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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 20.11.2006
Aktenzeichen: 5 BV 05.1586
Rechtsgebiete: EPÜ, GG, VwGO, GVG


Vorschriften:

EPÜ Art. 102
EPÜ Art. 111
GG Art. 19 Abs. 4 Satz 1
GG Art. 24 Abs. 1
VwGO § 40 Abs. 1 Satz 1
GVG § 20 Abs. 2
Für eine Klage, die sich unmittelbar gegen den Widerruf eines für Deutschland erteilten europäischen Patents durch eine Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts richtet, ist der Verwaltungsrechtsweg nicht eröffnet.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes

5 BV 05.1586

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Vollzugs des Europäischen Patentübereinkommens;

hier: Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 14. April 2005,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 5. Senat,

durch den Präsidenten des Verwaltungsgerichtshofs Hüffer, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Prof. Dr. Kraft, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Schmitz,

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 15. November 2006

am 20. November 2006

folgendes Urteil:

Tenor:

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, sofern nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin, eine Gesellschaft nach italienischem Recht mit Sitz in Rom, wendet sich gegen die Entscheidung einer Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts, durch die ein ihr zunächst erteiltes europäisches Patent widerrufen worden ist.

1. Die Klägerin war Inhaberin eines europäischen Patents für ein Fernsehgerät mit verbesserter Fernsteuereinheit, das am 19. November 1997 mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland und sechs weitere Vertragsstaaten des Europäischen Patentübereinkommens erteilt worden war. Gegen das Patent, das 20 Patentansprüche umfasste, hatte u. a. die Beigeladene Einspruch eingelegt, mit dem die Patentfähigkeit bestritten wurde. Die Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamts hielt das Patent entsprechend dem (zweiten) Hilfsantrag der Klägerin in vermindertem Umfang aufrecht. Dagegen erhoben die Einsprechenden Beschwerden.

Die zuständige Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts bestimmte mit Schreiben vom 10. März 2003 den Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 10. Juli 2003 und wies die Klägerin darauf hin, dass sie nach einer vorläufigen Prüfung dazu neige, die Entscheidung der Einspruchsabteilung nicht notwendigerweise als richtig anzusehen. Sie stellte zugleich anheim, etwaige Änderungen der Patentdokumente bis spätestens zwei Monate vor der mündlichen Verhandlung einzureichen, und wies darauf hin, dass sie nicht rechtzeitig vorgelegte Änderungen unbeachtet lassen könne. Mit Schriftsatz vom 12. Mai 2003 kündigte die Klägerin für den Fall, dass die Beschwerdekammer die von der Einspruchsabteilung gebilligte Fassung des Patentanspruchs nicht für patentfähig halte, an, das Patent auf der Basis der bereits vorgelegten Hilfsanträge zu verteidigen. In der mündlichen Verhandlung legte die Klägerin dann vier Hilfsanträge zur Änderung der Patentansprüche vor, von denen der erste bereits vor der Einspruchsabteilung gestellt war, während der zweite und dritte Hilfsantrag neue Merkmalskombinationen aus einzelnen Ansprüchen enthielten. Die Beschwerdekammer widerrief mit Entscheidung vom 30. Juli 2003 das Patent. Sie verneinte mit Blick auf den Hauptantrag und den ersten Hilfsantrag die erfinderische Tätigkeit. Den zweiten und dritten Hilfsantrag wies sie als verspätet zurück, weil es sich um neue Anträge handele und es daher unbillig sei, von den Einsprechenden eine Erwiderung auf die als völlig neu und komplex empfundene Situation zu verlangen, zumal die Klägerin keinen Grund für die späte Geltendmachung vorgebracht habe. Die Beschwerdekammer kam auch dem vierten Hilfsantrag nicht nach, der Großen Beschwerdekammer die Frage zur Entscheidung vorzulegen, ob ein während der mündlichen Verhandlung vorgelegter Antrag des Patentinhabers wegen verspäteten Vorbringens zurückgewiesen werden könne, wenn der Antrag lediglich eine Kombination eines geltend gemachten unabhängigen Anspruchs mit Merkmalen von abhängigen Ansprüchen enthalte. Zur Begründung führte die Beschwerdekammer aus, dass es nach gefestigter Rechtsprechung grundsätzlich in ihrem Ermessen stehe, Änderungen zuzulassen oder nicht, und dass nie in Zweifel gezogen worden sei, dass zu spät eingereichte Änderungen zurückgewiesen werden könnten.

2. Die Klägerin hat am 3. Mai 2004 beim Verwaltungsgericht München Klage erhoben, die sie zunächst gegen das Europäische Patentamt, später gegen die Europäische Patentorganisation gerichtet hat. Sie hat geltend gemacht, dass die Entscheidung der Beschwerdekammer über die Zurückweisung ihrer Hilfsanträge als verspätet unter Missachtung der vom Grundgesetz unabdingbar gebotenen Anforderungen an ein gerichtliches Verfahren ergangen sei, sie in ihren Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten aus Art. 14 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4, Art. 101 Abs. 1 Satz 2 sowie Art. 103 Abs. 1 GG verletze und deshalb in der Bundesrepublik Deutschland keine Rechtswirkungen entfalten dürfe.

Die Beschwerdekammern, die als einzige Kontrollinstanz in Einspruchsverfahren gegen europäische Patente fungierten, würden von einem vertraglich gar nicht geregelten Ermessen für die Zurückweisung von Sachanträgen des Patentinhabers als verspätet ausgehen und dieses Ermessen gänzlich uneinheitlich und unvorhersehbar ausüben. Dieser Missstand sei deshalb gravierend, weil der Patentinhaber zum Schutz seiner Eigentumsposition zwingend auf Hilfsanträge angewiesen sei. Denn für den Fall, dass das Patent nur in eingeschränktem Umfang patentfähig sei, würden im Einspruchsverfahren von dem Patentinhaber als dem Sachnäheren Hilfsanträge verlangt, wenn das Patent nicht vollständig widerrufen werden solle. Mit den Hilfsanträgen würden eingeschränkte Merkmalskombinationen unter Bezug auf abhängige Ansprüche (Unteransprüche) geltend gemacht, welche bereits als "Minus" im erteilten und veröffentlichten Patent vorgesehen seien und deshalb die übrigen Beteiligten nicht überraschen könnten. Mit dem Zurückweisen der Hilfsanträge als verspätet gehe demnach ein Patent trotz teilweiser Patentfähigkeit unwiederbringlich verloren. Im deutschen Verfahren wäre die Zurückweisung solcher Hilfsanträge als verspätet verfassungsrechtlich ausgeschlossen. Die Entscheidung der Beschwerdekammer sei Ausdruck eines generell und deutlich hinter dem deutschen Grundrechtsstandard zurückbleibenden Schutzniveaus im Bereich des Rechtsschutzes und des rechtlichen Gehörs. Hinzu komme, dass es bislang an einem vom Bundesverfassungsgericht als rechtsstaatlicher Mindeststandard geforderten prozessualen Mittel fehle, um gerichtliche Verfahrensfehler durch ein Gericht kontrollieren zu lassen; denn Art. 112a EPÜ, der diesem Missstand abhelfen und eine Überprüfung der Entscheidungen der Beschwerdekammern durch die Große Beschwerdekammer bei schwer wiegenden Verfahrensmängeln ermöglichen solle, gelte bislang nicht.

Vor diesem Hintergrund sei die Klage zulässig. Insbesondere sei im Anschluss an die neuere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Grundrechtsschutz gegen Akte supranationaler Organisationen, insbesondere den Beschluss vom 4. April 2001 (NJW 2001, 2705), die deutsche Gerichtsbarkeit eröffnet. Es handele sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art, für die der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten nach der Generalklausel des § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO eröffnet sei. Für den Fall, dass das Verwaltungsgericht die Überzeugung gewinne, dass der unabdingbar gebotenen Grundrechtsstandard unterschritten worden sei, werde die Vorlage an das Bundesverfassungsgericht analog Art. 100 Abs. 1 GG angeregt, weil diesem wohl das "Verwerfungsmonopol" zukomme.

Die Klägerin hat beantragt,

die Entscheidung der Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts vom 30. Juli 2003 aufzuheben,

hilfsweise festzustellen, dass die Entscheidung der Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts vom 30. Juli 2003 in der Bundesrepublik Deutschland keine Rechtswirkungen entfaltet.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat ausgeführt, dass die Klage jedenfalls deshalb unzulässig sei, weil die Europäische Patentorganisation nach dem Europäischen Patentübereinkommen im Rahmen ihrer amtlichen Tätigkeit, wozu die Erteilung und der Widerruf europäischer Patente gehörten, von der deutschen Gerichtsbarkeit befreit sei. Im Übrigen sei eine Unterschreitung des grundrechtlichen Mindeststandards im Rechtsschutzsystem des Europäischen Patentübereinkommens nicht zu erkennen. Eine solche Rüge könne zudem nicht vor den Fachgerichten, sondern nur mittels Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht geltend gemacht werden.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 14. April 2005 als unzulässig erachtet und abgewiesen. Zur Begründung hat es u. a. ausgeführt: Die Europäische Patentorganisation unterliege gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 20 Abs. 2 GVG nicht der deutschen Gerichtsbarkeit, weil sie im Rahmen ihrer amtlichen Tätigkeit Immunität genieße. Diese Befreiung werde entgegen der Ansicht der Klägerin nicht durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Grundrechtsschutz gegen Akte supranationaler Organisationen zurückgedrängt. Denn das Bundesverfassungsgericht habe hervorgehoben, dass die deutschen Gerichte ihre Jurisdiktion nicht ausüben, solange ein dem Grundgesetz im wesentlichen vergleichbarer Grundrechtsschutz verfügbar ist; nur wenn ein solcher Rechtsschutz ganz fehle oder das vom Grundgesetz geforderte Maß generell und offenkundig unterschreite, käme ein Grundrechtsschutz durch das Bundesverfassungsgericht in Betracht. Dem könne nicht entnommen werden, dass die Entscheidungskompetenz der nationalen Fachgerichte eröffnet sei. Letztlich könne die Frage der Auffangzuständigkeit deutscher Gerichte offen bleiben, weil keine Anhaltspunkte dafür bestünden, dass das vom Grundgesetz geforderte Mindestmaß an Rechtsschutz im Bereich der Beklagten generell und offenkundig unterschritten werde. Im Übrigen sei der Verwaltungsrechtsweg nicht eröffnet, weil es sich bei der Entscheidung der Beschwerdekammer um eine Gerichtsentscheidung handele. Eine öffentliche Streitigkeit im Sinne von § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO liege nur bei Akten der Exekutive vor.

Das Verwaltungsgericht hat die Berufung gegen sein Urteil zugelassen.

3. Die Klägerin hat Berufung eingelegt, mit der sie ihre erstinstanzlichen Anträge in vollem Umfang weiterverfolgt. Sie wiederholt und vertieft ihr Vorbringen zur Eröffnung der deutschen Gerichtsbarkeit und des Verwaltungsrechtswegs. Mit Blick auf die Erwägung des Verwaltungsgerichts, der Verwaltungsrechtsweg sei nur gegenüber Akten der Exekutive eröffnet, führt die Klägerin ergänzend aus: Zum einen hätten die Beschwerdekammern mangels organisatorischer Trennung vom Europäischen Patentamt als Exekutivorgan keine Gerichtsqualität. Zum anderen fehle es im supranationalen Rechtsschutzsystem an dem vom Bundesverfassungsgericht als Minimalanforderung genannten prozessualen Mittel, um gerichtliche Verfahrensfehler durch ein Gericht kontrollieren zu lassen. Um den verfassungsrechtlichen Mindestanforderungen zu entsprechen, müsse ein nationales Fachgericht diese Kontrollfunktion übernehmen. Dafür käme allein die Verwaltungsgerichtsbarkeit in Betracht.

Die Beklagte hält die Berufung für unbegründet und beantragt, sie zurückzuweisen.

Die Beigeladene und der Vertreter des öffentlichen Interesses teilen die Auffassung der Beklagten, ohne einen eigenen Antrag zu stellen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin bleibt ohne Erfolg.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht für unzulässig erachtet und abgewiesen. Die Klage richtet sich - zuletzt - gegen die Europäische Patentorganisation (EPO), bei der die Beschwerdekammern als Untergliederung des Europäischen Patentamts gebildet sind. Mit ihr verfolgt die Klägerin den Antrag, die Entscheidung der Beschwerdekammer vom 30. Juli 2003 über den Widerruf des ihr erteilten europäischen Patents aufzuheben, hilfsweise festzustellen, dass diese Entscheidung in der Bundesrepublik Deutschland keine Rechtswirkungen entfaltet. Ob die EPO für dieses Rechtsschutzbegehren der deutschen Gerichtsbarkeit unterliegt, entzieht sich einer abschließenden Beurteilung durch die Verwaltungsgerichte, weil diese im Falle einer Eröffnung der deutschen Gerichtsbarkeit nach den allgemeinen nationalen Vorschriften unzuständig wären (dazu nachfolgend 1). Denn für Klagen, die sich unmittelbar gegen Rechtsprechungsakte supranationaler Gerichte richten, ist der Verwaltungsrechtsweg nach § 40 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 VwGO nicht gegeben (dazu nachfolgend 2). Da eine Verweisung des Rechtsstreits nach § 173 VwGO i.V.m. § 17a Abs. 2 GVG ausscheidet, war die Klage insgesamt als unzulässig abzuweisen (dazu nachfolgend 3).

1. Die von der Klägerin in den Vordergrund gestellte Frage, ob für ihre Klage gegen die EPO zur Gewährleistung des von der Beschwerdekammer angeblich missachteten unabdingbaren Grundrechtsstandards die deutsche Gerichtsbarkeit gegeben ist, entzieht sich der Beantwortung durch die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Die EPO ist durch das Übereinkommen über die Erteilung europäischer Patente (Europäisches Patentübereinkommen - EPÜ) vom 5. Oktober 1973 (BGBl 1976 II S. 826) gegründet worden, dem die Bundesrepublik Deutschland durch das Gesetz über Internationale Patentübereinkommen (IntPatÜG) vom 21. Juni 1976 (BGBl II S. 649 ff., zuletzt geändert durch Gesetz vom 12. März 2004, BGBl I S. 390) zugestimmt hat. Ihr sind von den Vertragsstaaten die hoheitlichen Aufgaben übertragen, die europäischen Patente zu erteilen (Art. 4 Abs. 3 Satz 1 EPÜ), die ihrem Inhaber in jedem Vertragsstaat, für den sie erteilt worden sind, grundsätzlich dieselben Rechte gewähren, die sich aus entsprechenden nationalen Patenten ergeben würden (Art. 64 Abs. 1 EPÜ). Diese Aufgabe wird vom Europäischen Patentamt durchgeführt. Erteilt dieses ein europäisches Patent, so kann jedermann innerhalb von neun Monaten nach der Veröffentlichung der Patenterteilung Einspruch einlegen (Art. 99 Abs. 1 EPÜ), der das europäische Patent für aller Vertragsstaaten erfasst, für die es erteilt ist (Art. 99 Abs. 2 EPÜ). Der Einspruch endet mit einer Entscheidung der Einspruchsabteilung, die das europäische Patent entweder - auch teilweise - aufrechterhält oder widerruft (Art. 102 EPÜ). Durch den Widerruf werden die Wirkungen der europäischen Patentanmeldung und des europäischen Patents rückwirkend beseitigt (vgl. Art. 68 EPÜ). Alle Entscheidungen der Einspruchsabteilung sind mit der Beschwerde anfechtbar (Art. 106 Abs. 1 EPÜ), über die die Beschwerdekammer entscheidet (Art. 111 EPÜ). Zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsanwendung oder wenn sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt, kann die Beschwerdekammer oder der Präsident des Europäischen Patentamts nach Maßgabe des Art. 112 EPÜ die Große Beschwerdekammer anrufen.

Ein europäisches Patent, das für mehrere Vertragsstaaten erteilt ist, stellt kein Gemeinschaftspatent dar; nach seiner Erteilung - ggf. nach Abschluss eines sich anschließenden Einspruchs- oder Beschwerdeverfahren - zerfällt es vielmehr in ein Bündel mehrerer selbständiger und rechtlich voneinander unabhängiger Schutzrechte, die nach nationalem Recht zu beurteilen sind und ein unterschiedliches Schicksal nehmen können. Allerdings bestimmt das Europäische Patentübereinkommen, dass ein europäisches Patent nach dem nationalen Recht eines Vertragsstaats mit Wirkung für das Hoheitsgebiet dieses Vertragsstaates grundsätzlich nur aus den in Art. 138 EPÜ genannten Gründen für nichtig erklärt werden kann. Für die Bundesrepublik Deutschland ist dies durch Art. 2 § 6 IntPatÜG umgesetzt. Zuständig für die Entscheidungen über Klagen auf Erklärung der Nichtigkeit von Patenten - nach deutschem Recht mit Wirkung für die Bundesrepublik - ist das Bundespatentgericht (§ 65 Abs. 1 PatG), gegen dessen Urteile im Nichtigkeitsverfahren Berufung zum Bundesgerichtshof eingelegt werden kann (§ 110 Abs. 1 PatG).

Die EPO genießt im Rahmen ihrer amtlichen Tätigkeit Immunität vor den mitgliedstaatlichen Gerichtsbarkeiten (Art. 8 und Art. 164 Abs. 1 EPÜ i.V.m. Art. 3 Abs. 1 und 4 des Protokolls über die Vorrechte und Immunitäten der europäischen Patentorganisation, BGBl 1976 II S. 985). Das gilt auch für den in Streit stehenden Widerruf eines europäischen Patents im Einspruchs- oder Beschwerdeverfahren. Insoweit enthält das Europäische Patentübereinkommen - anders als für den Bereich der Nichtigkeitsklagen - ein eigenes Rechtsschutzsystem, das abschließende Geltung beansprucht und Kontrollkompetenzen nationaler Behörden oder Gerichte der Vertragsstaaten ausschließt. Denn der Widerruf ist Teil des durch das Europäische Patentübereinkommen vereinheitlichten Erteilungsverfahrens. Der nationale Rechtskreis wird insoweit erst dann betroffen, wenn nach vollständiger Durchführung des europäischen Patenterteilungsverfahrens in dem jeweiligen Vertragsstaat die Rechtswirkungen des Patents in seinem endgültigen Umfang zu beurteilen sind. Das wird bestätigt durch die Subsidiaritätsregel des § 81 Abs. 2 PatG, wonach Nichtigkeitsklagen zum Bundespatentgericht unzulässig sind, solange das europäische Einspruchsverfahren noch nicht abgeschlossen ist (zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit dieses Zusammenspiels der Rechtsschutzsysteme BVerfG, B.v. 5.4.2006 - 1 BvR 2310/05 - juris <mit unzutreffendem Entscheidungsdatum 5.4.2005>). Wird ein europäisches Patent hingegen erst gar nicht erteilt oder im europäischen Einspruchs- oder Beschwerdeverfahren mit Wirkung ex tunc in vollen Umfang widerrufen, sehen weder das Europäische Patentübereinkommen noch das deutsche Patentrecht Rechtschutz durch die nationalen Patentgerichte vor. Demnach genießt die EPO Immunität nach § 20 Abs. 2 GVG, auf die sie im vorliegenden Verfahren auch nicht verzichtet hat.

Die deutsche Gerichtsbarkeit ist damit indes, worauf die Klägerin zutreffend hinweist, nicht zwingend ausgeschlossen. Das Bundesverfassungsgericht behält sich in ständiger Rechtsprechung vor, seine Gerichtsbarkeit auch gegenüber Akten einer supranationalen Organisation, der die Bundesrepublik nach Art. 24 Abs. 1 GG oder Art. 23 Abs. 1 Satz 2 GG Hoheitsgewalt mit Wirkung auf ihrem Staatsgebiet übertragen hat, auszuüben; denn solche Akte können die Grundrechtsberechtigten in Deutschland betreffen und insoweit die Gewährleistungen des Grundgesetzes und die Aufgaben des Bundesverfassungsgerichts berühren, die den Grundrechtsschutz in Deutschland und insofern nicht nur gegenüber deutschen Staatsorganen zum Gegenstand haben (U.v. 12.10.1993 - 2 BvR 2134, 2159/92, BVerfGE 89, 155/175 - Maastricht). Das Bundesverfassungsgericht hat mit Blick auf die Offenheit der Verfassung für internationale Zusammenarbeit zugleich hervorgehoben, dass es seine Gerichtsbarkeit nicht ausüben wird, wenn auf der supranationalen Ebene ein im Wesentlichen dem grundgesetzlichen vergleichbarer Grundrechtsschutz gewährleistet ist. Für den Bereich der Europäischen Union hat es diese Voraussetzung im sog. Solange II-Beschluss vom 22. Oktober 1986 (2 BvR 197/83, BVerfGE 73, 339/378 ff.) bejaht und im Beschluss vom 7. Juni 2000 zur Bananenmarktordnung (2 BvL 1/97, BVerfGE 102, 147/164) klargestellt, dass Verfassungsbeschwerden und Vorlagen von Gerichten von vornherein unzulässig sind, wenn ihre Begründung nicht darlegt, dass die europäische Rechtsentwicklung nach Ergehen der Solange II-Entscheidung unter den erforderlichen Grundrechtsstandard abgesunken sei. Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung hat das Bundesverfassungsgericht sich wiederholt mit Entscheidungen von Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts befasst. Auch diese werden als Akte öffentlicher Gewalt im Sinne von § 90 Abs. 1 BVerfGG und damit als tauglicher Gegenstand einer Verfassungsbeschwerde angesehen, wenn sie in die nationale Rechtsordnung hineinwirken und dadurch Rechte von Grundrechtsberechtigten in Deutschland betreffen können (B.v. 4.4.2001 - 2 BvR 2368/99, NJW 2001, 2705, B.v. 28.11.2005 - 2 BvR 1751/03, juris; dazu ausführlich Walter, AöR 129 <2004>, S. 39 ff.). Das Bundesverfassungsgericht hat für den Bereich des Europäischen Patentübereinkommens ebenfalls festgestellt, dass das vertragliche Rechtsschutzsystem im Wesentlichen dem des Grundgesetzes und damit dem Standard des Art. 24 Abs. 1 GG entspricht (B.v. 4.4.2001, a.a.O. S. 2706).

Der Verwaltungsgerichtshof hat entgegen der Ansicht der Klägerin nicht darüber zu befinden, ob nach diesen Grundsätzen die Klägerin als ausländische juristische Person mit Geschäftssitz in Italien zu den Grundrechtsberechtigten in Deutschland zählt (zweifelhaft wegen BVerfG, B.v. 8.1.1997 - 2 BvR 1878/96 - juris) und ob mit Blick auf die von ihr kritisierte Spruchpraxis der Beschwerdekammern zur Präklusion von Hilfsanträgen des Patentinhabers der vom Grundgesetz als unabdingbar gebotene Grundrechtsschutz entgegen den Feststellungen des Bundesverfassungsgerichts missachtet wird. Denn diese Beurteilung steht nur demjenigen Gericht zu, das im Falle einer Nachprüfbarkeit der angegriffenen Entscheidung durch die deutsche Gerichtsbarkeit nach den allgemeinen nationalen Vorschriften für die Nachprüfung zuständig wäre (vgl. Rennert in Eyermann, VwGO, 12. Aufl. 2006, RdNr. 9 zu § 40). Das sind aus den nachfolgenden Gründen nicht die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit.

2. Der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten ist nicht eröffnet. Denn das Rechtsschutzbegehren stellt in Haupt- und Hilfsantrag keine öffentlich-rechtliche Streitigkeit im Sinne der allein in Betracht kommenden Generalklausel des § 40 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 VwGO dar. Das ergibt sich wohl bereits daraus, dass es den Akt einer supranationalen Organisation betrifft (a), jedenfalls aber daraus, dass es sich dabei um eine gerichtliche Entscheidung handelt (b).

a) Die Einordnung als "öffentlich-rechtliche Streitigkeit" dürfte bereits deshalb ausscheiden, weil § 40 VwGO nach herkömmlichem Verständnis im Gleichklang mit Art. 19 Abs. 4 GG Rechtsschutz nur gegen Akte der deutschen öffentlichen Gewalt gewährt (Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl. 2005, RdNr. 37 zu § 40; Sodan in Sodan/ Ziekow <Hrsg.>, VwGO, 2. Aufl. 2006, RdNrn. 129 f. zu § 40, Ehlers in Schoch/ Schmidt-Aßmann/Pietzner <Hrsg.>, VwGO, Stand April 2006, Vorb § 40 RdNr. 70; Schulze-Fielitz in Dreier <Hrsg.>, GG, 1996, RdNr. 38 zu Art. 19 Abs. 4).

Mit Blick auf die - oben skizzierte - neuere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Grundrechtsschutz "in Deutschland" stellt sich allerdings die Frage, ob die verwaltungsgerichtliche Generalklausel parallel zu § 90 Abs. 1 BVerfGG auf Akte supranationaler Organisationen erweitert werden muss, wenn diese unmittelbar in die Rechtsordnung der Vertragsstaaten hineinwirkende Verwaltungsaufgaben wahrnimmt (in diese Richtung Dünchheim, Verwaltungsprozessrecht unter europäischem Einfluss, 2003, S. 78 f.; zurückhaltend: Kopp/Schenke, a.a.O. RdNr. 29 zu § 1, Ehlers in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner <Hrsg.>, a.a.O., Sodan in Sodan/Ziekow <Hrsg.>, a.a.O. RdNr. 130; offen: Schmidt-Aßmann in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner <Hrsg.>, a.a.O. Einl. RdNr. 9). Eine solche Ausdehnung der fachgerichtlichen Rechtsprechungsaufgaben begegnet allerdings erheblichen Bedenken: Zum einen stünde im Zentrum eines solchen Rechtsstreits die verfassungsrechtliche Frage, ob die durch das Zustimmungsgesetz ausgesprochene Übertragung deutscher Hoheitsrechte (weiterhin) den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Art. 24 Abs. 1 GG genügt; sie zu beantworten ist nicht Aufgabe der Verwaltungsgerichte. Zum anderen wäre die Immunität der supranationalen Organisation in einem völkerrechtlich nicht zu rechtfertigenden Ausmaß eingeschränkt, wenn die Prüfungs- und Verwerfungskompetenz nicht beim Bundesverfassungsgericht monopolisiert, sondern auch den Fachgerichte zugesprochen würde.

b) Eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit im Zuständigkeitsbereich der Verwaltungsgerichte liegt im zu entscheidenden Fall aber jedenfalls - also selbst bei einer Ausdehnung des § 40 VwGO auf Akte zwischenstaatlicher Einrichtungen - schon deshalb nicht vor, weil es sich bei der von der Klägerin angegriffenen Entscheidung der Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts über den Widerruf des europäischen Patents um einen Akt der Rechtsprechung handelt.

(1) § 40 VwGO gewährt in Übereinstimmung mit Art. 19 Abs. 4 GG keinen verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutz gegen Maßnahmen der Rechtsprechung, die in spruchrichterlicher Tätigkeit als Instanz der unbeteiligten Streitentscheidung getroffen werden (vgl. Sodan in Sodan/Ziekow <Hrsg.>, a.a.O. RdNr. 74 f. zu § 40; Rennert in Eyermann, a.a.O. RdNr. 5 zu § 40; Schmidt-Aßmann in Schoch/Schmidt-Aßmann/ Pietzner <Hrsg.>, a.a.O. Einl. RdNr. 16; zur Reichweite des Art. 19 Abs. 4 GG BVerfG, B.v. 30.4.2003 - 1 PBvU 1/02, BVerfGE 107, 395/403 ff.). Die Rechtsschutzgarantie des Grundgesetzes ist zwar nicht auf den Rechtsschutz gegenüber Akten der vollziehenden Gewalt im Sinne von Art. 19 Abs. 4 GG beschränkt. Vielmehr umfasst der im Rechtsstaatsprinzip verankerte allgemeine Justizgewährungsanspruch auch Rechtsschutz gegen die erstmalige Verletzung von Verfahrensgrundrechten durch ein Gericht, wenn er auch keinen Rechtsmittelzug sichert. In diesem Rahmen steht der Rechtsweg auch zur Überprüfung einer behaupteten Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör durch ein Gericht offen (BVerfGE 107, 395/401 u. 408 ff.). Dieser Justizgewährungsanspruch wird allerdings nach dem deutschen Prozessrecht nur innerhalb der jeweiligen Verfahrensordnungen der Fachgerichtsbarkeiten durch das Rechtsmittelsystem oder - bei letztinstanzlichen Entscheidungen - durch das Institut der Anhörungsrüge (etwa § 152a VwGO) verwirklicht. Den Verwaltungsgerichten ist durch § 40 VwGO nicht die Aufgabe übertragen, den allgemeinen Justizgewährungsanspruch gegenüber Rechtsprechungsakten anderer Gerichtsbarkeiten sicherzustellen. Das gilt unabhängig davon, ob es sich um ein nationales oder supranationales Gerichte handelt und wie gewichtig der angebliche Verfahrensverstoß ist.

(2) Die mit der Klage angegriffene Entscheidung der Beschwerdekammer stellt einen solchen Rechtsprechungsakt außerhalb des Anwendungsbereichs von § 40 VwGO dar. Das Beschwerdeverfahren nach Art. 106 ff. EPÜ gegen Entscheidungen der Einspruchsabteilung ist ein vom erstinstanzlichen Verfahren vollständig getrenntes, unabhängiges Verfahren mit der Aufgabe, ein "gerichtliches Urteil über die Richtigkeit einer davon strikt zu trennenden früheren Entscheidung der erstinstanzlichen Stelle zu fällen" (BVerfG, B.v. 4.4.2001 - 2 BvR 2368/99, NJW 2001, S. 2705/2706 m.w.N.). Das Verfahren ist rechtsstaatlichen Grundsätzen verpflichtet, wobei die allgemeinen Grundsätze für Gerichtsverfahren Anwendung finden. Die Mitglieder der Beschwerdekammern, von denen zumindest eines die Qualifikation zum Richteramt haben muss, sind sachlich und persönlich unabhängig; sie werden für einen Zeitraum von fünf Jahren ernannt und können während diesen Zeitraums ihrer Funktion grundsätzlich nicht enthoben werden (Art. 21 und 23 EPÜ). Sie dürfen ferner nicht denjenigen Organen des Europäischen Patentamts angehören, die die angefochtene erstinstanzliche Entscheidung erlassen haben. Die Mitglieder der Beschwerdekammern können schließlich von jedem Verfahrensbeteiligten nach Maßgabe des Art. 24 Abs. 3 EPÜ insbesondere wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden.

Einer Qualifizierung als Rechtsprechungsakt steht auch nicht der von der Klägerin angeführte Umstand entgegen, dass die Beschwerdekammern Teil des Europäischen Patentamts sind und unter dessen Briefkopf auftreten (vgl. Art. 15 Buchst. f und g EPÜ). Sie sind gleichwohl von den übrigen erstinstanzlich tätigen Organen im Verfahren (Art. 15 Buchst. a bis e EPÜ) nicht nur durch die geschilderten Verfahrensregelungen, sondern nach Regel 10 der Ausführungsordnung zum Übereinkommen über die Erteilung europäischer Patente (vom 5.10.1973, BGBl II 1976, 915, geändert durch Beschluss des Verwaltungsrats vom 18.10.2001) auch organisatorisch durch eine eigene Präsidialverfassung hinreichend abgetrennt: Das Präsidium der Beschwerdekammern als "autonomes Organ innerhalb der die Beschwerdekammern umfassenden Organisationseinheit" setzt sich aus dem zuständigen Vizepräsidenten als Vorsitzenden und gewählten zwölf Mitgliedern der Beschwerdekammern zusammen; das Präsidium erlässt die Verfahrensordnung der Beschwerdekammern und verteilt - in erweiterter Besetzung mit allen Vorsitzenden der Beschwerdekammern - vor Beginn eines jeden Geschäftsjahrs die Geschäfte in sachlicher und personeller Hinsicht. Diese auch organisatorisch abgesicherte Trennung exekutiver und judikativer Funktionen unterscheidet die Beschwerdekammern des EPO in entscheidender Weise von den früheren Beschwerdesenaten des Deutschen Patentamts unter Geltung des Patentgesetzes 1953, denen das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 13. Juni 1959 (I C 66.57 - BVerwGE 8, 350/354 ff.) Gerichtscharakter abgesprochen hatte.

(3) Demnach ist der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten nicht eröffnet, selbst wenn die Entscheidung der Beschwerdekammer nicht nur das Gebot rechtlichen Gehörs verletzen, sondern zudem Ausdruck einer generell hinter dem vom Grundgesetz als unabdingbar gebotenen Grundrechtsschutz zurückbleibenden Rechtsprechungspraxis sein sollte. Das gilt unabhängig davon, ob das Europäische Patentübereinkommen den Beschwerdekammern bei Gehörsverletzungen eine Möglichkeit zur Selbstkorrektur eröffnet. Eine Auffangzuständigkeit der Verwaltungsgerichte ist auch verfassungsrechtlich nicht geboten. Jedenfalls gegenüber supranationalen Rechtsprechungsakten genügt die Verfassungsbeschwerde als Abhilfemöglichkeit.

Gleichwohl sei angemerkt, dass die Argumentation der Klägerin zur Verletzung des als unabdingbar gebotenen Grundrechtsschutzes auch in der Sache nicht durchgreifen würde. Die Klägerin meint, die Beschwerdekammer hätte ihre erstmals in der mündlichen Verhandlung gestellten Hilfsanträge, die auf eine Aufrechterhaltung des Streitpatents in vermindertem Umfang abzielten, nicht als verspätet zurückweisen dürfen, weil es an einer ausreichenden Rechtsgrundlage fehle und weil die Hilfsanträge zudem als minus im Hauptantrag enthalten gewesen seien, weshalb sie von Amts wegen hätten geprüft werden müssen. Das würde keinen Gehörsverstoß begründen:

Auch wenn die Vorschrift des Art. 114 Abs. 2 EPÜ über die Zurückweisung von verspätet vorgebrachten Tatsachen und Beweismitteln nicht unmittelbar eine Beschränkung des Sachantrags erfasst, so hält sich eine entsprechende Rechtsanwendung ohne weiteres im Rahmen einer zulässigen richterlichen Rechtsfortbildung. Sie liegt schon deshalb nicht fern, weil es nach dem auch das deutsche Patentrecht beherrschenden Antrags- und Dispositionsgrundsatz Sache des Patentsuchers ist, sein Schutzbegehren zu formulieren und damit den Inhalt des begehrten Patents auszugestalten (vgl. BayVGH, B.v. 27.5.2003 - 5 CE 02.2931 - GRUR-RR 2003, S. 297 ff. m.w.N.). Die verfahrensrechtlichen Mitwirkungspflichten werden nicht in unzumutbarer Weise überspannt, wenn im Beschwerdeverfahren von dem Patentinhaber verlangt wird, dass er eine auch hilfsweise Beschränkung seiner Patentansprüche rechtzeitig vor der mündlichen Verhandlung erklärt, um Verfahrensverzögerungen durch neu aufgeworfene tatsächliche Fragen zur Patentfähigkeit zu vermeiden.

Die Klägerin wurde von dieser Spruchpraxis im konkreten Verfahren auch keineswegs überrascht. Denn die Beschwerdekammer hatte bereits mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung einen ausführlichen Hinweis (Annex to the summons to attend oral proceedings) übersandt, der nicht nur eine kritische Beurteilung des Patents enthielt (Nrn. 6 und 7), sondern insbesondere auch Gelegenheit zu etwaigen Änderungen der Patentdokumente bis spätestens zwei Monate vor der mündlichen Verhandlung eingeräumt und darauf hingewiesen hat, dass verspätete Änderungen zurückgewiesen werden können (Nr. 8). Dennoch hat die Klägerin erst in der mündlichen Verhandlung und zudem ohne Begründung für die Verspätung zwei neue Hilfsanträge gestellt, mit denen sie die Unteransprüche des Streitpatents reduziert und in neuer Kombination geltend gemacht hat. Es ist weder substantiiert vorgetragen noch ersichtlich, warum ihr das nicht innerhalb der von der Beschwerdekammer gesetzten Frist möglich gewesen sein sollte. Da die Klägerin mithin die Möglichkeit, sich in zumutbarer Weise selbst rechtzeitig Gehör zu verschaffen, nicht wahrgenommen hat, kann sie sich nicht nachträglich auf eine Verletzung ihrer Verfahrensrechte berufen.

3. Eine Verweisung des Rechtsstreits nach § 173 VwGO i.V.m. § 17a Abs. 2 GVG scheidet aus. Der Rechtsweg ist zu keiner anderen deutschen Fachgerichtsbarkeit eröffnet; insbesondere fällt der Rechtsstreit nicht in den Zuständigkeitsbereich des Bundespatentgerichts (§ 65 Abs. 1 PatG). Im Verhältnis zu dem allenfalls zuständigen Bundesverfassungsgericht finden die §§ 17 ff. GVG keine Anwendung, sodass eine Verweisung nicht in Betracht kommt (Rennert in Eyermann, a.a.O. RdNr. 7 zu § 41 m.w.N.). Mithin war die Klage insgesamt (in Haupt- und Hilfsantrag) als unzulässig abzuweisen.

4. Die Klägerin hat gemäß § 154 Abs. 2 VwGO die Kosten der ohne Erfolg eingelegten Berufung zu tragen. Es besteht kein Anlass, ihr die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen nach § 162 Abs. 3 VwGO aufzuerlegen, weil diese keinen Antrag gestellt und damit wegen § 154 Abs. 3 VwGO kein eigenes Kostenrisiko übernommen hat. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 und § 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 100.000 Euro festgesetzt (§ 52 Abs. 1, § 47 GKG).

Ende der Entscheidung

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