin weist ausdrücklich darauf hin, dass nach dazu durchgeführten Untersuchungen die Trocknung der Wäschestücke zu einer erheblichen Reduktion möglicher Keime an der Wäsche führe, so dass getrocknete Wäschestücke, die mit Regenwasser gewaschen worden seien, die gleichen - geringen - Keimzahlen aufwiesen, wie die mit Trinkwasser gewaschenen Wäschestücke. Damit sei eine Gesundheitsgefährdung bei Verwendung von Regenwasser zum Wäschewaschen ausgeschlossen.

Der Zweck der Trinkwasserverordnung liege allein darin, sicherzustellen, dass dem Verbraucher seitens der Lieferanten einwandfreies Wasser zur Verfügung gestellt würde. Im Haus der Klägerin sei ein Wasseranschluss zum Waschen der Wäsche mit Trinkwasserqualität vorhanden. Ob sie dennoch Wasser aus der Regenwassernutzungsanlage dafür verwende, bleibe nach dem Willen des Verordnungsgebers ihrer eigenen Entscheidung und Verantwortung überlassen. Die Klägerin vertritt darüber hinaus die Ansicht, dass die Trinkwasserverordnung auf ihre Regenwassernutzungsanlage keine Anwendung finde, da ihr daneben für alle Zwecke des menschlichen Gebrauchs im Sinne von § 3 Nr. 1 TrinkwVO Wasser mit der durch die Verordnung geforderten Qualität zur Verfügung stehe.

Die Klägerin beantragt,

unter Aufhebung des verwaltungsgerichtlichen Urteils vom 16. April 2008 sowie des Bescheides des Beklagten vom 25. Oktober 2006 und des Widerspruchsbescheides des Landratsamts Straubing-Bogen vom 25. Oktober 2007 den Beklagten zu verpflichten, der Klägerin die beantragte Teilbefreiung des Grundstücks FlNr. ****** Gemarkung ********** vom Benutzungszwang für die Zwecke des Wäschewaschens zu erteilen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin habe keinen Anspruch auf die begehrte Teilbefreiung vom Benutzungszwang, da die Trinkwasserverordnung für das Wäschewaschen Wasser mit Trinkwasserqualität vorschreibe und die Regenwassernutzungsanlage der Klägerin dies nicht gewährleiste.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist begründet.

Die Klägerin hat einen Anspruch auf Beschränkung der Benutzungspflicht der öffentlichen Wasserversorgungseinrichtung für den Betrieb ihrer Waschmaschine. Die Versagung durch den Beklagten verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Berufung führt daher unter Abänderung des angefochtenen Urteils zur Stattgabe der Klage.

1. Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch ist § 7 der Wasserabgabesatzung (WAS) des Beklagten vom 31. August 2001. Danach wird auf Antrag die in § 5 Abs. 2 WAS grundsätzlich normierte Verpflichtung zur Deckung des gesamten Bedarfs an Wasser aus der öffentlichen Wasserversorgungseinrichtung des Beklagten auf einen bestimmten Verbrauchszweck oder Teilbedarf beschränkt, soweit das für die öffentliche Wasserversorgung wirtschaftlich zumutbar ist und nicht andere Rechtsvorschriften oder Gründe der Volksgesundheit entgegenstehen. Mit der Normierung dieses Beschränkungsanspruchs ist der Satzungsgeber seiner bundesrechtlichen Verpflichtung aus § 3 Abs. 1 i.V.m. § 35 AVBWasserV (Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser vom 20.6.1980 BGBl I S. 750, Ber. S. 1067) nachgekommen.

Dieser Anspruch auf Beschränkung der Benutzungspflicht dient der Herstellung eines schonenden Ausgleichs zwischen dem Interesse der Allgemeinheit an einer möglichst sicheren, kostengünstigen und zu weitgehend gleichen Bedingungen erfolgenden Wasserversorgung einerseits und den Individualinteressen der einzelnen Verbraucher an der Berücksichtigung ihrer jeweils besonderen Bedürfnisse und Wünsche andererseits (vgl. BayVGH vom 26. April 2007 Az. 4 BV 05.1037 in juris RdNr. 15 m.w.N.).

2. Die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 WAS - der als Anspruch und nicht etwa nur als Ermessensvorschrift ausgestaltet ist - sind vorliegend erfüllt.

Nachdem keine Anhaltspunkte für eine wirtschaftliche Unzumutbarkeit für die öffentliche Wasserversorgung durch die Erteilung der begehrten Befreiung geltend gemacht oder sonst ersichtlich sind, stellen sich im vorliegenden Fall allein die Fragen, ob "andere Rechtsvorschriften" der Befreiung entgegenstehen (siehe unter 2.1) oder ob hygienische Standards ersichtlich sind, die für den von der Klägerin beabsichtigten Verbrauchszwecks des Wäschewaschens die Nutzung von Trinkwasser erfordern (siehe 2.2).

2.1 Dem Anspruch der Klägerin auf Teilbefreiung zum Betrieb einer Waschmaschine mit Regenwasser stehen keine anderen Rechtsvorschriften entgegen. Insbesondere stellt die Trinkwasserverordnung 2001 entgegen der Ansicht des Beklagten keine solche Rechtsvorschrift dar. Sie enthält kein Verbot, eine Waschmaschine mit Regenwasser zu betreiben.

Die Trinkwasserverordnung 2001 dient der Umsetzung der Richtlinie 98/83 EG des Rates vom 3. November 1998 über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch. Durch diese Richtlinie wurde die Richtlinie 80/778/EWG des Rates vom 15. Juli 1980 über die Qualität von Trinkwasser für den menschlichen Gebrauch an den wissenschaftlichen und technischen Fortschritt angepasst. Diese - alte - EWG-Richtlinie legte angesichts der Bedeutung, die das für den menschlichen Gebrauch bestimmte Wasser für die Volksgesundheit hat, Qualitätsnormen fest, denen dieses Wasser entsprechen musste. Die Angleichung der unterschiedlichen bereits geltenden oder in Vorbereitung befindlichen Bestimmungen über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch in den einzelnen Mitgliedsstaaten wurde für erforderlich gehalten, um die Schaffung ungleicher Wettbewerbsbedingungen bei den Wasserversorgungsunternehmen zu verhindern, die sich unmittelbar negativ auf das Funktionieren des gemeinsamen Marktes auswirken würden.

Die Richtlinie 80/778/EWG diente damit vorwiegend der Angleichung der Rechtsvorschriften in der Gemeinschaft, um die Ziele auf dem Gebiet der Verbesserung der Lebensbedingungen, einer harmonischen Entwicklung des Wirtschaftslebens innerhalb der gesamten Gemeinschaft und einer beständigen und ausgewogenen Wirtschaftsausweitung zu verwirklichen. Damit steht fest, dass weder die Richtlinie 80/778/EWG noch die diese anpassende Richtlinie 98/83 EG darauf abzielen, den Wasserverbraucher in der Verwendung von Wasser zu reglementieren; vielmehr sollten damit im Gebiet der Union vor allem gleiche Wettbewerbsbedingungen für die Wasserversorgungsunternehmen auf gleich hohem Niveau geschaffen werden.

Die die Richtlinie 98/83 EG umsetzende Trinkwasserverordnung 2001 nimmt lediglich diese Zielrichtung auf; sie richtet sich nach Wortlaut und Begründung offensichtlich in erster Linie an die jeweiligen Versorgungsunternehmen bzw. sonstigen Inhaber von Anlagen, die Wasser an Dritte abgeben, und setzt Grenzwerte bzw. Anforderungen fest, die in der Praxis der Wasserversorgung eingehalten werden müssen. Damit soll sichergestellt werden, dass dem Verbraucher einwandfreies Wasser zur Verfügung gestellt wird, das für die unterschiedlichen Zwecke des menschlichen Gebrauchs ohne Bedenken verwendet werden kann (siehe Einzelbegründung zu § 1 TrinkwVO 2001, Bundesratsdrucksache 721/00).

Dagegen enthält die Trinkwasserverordnung 2001 entgegen der Ansicht des Beklagten kein Gebot an jeden einzelnen Bürger, zu bestimmten Zwecken ausschließlich Wasser bestimmter Qualität zu verwenden. Diese Auffassung lässt sich auch aus § 2 TrinkwVO 2001 ableiten, der den Anwendungsbereich der Verordnung regelt. Danach gilt sie nur dann auch für Anlagen, die Wasser nicht in Trinkwasserqualität liefern, wenn entweder kein Anschluss an eine Wasserversorgungsanlage nach § 3 Nr. 2 TrinkwVO besteht oder wenn die Verordnung auf sie ausdrücklich Bezug nimmt.

Nachdem das klägerische Grundstück vorliegend an die Wasserversorgung durch den Beklagten angeschlossen ist, findet die Trinkwasserverordnung auf die - zusätzlich dazu verwendete - Regenwassernutzungsanlage der Klägerin demnach nur dann Anwendung, wenn die Verordnung dies ausdrücklich bestimmt (wie das z.B. in § 13 Abs. 3 der Verordnung der Fall ist).

§ 3 TrinkwVO enthält eine solche Bestimmung nicht. Diese Vorschrift enthält lediglich Begriffsbestimmungen. Sie beschränkt sich auf die reine Definition der Begriffe "Wasser für den menschlichen Gebrauch" (Nr. 1), "Wasserversorgungsanlagen" (Nr. 2), "Hausinstallationen" (Nr. 3), "Gesundheitsamt" (Nr. 4) und "zuständige Behörde" (Nr. 5). Ge- oder Verbote gegenüber den Verbrauchern lassen sich aus dieser Vorschrift nicht ableiten.

Ein solches Verbot enthält erst § 4 Abs. 4 TrinkwVO; hier wird es dem Unternehmer und dem sonstigen Inhaber einer Wasserversorgungsanlage untersagt, Wasser, das nicht den in der Verordnung normierten Anforderungen entspricht, als Wasser für den menschlichen Gebrauch abzugeben und anderen zur Verfügung zu stellen. Die Vorschrift ist jedoch nicht geeignet, im vorliegenden Fall den Anspruch der Klägerin auf Teilbefreiung vom Benutzungszwang in Frage zu stellen. Zwar ist die Klägerin "sonstige Inhaberin einer Wasserversorgungsanlage" im Sinne von § 4 Abs. 2 TrinkwVO, da die Regenwassernutzungsanlage unter § 3 Nr. 2b TrinkwVO zu subsumieren ist; da die Klägerin das Wasser jedoch nicht abgeben oder anderen zur Verfügung stellen will, verbietet ihr die Vorschrift des § 4 Abs. 2 TrinkwVO nicht, das Wasser aus der Regenwassernutzungsanlage für ihre Maschinenwäsche zu nutzen.

Dieses Ergebnis wird auch durch Folgendes gestützt: Die Richtlinie 98/83 EG, die zu der Anpassung durch die Trinkwasserverordnung 2001 geführt hat, gibt den Mitgliedstaaten lediglich vor, dass die in Anhang I der Richtlinie vorgesehenen Parameterwerte an dem Punkt einzuhalten sind, an dem Wasser für den menschlichen Gebrauch dem jeweiligen Abnehmer zur Verfügung gestellt wird. In der Begründung der Richtlinie weist der Rat weiter darauf hin, dass die Verantwortung für die Hausinstallation und deren Instandhaltung, von deren Zustand die Wasserqualität maßgeblich beeinflusst werden kann, nicht mehr in den Verantwortungsbereich der Mitgliedstaaten fällt. Vorschriften über Beschaffenheit und Instandhaltung der Hausinstallationen enthält die Trinkwasserverordnung daher nicht.

Dem folgend weist der Verordnungsgeber in der Begründung unter "Allgemeines V." nochmals ausdrücklich darauf hin, dass er auf der Grundlage der hier maßgeblichen Ermächtigungsnorm des § 38 Abs. 1 des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz) in der Verordnung u.a. bestimmt hat, in welchen Fällen das Wasser für den menschlichen Gebrauch, das den hieran zu stellenden Anforderungen nicht entspricht, nicht oder nur eingeschränkt abgegeben oder anderen zur Verfügung gestellt werden darf. Diese Zweckrichtung der Trinkwasserverordnung 2001 wird nochmals in der Begründung zu § 2 Abs. 2 sowie zu § 3 Nr. 1 erläutert: Das vom Wasserversorger für Haushaltszwecke zur Verfügung gestellte Wasser muss den Anforderungen der Verordnung entsprechen. Besteht daneben eine privat genutzte Anlage, die Wasser geringerer Qualität liefert, ist dessen Nutzung der Verantwortung und Entscheidung des Verbrauchers überlassen. Die Verordnung reglementiert dies nicht.

§ 3 TrinkwVO ist nach alledem keine "andere Rechtsvorschrift" im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 WAS, die einem Anspruch der Klägerin auf Befreiung vom Benutzungszwang im beantragten Umfang entgegen stünde.

2.2 Dem Antrag der Klägerin stehen auch Gründe der Volksgesundheit nicht entgegen.

Dies wäre nach § 7 Abs. 1 Satz 2 WAS insbesondere dann der Fall, wenn für den Verbrauchszweck, für den die Befreiung beantragt wurde, Trinkwasser erforderlich und die Versorgung mit solchem Wasser nur durch die Benutzung der öffentlichen Wasserversorgung gewährleistet wäre.

Nach bisherigen Erkenntnissen ist für das Wäschewaschen Wasser in Trinkwasserqualität nicht erforderlich, da eine Gesundheitsgefährdung durch den Betrieb der Waschmaschine mit Wasser aus einer Regenwassernutzungsanlage nicht feststellbar ist.

Der Verwaltungsgerichtshof hat dies in seinem Urteil vom 22. September 1998 (Az. 23 B 97.2120 in juris) nach Heranziehung und Auswertung der dazu vorliegenden Informationsquellen ausführlich dargelegt. Danach ergab sich, dass bei Nutzung von Regenwasser für das Wäschewaschen eine gesundheitliche Beeinträchtigung nicht zu befürchten ist. Die Restverkeimung von mit Regenwasser gewaschener Wäsche entspricht nach den dort ausgewerteten erfahrungswissenschaftlichen Erkenntnissen derjenigen Restverkeimung von mit Trinkwasser gewaschener Wäsche (Holländer, "Mikrobiologisch-hygienische Aspekte bei der Nutzung von Regenwasser als Betriebswasser für Toilettenspülung, Gartenbewässerung und Wäschewaschen" Gesundheitswesen 58 (1996) S. 288 ff. und "Hygienische Aspekte bei der Wäsche mit Regenwasser", Forum Städte-Hygiene 44 (1993) September/Oktober, S. 252 ff.; Moll, "Regenwassernutzung", fachliche Berichte HWW 9. Jg. (1990) Nr. 2 S. 33 ff.; Lücke, "Brauchwasserqualität - Anforderungen und Realität", WAP 3/96, S. 19 ff.; Untersuchung "Regenwassernutzung in Hamburg" der consulaqua vom 9.11.1995; Hygieneinstitut der Universität Heidelberg, "Risikobewertung der Nutzung von Regen- und Dachablaufwasser, Veröff. PAÖ, Bd. 12, September 1995 S. 389 ff.). Der erkennende Senat schließt sich diesen Ausführungen an und macht sie sich zu Eigen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird darauf Bezug genommen.

Nach Kenntnis aller Beteiligter haben sich zwischenzeitlich diesbezüglich keine neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse ergeben, die zu einer anderen Einschätzung hinsichtlich eines etwa erhöhten gesundheitlichen Risikos führen würden, wenn die Wäsche anstelle von Trinkwasser mit Regenwasser gewaschen wird. Anhaltspunkte dafür, dass etwa aufgrund besonderer örtlicher Gegebenheiten im Fall der Klägerin eine andere Beurteilung erforderlich wäre, wurden nicht vorgetragen und sind auch sonst nicht ersichtlich.

Nach alledem erweist sich die Berufung als begründet. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 16. April 2008 ist deshalb abzuändern und der Klage auf Beschränkung der Benutzungspflicht der öffentlichen Wasserversorgungseinrichtung des Beklagten für den Betrieb der Waschmaschine stattzugeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 und § 711 ZPO.

Die Revision wird gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zugelassen.

Beschluss:

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 5.000,-- Euro festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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