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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 05.11.2007
Aktenzeichen: 5 C 07.2351
Rechtsgebiete: VwGO, MarkenG


Vorschriften:

VwGO § 40 Abs. 1 Satz 1
MarkenG § 66 Abs. 1
MarkenG § 96 Abs. 4
Für den Streit über den (behaupteten) Anspruch gegenüber dem Deutschen Patent- und Markenamt auf Löschung der Eintragung als Vertreter aus dem Markenregister ist der Rechtsweg zum Bundespatentgericht und nicht der zu den Verwaltungsgerichten eröffnet.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

5 C 07.2351

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Löschung aus dem Markenregister;

hier: Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 30. August 2007,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 5. Senat,

durch den Präsidenten des Verwaltungsgerichtshofs Hüffer, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Schmitz, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Wagner

ohne mündliche Verhandlung am 5. November 2007

folgenden Beschluss:

Tenor:

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Die Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger hat dem Deutschen Patent- und Markenamt (im folgenden DPMA) mit Schreiben vom 22. Februar 2007 mitgeteilt, dass er die Vertretung der Marke "******", Registernummer *** *** niederlege. Die japanische Korrespondenzkanzlei habe ihm mitgeteilt, dass sie die Anmelderin nicht mehr vertrete. Zu der Zeicheninhaberin habe er keine Verbindung.

Das DPMA antwortete dem Kläger daraufhin mit Schreiben vom 15. März 2007, dass die Mandatsniederlegung wirkungslos sei, bis die Bestellung eines anderen Inlandsvertreters angezeigt werde, und wies auf § 96 Abs. 4 MarkenG hin.

Der Kläger hat beim Verwaltungsgericht Klage erhoben mit dem Ziel, die Beklagte zu verurteilen, seine Vertretereintragung im Markenregister bei der genannten Marke zu löschen, wobei der Rechtsstreit nach Auffassung des Klägers zur Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit des § 96 Abs. 4 MarkenG vorab dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt werden soll.

Das Verwaltungsgericht hat nach Anhörung der Parteien mit Beschluss vom 30. August 2007 den Verwaltungsrechtsweg für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Bundespatentgericht verwiesen. Dagegen richtet sich die Beschwerde des Klägers.

II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Für den Streit über den (behaupteten) Anspruch gegenüber dem DPMA auf Löschung der Eintragung als Inlandsvertreter aus dem Markenregister ist der Rechtsweg zum Bundespatentgericht und nicht der zu den Verwaltungsgerichten eröffnet.

Gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist der Verwaltungsrechtsweg in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Die Qualifizierung einer Streitigkeit als öffentlich-rechtlich richtet sich nach der wirklichen Natur des (behaupteten) Rechtsverhältnisses, aus dem der Anspruch hergeleitet wird (BVerwG, U.v. 19.5.1994 - 5 C 33.91, BVerwGE 96, 71/73 f. m.w.N.). Mit der Löschung der Vertretereintragung im Markenregister steht ein spezifisches Verwaltungshandeln des DPMA als Behörde im Zentrum des hier vorliegenden Rechtsstreits (vgl. auch BVerwG, U.v. 13.6.1959 - I C 66.57, BVerwGE 8, 350 ff.). Es unterliegt somit keinem Zweifel, dass eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit vorliegt. Fraglich ist allein, ob dieser Streit durch Bundesgesetz einem anderen Gericht zugewiesen ist. Das ist der Fall.

Gemäß § 66 Abs. 1 MarkenG findet gegen die Beschlüsse der zur Durchführung der Verfahren in Markenangelegenheiten im Patentamt gebildeten (§ 56 Abs. 1 MarkenG) Markenstellen und der Markenabteilungen, soweit gegen sie nicht die Erinnerung nach § 64 Abs. 1 MarkenG gegeben ist, die Beschwerde an das Patentgericht statt. Diese Vorschrift erfasst nach Sinn und Zweck sämtliche Rechtsschutzbegehren gegenüber dem DPMA in Markenangelegenheiten. Zwar können wegen des Ausdrücklichkeitsgebots des § 40 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 VwGO ungeschriebene Rechtswegzuweisungen keine Anerkennung finden. Jedoch soll und kann auch das Erfordernis einer ausdrücklichen Zuweisung dem Rechtsanwender nicht jede Auslegung ersparen. Den Kriterien des Sachzusammenhangs, der Prozessökonomie und der Zweckmäßigkeit kommt - entgegen der Auffassung des Klägers - als wichtigen Auslegungskriterien durchaus Bedeutung zu. Insbesondere aus der Entstehungsgeschichte und der Gesamtschau der gesetzlichen Vorschriften kann sich die Notwendigkeit einer extensiven Interpretation, die an die Grenze des Wortlauts der Bestimmung heranreicht, ergeben (vgl. Sodan in: Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Auflage, RdNr. 491 zu § 40; Ehlers in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, RdNr. 490 zu § 40).

Mit der Schaffung des Bundespatentgerichts hat der Bund von seiner in Art. 96 Abs. 1 GG eingeräumten Befugnis, ein Bundesgericht für Angelegenheiten des gewerblichen Rechtsschutzes zu errichten, Gebrauch gemacht. Oberster Gerichtshof für das Bundespatentgericht ist der Bundesgerichtshof (Art. 96 Abs. 3 GG). Dieser Gerichtsaufbau wird auch als Patentrechtsweg bezeichnet (Ehlers in: Schoch/ Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, RdNr. 704 zu § 40; Voßkuhle in von Mangoldt/ Klein/Starck, GG, 5. Auflage 2005, RdNr. 8 zu Art. 96). Nach dem Auslegungsgrundsatz der Spartengerichtsbarkeit sind einheitliche Rechtsmaterien im Zweifel insgesamt an die für sie errichtete spezielle Gerichtsbarkeit zugewiesen, um Rechtswegaufsplitterungen und -überschneidungen möglichst zu vermeiden (vgl. Rennert in Eyermann, VwGO, 12. Auflage 2006, RdNr. 100 zu § 40 VwGO m.w.N.). Vor diesem Hintergrund kann es nicht Aufgabe der Verwaltungsgerichtsbarkeit sein, (vermeintliche) Rechtsschutzdefizite in anderen Prozessordnungen zu kompensieren.

Der Senat verkennt dabei die vom Kläger hervorgehobene Maßgeblichkeit des Beschlussbegriffs für die Statthaftigkeit der Beschwerde nach § 66 MarkenG nicht. Nach dem materiellen Beschlussbegriff kommt es nicht darauf an, ob das DPMA eine Entscheidung ausdrücklich als "Beschluss" bezeichnet hat, vielmehr ist der Beschlussbegriff immer dann erfüllt, wenn die Entscheidung eine abschließende Regelung enthält, welche die Rechte des Beteiligten berührt. Zum anderen sind alle als Beschluss bezeichneten Entscheidungen beschwerdefähig (formeller Beschlussbegriff). Nicht beschwerdefähig sind verfahrensleitende Verfügungen und Zwischenverfügungen, sowie bloße Mitteilungen ohne Entscheidungscharakter (vgl. zum Ganzen Ingerl/Rohnke, MarkenG, 2. Auflage 2003, RdNr. 24 f. zu § 66).

Das DPMA hat zum einen darauf hingewiesen, dass in Fällen wie dem Vorliegenden grundsätzlich auf Anfrage des Antragstellers ein förmlicher Beschluss ergeht, zum anderen darauf, dass über einen Antrag auf Löschung der Vertretereintragung, in dem der jeweilige Vertreter Verfahrensbeteiligter des Registerverfahrens ist (§ 25 Nrn. 16, 36 MarkenV, § 27 Abs. 3 DPMAV), die Markenabteilung durch Beschluss entscheidet (§ 56 Abs. 2, 3 MarkenG; vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 4 WahrnehmungsV). Von einer Rechtswegsperre im Patentrechtsweg kann demnach keine Rede sein. Würde man der Auffassung des Klägers folgen, wäre es in sein Belieben gestellt, auf welchem Rechtsweg er sein Rechtsschutzziel verfolgt. Es leuchtet aber nicht ein, dass sich die Frage des Rechtswegs danach entscheiden soll, ob der Kläger einen Beschluss des DPMA herbeigeführt hat oder ob er darauf verzichtet und nach einer bloßen Mitteilung unmittelbar gerichtliche Hilfe in Anspruch nimmt. Dass das Bundespatentgericht in der Sache zur Parallelvorschrift des § 25 Abs. 4 PatG mit Beschluss vom 19. April 2007 (Az. 10 W <pat> 56/06) eine der Rechtsansicht des Klägers widersprechende Entscheidung getroffen hat, entbindet diesen nicht davon, den einschlägigen Rechtsweg zu beschreiten und gegebenenfalls zu erschöpfen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Eine Streitwertfestsetzung war im Hinblick auf Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses zu § 3 GKG entbehrlich. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 17a Abs. 4 Satz 5 GVG liegen nicht vor.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; vgl. BVerwG, B.v. 16.3.1994 - 4 B 223.93, NVwZ 1994, 782).

Ende der Entscheidung

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