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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 03.04.2008
Aktenzeichen: 4 N 07.1051
Rechtsgebiete: VwGO, GO


Vorschriften:

VwGO § 47 Abs. 1
VwGO § 47 Abs. 2
VwGO § 47 Abs. 5
GO Art. 20a Abs. 1
GO Art. 46 Abs. 2 Satz 2
GO Art. 54 Abs. 1 Satz 2
Eine Entschädigung für die Tätigkeit als Gemeinderatsmitglied ist nicht unangemessen, wenn das Sitzungsgeld pro Tag unabhängig davon bemessen wird, ob der Berechtigte an diesem Tag nur an einer oder an mehreren Sitzungen teilgenommen hat.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

4 N 07.1051

In der Normenkontrollsache

wegen Unwirksamerklärung der Änderungssatzung der Gemeinde ******* zur Regelung von Fragen des örtlichen Gemeindeverfassungsrechts;

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 4. Senat,

durch die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgerichtshof Dr. Motyl, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Schmitz, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Wagner

ohne mündliche Verhandlung am 3. April 2008

folgenden Beschluss:

Tenor:

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Der Beschluss ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Antragsteller kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, sofern nicht die Antragsgegnerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

V. Der Streitwert wird auf 10.000 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Antragsteller wendet sich im Wege der Normenkontrolle gegen die Änderung der Satzung der Antragsgegnerin zur Regelung von Fragen des örtlichen Gemeindeverfassungsrechts, soweit sie die Entschädigung von ehrenamtlichen Gemeinderatsmitgliedern betrifft.

1. Der Antragsteller gehört seit März 1976 dem Gemeinderat der Antragsgegnerin an. Seit dem 1. Mai 2002 ist er zugleich Mitglied des Grundstücks- und Bauausschusses und des Rechnungsprüfungsausschusses.

Die am 1. Mai 2002 in Kraft getretene Satzung der Antragsgegnerin zur Regelung von Fragen des örtlichen Gemeindeverfassungsrechts enthält zur Entschädigung der ehrenamtlichen Gemeinderatsmitglieder in § 3 Abs. 2 folgende Regelung:

"Die ehrenamtlichen Gemeinderatsmitglieder erhalten für ihre Tätigkeit als Entschädigung ein Sitzungsgeld von je 25 Euro für die notwendige Teilnahme an Sitzungen des Gemeinderats oder eines Ausschusses."

In der Abrechnung über das dem Antragsteller zustehende Sitzungsgeld für das Jahr 2005 vom 24. November 2005 setzte die Antragsgegnerin für die gemeinsame Sondersitzung des Gemeinderates und des Bauausschusses vom 11. Januar 2005 das Sitzungsgeld für nur eine Sitzung an. Diese Abrechnung wurde vom Antragsteller beanstandet.

Aufgrund dieser Beschwerde und zur Klarstellung beschloss der Gemeinderat in seiner Sitzung vom 31. März 2006 (wohl mit 16:3 Stimmen) die Anfügung eines Satzes 2 an § 3 Abs. 2 ihrer Satzung zur Regelung von Fragen des örtlichen Gemeindeverfassungsrechts. Satz 2 hat folgenden Wortlaut:

"Für mehrere Sitzungen an einem Tag wird das Sitzungsgeld nur einmal gezahlt."

Die Satzung zur Änderung der vorgenannten Satzung wurde am 5. April 2006 ausgefertigt und am folgenden Tag an den Amtstafeln der Gemeinde W****** angeheftet. Sie trat rückwirkend zum 1. April 2006 in Kraft.

2. Auf Ersuchen des Antragstellers (Schreiben vom 27.4.2006) hat das Landratsamt S******* den Beschluss vom 21. März 2006 rechtsaufsichtlich überprüft. Mit Schreiben vom 13. Juni 2006, 12. Dezember 2006 und 19. Dezember 2006 teilte das Landratsamt dem Antragsteller mit, dass Gründe für eine Beanstandung des fraglichen Beschlusses nicht vorlägen. Bei der Frage der angemessenen Entschädigung stehe der Gemeinde ein Beurteilungsspielraum zu; grundsätzlich kämen mehrere Entschädigungsmodelle in Betracht. Rechtlich beanstandungsfrei könne festgelegt werden, dass für mehrere Sitzungen an einem Tag nur ein Sitzungsgeld gezahlt werde.

3. Mit am 26. April 2007 eingegangenem Schriftsatz seines Bevollmächtigten hat der Antragsteller einen Normenkontrollantrag gegen die Änderungssatzung gestellt. Der Antrag sei zulässig und begründet, denn die Änderungssatzung verstoße gegen Art. 20a Abs. 1 Satz 1 GO. Die neue Regelung lasse Konstellationen zu, in denen die Höhe der Entschädigung nicht mehr angemessen sei. Ohne sachliche Differenzierung führe die angegriffene Bestimmung zu einer Ungleichbehandlung zwischen einem "einfachen" Gemeinderatsmitglied und dem Gemeinderatsmitglied, das zugleich in einem oder mehreren Ausschüssen tätig sei. Zwar komme der Gemeinde bei der Festsetzung der Entschädigung ein Beurteilungsspielraum zu, gleichwohl sei die Entscheidung voll überprüfbar. Die Antragsgegnerin habe sich für ein Sitzungsgeld und teilweise für eine Sitzungstagespauschale entschieden. Diese Kombination sei schon dem Grunde nach zweifelhaft. Während bei einer Pauschale unabhängig von Zahl und Dauer der Sitzungen über einen längeren Zeitraum ein gerechter Ausgleich erreicht werde, sei dies bei einer Sitzungstagespauschale nicht der Fall. Da nach der Bestimmung über die Entschädigung der Gemeinderatsmitglieder das Sitzungstagegeld in der Höhe exakt dem Sitzungsgeld entspreche, sei der Verstoß gegen das Angemessenheitsgebot offensichtlich. Nur wenn die Entschädigung den zeitlichen Aufwand für die Sitzung einschließlich der Vorbereitungszeit berücksichtige, sei sie angemessen. Dementsprechend hätte bei der neuen Bestimmung der Entschädigungsbetrag nach Satz 2 erhöht werden müssen. Mit diesem Gesichtspunkt habe sich die Antragsgegnerin überhaupt nicht befasst. Letztlich habe es der erste Bürgermeister bei der Festlegung der Sitzungstermine in der Hand zu bestimmen, wann und wem die Entschädigung in welcher Höhe gewährt werde.

Der Antragsteller beantragt:

Die Satzung der Gemeinde W****** zur Änderung der Satzung zur Regelung von Fragen des örtlichen Gemeindeverfassungsrechts vom 1. April 2006, ausgefertigt am 5. April 2006, ist unwirksam.

Die Antragsgegnerin beantragt, den Antrag abzulehnen.

Die angegriffene Satzung sei in formeller und materieller Hinsicht nicht zu beanstanden. Die Antragsgegnerin habe in Ausfüllung ihres Beurteilungsspielraums die Bemessung der Entschädigung nach Sitzungstagen ohne weiteres regeln können. Der Gesetzgeber habe sich auf die Vorgabe der Angemessenheit beschränkt und habe bewusst auf detaillierte Vorgaben verzichtet, wie sie dem Antragsteller wohl vorschwebten. Der Antragsteller verkenne, dass es sich auch beim Sitzungsgeld um eine Pauschale handle, denn es werde unabhängig von der Dauer der Sitzung und stets in gleicher Höhe gewährt. Die Entschädigung müsse den Charakter der ehrenamtlichen Tätigkeit wahren. Unangemessen sei sie nur dann, wenn sie außer Verhältnis zu den objektiven Anforderungen des Ehrenamtes stehe. Tatsächlich sei der Aufwand geringer, wenn an einem Tag zwei Sitzungen stattfänden, denn An- und Abfahrt fielen nur einmal an. Im Übrigen stellten zwei Sitzungen an einem Tag in der gemeindlichen Praxis tatsächlich die Ausnahme dar. In den vergangenen 30 Jahren sei diese Fallgestaltung nur einmal vorgekommen. Es sei auch nicht erforderlich, eine Höchstgrenze für die Anzahl von Sitzungen pro Tag in die Satzung aufzunehmen. Die Möglichkeit des Bürgermeisters, durch die Terminierung der Sitzungen die Höhe der Entschädigung zu bestimmen, hänge darüber hinaus nicht von der Ausgestaltung der Entschädigungsregelung ab, sondern ergebe sich direkt aus der Gemeindeordnung. Da jedes Gemeinderatsmitglied von der Regelung betroffen sein könne - in W****** gehöre jedes Gemeinderatsmitglied durchschnittlich drei Ausschüssen an - liege auch die vom Antragsteller betonte Ungleichbehandlung nicht vor. Es liege im Beurteilungsspielraum der Gemeinde, eine Regelung ohne zeitgenaue Abrechnung zu schaffen. Wenn es nach der Mustersatzung schon möglich sei, das Sitzungsgeld auf eine bestimmte Höchstzahl von Veranstaltungen oder auf Veranstaltungen in einer bestimmten Zeit zu beschränken, müsse die Bemessung nach Sitzungstagen erst recht zulässig sein. Im Übrigen zeige die Mustersatzung auch, dass der Zeitfaktor nicht überbewertet werden dürfe.

Der Antragsteller widerspricht den Darlegungen der Antragsgegnerin. Der der Gemeinde zustehende Beurteilungsspielraum sei eng auszulegen. Da es allein um die Rechtmäßigkeit der Bestimmung gehe, sei es auch rechtlich unerheblich, dass in den vergangenen Jahren nur einmal der Fall mehrerer Sitzungen an einem Tag aufgetreten sei. Der von der Antragsgegnerin gezogene "Erst-Recht-Schluss" sei fehlerhaft. Die darauf bezogene Argumentation verkenne, dass sich der Hinweis in der Mustersatzung nur auf die Teilnahme an Besprechungen und anderen Veranstaltungen, nicht aber auf Gemeinderatssitzungen und Ausschusssitzungen beziehe.

Mit Schreiben des Senats vom 4. Februar 2008 wurden die Beteiligten zur Möglichkeit der Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nach § 47 Abs. 5 Satz 1 VwGO gehört.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Verfahrensakte sowie auf die Akte der Antragsgegnerin über den Normerlass Bezug genommen.

II.

Der Antrag, die Satzung der Gemeinde W****** zur Änderung der Satzung zur Regelung von Fragen des örtlichen Gemeindeverfassungsrechts vom 1. April 2006 für unwirksam zu erklären, hat keinen Erfolg. Über den fristgerecht gestellten Antrag (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO) kann nach § 47 Abs. 5 Satz 1 VwGO ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, da der zugrunde liegende Sachverhalt unstreitig ist und die rechtlichen Argumente umfassend ausgetauscht sind.

1. Die streitgegenständliche Satzung der Antragsgegnerin unterliegt nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. Art. 5 Abs. 1 AGVwGO der Normenkontrolle, denn es handelt sich um eine im Rang unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift, für die der Landesgesetzgeber die Möglichkeit der Normenkontrolle eröffnet hat. Als Mitglied des Gemeinderats und mehrerer Ausschüsse ist der Antragsteller auch nach § 47 Abs. 2 VwGO antragsbefugt, denn die ihm zustehende Entschädigung für seine ehrenamtliche Tätigkeit nach Art. 20a Abs. 1 GO bemisst sich konkret nach dieser Satzung, so dass er durch deren Anwendung in seinen Rechten verletzt werden könnte.

Der Senat teilt nicht die angedeuteten Zweifel der Antragsgegnerin an der Antragbefugnis des Antragstellers. Auch wenn dieser unter anderem vorgetragen hat, es gehe ihm um die objektive Rechtmäßigkeit der angegriffenen Entschädigungsregelung (Schriftsätze vom 16.7.2007 und 10.8.2007), wird dadurch die unstreitig bestehende subjektive Betroffenheit nicht aufgehoben.

2. Der Normenkontrollantrag ist jedoch nicht begründet, da die streitgegenständliche Satzungsbestimmung mit höherrangigem Recht vereinbar ist.

2.1 Die angegriffene Änderung der Satzung begegnet keinen formellen Bedenken. Beschlussfassung, Ausfertigung und Bekanntmachung lassen keine Mängel erkennen, auch wenn entgegen Art. 54 Abs. 1 Satz 2 GO das Abstimmungsergebnis nicht in die Sitzungsniederschrift aufgenommen worden ist. Nach Art. 54 Abs. 1 Satz 2 GO muss die Sitzungsniederschrift unter anderem die Beschlüsse und das Abstimmungsergebnis ersehen lassen. Aus der ausdrücklichen Erwähnung von Beschluss einerseits und Abstimmungsergebnis andererseits folgt, dass das Abstimmungsergebnis nach dieser Vorschrift nicht mit dem gefassten Beschluss identisch ist (ebenso: Hölzl/Hien/Huber, Gemeindeordnung mit Verwaltungsgemeinschaftsordnung, Landkreisordnung und Bezirksordnung für den Freistaat Bayern, Anm. 2 zu Art. 54; Bauer/Böhle/Ecker, Bayerische Kommunalgesetze, RdNr. 4 zu Art. 54 GO). In die Niederschrift muss also das Stimmverhältnis, mit dem ein Beschluss angenommen oder abgelehnt worden ist, zwingend aufgenommen werden. In der Niederschrift vom 21. März 2006 ist bei TOP 12, der die Satzungsänderung betrifft, unter Verstoß gegen die zwingende Vorschrift des Art. 54 Abs. 1 Satz 2 GO das Abstimmungsergebnis nicht aufgenommen; der handschriftliche Vermerk auf der Beschlussvorlage, dass diese mit einem Stimmenverhältnis von 16:3 angenommen worden sei, ist nicht Bestandteil der Niederschrift und kann nicht in diese hineingelesen werden. Der Mangel der Niederschrift berührt indes nur die Beweiskraft des Protokolls, lässt jedoch die Gültigkeit des gefassten Beschlusses unberührt (Bauer/Böhle/Ecker, RdNr. 1 zu Art. 54 GO; Prandl/Zimmermann/Büchner, Kommunalrecht in Bayern, Erl. 1 zu Art. 54 GO; BayObLG vom 17. Juni 1991 BayVBl 1992, 157).

2.2 Entgegen der Rechtsauffassung des Antragstellers ist die streitgegenständliche Satzungsbestimmung mit Art. 20a Abs. 1 GO vereinbar. Nach dieser Vorschrift haben ehrenamtlich tätige Gemeindebürger Anspruch auf angemessene Entschädigung (Satz 1); das Nähere wird durch Satzung bestimmt (Satz 2). Ehrenamtlich tätige Gemeindebürger im Sinne dieser Vorschrift sind insbesondere die Gemeinderatsmitglieder (Art. 31 Abs. 2 GO). Ihnen räumt Art. 20a Abs. 1 Satz 1 GO in der seit dem 1. Mai 1978 geltenden Fassung (§ 3, § 12 Abs. 1 des Gesetzes zur Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung auf der Ebene der Bezirke vom 24.5.1978, GVBl S. 201) im Gegensatz zur Vorgängerregelung, die als Ermessensvorschrift ausgestaltet war, einen unverzichtbaren und nicht übertragbaren Rechtsanspruch auf angemessene Entschädigung auf der Grundlage einer von der Gemeinde zu erlassenden Satzung (sog. Pflichtsatzung) ein. Da die Festlegung der Entschädigung für Gemeinderatsmitglieder zum Kernbereich örtlicher Angelegenheiten zählt, hat der Gesetzgeber mit Blick auf das kommunale Selbstverwaltungsrecht (Art. 11 Abs. 2 BV, Art. 28 Abs. 2 GG) darauf verzichtet, weitere Kriterien für die Höhe der Entschädigung vorzugeben. Im Rahmen ihres Rechts, ihre örtlichen Angelegenheiten eigenverantwortlich zu regeln, ist es der einzelnen Gemeinde vorbehalten, entsprechend den örtlichen Gegebenheiten und unter Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes den unbestimmten Rechtsbegriff der angemessenen Entschädigung für ihren Bereich auszufüllen. Dabei kommt der Gemeinde ein Beurteilungsspielraum zu, der der gerichtlichen Überprüfung Grenzen setzt (Bauer/Böhle/Ecker, RdNr. 6 zu Art. 20a GO; Hölzl/Hien/Huber, Erl. 3 zu Art. 20a GO; Prandl/Zimmermann/Büchner, Erl. 4 zu Art. 20a GO; Schulz/Wachsmuth/Zwick, Kommunalverfassungsrecht Bayern, Erl. 2 zu Art. 20a GO).

Die Angemessenheit der Entschädigung bestimmt sich zunächst nach ihrem Zweck. Hierzu hat der Senat in seinem Urteil vom 14. August 2006 (Az. 4 B 05.903 FSt. 2007 RdNr. 65) ausgeführt: "Mit der Entschädigung soll ein Ausgleich für den materiellen und zeitlichen Aufwand gewährt werden, der für das Gemeinderatsmitglied mit der Ausübung dieser Tätigkeit verbunden ist. Zum materiellen Aufwand zählen etwa Aufwendungen für Kleidung, Telefon, Bürobedarf, Benutzung von Verkehrsmitteln und anderes mehr. Wenn die ehrenamtlich tätigen Personen aus der Wahrnehmung ihrer öffentlichen Aufgabe auch keine materiellen Vorteile ziehen dürfen, so sollen sie nach dem Willen des Gesetzgeber dadurch aber auch keine Nachteile haben (Bayerischer Landtag, 2. Legislaturperiode, Beilage 1140 zu Art. 21 Abs. 2 des Gesetzentwurfs). Die Funktion, den mit der Tätigkeit verbundenen Aufwand auszugleichen, brachte der Gesetzgeber zunächst mit der Bezeichnung "Aufwandsentschädigung" zum Ausdruck (vgl. Art. 20 Abs. 2 GO vom 25.1.1952, GVBl S. 19). Mit Wirkung vom 1. Juli 1964 (Art. 156 des Gesetzes über Kommunale Wahlbeamte vom 16.6.1964 GVBl S. 113) wurde der Begriff der Aufwandsentschädigung durch den weitergefassten Begriff der Entschädigung ersetzt. Dadurch sollte den zunehmenden Belastungen, die mit der Ausübung der ehrenamtlichen Tätigkeit verbunden sind, Rechnung getragen werden; hierfür wurde die bloße Aufwandsentschädigung als zu eng angesehen. ... Die Entschädigung sollte danach nicht nur ein Auslagenersatz für tatsächlich entstandene Aufwendungen sein, sondern im gewissen Maße auch die Mühe abgelten, die mit der Tätigkeit verbunden ist".

Da die Unentgeltlichkeit für ein Ehrenamt wesenstypisch ist, folgt hieraus zum einen, dass eine Entschädigung dann nicht mehr angemessen ist, wenn sie einer verdeckten Vergütung für die Tätigkeit im Gemeinderat gleichkommen würde (BayVGH vom 31.5.1960, BayVBl 1960 287/288 für Kreisräte; Hess VGH vom 18.5.2000 NVwZ-RR 2001, 118/119; Widtmann/Grasser, GO, RdNr. 2 zu Art. 20a). Nachteile im beruflichen und häuslichen Bereich, die mit der ehrenamtlichen Tätigkeit verbunden sind, dürfen mit Blick auf die spezielle Regelung in Art. 20a Abs. 2 GO nicht berücksichtigt werden. Insoweit bildet die zeitgenaue Abrechnung die Höchstgrenze für die Angemessenheit der Entschädigung. Andererseits ist die Entschädigung auch dann nicht mehr angemessen, wenn sie so niedrig bemessen ist, dass sie außer Verhältnis zum materiellen und zeitlichen Aufwand steht, der mit dem Ehrenamt verbunden ist. Dies wäre etwa dann der Fall, wenn der zeitliche Aufwand völlig außer Betracht bliebe und die Höhe der Entschädigung ersichtlich auch den materiellen Aufwand nicht abdecken würde, so dass die ehrenamtliche Tätigkeit mit Einbußen verbunden ist (Hölzl/Hien/Huber, Erl. 3 zu Art. 20a GO).

Unter Beachtung dieser äußersten Grenzen steht es der einzelnen Gemeinde im Rahmen ihres Beurteilungsspielraums frei, die Art oder Form, nach der die Entschädigung bemessen wird, festzulegen. Nach herrschender Meinung kommen je nach den örtlichen Verhältnissen eine Pauschale nach Zeitabschnitten wie etwa eine Monatspauschale, ein Sitzungsgeld, das nach Art und Dauer gestaffelt sein kann, jedoch nicht sein muss, oder eine Kombination beider Abgeltungsformen in Betracht (Bauer/Böhle/Ecker, RdNr. 5 zu Art. 20a GO; Widtmann/ Grasser, RdNr. 2 zu Art. 20a; Prandl/Zimmermann/Büchner, Erl. 4 zu Art. 20a GO; Schulz/Wachsmuth/Zwick, Kommunalverfassungsrecht Bayern, Erl. 2 zu Art. 20 GO; Bekanntmachung des Staatsministeriums des Innern vom 21.12.2000 AllMBl 2001, 3).

2.3 Mit ihrer Entscheidung in § 3 Abs. 2 Satz 1 der Satzung zur Regelung von Fragen des örtlichen Gemeindeverfassungsrechts, die Entschädigung in Form eines Sitzungsgeldes zu gewähren, hat sich die Antragsgegnerin für eine rechtlich zulässige Abgeltungsform entschieden; dabei handelt es sich um eine Form, die sich insbesondere bei kleineren Gemeinden anbietet, da in solchen Gemeinden der abzugeltende Aufwand primär im persönlichen, zeitlichen Aufwand besteht (Schulz/Wachsmuth/Zwick, Erl. 2 zu Art. 20a GO). Beim Sitzungsgeld für die notwendige Teilnahme an Sitzungen des Gemeinderats oder eines Ausschusses handelt es sich um eine pauschalierende Regelung, denn seine Zahlung hängt nicht von einer bestimmten Dauer der Sitzung, sondern nur von der Teilnahme an der Sitzung ab. Diesem Gesichtspunkt trägt § 3 Abs. 2 Satz 1 der Satzung der Antragsgegnerin Rechnung. Die Festlegung, dass ein Sitzungsgeld von je 25 Euro für die notwendige Teilnahme an Sitzungen des Gemeinderats oder eines Ausschusses gezahlt wird, lässt die Auslegung zu, dass die Entschädigung pro Sitzung anfällt, und zwar unabhängig davon, ob die Sitzungen an einem Tag oder an mehreren Tagen stattfinden.

Die streitgegenständliche Ergänzung der Entschädigungsregelung, mit der bei unveränderter Höhe des Sitzungsgeldes festgelegt wurde, dass für mehrere Sitzungen am gleichen Tag das Sitzungsgeld nur einmal gezahlt wird, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die Ergänzung verändert nicht den Charakter des Sitzungsgeldes als pauschalierende Regelung; auch trägt sie dem Gesichtspunkt Rechnung, dass das Sitzungsgeld unabhängig von der Dauer der jeweiligen Sitzung gewährt wird. Durch die Anfügung des Satzes 2 wird die kommunale Satzung auch nicht in sich widersprüchlich; sie enthält entgegen der Ansicht des Antragstellers keine miteinander unvereinbaren Grundprinzipien. Bei verständiger Würdigung der Entschädigungsregelung in der geltenden Fassung stellt Satz 1 der Satzungsbestimmung die Grundnorm dar; sie legt fest, für welche Art von Sitzungen, in welcher Abgeltungsform und in welcher Höhe eine Entschädigung gewährt wird; Satz 2 bildet die spezielle Regelung für die Konstellation, dass zwei oder mehr Sitzungen an einem Tag stattfinden.

Die Einwendungen des Antragstellers gegen die ergänzende Satzungsbestimmung beruhen auf der Prämisse, dass bei zwei Sitzungen an einem Tag die Vorbereitung auf diese und die Teilnahme an ihnen zwangsläufig mit einem höheren zeitlichen Aufwand verbunden sind. Dies ist aber nicht zwingend der Fall. Gemeinderatssitzung und Ausschusssitzung, die am gleichen Tag stattfinden, können die gleiche Thematik betreffen, so dass bereits kein zusätzlicher zeitlicher Aufwand für die Vorbereitung anfällt. Außerdem müssen zwei Sitzungen am gleichen Tag nicht zwingend länger dauern als nur eine Sitzung an einem Tag. Deren Dauer hängt letztlich von der Anzahl und Art der behandelten Sachthemen sowie davon ab, welchen zeitlichen Umfang die Wortmeldungen konkret einnehmen. Wird in (nur) einer Sitzung etwa ein besonders umstrittenes Vorhaben behandelt, so wird diese Sitzung mit Sicherheit deutlich länger dauern als zwei Sitzungen an einem Tag, in denen wenig brisante Themen erörtert werden. Da mit der Gewährung eines Sitzungsgeldes gerade verhindert werden soll, dass dessen Höhe von der Ermittlung der Sitzungsdauer im Einzelfall abhängig gemacht wird, steht schon aus diesem Grund die angegriffene Regelung, die im Übrigen den Empfehlungen des Bayerischen Staatsministeriums des Innern entspricht (Bek. vom 21.12.2000, a.a.O.), mit Art. 20a Abs. 1 Satz 1 GO in Einklang.

Aus den genannten Gründen geht auch der Einwand des Antragstellers ins Leere, die ergänzende Satzungsbestimmung habe gegenüber der Bestimmung in Satz 1 zwingend ein höheres Sitzungsgeld vorsehen müssen. Nur ergänzend sei darauf hingewiesen, dass die Antragsgegnerin mit der angegriffenen Regelung ausweislich der Sitzungsvorlage keine von Satz 1 abweichende Regelung treffen, sondern nur eine Klarstellung vornehmen wollte. Da bei der Festlegung der Entschädigung für Gemeinderatsmitglieder auch die örtlichen Verhältnisse wesentlich sind, ist der Hinweis der Antragsgegnerin nicht unbeachtlich, dass in den vergangenen 30 Jahren in der Gemeinde W****** lediglich einmal zwei Sitzungen am gleichen Tag stattgefunden haben.

Die angegriffene Bestimmung ist auch mit dem Gleichheitssatz (Art. 118 Abs. 1 BV, Art. 3 Abs. 1GG) vereinbar, der dem kommunalen Satzungsgeber gebietet, gleiche Sachverhalte, die nach der Natur der Sache und unter dem Gesichtspunkt der Gerechtigkeit eine gleiche Behandlung erfordern, nicht willkürlich ungleich zu regeln. Der Einwand des Antragstellers, die angegriffene Bestimmung führe zu einer horizontalen Ungleichbehandlung, weil das engagierte Gemeinderatsmitglied, dass am gleichen Tag an einer Gemeinderatssitzung und an einer Ausschusssitzung teilnehme, schlechter behandelt werde als ein "einfaches" Gemeinderatsmitglied, bei dem dieses zusätzliche Engagement entfalle, greift nicht durch. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass nach dem unwidersprochenen Vortrag der Antragsgegnerin, der durch die Aufstellung in der Behördenakte bestätigt wird, in der Gemeinde W****** jedes Gemeinderatsmitglied mehreren Ausschüssen angehört, so dass jedes Gemeinderatsmitglied gleichermaßen von der Entschädigungsregelung nach § 3 Abs. 2 Satz 2 betroffen sein kann. Bereits aus diesem Grund fehlt es an der tatsächlichen Grundlage für den vom Antragsteller gezogenen Vergleich.

Der gemeindliche Satzungsgeber hat im Übrigen in § 3 Abs. 2 Satz 1 der Satzung zur Regelung von Fragen des örtlichen Gemeindeverfassungsrechts die notwendige Teilnahme an Sitzungen des Gemeinderats oder eines Ausschusses hinsichtlich der Gewährung des Sitzungsgeldes gleich behandelt. Er hat damit bei typisierender Betrachtung den abzugeltenden Aufwand als im Wesentlichen identisch eingestuft. Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden. Allein der Umstand, dass eine Gemeinderatssitzung und eine Ausschusssitzung am gleichen Tag stattfinden, verändert die grundsätzliche Gleichstellung der Teilnahme an Sitzungen dieser beiden Gremien nicht. Da, wie dargelegt, das Zusammentreffen von Gemeinderatssitzung und Ausschusssitzung an einem Tag nicht zwangsläufig mit einem höheren Aufwand verbunden ist, verletzt die behauptete Unvereinbarkeit der Regelung den Gleichheitssatz nicht.

Der Verstoß der angegriffenen Satzungsbestimmungen gegen höherrangiges Recht kann auch nicht mit dem Hinweis begründet werden, der erste Bürgermeister habe es bei dieser Abrechnungsregelung in der Hand, durch die Anberaumung unzähliger Sitzungen an einem Tag die Höhe des Sitzungsgeldes zu bestimmen.

Die Argumentation basiert auf einer dem ersten Bürgermeister unterstellten Willkür, wenn dieser in Ausübung seines Rechts nach Art. 46 Abs. 2 Satz 2 GO mehrere Sitzungen auf einen Tag terminiert, nicht, weil es nach dem Geschäftsanfall sachlich geboten ist, sondern um das anfallende Sitzungsgeld möglichst gering zu halten. Dieses Vorbringen kann die Unvereinbarkeit der angegriffenen Satzungsbestimmung mit Art. 20a Abs. 1 GO nicht belegen. Die Antragsgegnerin hat zu Recht darauf hingewiesen, dass unabhängig davon, ob das Sitzungsgeld pro Tag oder pro Sitzung bezahlt wird, es der Bürgermeister durch die Terminierung in der Hand hat, Einfluss auf die Höhe des Sitzungsgeldes zu nehmen. Die Auswirkungen der Terminsbestimmung auf die Höhe der zu gewährenden Entschädigung bestehen generell und sind gerade nicht auf die Fallgestaltung beschränkt, dass an einem Tag mehrere Sitzungen stattfinden. Dies ist letztlich kein Gesichtspunkt, der unmittelbar auf die Angemessenheit der Entschädigung durchschlägt.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 und § 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG.

Ende der Entscheidung

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