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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 21.12.2004
Aktenzeichen: 4 N 01.959
Rechtsgebiete: VwGO, GO, LKrO, LStVG


Vorschriften:

VwGO § 47
GO Art. 11 Abs. 1 Satz 1
GO Art. 11 Abs. 1 Satz 2
LKrO Art. 8
LKrO Art. 10 Abs. 1
LStVG Art. 51 Abs. 3
1. Verordnungen der Regierung über Änderungen im Gebiet von Landkreisen (hier in Verbindung mit der Auflösung eines gemeindefreien Gebietes) sind gemäß Art. 10 Abs. 1 LKrO im Amtsblatt der Regierung grundsätzlich vollständig, d.h. in ihrem gesamten Wortlaut und Umfang, bekannt zu machen.

2. Entsprechend Art. 51 Abs. 3 LStVG kann zur Vereinfachung der Bekanntmachung auf Karten oder Verzeichnisse bei einer Behörde ausnahmsweise dann Bezug genommen werden, wenn die von den Änderungen betroffenen Flächen ansonsten nicht hinreichend genau bestimmt werden können. Die im Amtsblatt veröffentlichte Verordnung muss in diesen Fällen gleichwohl eine grobe Umschreibung der Flächen enthalten.


Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes

4 N 01.959 In der Normenkontrollsache

wegen Unwirksamerklärung der Verordnung der Regierung der Oberpfalz zur Auflösung des gemeindefreien Gebietes "********** *****" vom 11. Juli 2000 (RABl S. 36);

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 4. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dillmann, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Schmitz, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Kraft

ohne mündlicher Verhandlung am 21. Dezember 2004

folgendes Urteil:

Tenor:

I. Die Verordnung der Regierung der Oberpfalz zur Auflösung des gemeindefreien Gebietes "Freihölser Forst" vom 11. Juli 2000 (RABl S. 36) wird für unwirksam erklärt.

II. Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Antragsgegner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, sofern nicht die Antragstellerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Antragstellerin wendet sich gegen die Verordnung der Regierung der Oberpfalz zur Auflösung des gemeindefreien Gebietes "Freihölser Forst" vom 11. Juli 2000 (RABl S. 36).

1. Bei dem gemeindefreien Gebiet "Freihölser Forst" handelt es sich um ein etwa 920 ha großes, unbewohntes Waldgebiet im Landkreis Amberg-Sulzbach. Es grenzt im Norden an die Gemeinde Freudenberg, im Westen an die Gemeinde Kümmersbruck, im Süden an die beigeladene Gemeinde Ebermannsdorf (alle Landkreis Amberg-Sulzbach) und im Osten an die antragstellende Gemeinde Fensterbach (Landkreis Schwandorf). Mit Blick auf den Antrag der Beigeladenen, einen Teil des "Freihölser Forstes" ihrem Gemeindegebiet einzugliedern, nahm die Regierung der Oberpfalz (im folgenden Regierung) im Jahre 1995 ein ruhendes Verfahren zur Auflösung des gemeindefreien Gebiets wieder auf. Daraufhin beantragten auch die übrigen angrenzenden Gemeinden die Eingliederung von Teilgebieten, wobei eine Einigung über die Aufteilung nicht erzielt werden konnte. Die Regierung teilte nach Einholung der fachbehördlichen Stellungnahmen, mehreren Besprechungen und einer Ortseinsicht mit Schreiben vom 24. Juni 1998 folgendes mit: Überwiegende Gründe des öffentlichen Wohls sprächen für eine Eingliederung des größten Teils des gemeindefreien Gebietes in das Gebiet der Beigeladenen, während eine Fläche von etwa 100 ha südwestlich von Freihöls (zwischen der B 85 und dem Waldweg, der auf Höhe der Anschlussstelle AS 23 auf die B 85 trifft) als Abrundung in das Gebiet der Antragstellerin eingegliedert werden könne, weil dort ein Weg zur Erschließung einer neuen Gewerbefläche (geplantes Gewerbegebiet "Freihöls-West" der Antragstellerin) notwendig sei. Die Antragstellerin stimmte diesem Vorschlag grundsätzlich zu und bat um die zusätzliche Zuordnung der Zufahrtsfläche von der Staatsstraße 2151 nach Weiherhaus zu ihrem Gemeindegebiet; dem schloss sich der Landkreis Schwandorf an. Die übrigen drei Gemeinden und der Landkreis Amberg-Sulzbach widersprachen hingegen dem Vorschlag und beantragten (zuletzt) die Eingliederung des gesamten gemeindefreien Gebiets in die Gemeinde Ebermannsdorf unter Hinweis darauf, dass die bestehenden Landkreisgrenzen nicht geändert werden sollten.

Nach einer erneuten Prüfung schloss die Regierung das Eingliederungsverfahren ab und kündigte an, dass sie das gesamte gemeindefreie Gebiet auflösen und grundsätzlich in die Gemeinde Ebermannsdorf eingliedern werde; dem Gebiet der Antragstellerin werde - in Abweichung von der früheren Überlegung - nur noch der Zufahrtsbereich zum Gemeindeteil Weiherhaus zugeordnet.

Entsprechend dieser Ankündigung erließ die Regierung schließlich am 11. Juli 2000 folgende, im Regierungsamtsblatt vom 31. Juli 2000 (RABl S. 36) veröffentlichte Verordnung:

...

§ 1

(1) Das gemeindefreie Gebiet "Freihölser Forst" (Landkreis Amberg-Sulzbach) wird aufgelöst und wie folgt eingegliedert:

1. In die Gemeinde Ebermannsdorf (Landkreis Amberg-Sulzbach) werden 42 Flurstücke der Gemarkung Pittersberg mit einer Gesamtfläche von 859,8845 ha und 4 Flurstücke der Gemarkung Diebis mit einer Gesamtfläche von 53,7487 ha eingegliedert.

2. In die Gemeinde Fensterbach (Landkreis Schwandorf) werden 2 Flurstücke der Gemarkung Pittersberg mit einer Gesamtfläche von 3,3775 ha eingegliedert.

(2) Das Gebiet der Landkreise Amberg-Sulzbach und Schwandorf wird entsprechend geändert.

§ 2

(1) In dem in § 1 Abs. 1 Nr. 1 dieser Verordnung genannten Umgliederungsgebiet tritt das Ortsrecht der Gemeinde Ebermannsdorf in Kraft.

(2) In dem in § 1 Abs. 1 Nr. 2 dieser Verordnung genannten Umgliederungsgebiet tritt das Recht des Landkreises Amberg-Sulzbach außer Kraft und das Recht der Gemeinde Fensterbach und des Landkreises Schwandorf in Kraft.

§ 3

Die Gebietsänderung ist in den Veränderungsnachweisen Nrn. 390 und 414 Gemarkung Pittersberg des Vermessungsamtes Amberg näher ausgewiesen. Die genannten Veränderungsnachweise werden beim Vermessungsamt Amberg aufbewahrt und können von jedermann eingesehen werden.

§ 4

Diese Verordnung tritt am 1. August 2000 in Kraft.

2. Mit ihrem am 10. April 2001 beim Verwaltungsgerichtshof eingegangenen Normenkontrollantrag macht die Antragstellerin (zuletzt) im Wesentlichen geltend:

Die Verordnung sei bereits deshalb rechtswidrig, weil es an der erforderlichen Bestimmtheit fehle. Denn in § 1 seien die jeweils einzugliedernden Flurstücke nur ihrer Zahl nach angegeben, nicht aber einzeln benannt. Im Hinblick darauf, dass nach § 2 das jeweilige Ortsrecht mit seinen möglicherweise bewehrten Tatbeständen in Kraft gesetzt werde, müssten im Interesse der Normadressaten besondere Anforderungen an die Bestimmtheit gestellt werden, denen durch den Verweis in § 3 auf die beim Vermessungsamt hinterlegten Veränderungsnachweise nicht genügt werde. Im Übrigen lasse sich auch aus diesen eine eindeutige Zuordnung der einzelnen Grundstücke gar nicht herleiten. Es wäre erforderlich gewesen, die Flurstücke entweder einzeln zu bezeichnen oder eine entsprechende Flurkarte zum Bestandteil der Verordnung zu machen. Die Verordnung sei aber auch inhaltlich nicht mit höherrangigem Recht zu vereinbaren. Es könne kein überzeugender Grund erkannt werden, warum sie, die Antragstellerin, entgegen der ursprünglichen Ankündigung der Regierung vom 24. Juni 1998 die zur Erschließung des Gewerbegebiets "Freihöls-West" erforderlichen Flächen nicht erhalten solle.

Die Antragstellerin beantragt,

die Verordnung der Regierung der Oberpfalz vom 11. Juli 2000 zur Auflösung des gemeindefreien Gebietes "Freihölser Forst" für unwirksam zu erklären.

Der Antragsgegner beantragt,

den Normenkontrollantrag abzulehnen.

Er trägt vor, dass die Verordnung durch die nach Art. 51 Abs. 3 LStVG zulässige Bezugnahme auf die Veränderungsnachweise inhaltlich ausreichend bestimmt sei. Auch in der Sache sei die Verordnung nicht zu beanstanden. Sie beruhe auf einer fehlerfreien Abwägung aller relevanten Gesichtspunkte und werde von Gründen des öffentlichen Wohls getragen.

Die Beigeladene hält den Normenkontrollantrag ebenfalls für unbegründet. Einen Antrag hat sie nicht gestellt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat am 20. Juli 2004 das gemeindefreie Gebiet und dessen nähere Umgebung in Augenschein genommen und die Sache mit den Beteiligten mündlich verhandelt. Die Beteiligten haben auf eine weitere Verhandlung verzichtet und sich noch schriftlich zu der von der Antragstellerin erstmals in der mündlichen Verhandlung aufgeworfenen Frage der inhaltlichen Bestimmtheit geäußert.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, insbesondere auf die Niederschriften vom 20. Juli 2004, und auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Regierung der Oberpfalz (2 Bände) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Antrag, die Verordnung der Regierung der Oberpfalz zur Auflösung des gemeindefreien Gebietes "Freihölser Forst" (Auflösungsverordnung - VO) vom 11. Juli 2000 (RABl S. 36) für unwirksam zu erklären, hat Erfolg.

1. Der Normenkontrollantrag ist statthaft (§ 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO, Art. 5 Satz 1 AGVwGO), innerhalb der Zweijahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO erhoben worden und auch sonst zulässig. Insbesondere steht der Antragstellerin eine Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO zur Seite, weil sie durch die angegriffene Verordnung möglicherweise in ihrem Recht aus Art. 11 Abs. 1 Sätze 1 und 2 GO auf Berücksichtigung ihrer Belange bei Auflösung des gemeindefreien Gebiets "Freihölser Forst" verletzt wird.

2. Der Normenkontrollantrag ist begründet. Die strittige Verordnung ist wegen eines Bekanntgabemangels ungültig und mithin gemäß § 47 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 1 VwGO für unwirksam zu erklären.

a) Die Auflösungsverordnung enthält mehrere Regelungen, für deren Erlass aufgrund eines einheitlichen Verfahrens die Regierung zuständig ist (Art. 8 Abs. 3 Satz 2 Alternative 1, Art. 9 Abs. 1 Satz 1 Alternative 2 LKrO; Art. 8 Abs. 4 LKrO i.V.m. Art. 12 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 1 GO): zum einen die Auflösung des vollständig im Landkreis Amberg-Sulzbach gelegenen gemeindefreien Gebiets "Freihölser Forst" und die Eingliederung der größeren Teilfläche in die beigeladene Gemeinde Ebermannsdorf (Landkreis Amberg-Sulzbach) sowie des kleineren Teils in die antragstellende Gemeinde Fensterbach (Landkreis Schwandorf) auf der Grundlage des Art. 11 Abs. 1 Sätze 1 und 2 GO, zum anderen - die Zuständigkeit und das Verfahren vorrangig leitend - die Umgliederung der der Antragstellerin zugeordneten Teilfläche aus dem Landkreis Amberg-Sulzbach in den Landkreis Schwandorf gestützt auf Art. 8 Abs. 1 LKrO; schließlich die Erstreckung des Orts- und Kreisrechts der aufnehmenden Gebietskörperschaften auf das ein- bzw. umgegliederte Gebiet nach Art. 8 Abs. 4 Satz 2 LKrO i.V.m. Art. 12 Abs. 2 Satz 1 GO und Art. 9 Abs. 1 Satz 1 Alternative 2 LKrO.

Entgegen der Ansicht der Antragstellerin genügt die Auflösungsverordnung dem Gebot der Bestimmtheit und Normenklarheit. Allerdings weist die Antragstellerin zu Recht darauf hin, dass dem im Amtsblatt der Regierung veröffentlichten Verordnungstext nicht entnommen werden kann, welche konkreten Flächen aus dem gemeindefreien Gebiet den aufnehmenden Gebietskörperschaften zugewiesen werden; denn aus den §§ 1 und 2 VO gehen zwar Anzahl und Gesamtfläche der jeweils ein- und umzugliedernden Flurstücke je Gemarkung hervor, nicht aber ihre Flurnummer oder Lage. Damit bleibt der zentrale Regelungsinhalt der Auflösungsverordnung, nämlich welche Teile des gemeindefreien Gebiets in welche Gemeinde eingegliedert werden, insoweit offen. Gemäß § 3 VO ist die Gebietsänderung allerdings in den Veränderungsnachweisen Nrn. 390 und 414 Gemarkung Pittersberg des Vermessungsamtes Amberg näher ausgewiesen. Diese Bestimmung kann sinnvollerweise nur bedeuten, dass wegen der Gebietsänderung im Einzelnen auf diese Dokumente verwiesen und deren Inhalt somit in die Verordnung - als deren nicht publizierter Teil - inkorporiert wird. Diese Veränderungsnachweise stellen unmissverständlich klar, dass die in Nr. 390 mit ihren Flurnummern aufgelisteten Flurstücke in das Gebiet der Antragstellerin ein- und damit in den Landkreis Schwandorf umgegliedert sowie die in Nr. 414 genannten Flurstücke der Gemarkungen Pittersberg und Diebis der Beigeladenen zugeordnet werden. Unter Berücksichtigung dieser in Bezug genommenen Unterlagen ist der Verordnungsinhalt damit eindeutig. Die Einwände der Antragstellerin treffen demnach weniger die inhaltliche Bestimmtheit der Auflösungsverordnung als vielmehr - wie noch darzulegen ist, mit Recht - deren Bekanntmachung.

Der Senat hat auch keinen Zweifel daran, dass die Auflösungsverordnung den materiell-rechtlichen Anforderungen ihrer Ermächtigungsgrundlagen genügt. Insbesondere halten sich die Erwägungen, mit denen die Regierung die Aufteilung des gemeindefreien Gebietes begründet hat (vgl. den Aktenvermerk auf Bl. 179 bis 182 der Behördenakte), im Rahmen des planerischen und organisatorischen Gestaltungsspielraums, den das Gesetz dem Verordnungsgeber einräumt (vgl. BayVGH, U.v. 8.11.2000 - 4 N 98.2500 - VwRR By 2001, 46 m.w.N.). Nach Aktenlage und dem Ergebnis des gerichtlichen Augenscheins ist kein stichhaltiger Grund dafür ersichtlich, dass der Antragstellerin aus Rechtsgründen zwingend diejenigen Flächen hätten zugeordnet werden müssen, die sie zur straßenmäßigen Erschließung ihres geplanten Gewerbegebietes "Freihöls-West" für sich beansprucht, oder dass insoweit ein Abwägungsfehler vorliegt.

b) Die strittige Verordnung ist jedoch wegen eines Bekanntgabemangels ungültig.

Rechtsverordnungen der Regierung über Gebietsänderungen sind nach Art. 10 Abs. 1 LKrO im Amtblatt der Regierung bekannt zu machen. Für die Bekanntmachung gilt das Vollständigkeitsprinzip, um den Betroffenen verlässlich vom Inhalt der Vorschrift Kenntnis zu verschaffen. Danach sind die Verordnungen grundsätzlich in ihrem gesamten Wortlaut und Umfang im Amtsblatt zu veröffentlichen. Diesem Erfordernis ist bei Bekanntmachung der Auflösungsverordnung vom 11. Juli 2000 nicht entsprochen worden, weil die von § 3 VO in Bezug genommenen Veränderungsnachweise nicht im Amtsblatt mit abgedruckt sind, sondern (nur) beim Vermessungsamt zur Einsichtnahme verwahrt werden. Das Vollständigkeitsprinzip gilt zwar nicht einschränkungslos, sondern lässt in einem eng begrenzten Umfang Ausnahmen zu. Die von der Regierung angewandte Verweisungstechnik überschreitet aber deren Rahmen.

(1) Eine ungeschriebene Ausnahme vom Vollständigkeitsprinzip ist zunächst in dem Umfang zuzulassen, wie sie bei der Verkündung von Gesetzen - in "realistisch aufgefüllter" rechtsformaler Sehweise (Brugger, VerwArch. 78 [1987], 1/12) - insbesondere bei besonderem Umfang der in Bezug genommenen Unterlagen oder bei technischen Schwierigkeiten des Abdrucks allgemein anerkannt wird. Voraussetzung ist, dass dem Bestimmtheitsgebot und der Normenklarheit als Ausprägungen des Rechtsstaatsprinzips Genüge getan ist und das Verweisungsobjekt in einem ohne weiteres zugänglichen amtlichen, nach einer strittigen Auffassung auch privaten Publikationsorgan abgedruckt ist (vgl. etwa BVerwG, U.v. 17.2.1978 - 1 C 102.76 - BVerwGE 55, 250/264; Bauer, in: Dreier, GG, 1998, RdNr. 18 zu Art. 82; Schmidt-Bleibtreu/Klein, GG, 9. Aufl. 1999, RdNr. 44 zu Art. 82 m.w.N.). An diesen Voraussetzungen fehlt es schon deshalb, weil die von der Auflösungsverordnung in Bezug genommenen Veränderungsnachweise nicht in einem frei zugänglichen Druckwerk veröffentlicht sind, sondern lediglich bei einer Behörde zur Einsicht bereit gehalten werden.

(2) Auch Art. 51 Abs. 3 LStVG kann entgegen der Ansicht des Antragsgegners eine Ausnahme vom Vollständigkeitsprinzip nicht rechtfertigen. Diese Vorschrift ist zwar (entsprechend) anwendbar; ihre Voraussetzungen sind jedoch nicht erfüllt.

Art. 51 Abs. 3 LStVG regelt allgemein, unter welchen Voraussetzungen Verordnungen auf Landkarten oder Verzeichnisse bei Behören verweisen können, um ihren Geltungsbereich oder den von einzelnen ihrer Vorschriften zu bestimmen. Eine unmittelbare Anwendung dieser Bestimmung scheidet schon deshalb aus, weil die in § 3 VO enthaltene Bezugnahme diejenigen Teilflächen des gemeindefreien Gebiets betrifft, die nach Art. 11 Abs. 1 Sätze 1 und 2 GO sowie Art. 8 Abs. 1 LKrO in die aufnehmenden Gebietskörperschaften ein- und umgegliedert werden. Sie dient also nicht dazu, die Grenzen des Geltungsbereichs der Auflösungsverordnung zu bestimmen; mit ihr wird vielmehr der Regelungsinhalt selbst festgelegt. Die Vorschrift des Art. 51 Abs. 3 LStVG findet allerdings entsprechende Anwendung. Denn in beiden Fällen stellen sich dieselben Formulierungs- und Publikationsprobleme: einerseits die Schwierigkeit, räumliche Grenzen in Rechtsvorschriften hinreichend klar zu umschreiben, die unter Umständen nur durch das Einfügen detaillierter und umfangreicher Karten oder Verzeichnisse bewältigt werden kann; andererseits die begrenzten drucktechnischen Möglichkeiten, die ein amtliches Publikationsorgan bietet. Es ist auch mit Blick auf die Gesetzesmaterialien (LTDrs 8/1649) nicht zu erkennen, dass der Gesetzgeber mit der durch Gesetz vom 23. Dezember 1975 (GVBl S. 413) aufgenommenen Bekanntmachungsvorschrift des Art. 10 Abs. 1 LKrO die zur Lösung dieser Schwierigkeiten in Art. 51 Abs. 3 LStVG (seit dem Gesetz vom 24.7.1974, GVBl S. 354) eröffnete Verweisungsmöglichkeit versperren und an die Veröffentlichung von Ein- oder Umgliederungsverordnungen strengere Anforderungen als an sonstige Verordnungen stellen wollte. Vielmehr dürfte übersehen worden sein, dass diese Vorschrift keine unmittelbare Anwendung finden kann. Diese unbeabsichtigte Regelungslücke ist durch eine entsprechende Anwendung des Art. 51 Abs. 3 LStVG zu schließen; davon geht auch die Verwaltungspraxis aus (vgl. Nrn. 3.4 und 3.5 der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern über kommunale Namen, Hoheitszeichen und Gebietsänderungen - NHG-Bek - vom 25.3.2000, AllMBl S. 324/330).

Die Auflösungsverordnung erfüllt allerdings aus mehreren Gründen nicht die Anforderungen des Art. 51 Abs. 3 LStVG an eine vereinfachte Bekanntmachung: Es fehlt bereits an der Notwendigkeit einer Bezugnahme auf Karten oder Verzeichnisse bei einer Behörde. Art. 51 Abs. 3 Satz 1 LStVG lässt eine Ausnahme vom Gebot der vollständigen Veröffentlichung im Amtsblatt nur zu, wenn die Gebietsänderung dort nicht hinreichend deutlich und anschaulich beschrieben oder durch Abdruck einer genauen Karte festgelegt werden kann. Das ist nicht der Fall. Denn es ist ohne weitere Schwierigkeiten möglich, die betroffenen 48 Flurstücke des gemeindefreien Gebiets "Freihölser Forst" ummittelbar in der Auflösungsverordnung einzeln mit ihrer Flurnummer und Gemarkung zu benennen und den drei aufnehmenden Gebietskörperschaften zuzuordnen. Mit diesen Angaben kann der Norminhalt aus sich heraus eindeutig bestimmt werden, ohne damit die drucktechnischen Möglichkeiten oder den Rahmen des Amtsblattes zu "sprengen". Eine Beschreibung der Flächen nach der Natur oder Festlegung in einer Karte ist entbehrlich, zumal die Gebietsänderung nur ganze Grundstücke, nicht Teilflächen daraus betrifft. Es würde dem Gebot der Bestimmtheit und Normenklarheit sogar noch genügen, allein die beiden Flurstücke zu benennen, die dem Gebiet der Antragstellerin und damit dem Landkreis Schwandorf zugewiesen werden, und das gemeindefreie Gebiet "im Übrigen" dem Gebiet der Beigeladenen zuzuordnen. Die in § 3 VO ausgesprochene Verweisung auf die Veränderungsnachweise beim Vermessungsamt Amberg ist mithin sachlich nicht gerechtfertigt.

Der Verordnungsgeber hat weiter nicht ausreichend beachtet, dass Art. 51 Abs. 3 Satz 1 LStVG nur eine präzisierende Verweisung zulässt. Es genügt nach dem ausdrücklichen Gesetzeswortlaut, ist aber zugleich erforderlich, dass die (im Amtsblatt bekannt gemachte) Verordnung die Gebietsänderung "grob umschreibt und im übrigen auf Karten ... oder Verzeichnisse Bezug nimmt". Die in Bezug genommenen Unterlagen sollen mit anderen Worten die Beschreibung nicht ersetzen, sondern lediglich präzisieren (Böhm, in: Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, RdNr. 6 zu Art. 51). In Widerspruch dazu enthält die Auflösungsverordnung in ihrem abgedruckten Teil lediglich Angaben über Anzahl und Gesamtfläche der jeweils zugewiesenen Grundstücke, nicht aber über deren Flurnummer oder zumindest ungefähre Lage. Es fehlt es an einer groben Umschreibung der ein- und umzugliedernden Grundstücke, weil noch nicht einmal ansatzweise zu erkennen ist, welche Teile des gemeindefreien Gebiets in welche Gemeinde eingegliedert werden sollen. Ohne einen Blick in die Veränderungsnachweise bleibt dem Normadressaten die angeordnete Gebietsänderung nicht nur in ihrem genauen Verlauf, sondern auch in den Grundzügen der Flächenzuweisung unklar.

(3) Der Bekanntgabemangel hat die Unwirksamkeit der Verordnung zur Folge, weil die ordnungsgemäße Bekanntgabe nach den zwingenden gesetzlichen Vorschriften eine unabdingbare Voraussetzung für die Gültigkeit einer Rechtsverordnung darstellt (vgl. BayVGH, U.v. 18.7.2000 - 22 N 99.3166 - BayVBl 2000, 695/696). Die gerichtliche Unwirksamerklärung ist vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Verordnung bekanntzumachen wäre (§ 47 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO).

3. Der Antragsgegner muss die Kosten des Verfahrens nach § 154 Abs. 1 VwGO tragen. Es besteht kein Grund, ihm etwaige außergerichtliche Kosten der Beigeladenen nach § 162 Abs. 3 VwGO aufzuerlegen.

Hinsichtlich der Kosten ist das Urteil für vorläufig vollstreckbar zu erklären (§ 167 VwGO, 708 Nr. 10 ZPO).

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 10.000 Euro festgesetzt (§ 13 Abs. 1 Satz 1 GKG in der maßgeblichen bis 30. Juni 2004 geltenden Fassung).

Ende der Entscheidung

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