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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 30.12.2002
Aktenzeichen: 4 CE 02.2772
Rechtsgebiete: GO, VwGO


Vorschriften:

GO Art. 18 a Abs. 9
VwGO § 123
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
4 CE 02.2772 Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Bürgerbegehrens

(Antrag nach § 123 VwGO);

hier: Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 18. Oktober 2002,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 4. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dillmann, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Scheder, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Schmitz,

ohne mündliche Verhandlung am 30. Dezember 2002 folgenden

Beschluss:

Tenor:

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Die Antragsteller haben die Kosten des Beschwerdeverfahrens als Gesamtschuldner zu tragen.

III. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.000 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragsteller, Vertreter des Bürgerbegehrens "K*** ************ *** *** *****", begehren den Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit der der Antragsgegnerin untersagt werden soll, Bauarbeiten zur Errichtung eines Hochbehälters am Standort "A** *** *****" fortzuführen bzw. aufzunehmen.

Das Verwaltungsgericht Regensburg lehnte einen entsprechenden Antrag im wesentlichen mit der Begründung ab, dass das Bürgerbegehren von der Antragsgegnerin voraussichtlich zutreffend als unzulässig beurteilt worden sei, weil andere Standorte für den geplanten Hochbehälter aus rechtlichen Gründen nicht in Frage kämen und die alsbaldige Ausführung des mit Bescheid des Landratsamts Neumarkt i.d.Opf. vom 31. Juli 2002 genehmigten Vorhabens aus Gründen der Volksgesundheit und des Brandschutzes dringend sei.

Mit der Beschwerde verfolgen die Antragsteller ihr Begehren weiter. Sie sind der Ansicht, die Antragsgegnerin habe den Alternativstandort "Z******* *** *******" nicht hinreichend geprüft; das Ergebnis einer ordnungsgemäß durchgeführten Alternativplanung dürfe nicht vorweggenommen werden.

Die Antragsgegnerin hat beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Sie verteidigt die angegriffene Entscheidung des Verwaltungsgerichts und weist u.a. auf den Bescheid des Landratsamts Neumarkt i.d.Opf. vom 23. Oktober 2002 hin, mit dem der Vorbescheidsantrag der Antragsgegnerin zur Errichtung eines Wasserhochbehälters auf dem Standort "Z******* *** *******" bestandskräftig abgelehnt worden sei.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt im Übrigen Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den begehrten Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Sicherung der Durchführung eines Bürgerentscheids über das von den Antragstellern vertretene Bürgerbegehren "K*** ************ *** *** *****" im Ergebnis zu Recht abgelehnt.

Zwar kann vor dem Eintritt der gesetzlichen Sperrwirkung des Art. 18 a Abs. 9 GO (mit der Feststellung der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens) durch eine verwaltungsgerichtliche Anordnung nach § 123 VwGO eine vorläufige Schutzwirkung aufgrund einer konkreten gerichtlichen Abwägung erreicht werden, wobei die Erfüllung der Zulässigkeitsvoraussetzungen des Bürgerbegehrens gesichert erscheinen muss (VerfGH BayVBl 2000, 460/462). Eine solche Sicherungsanordnung kann aber keinen über den Umfang der gesetzlichen Sperrwirkung hinausgehenden Schutz vor Entscheidungen und deren Vollzug durch Gemeindeorgane gewähren, die dem Bürgerbegehren entgegenstehen. Denn ohne die gesetzliche Sperrwirkung würden mögliche Rückabwicklungsrisiken bei erfolgreichen Bürgerbegehren allein einen Sicherungsanspruch der Vertreter der Bürgerbegehrens gegen die einstweilige Fortführung des gemeindlichen Vorhabens nicht auslösen (VerfGH BayVBl 1999, 624/626). Die gesetzliche Sperrwirkung des Art. 18 a Abs. 9 GO tritt indessen nicht ein, wenn zum Zeitpunkt der Feststellung der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens bereits rechtliche Verpflichtungen der Gemeinde zum jeweiligen Handeln bestanden. Insoweit hat der Gesetzgeber den Belangen der kommunalen Selbstverwaltung im Interesse der Funktionsfähigkeit der gewählten Gemeindeorgane Rechnung getragen und der Möglichkeit zur (einstweiligen) Fortführung des beschlossenen Vorhabens im Zuge gesetzmäßigen Verwaltungshandelns (Art. 56 GO) den Vorrang eingeräumt.

Entscheidungen und deren Vollzug, zu denen die Gemeinde nach Art. 18 Abs. 9 GO trotz festgestellter Zulässigkeit des Bürgerbegehrens und damit trotz gesicherter Durchführung des Bürgerentscheids (Art. 18 a Abs. 10 Satz 1 GO) rechtlich befugt und verpflichtet ist, können danach auch nicht in Verfolgung eines Sicherungsanspruchs auf Durchführung des Bürgerentscheids verhindert werden.

Die Bauarbeiten am Standort "A** *** *****" werden im Einklang mit der Baugenehmigung vom 31. Juli 2002 aufgrund von Verträgen ausgeführt, die die Antragsgegnerin in Umsetzung (u.a.) des Gemeinderatsbeschlusses vom 16. Juli 2002 vor Einreichung des Bürgerbegehrens mit den jeweilige Unternehmen abgeschlossen hat. Darüber hinaus ist die Antragsgegnerin auch insoweit rechtlich verpflichtet, als die Baugenehmigung zur Errichtung des Hochbehälters an dem vom Bürgerbegehren favorisierten Standort bestandskräftig versagt worden ist. Eine Unterbindung dieser Bauarbeiten zur Absicherung des Bürgerentscheids im Wege einer einstweiligen Anordnung kommt deshalb nicht in Betracht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 25, § 20 Abs. 3, § 13 Abs. 1, § 14 Abs. 1 GKG.

Ende der Entscheidung

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