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Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 22.05.2003
Aktenzeichen: 6 B 98.2725
Rechtsgebiete: VwGO
Vorschriften:
VwGO § 113 Abs. 1 Satz 1 |
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes
In der Verwaltungsstreitsache
wegen Vorausleistung auf den Straßenausbaubeitrag;
hier: Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 20. August 1998,
erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 6. Senat,
durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Maunz, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Bäumler, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Rickelmann
ohne mündliche Verhandlung am 22. Mai 2003
folgenden Beschluss:
Tenor:
I. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 20. August 1998 wird aufgehoben.
II. Die Klage wird abgewiesen.
III. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
IV. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf eine Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
VI. Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 11.535,77 Euro (entspricht 22.562 DM) festgesetzt.
Gründe:
I.
Mit Bescheiden vom 9. September 1994 zog die Beklagte den Kläger zu Vorauszahlungen auf den Straßenausbaubeitrag für die Errichtung eines Gehwegs entlang der Kreisstraße A 1 heran. Auf die an der Kreisstraße gelegenen Grundstücke Fl.Nrn. 247 und 250/1 entfielen Vorauszahlungen in Höhe von 18.818 DM bzw. 1.251 DM, auf das von der Kreisstraße aus hinter der Fl.Nr. 247 gelegene Grundstück Fl.Nr. 244 entfiel eine Vorauszahlung in Höhe von 2.493 DM. Alle genannten Grundstücke werden vom Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 7 für das Gebiet "Nord-Ost" in R********** erfasst und sind als Gewerbegebiet (zum Teil mit reduzierten Emissionen) festgesetzt. Die vom Kläger gegen die Bescheide eingelegten Widersprüche blieben erfolglos.
Mit seiner daraufhin erhobenen Klage machte der Kläger insbesondere geltend, dass der Gehweg seinen Grundstücken keinen Vorteil biete, ein eventueller Beitragsanspruch wegen des Abschlusses der Bauarbeiten im Jahr 1987 bereits verjährt sei und die Beklagte die Höhe der Vorauszahlungen in verschiedenen Richtungen unzutreffend ermittelt habe.
Mit Urteil vom 20. August 1998 hob das Verwaltungsgericht Augsburg die angefochtenen Ausgangsbescheide und den Widerspruchsbescheid des Landratsamts A******* vom 29. August 1996 auf. Es führte zur Begründung an: Die von der Beklagten herangezogene Straßenausbaubeitragssatzung vom 21. Februar 1992 sei nichtig. Die Vorteilsregelung des § 7 dieser Satzung genüge nicht dem aus Art. 5 Abs. 3 Satz 2 des Kommunalabgabengesetzes abgeleiteten Differenzierungsgebot. Hinsichtlich der gemeindlichen Selbstbeteiligung werde zwar zwischen den verschiedenen Straßenkategorien unterschieden. Zusätzlich hätte jedoch innerhalb der Straßenkategorien auch noch nach Teileinrichtungen unterschieden werden müssen, weil das Verhältnis der durch die Inanspruchnahmemöglichkeit für die Allgemeinheit und die Grundstückseigentümer gebotenen wirtschaftlichen Vorteile auch davon abhänge, welche Teileinrichtungen ausgebaut worden seien. Die auf der nichtigen Beitragssatzung beruhenden Bescheide müssten deshalb aufgehoben werden.
Zur Begründung ihrer mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 26. November 1998 zugelassenen Berufung trug die Beklagte vor, dass ihre Satzung in verschiedener Hinsicht und damit insgesamt ausreichend nach Teileinrichtungen differenziere, besonders aber bei der Abrechnung eines Gehwegs entlang einer klassifizierten Straße eine weitere Differenzierung nach Teileinrichtungen von vorneherein ausscheide.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 20. August 1998 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Mit Bescheiden vom 26. Oktober 1998 setzte die Beklagte gegenüber dem Kläger endgültige Straßenausbaubeiträge in Höhe von 3.556,72 DM (Fl.Nr. 250/1), 35.771,88 DM (Fl.Nr. 247) und 4.725,23 DM (Fl.Nr. 244) fest. Da der Kläger auf keinen der Vorauszahlungsbescheide gezahlt hatte, unterblieben Anrechnungen. Die jeweiligen Leistungsgebote umfassen im vollen Ausmaß die festgesetzten Beiträge.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und das Vorbringen der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen sowie der vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II.
Die Berufung ist zulässig. Sie hat auch in der Sache Erfolg. Über sie kann nach § 130a VwGO durch Beschluss entschieden werden, weil der Verwaltungsgerichtshof sie einstimmig für begründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Der Berufung ist stattzugeben, weil die Klage gegen die Vorauszahlungsbescheide vom 9. September 1994 unzulässig (geworden) ist. Der Kläger, der sich im Berufungsverfahren nicht mehr zur Sache geäußert hat, will ersichtlich erreichen, dass es bei dem die angefochtenen Bescheide aufhebenden Ausspruch des Verwaltungsgerichts verbleibt. Dieses Ergebnis kommt aus Rechtsgründen nicht mehr in Betracht. Die ursprünglich angegriffenen Vorauszahlungsbescheide haben sich nämlich durch den Erlass der endgültigen Beitragsbescheide vom 26. Oktober 1998 erledigt mit der Folge, dass eine etwaige Rechtsverletzung im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO durch die erstgenannten Bescheide und somit das Rechtsschutzbedürfnis des Klägers an der begehrten Gerichtsentscheidung entfallen sind.
Für das Verhältnis von Vorauszahlungsbescheid und endgültigem Heranziehungsbescheid gilt grundsätzlich folgendes:
Beide enthalten zumeist zwei rechtlich selbstständige Regelungen: Zum einen wird der jeweils geschuldete Betrag festgesetzt, zum anderen ein Leistungsgebot an den Adressaten gerichtet (vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 6. Auflage, § 21 RdNr. 39 FN 87). Zahlungen auf den Vorauszahlungsbescheid lassen in ihrem Umfang dessen Leistungsgebot erlöschen. Endgültige Beitragsbescheide lösen mit ihrer Wirksamkeit, also ohne dass es auf den Eintritt der Unanfechtbarkeit ankommt, die Vorauszahlungsbescheide in ihrem festsetzenden Teil, d.h. als Rechtsgrundlage des Leistungsgebots, und, sofern sie ein erneutes Leistungsgebot aussprechen, auch in diesem Punkt ab (BayVGH vom 10.6.1999 Az. 6 B 94.382, vom 23.12.1999 Az. 6 B 96.2048 und vom 3.2.2000 Az. 6 B 95.2367 unter Bezug auf OVG NRW vom 16.3.1977 KStZ 1979, 72; BFH vom 29.11.1984 BStBl 1985 II S. 370 ff.; Driehaus, a.a.O. RdNr. 39). Die dargestellten Erledigungsmerkmale liegen hier vor. In den endgültigen Beitragsbescheiden vom 26. Oktober 1998 sind durchwegs höhere Beträge festgesetzt als die Beklagte sie im Wege der Vorauszahlung gefordert hat. Den Leistungsgeboten (Zahlungsaufforderungen) in den Vorauszahlungsbescheiden vom 9. September 1994 hat der Kläger nicht entsprochen. Für eine Ermäßigung der neuen Leistungsgebote in den Bescheiden vom 26. Oktober 1998 durch Anrechnung früherer Zahlungen war daher kein Raum. Für das beitragsrechtliche Grundverhältnis zwischen Kläger und Beklagter ist demnach nur noch maßgebend, ob die endgültig festgesetzten Straßenausbaubeiträge dem Grunde und der Höhe nach gerechtfertigt sind und ob die auf die noch offenen Gesamtbeträge lautenden Leistungsgebote in den Bescheiden vom 26. Oktober 1998 Bestand haben können. Die vom Regelungsgehalt (vgl. zu diesem Gesichtspunkt BVerwG vom 15.11.1990 NVwZ 1991, 570/571) der Vorauszahlungsbescheide seinerzeit ausgehende Beschwer besteht somit nicht mehr. Nicht aus dem verfügenden Teil der Bescheide selbst sich ergebende, sondern nur an den Bescheid und sein rechtliches Schicksal anknüpfende (Neben-)Folgen können eine Fortdauer der mit der Anfechtungsklage bekämpften beschwerenden Regelung und somit ein Interesse an deren Aufhebung nicht begründen (BayVGH vom 10.8.2000 Az. 6 B 96.2367).
Der Kläger hat nach Angabe der Beklagten gegen die endgültigen Beitragsbescheide Widerspruch eingelegt. Da sich in einem anschließenden Rechtsbehelfsverfahren möglicherweise dieselben Rechtsfragen stellen, die der Kläger im Streit um die Vorauszahlungsbescheide aufgeworfen hat, hätte es nahegelegen, auf den Wegfall des Rechtsschutzinteresses an einer Aufhebung der Vorauszahlungsbescheide in der Weise zu reagieren, dass - zumindest hilfsweise (vgl. hierzu BVerwGE 61, 128/134 f.) - die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Bescheide vom 9. September 1994 beantragt wird. Einer entsprechenden Anregung des Gerichts (Schreiben vom 20.1.2003) ist der Kläger jedoch nicht gefolgt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, der Ausspruch über deren vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO, § 708 Nr. 10 und § 711 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe gegeben ist.
Die Streitwertfestsetzung stützt sich auf § 13 Abs. 2, § 14 Abs. 1 GKG.
Ende der Entscheidung
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