Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 09.06.2004
Aktenzeichen: 6 CS 03.434
Rechtsgebiete: KAG


Vorschriften:

KAG Art. 5 Abs. 2
KAG Art. 5 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

6 CS 03.434

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Ausbaubeitrags (N************* G****n);

hier: Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 23. Januar 2003,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 6. Senat,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Maunz, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Bäumler, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Rickelmann

ohne mündliche Verhandlung am 9. Juni 2004

folgenden Beschluss:

Tenor:

I. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 23. Januar 2003 wird in seinen Nrn. 1. und 2. aufgehoben.

II. Der Antrag wird abgelehnt.

III. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

IV. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 5.179,33 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Mit Bescheiden vom 12. Juli 2002 zog die Antragsgegnerin den Antragsteller für die Grundstücke FlNrn. 1009, 1004/2 und 1007 der Gemarkung B******* zu Straßenausbaubeiträgen für den Ausbau der Ortsstraße "N************* G****n" in Höhe von 15.610,81 Euro, 3.753,42 Euro und 1.353,11 Euro heran. Die Grundstücke grenzen mit ihren Südseiten unmittelbar an die ausgebaute Einrichtung. Diese ist Teil eines durchgehenden Straßenzugs, der den östlichen Teil der Straße "N************* G****n" und den östlichen Teil der Straße "A* M********n" umfasst und von der C**-B****-Straße im Osten zur S*******straße im Westen reicht. Die Bebauung nördlich des Straßenzugs besteht überwiegend aus Einzelhäusern, während den weitaus größten Teil des Geländes südlich der Straße bis zum M********* ein Sportgelände einnimmt. Die Antragsgegnerin ging davon aus, dass die Straße "A* M********" eine erstmalig hergestellte Erschließungsanlage sei; demgegenüber handle es sich bei "N************* G****" um eine vorhandene Anlage. Sie bildete deshalb an der Stelle, an der der frühere Straßenzug "N************* G****" nach Nordwesten schwenkt, einen Abschnitt und rechnete den westlichen Teil nach Erschließungsbeitragsrecht, den östlichen nach Straßenausbaubeitragsrecht ab. Über den Widerspruch des Antragstellers gegen die Bescheide ist nach Aktenlage noch nicht entschieden.

Nach einem erfolglosen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung begehrte der Antragsteller beim Verwaltungsgericht, die aufschiebende Wirkung seiner Widersprüche gegen die Beitragsbescheide der Antragsgegnerin vom 12. Juli 2002 anzuordnen. Er machte insbesondere geltend, dass die Einstufung der Einrichtung als Anliegerstraße fehlerhaft sei.

Mit Beschluss vom 23. Januar 2003 ordnete das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 26. Juli 2002 gegen die Beitragsbescheide der Antragsgegnerin vom 12. Juli 2002 an. Zur Begründung führte es aus: Es bestünden ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Beitragsbescheide insofern, als die Straße "N************* G****" als Anliegerstraße eingestuft worden sei. Nach der einschlägigen Satzung seien Anliegerstraßen solche, die ganz überwiegend der Erschließung der Grundstücke dienten. Kennzeichnendes Moment sei somit der Ziel- und Quellverkehr. Es könne jedoch keine Rede davon sein, dass die Straße nach ihrer Lage im Gesamtstraßennetz sowie nach ihrer erkennbaren Verkehrsfunktion überwiegend vom Anliegerverkehr in Anspruch genommen werde. Nach Angabe der Antragsgegnerin betrage die durchschnittliche Verkehrsbelastung 3.000 Fahrzeuge innerhalb von 24 Stunden. Der Antragsteller habe unwidersprochen vorgetragen, dass das werktägliche Normalverkehrsaufkommen im Jahr 2001 3.691 Fahrzeuge betragen habe. Eine so hohe Verkehrsbelastung lasse nur den Schluss zu, dass die Straße in erheblichem Maß vom durchgehenden innerörtlichen Verkehr benutzt werde. Ferner komme der Straße nach Lage und Trassierung Verbindungsfunktion zu, nämlich zusammen mit der Straße "A* M********" als Querverbindung von der S*******straße zur K********* Straße sowie zu dem in der Nähe gelegenen Rathaus II mit der dortigen Kfz-Zulassungsstelle. Entsprechende Hinweisschilder auf die Kfz-Zulassungsstelle befänden sich an den großen Straßenkreuzungen. Darüber hinaus sei darauf hinzuweisen, dass die satzungsrechtlichen Verteilungsregelungen aus den Maßstabskomponenten Grundstücksfläche und Vollgeschosszahl mit höherrangigem Recht nicht zu vereinbaren seien. Die Beurteilung, ob eine Beitragsbemessung unter Beachtung des Grundsatzes der Lastengleichheit eine sachgerechte Beziehung des Beitrags zu dem jeweils vermittelten Vorteil aufweise, hänge vom landesrechtlich bestimmten Begriff des Vorteils ab. Bei leitungsgebundenen Einrichtungen wie bei Straßenausbaumaßnahmen bestehe der besondere Vorteil i.S. von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG übereinstimmend in einer zurechenbaren Erhöhung des Gebrauchs- und Nutzungswerts von Grundstücken. Dass somit ungeachtet des Einrichtungstypus der Vorteil vom Gebrauchswert und dieser wiederum von der Intensität möglicher Nutzung abhänge, ermächtige die Gestaltungsfreiheit des Ortsgesetzgebers nicht zu unterschiedlich genauen Wahrscheinlichkeitsmaßstäben je nach dem, ob der Aufwand für den Ausbau einer leitungsgebundenen Einrichtung oder einer Straße abgerechnet werden solle, sofern örtlich heterogene Strukturen eine dem Prinzip der Abgabengerechtigkeit gemäße Verteilungsregelung mit höherer Genauigkeit erforderten. Dass die Beitragsberechnung aus der Kombination zwischen zulässiger Anzahl der Vollgeschosse und Grundstücksfläche jedenfalls dann zur sachgerechten Abgeltung des aus einer Verbesserung der öffentlichen Wasserversorgungsanlage erwachsenen Vorteils ungeeignet und deshalb nichtig ist, wenn in dem von der Verbesserungsmaßnahme erfassten Gebiet eine völlig unterschiedliche Bebauung anzutreffen sei und auch die Größe der Grundstücke stark voneinander abweiche, sei in der Rechtsprechung anerkannt. Da im vorliegenden Fall eine solche heterogene Bebauungsstruktur vorherrsche, verbiete sich für die Antragsgegnerin die Verwendung des in ihrer Satzung festgelegten Verteilungsmaßstabs.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Antragsgegnerin. Sie ist der Auffassung, dass die Einstufung der abgerechneten Einrichtung als Anliegerstraße den tatsächlichen Verhältnissen entspreche, kritisiert, dass die vom Verwaltungsgericht angenommene Beschilderung sich an anderer Stelle befinde, und verteidigt die Verteilungsregelung ihrer Beitragssatzung als vorteilsgerecht.

Der Antragsteller trat der Beschwerde entgegen, unterstützte die Ausführungen des Verwaltungsgerichts im einzelnen und machte ergänzend geltend, dass die Abschnittsbildung rechtlich fehlerhaft gewesen sei und die Baumaßnahmen des Jahres 1975 wegen Verjährung nicht mehr abgerechnet werden könnten.

II.

Die Beschwerde ist zulässig (§ 146 Abs. 4, § 147 VwGO). Sie hat auch in der Sache Erfolg. Bei der das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes bestimmenden summarischen Prüfung sind die von der Antragsgegnerin gegen den angefochtenen Beschluss vorgetragenen Einwendungen geeignet, dessen entscheidungstragende Annahme, es bestünden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der umstrittenen Beitragsbescheide, ausschlaggebend zu schwächen. Solche Zweifel sind auch dem ergänzenden Vorbringen des Antragstellers nicht zu entnehmen. Trotz einer Reihe ernstzunehmender Unsicherheiten hat es deshalb bei der vom Gesetz grundsätzlich angeordneten sofortigen Vollziehbarkeit der Beitragsbescheide (§ 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zu verbleiben.

Das Verwaltungsgericht hat seinen Beschluss vom 23. Januar 2003 auf eine vorrangige und auf eine ergänzende Erwägung gestützt. In erster Linie ordnete es die aufschiebende Wirkung der vom Antragsteller gegen die Beitragsbescheide eingelegten Rechtsbehelfe an, weil die Antragsgegnerin die abgerechnete Einrichtung zu Unrecht als Anliegerstraße (§ 6 Abs. 3 a ABS) eingestuft habe. Zusätzlich wies es auf seine Rechtsprechung hin, dass der sog. Vollgeschossmaßstab kein im Straßenausbaubeitragsrecht allgemein den gesetzlichen Anforderungen entsprechender Berechnungsfaktor bei der Verteilung des umlagefähigen Ausbauaufwands sei. Für den erstgenannten Gedanken lassen sich nach gegenwärtigem Kenntnisstand keine Gründe solchen Gewichts benennen, dass eine dem Antragsteller günstige Entscheidung veranlasst wäre, der zweite hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.

Seine Auffassung, der nach dem Kommunalabgabenrecht abgerechnete Teil des Straßenzugs "N************* G****/A* M********" sei nicht als Anliegerstraße zu behandeln, hat das Verwaltungsgericht daraus hergeleitet, dass die durchschnittliche Verkehrsbelastung je Werktag 3.000 Fahrzeuge und mehr betrage sowie die Lage der Straße im Gesamtnetz und die angebrachten Hinweiszeichen die Verbindungsfunktion betonten. Dem Aspekt der Beschilderung ist die Antragsgegnerin, ohne dabei auf Widerspruch des Antragstellers zu stoßen, mit dem Argument begegnet, dass (1.) ein Hinweis auf das in der Dr.-F***-Straße gelegene Rathaus II mit der Zulassungsstelle sich nicht an der Kreuzung S*******straße/A* M********n, sondern an der Kreuzung S******l-/P************ Straße befinde, und (2.) der entsprechende Hinweis an der C**-B****-Straße auf den von Norden kommenden Verkehr ausgerichtet sei und nach Osten, also auf die der abgerechneten Einrichtung abgewandte Seite zeige. Damit kann die Zuweisung der Funktion einer innerstädtischen Verbindungsstraße durch verkehrslenkende Schilder als widerlegt angesehen werden. Hinsichtlich der beiden weiteren vom Verwaltungsgericht angeführten Gesichtspunkte ist zu bedenken, dass es sich nur um Indizien handelt, die mit weiteren Elementen in Zusammenhang zu stellen sind. Im einzelnen gilt folgendes:

Die Einordnung einer einzelnen Straße in Kategorien der Ausbaubeitragssatzung hat von den - gegebenenfalls anhand gesetzlicher Vorgaben auszulegenden - Definitionen in der Satzung auszugehen. Sodann ist entscheidend auf die aus "dauerhaften" Kriterien zu ermittelnde Zweckbestimmung der Straße abzustellen, wie sie sich aus einer Gesamtbewertung von Art und Größe der Gemeinde, deren weiterreichenden Verkehrsplanungen, der Lage und Führung der Straße im gemeindlichen Straßennetz und dem gewählten Ausbauprofil ergibt (vgl. OVG NRW vom 3.10.1986 KStZ 87, 116 f.). Lediglich "daneben", gewissermaßen als Bestätigungsmerkmal, können auch die tatsächlichen Verkehrsverhältnisse von Bedeutung sein (vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 6. Auflage RdNr. 32 zu § 34). Letzteres folgt aus der Erkenntnis, dass sich der Verkehr häufig eine Bahn sucht, die auch von zufälligen, nicht mit der Netzplanung und dem Straßenbau zusammenhängenden Gründen abhängig ist wie etwa dem Umgehen einer durch ungeordnetes Parken oder gegen das Straßenverkehrsrecht verstoßende Ladevorgänge in zweiter Reihe verursachten Engstelle.

Auf den vorliegenden Fall bezogen bedeutet dies, dass die Einordnung der abgerechneten Einrichtung als Anliegerstraße richtig sein kann, Bedenken aber nicht völlig von der Hand zu weisen sind. Nach § 6 Abs. 3 Buchst. a und b ABS gelten als Anliegerstraßen solche Straßen, die ganz überwiegend der Erschließung der Grundstücke dienen, als Haupterschließungsstraßen solche, die der Erschließung von Grundstücken und gleichzeitig dem durchgehenden innerörtlichen Verkehr dienen, ohne Hauptverkehrsstraßen zu sein. Es liegt zunächst auf der Hand, dass die "Straße" im Sinne der Satzungsregelung der nach natürlicher Betrachtungsweise abzugrenzende, in sich einheitliche Ortsstraßenzug, hier also nach Aktenlage der Straßenzug "N************* G****/A* M********" zwischen S*******straße und C**-B****-Straße und nicht das abgerechnete Straßenteilstück ist. Die oben aufgeführten, für die Zweckbestimmung einer Straße ausschlaggebenden Kriterien können aus der Natur der Sache für die einzelne Straße nur einheitlich bestimmt und nicht nach Abrechnungsabschnitten oder - wie hier - nach sich aus Rechtsgründen ergebenden Straßenteilen bestimmt werden. Dass das östliche Trassenteilstück aufgrund einer seinerzeit anderen Straßenführung eine vorhandene Straße i.S. von § 242 Abs. 1 BauGB, also nach Art. 5 KAG abzurechnen ist, der westliche Teil dagegen erstmalig hergestellt wurde und deshalb trotz heute in sich gegebener Durchgängigkeit der Straße nach Art. 5 a KAG i.V. mit §§ 127 ff. BauGB nach Erschließungsbeitragsrecht zu behandeln ist, bleibt auf die zu wählende Straßenkategorie ohne Einfluss. Der Hinweis des Antragstellers, von dem abgerechneten Straßenteilstück würden nur kleinere Anwesen auf der Nordseite erschlossen, geht daher fehl. Hiervon ausgehend erschließt die im Streit stehende Einrichtung nicht nur die lockere, vereinzelt von kleinerem Gewerbe durchsetzte Wohnbebauung auf der Nordseite, sondern auch die über mehrere Hektar sich erstreckende, an einen Großteil der Straße angrenzende Sportanlage im Süden. Die Vielzahl der Sporteinrichtungen, die Anzahl der Vereinsmitglieder und die Tatsache, dass die Anlage auch dem Schulsport dient, verbieten es zum einen, bei der Frage nach dem Ziel- und Quellverkehr allein auf die Bebauung an der Nordseite zu blicken, zum anderen, ausschließlich den Kfz-Verkehr in die Betrachtung einzubeziehen. Anzahl und Gewicht der nicht motorisierten Verkehrsteilnehmer sind - obwohl bei der Sportanlage wohl von Bedeutung - nach Aktenlage nicht ermittelt. Das Ergebnis der Verkehrszählungen wird hierdurch beträchtlich relativiert. Zweifeln begegnet schließlich, ob das Merkmal, der Erschließung "der Grundstücke" zu dienen, durch den durch die unmittelbar angrenzenden Grundstücke ausgelösten Binnen-, Ziel- und Quellverkehr zutreffend erfasst wird. In der durch das Gesetz vorgeschriebenen Abstufung der Straßenkategorien (Art. 5 Abs. 3 KAG) ist nämlich eine an einem Grobraster orientierte, die Vorteilsunterschiede betonende und daher an die Merkmale kleinräumig, innerörtlich durchführend und überörtlich durchführend anknüpfende Aufteilung angelegt, die durch eine starr auf die einzelne Einrichtung bezogene Beurteilung verwischt wird. Dass etwa eine "Hauptstraße" mit mehreren einmündenden (selbständigen) Stichstraßen in einer Stadt zu einer Haupterschließungsstraße würde, obwohl sie den Verkehr nur über eine kurze Distanz weiterleiten kann, widerspräche offenkundig der gebotenen Gliederung.

Als für die Beurteilung geeignete Kriterien verbleiben bei diesem Sachstand:

Für innerörtlichen Durchgangsverkehr spricht zum einen, dass der Straßenzug sowohl im Osten als auch im Westen weiterführt, also trotz der Größe der Antragsgegnerin Stadtteile miteinander verbindet, zum anderen die aufwendige Ausbildung der Straßenknoten, insbesondere der Kreuzung mit der S********traße, einer Art Ringstraße. Der Ausbaustandard mit einer Fahrbahn von 6,5 m Breite, beiderseitigen Gehwegen und einzelnen Parkstreifen ist für ein innerstädtisches Randgebiet eher neutral, also für beide in Betracht zu ziehenden Straßenkategorien geeignet. Die Verkehrsbelastung mit Kraftfahrzeugen lässt sich zu einem beträchtlichen Teil durch die Sportanlage erklären; dass in den Morgenstunden Spitzen auftreten, die in dieser Form am späten Nachmittag fehlen, spricht für - im gegebenen Zusammenhang unbeachtlichen - Schleichverkehr, der durch den zeitlich gestaffelten Ziel- und Quellverkehr des Sportzentrums ausgeglichen wird. Für die endgültige Einordnung wird es nach alledem auf Einzelheiten der Verkehrsplanung und der diese bestätigenden Über- und Unterordnungen der einzelnen Straßenzüge ankommen, die erst im Rahmen einer Beweisaufnahme abgeklärt werden können, die dem Hauptsacheverfahren vorbehalten ist.

Der zweite vom Verwaltungsgericht angeführte Gesichtspunkt ist rechtlich nicht tragfähig. Der sog. Vollgeschossmaßstab ist auch im Straßenausbaubeitragsrecht ein geeigneter, den gesetzlichen Vorgaben aus dem Blickwinkel der Gleichbehandlung genügender Faktor bei der Verteilung des umlegungsfähigen Aufwands. Das gilt auch für Abrechnungsgebiete mit unterschiedlich intensiver Nutzung.

Es verwundert schon auf den ersten Blick, dass sich das Verwaltungsgericht insoweit auf eine zum Recht der Beiträge für leitungsgebundene Einrichtungen ergangene Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs stützt (Urteil vom 8.3.1985 VGH n.F. 38, 55 ff.), die in Abgrenzung zum Erschließungsbeitragsrecht den Vollgeschossmaßstab als zur sachgerechten Abgeltung des aus einer Verbesserung der öffentlichen Wasserversorgung erwachsenden Vorteils unzureichend erachtet. Denn trotz der durchaus bestehenden Unterschiede zwischen Erschließungsbeitrags- und Straßenausbaubeitragsrecht (vgl. hierzu im Einzelnen: BayVGH vom 10.7.2002 VGH n.F. 55, 121 ff.) sind sie sich darin verwandt, dass es jeweils um Sondervorteile aus der straßenmäßigen Anbindung eines Grundstücks geht. Dieses Stichwort, das übrigens in der angefochtenen Entscheidung nicht aufscheint, verbindet die beiden Rechtsbereiche eher miteinander und trennt sie vom Recht der Beiträge für leitungsgebundene Einrichtungen. Das zeigt sich gerade in der Argumentation des Urteils vom 8. März 1985: Das dort besonders herausgestellte Argument, im Erschließungsbeitragsrecht würden die nicht anderweitig gedeckten Investitionskosten nur auf die Anlieger (und ihnen rechtlich Gleichgestellte) umgelegt werden, während es sich bei Wasserversorgungseinrichtungen um großflächige Anlagen handle, die häufig das gesamte Gemeindegebiet erfassen, spricht nachdrücklich gegen die Auffassung des Verwaltungsgerichts. Auch im Straßenausbaubeitragsrecht geht es mit wenigen Ausnahmen um eine nur ein umgrenztes Abrechnungsgebiet betreffende Einrichtung, zumeist die in Übereinstimmung mit den für das Erschließungsbeitragsrecht entwickelten Maßstäben abzugrenzende einzelne "Ortsstraße", so dass die für die Aufwandsverteilung maßgebenden Nutzungen der anliegenden Grundstücke typischerweise durch die bauplanungsrechtlichen Vorschriften einander angepasst werden.

Unzutreffend ist aber auch die zentrale Annahme des Verwaltungsgerichts, der sog. Geschossflächenmaßstab gewährleiste die vom Ausbaubeitragsrecht geforderte "höhere Genauigkeit der Differenzierungsmerkmale". Gemäß Art. 5 Abs. 2 KAG sind die Beiträge abzustufen, wenn die (Sonder-)Vorteile der Beitragspflichtigen unterschiedlich hoch sind. Es geht in diesem Zusammenhang also um sachlich angemessene Unterschiede in der Beitragsbelastung der Straßenanlieger. Damit trifft der Hinweis des Verwaltungsgerichts auf den allgemeinen Verkehr und auf "das Interesse der Allgemeinheit an dem Um- und Ausbau von Erschließungsanlagen unter dem Aspekt der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs sowie aus städtebaulichen Gründen" vom Ansatz her nicht das von Vollgeschoss- oder Geschossflächenmaßstab zu lösende Problem. Den Interessen der Allgemeinheit am Straßenausbau hat nämlich die nach Art. 5 Abs. 3 KAG zu bestimmende Eigenbeteiligung der Gemeinde Rechnung zu tragen, die den auf die Anlieger umzulegenden Aufwand mindert. Nur der danach verbleibende Aufwand ist gemäß den unterschiedlich hohen Sondervorteilen gestaffelt zu verteilen. Auch die im angefochtenen Beschluss angesprochene "genauere Berücksichtigung der Nutzungsart" verfehlt die Fragestellung. Die Art der baulichen Nutzung fließt ein in den Art- oder Gewerbezuschlag. Sowohl der Vollgeschoss- als auch der Geschossflächenmaßstab unternehmen dem gegenüber den Versuch, Unterschiede im Maß der baulichen Nutzung einzufangen. Dass der Gemeinde bei der Bewertung dieser Unterschiede Gestaltungsfreiheit zur Seite steht, hat das Verwaltungsgericht zu Recht anerkannt. Seine Auffassung, der Geschossflächenmaßstab sei diesbezüglich in rechtlich beachtlicher Weise "genauer", ist jedoch nicht richtig.

Der Zusammenhang zwischen dem - vom Gesetz unwiderlegbar vermuteten - gesteigerten Gebrauchsvorteil von Grundstücken durch eine erneuerte oder verbesserte Straßenanbindung und dem (zulässigen oder verwirklichten) Maß der Nutzung dieser Grundstücke ist mathematisch nicht erfassbar, weil sich Nutzungsmaß und Intensität der Inanspruchnahme(möglichkeit) nicht proportional zueinander verhalten. Es geht also von vorneherein nur um das Erfassen einer Wahrscheinlichkeit, das typisierend Unterschiede abbildet. Vergleicht man die Belastungen, die sich für die Beitragspflichtigen bei Verwendung des gängigen Geschossflächenmaßstabs (Aufwandsverteilung je zur Hälfte nach dem Verhältnis der Grundstücksflächen und der Geschossflächen) einerseits und des gewöhnlichen Vollgeschossmaßstabs (Grundstücksfläche vervielfacht mit einem Nutzungsfaktor, der bei eingeschossiger Bebauung 1,0 beträgt und sich je weiterem Vollgeschoss um 0,3 erhöht) andererseits ergeben, erscheinen im Allgemeinen auch bei einem deutlich voneinander abweichenden Nutzungsmaß im Abrechnungsgebiet zwar keine gleichverlaufenden, aber prinzipiell dieselbe Richtung nehmende Kurven. Die Unterschiede werden also im einen wie im anderen Fall gewertet, wenn auch nicht in einem deckungsgleichen Ausmaß. Beide Maßstäbe haben aus ihren Berechnungsansätzen folgende Schwächen. Der Geschossflächenmaßstab benachteiligt relativ das kleine, vollständig überbaute Grundstück mit mehreren Geschossen, der Vollgeschossmaßstab das große, auf kleiner Grundfläche mit mehreren Geschossen überbaute Grundstück. Diese Effekte werden jedoch dadurch gemildert, dass auf die unterschiedlichen Geschossflächen nur der halbe Aufwand umgelegt, das zusätzliche Vollgeschoss nicht mit einer Verdoppelung des Nutzungsfaktors beantwortet wird. Woraus sich angesichts dieser Gegebenheiten eine präzisere Aussagekraft des Geschossflächenmaßstabs bezüglich der verkehrsmäßigen Inanspruchnahme eines Grundstücks ergeben sollte, ist nicht zu erkennen. Sondersituationen wie die einer fehlenden oder untergeordneten Nutzbarkeit des Grundstücks muss ohnehin durch vom allgemeinen Maßstab getrennte Regelungen Rechnung getragen werden.

Der Einwand des Antragstellers, die im Jahr 1975 entstandenen Ausbaukosten für den östlichen Teil des Straßenzugs könnten wegen Verjährung nicht mehr in die Abrechnung eingestellt werden, greift nicht durch. Nach einem bei den Akten befindlichen Ausbauplan war schon seinerzeit die nunmehr abgerechnete Anlage über die Trasse "A* M********" bis zur S*******straße geplant, so dass die insgesamt ins Auge gefasste Baumaßnahme damals noch nicht beendet wurde. Mangels Entstehens der sachlichen Beitragspflicht konnte die Festsetzungsverjährung nicht anlaufen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwerts stützt sich auf § 13 Abs. 1, § 14 Abs. 1, § 20 Abs. 3 GKG.

Ende der Entscheidung

Zurück